Protocol of the Session on July 13, 2007

Weiter möchte ich Ihren Beitrag nicht kommentieren, es lohnt nicht.

Sehr geehrter Herr Gentzel, Sie haben eben gerade gesagt, wir suggerieren mit unserem Antrag, wir könnten allein aus Thüringen oder von Thüringen aus das NPD-Verbot betreiben. Das ist falsch. Wir tun das eben nicht. Unser Antrag bezieht sich allein auf den Verantwortungsbereich Thüringens. Es geht in unserem Antrag um die V-Leute, die in der Verantwortung des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz arbeiten. Sie haben weiterhin gesagt, Herr Gentzel, Ihr Antrag sei ehrlich und eindeutig. Für die ersten beiden Punkte gehe ich da mit, aber beim dritten Punkt möchte ich das von Ihnen gesagte „Herumeiern“ und „Vernebeln“ zitieren. Warum benennen Sie nicht ganz konkret in Ihrem Punkt 3 die Hindernisse, die Sie meinen oder vermuten, die einem solchen Verfahren im Wege stehen könnten? Das hätte ich mir schon gewünscht. Ich habe es auch in der Rede, die Sie eben gehalten haben, nicht gehört.

Eine der Ursachen für die Verschärfung der Situation des Rechtsextremismus ist das Scheitern des Verfahrens gewesen, wodurch der NPD ein sogenannter Persilschein ausgestellt wurde. Die NPD

konnte 2003 nach Abschluss des Verfahrens Herrn Innenminister Schily verhöhnen - 1 : 0 für Deutschland. Viele Menschen, die man heute fragt, ob sie sich gegen Rechtsextremismus engagieren, sagen, wieso denn, die NPD ist doch eine demokratische Partei, das hat doch das Verfassungsgericht festgestellt.

Das Bundesverfassungsgericht, meine Damen und Herren, hat die Beobachtung einer politischen Partei durch V-Leute staatlicher Behörden, die als Mitglieder des Bundesvorstandes oder eines Landesvorstandes fungieren, unmittelbar vor und während eines Parteiverbotsverfahrens ausdrücklich als unvereinbar mit den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren beschrieben, und zwar in dem Beschluss, den das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2003 gefasst hat.

Herr Carius, es hätte sich objektiv vermeiden lassen, dass das Verfahren so ausgeht, nämlich indem die Quellen für die verfassungsfeindlichen Umtriebe der NPD offen benannt worden wären. Die Quellen waren eben solche V-Leute.

Aber nicht lediglich diese Einschätzung, die wir selbstverständlich teilen, des Bundesverfassungsgerichts und die aktuelle Debatte um ein mögliches neues Verbotsverfahren sind für meine Fraktion Anlass für unsere Forderung, die V-Leute abzuschalten. Wie Sie wissen, hält meine Partei ja generell nicht viel von Geheimdiensten wie dem Verfassungsschutz.

Ich möchte Ihnen am Beispiel der V-Leute belegen, dass diese V-Leute wirklich ungeeignet sind für den Schutz der Verfasstheit unserer Gesellschaft vor rechtsextremistischen Bestrebungen.

In der Begründung unseres Antrags können Sie lesen: „Die Schlagkraft und Aggressivität der NPD hat sich durch den Einsatz von V-Leuten nicht vermindert. Der Öffentlichkeit sind keine Ergebnisse dieser verborgenen Arbeit präsentiert worden, die zu einer Einschränkung der Wirkungsmöglichkeiten der NPD beigetragen hätten.“

Meine Damen und Herren, die V-Leute in der extremen Rechten nützen nichts, sie schaden eher. VLeute des Verfassungsschutzes haben in Thüringen weder zur Verhinderung noch zur Aufklärung rechtsextremer Straftaten beigetragen. Den Beleg dafür liefert uns die Landesregierung in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage selbst. Auf die Frage: Sieht die Landesregierung den Einsatz von V-Leuten in der NPD als Teil der Gefahrenabwehr, wie von Innenminister Schäuble geäußert, und welche konkreten Gefahren konnten in den letzten Jahren in Thüringen mit diesem Mittel abgewehrt werden? - Keine Antwort. Wir befragten die Landesregierung kon

kret, wie viele Straftaten in Thüringen vermutlich durch den Einsatz von V-Leuten in der rechtsextremen Szene verhindert werden konnten und erhielten darauf ebenfalls keine Antwort. Die Landesregierung erklärt lediglich lapidar - ich zitiere: „Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dient der Beobachtung von verfassungswidrigen Bestrebungen zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung.“

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Spitzel tragen weder zur Verhinderung noch zur Aufklärung von rechtsextremen Straftaten und Aktivitäten bei. Die Mobile Beratung in Thüringen für Demokratie gegen Rechtsextremismus hat für das erste Halbjahr dieses Jahres bereits so viele rechtsextreme Aktivitäten in Thüringen registriert wie im gesamten Jahr 2006 und das trotz vorhandener V-Leute, oder wegen? Man kann sogar vermuten, dass es auch in Thüringen Fälle gibt, in denen Spitzel Aktivitäten forciert und initiiert haben, damit es etwas zu berichten gibt und das Honorar weiter fließt. Spitzel haben bisher in Thüringen auch nicht dazu beigetragen, dass die Landesregierung etwa das Problem des sich entwickelnden Rechtsextremismus, der sich flächendeckend ausbreitenden rechtsextremen Szene und neonazistischer Strukturen auch nur ansatzweise rechtzeitig erkannt oder umfassend wirksame Maßnahmen ergriffen oder angestoßen hätte. Sowohl der Thüringer Verfassungsschutz als auch die Landesregierung können, genau wie Polizei und Justiz, immer erst im Nachhinein feststellen, dass sich beispielsweise die Mitgliederzahlen in der Szene erhöht haben, welche Aktivitäten zu verzeichnen sind, wie Wahlergebnisse letztendlich aussehen. Ganz im Gegenteil ist das Problem hier in Thüringen viel zu lange verharmlost worden und jene, die gewarnt haben, etwa weil sie die Verhältnisse in Sachsen oder anderswo beobachtet haben, oder einfach nur, weil sie mit offenen Augen durch ihre Stadt oder ihre Gemeinde gegangen sind, jene also wurden als hysterische linke Spinner oder vor Ort als Nestbeschmutzer hingestellt. Und das, obwohl seit langem bekannt ist, wie weit verbreitet zum Beispiel rassistische, völkische, sozialdarwinistische Einstellungen in der Thüringer Bevölkerung greifen.

Meine Damen und Herren, der Verfassungsschutz nimmt nicht die Funktion eines gesellschaftlichen Frühwarnsystems ein. Beispiele dafür gibt es aktuell genug; etwa die Aktionen im Rahmen der sogenannten NPD-Mitgliederkampagne, die Unterwanderung von Sport- und anderen Vereinen etc. pp. Die Medien, die Antifa, MOBIT und die sonstige Öffentlichkeit, nicht der Verfassungsschutz, informieren über aktuelle Entwicklungen im Rechtsextremismus. Der Verfassungsschutz hängt in seinen öffentlichen

Einschätzungen immer der Zeit hinterher. Er war aktuell nicht mal in der Lage, Herrn Minister Reinholz vor dem Thüringentag ein paar Fotos vorzulegen, damit er wenigstens die Gesichter der in Eisenach aktiven Rechtsextremen kannte, bevor er sich auf Gespräche mit ihnen einließ.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Hennig, Die Links- partei.PDS: Der Ministerpräsident hat auch mit ihnen gesprochen.)

Der hat aber anscheinend gewusst, mit wem er es zu tun hatte, der Ministerpräsident. Zumindest hatte ich den Eindruck.

Selbst die Polizei erhält durch den Verfassungsschutz unvollständige, verspätete oder gar keine Informationen über bevorstehende Neonazi-Aktivitäten. Zum Teil, meine Damen und Herren, weil der Verfassungsschutz schlicht nicht oder nur unzureichend informiert ist, zum Teil aber, wie Kritiker vermuten, auch aus einem traditionell gepflegten Konkurrenzverhältnis zur Polizei heraus, das nicht gerade für Sicherheit bürgt, wie es der Anwalt und Publizist Rolf Gössner konstatiert.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: So ein dummer Quatsch, was Sie hier erzählen.)

Das Beispiel dafür - Herr Fiedler, hören Sie gut zu - wurde der Thüringer Öffentlichkeit in Pößneck am 2. April 2005 geliefert, als nämlich die Thüringer NPD im sogenannten Schützenhaus einen Landesparteitag und anschließend ein Abschiedskonzert des Lanzer-Frontmannes Lunikoff veranstalten konnte. Die Polizei musste tatenlos zusehen, weil sie eben nicht rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen treffen konnte und weil sie mit viel zu wenigen Einsatzkräften viel zu spät in Pößneck eingetroffen war.

Zweites Beispiel in Thüringen, die Demonstration zum 1. Mai dieses Jahres in Erfurt. Die Einsatzkräfte wurden durch die große Anzahl der mehr als 1.000 angereisten Neonazis überrascht. Das war für alle unvorstellbar, so am Montag darauf der Leiter der Polizeidirektion Erfurt. Was haben also hier die VLeute genützt, meine Damen und Herren? V-Leute stellen Informationen und Geld, die sie im Rahmen ihrer Spitzeltätigkeit erlangen, den neonazistischen Strukturen zur Verfügung. Ein ganz normaler und überhaupt nicht überraschender Vorgang. Es werden ja in aller Regel nicht Pastorentöchter - wie es Herr Fromm, der Bundesverfassungsschutzpräsident, einmal treffend formuliert hat - zu V-Leuten gemacht, sondern als V-Leute angeworben werden in der Regel hartgesottene Nazis, Rassisten, Antisemiten, rechte Schläger, Verfassungsfeinde, Spitzel, die ih

re Dienste nicht aus altruistischen Gründen zur Verfügung stellen oder weil sie etwa geläutert eingesehen hätten, dass ihre menschenfeindliche autoritäre, nationalistische Weltanschauung eine falsche, eine zu bekämpfende wäre. Ganz im Gegenteil, diese Leute stammen aus der rechtsextremen Szene und identifizieren sich mit deren Zielen. Sie lassen sich vom Verfassungsschutz aus ganz anderen Gründen anwerben, zum Beispiel aus Geltungsdrang, weil sie dann endlich Agenten sein und sich wichtig fühlen können, oder weil sie in eine missliche Lage geraten sind, zum Beispiel in eine finanzielle Notlage, weil sie Schulden haben, Geld brauchen, oder einfach nur, um ihr Einkommen aufzubessern, regelmäßig aufzubessern, weil sie sich einen besseren Lebensstandard leisten wollen. Oder aber eine weitere Möglichkeit, weil sie sich durch die Spitzeldienste erhoffen, glimpflicher aus Strafverfahren oder Haftstrafen herauszukommen. Der eben schon von mir zitierte Rolf Gössner schreibt in seinem Buch „Geheime Informanten“, ich zitiere: „Sie gehören nicht selten zu den Radikalsten ihrer Zunft und schrecken, wie wir an vielen Beispielen gesehen haben, auch vor Straf- und Gewalttaten nicht zurück.“ Und er kommt zu dem Schluss, ich zitiere erneut: „Gute VLeute im rechten Spektrum müssen auch gute Neonazis sein.“

Meine Damen und Herren, die Anwerbung von VLeuten in Nazistrukturen ist eine gefährliche Schnittstelle von Strukturen eines demokratischen Gemeinwesens mit antidemokratischen, neofaschistischen Organisationen. Die Gefährlichkeit der NPD wird mit der Durchsetzung durch Spitzel unterdessen nicht gemindert, sondern erhöht. Sie schützt sich mit den V-Leuten in den eigenen Reihen vor einem Verbot. Weil Öffentlichkeit ein wesentliches Prinzip des rechtsstaatlichen Strafprozesses ist, kann die NPD sich sicher sein, solange es in ihren Reihen Spitzel gibt, wird es kein erneutes Verbotsverfahren geben und solange kann sie offen neonazistisch agieren.

Meine Damen und Herren, ich komme zum zweiten Punkt unseres Antrags, der Aufforderung an die Landesregierung, dem Landtag ein inhaltliches und finanzielles Konzept für eine zu schaffende unabhängige Beobachtungsstelle „Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ vorzulegen. Herr Gentzel, ich war ein wenig geschockt, als Sie sagten, das sei ein kruder Vorschlag, ich glaube, ich habe das richtig verstanden, und Sie hätten sich viel Mühe gegeben, den zu verstehen. Zu ganz viel Mühe geben, Herr Gentzel, da hätte man einfach einmal anrufen und bei uns nachfragen können, wie wir das denn meinen. Das ist aber nicht passiert, Herr Gentzel.

(Unruhe bei der SPD)

Wir meinen eine unabhängige Beobachtungsstelle nach EU-Vorbild. Es gibt solch eine Beobachtungsstelle auf EU-Ebene. Eine solche Beobachtungsstelle, ihren Aufbau, ihre Unterstützung und finanzielle Absicherung zur Beobachtung und Analyse der extremen Rechten in Thüringen halten wir für die Einschätzung der Gefahren durch die extreme Rechte und die Entwicklung eines demokratischen Widerstandes als die sinnvollere Variante als den weiteren Einsatz von V-Leuten. Eine solche unabhängige Beobachtungsstelle für Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wurde schon 1998 im Bundestag mit den Stimmen von SPD, PDS, Grünen und FDP beschlossen. Herr Gentzel, da haben Ihre Kollegen im Bundestag damals wohl krudes Zeug beschlossen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Haben wir auch schon.)

Der Beschluss - da haben Sie recht - wurde nie umgesetzt. Der Grund dafür, dass dieser Beschluss nicht umgesetzt wurde: Die Behörden Polizei und Verfassungsschutz waren nicht bereit, Kompetenzen abzugeben. Kommunen, Verwaltung und Gesellschaft sind aber auf öffentliche, genaue und auch verifizierbare Informationen zur Entwicklung des Rechtsextremismus angewiesen. Nur wer eine adäquate Analyse auch auf regionaler Ebene vornimmt, kann erfolgversprechende Gegenkonzepte entwickeln. Die richtige Strategie der mobilen Beratungsteams - erkennen, deuten, handeln -, googlen Sie das mal vielleicht, werte Abgeordnete der CDU-Fraktion, diese richtige Strategie könnte durch eine solche unabhängige Beobachtungsstelle institutionelle Unterstützung erfahren. Mit dieser unabhängigen Beobachtungsstelle würde aus unserer Sicht eine Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeit geschaffen, die es bisher so nicht gibt. Der Verfassungsschutz sammelt - vielleicht - Informationen, diese sind für gesellschaftlich Engagierte aber nicht zugänglich. Der Verfassungsschutz behält alles für sich. Aber selbst wenn dem nicht so wäre, der Verfassungsschutz ist eine Adresse und eine Telefonnummer, hinter der sich Menschen mit Tarnnamen verbergen. Wer soll dort schon anrufen?

Warum legen wir so großen Wert auf die Unabhängigkeit der Beobachtungsstelle? Weil eine objektive Analyse, meine Damen und Herren, nicht durch Vorgaben aus der Politik bestimmt sein darf. Wenn Herr Innenminister Gasser meint, die NPD habe in Thüringen keine Chance, in den Landtag einzuziehen, dann darf und muss eine solche unabhängige Beobachtungsstelle auch das Gegenteil sagen können. Die unabhängige Beobachtungsstelle könnte auf rein fachlicher Basis arbeiten und müsste sich nicht an parteipolitisch-ideologischen Vorgaben ausrichten, auch nicht an denen von der LINKEN, Herr Gentzel.

Eine unabhängige Beobachtungsstelle kann Rechtsextremismus auch dann öffentlich einschätzen und bewerten, wenn zum Beispiel für die Polizei noch gar kein formaler Handlungsbedarf besteht, wenn zum Beispiel noch keine Straftaten begangen wurden oder erwartet werden. Die Entwicklung des Neonazismus in der Bundesrepublik und in Thüringen - so ist unsere Überzeugung - darf kein Geheimwissen, kein Spezialwissen sein. Die von uns geforderte Beobachtungsstelle würde eine zeitnahe, differenzierte und transparente Analyse gewährleisten, die von allen Aktiven genutzt werden könnte. Ein Wegducken oder Verharmlosen der Situation durch die politisch Verantwortlichen würde damit erschwert. Der Satz „Davon habe ich nichts gewusst.“ könnte damit endgültig verstummen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat Abgeordnete Meißner, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnetenkollegen, nachdem meine Vorredner schon einiges Wichtiges zu den beiden Anträgen gesagt haben, möchte ich doch noch auf ein paar juristische Aspekte eingehen. Ich denke, gerade in dieser Hinsicht besteht einiger Nachholbedarf, wenn man verschiedene Ansichten meiner Kollegen hier hört.

Zunächst zum erstgenannten Antrag der PDS-Fraktion: Herr Kollege Gentzel, ich kann Ihnen da nur recht geben, allein aus juristischer Sicht ist er absolut unschlüssig. Schon beim Lesen von Überschrift und den unter den Punkten 1 und 2 genannten Sachen zeigt sich ein Widerspruch. Gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes sind Parteien verfassungswidrig, wenn sie nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf abzielen, die freiheitlichdemokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden drohen. Die Ziele der Partei und das Verhalten ihrer Anhänger sind also diejenigen Anhaltspunkte, die Aufschluss darüber geben, ob einerseits die geforderten Tathandlungen vorliegen und ob diese gegen die genannten Schutzgüter gerichtet sind. Diese geheimen und nicht jedem zugänglichen Kenntnisse als notwendige Beweismittel für ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren können vor allem durch den Einsatz von V-Leuten erlangt werden. Der Einsatz von V-Leuten ist nicht nur ein zulässiges nachrichtendienstliches Mittel, das zudem eine gesetzliche Grundlage in § 8 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz findet - nein, die V-Leute sind auch dazu da, um gerade ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren möglich zu ma

(Beifall bei der CDU)

Die verfassungsfeindlichen Zielsetzungen offenbart die NPD nicht ständig öffentlich und diese Erkenntnisse können gerade die V-Leute durch verdeckte Beobachtung gewinnen, um so ein vollständiges Bild über extremistische Bestrebungen zu erlangen - links wie rechts.

(Beifall bei der CDU)

Es existiert somit sogar eine verfassungsrechtliche Verpflichtung staatlicher Stellen, verfassungswidrige Bestrebungen auch von V-Leuten zu ermitteln und gegebenenfalls gegen diese vorzugehen. Trotz dessen ist natürlich ziviles Engagement absolut notwendig. Aber die oftmals durch engagierte Bürger gewonnenen Erkenntnisse über die rechtsextremistische Szene reichen eben nicht aus, um die in Artikel 21 genannten Voraussetzungen für ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren auszufüllen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Haben wir auch.)

(Zwischenruf Abg. Kalich, Die Linkspar- tei.PDS: Das ist aus dem Parteipro- gramm.)

Neben diesen geschilderten Widersprüchen und der Unhaltbarkeit der Forderung, alle V-Leute in der NPD abzuschalten, sieht es so aus, als sei der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS aus Enttäuschung über die Antwort des Innenministeriums auf die Kleine Anfrage - Sie nannten Sie schon - in der Drucksache 4/2901 entstanden. Die Kleine Anfrage, die übrigens genau den gleichen Wortlaut hat, wie eine bereits am 22.12.2006 im Bundestag von der Linkspartei.PDS gestellte Kleine Anfrage, wurde vom Thüringer Innenministerium ebenso wie von der Bundesregierung beantwortet, nämlich dass die Notwendigkeit nachrichtendienstlicher Mittel neben der Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen notwendig ist für ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren.

In Ziffer 2 des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS wird eine unabhängige Beobachtungsstelle gefordert. Mir fehlt die Abgrenzung zum bisher bestehenden Landesamt für Verfassungsschutz. Sie erwähnten zwar jetzt schon einige Argumente, jedoch glaube ich, dass beide Behörden scheinbar die gleichen Aufgaben erfüllen. Aufgrund § 3 Bundesverfassungsschutzgesetz haben die Verfassungsschutzbehörden die Aufgabe, Informationen über Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, zu sammeln und auszuwerten. Für Feststellung der Verfassungswidrigkeit des

Handelns einer Partei werden durch das Bundesamt sowie die Landesbehörden für Verfassungsschutz Unterlagen und Beweise gesammelt. Gerade die Abteilung Beschaffung des Verfassungsschutzes hat die Aufgabe, mit offenen und gegebenenfalls auch nachrichtendienstlichen Mitteln die erforderlichen Informationen für ein erfolgreiches NPDVerbotsverfahren zu sammeln. Die Abteilung Auswertung erhält von der Abteilung Beschaffung Informationen aus den Bereichen des Links-, Rechts- und Ausländerextremismus und führt diese mit anderen Informationen, etwa aus öffentlich zugänglichen Quellen, zusammen und wertet diese aus. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz nimmt daher gerade die Aufgaben wahr, die wahrscheinlich die von Ihnen geforderte unabhängige Beobachtungsstelle wahrnehmen soll, jedoch gibt es einen Unterschied, Sie beobachtet alle Formen des Extremismus, links wie rechts.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, im Folgenden möchte ich es jedoch nicht versäumen, auf den Alternativantrag der SPD-Fraktion einzugehen. Auch wenn dieser inhaltlich wesentlich besser ist, so mangelt es ihm hauptsächlich an der Abgrenzung zwischen politischer Überzeugung der Verfassungswidrigkeit und der rechtlichen Wirksamkeit eines Parteienverbots. In Ziffer 2 Ihres Antrags fordern Sie die Landesregierung auf, auf einen Antrag einer Entscheidung des Bundesrates über die Einleitung eines NPD-Verbotsverfahrens hinzuwirken. Gemäß § 43 Bundesverfassungsgerichtsgesetz können der Bundestag, der Bundesrat sowie die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei, die Entscheidung darüber beantragen. Bundestag und Bundesrat sind vom Gesetzgeber und auch nach der herrschenden Meinung dabei aber eher als Legalitätsreserve zu sehen für den Fall einer trotz offensichtlicher Verfassungswidrigkeit verbotsunwilligen Regierung gedacht. Die Entscheidung der Bundesregierung, ob beim Bundesverfassungsgericht gegen eine verfassungsfeindliche Partei der Verbotsantrag gestellt werden soll, ist jedoch kein bloßer Einleitungsakt für ein rechtlich zwingend durchzuführendes Verbotsverfahren, sondern eine politische Entscheidung. Ein unzureichend begründeter oder gar leichtfertiger Verbotsantrag allein aus der Verpflichtung führt zur Zurückweisung vor dem Bundesverfassungsgericht und damit zu einem nicht gewollten Auftrieb der NPD. Ein negativer Verfahrensausgang für den Antragsteller ist immer auch ein politischer Triumph für den Antragsgegner. Daher muss die Bundesregierung einschätzen, ob genügend materiell-rechtliche Beweise für ein erfolgreiches Verbotsverfahren vorliegen und ob die formellen Hürden der Einstellung von 2003 genommen wurden.

Ich denke, wir sind uns alle einig, dass ein weiteres erfolgloses Verbotsverfahren gegen die NPD diese wohl noch weiter stärken würde, als es nach dem jüngsten Verbotsverfahren der Fall war.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, deutet man Ziffer 3 des SPD-Antrags vor dem Hintergrund der sogenannten V-Problematik, so gebe ich Ihnen insoweit recht, dass V-Leute keine steuernde Einflussnahme auf die Partei ausüben dürfen.

(Beifall bei der CDU)