Protocol of the Session on July 13, 2007

Wird Begründung zum Antrag gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Pilger, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag der Kollegen von der Linkspartei.PDS - oder jetzt ist er von der Partei DIE LINKE - greift ein offenkundiges Problem auf. Auch die Damen und Herren in der Mitte dieses Hauses werden die Augen nicht länger davor zumachen können, dass Wirtschaftswachstum allein das Problem langzeitarbeitsloser Menschen weder jetzt löst noch zukünftig lösen wird. Bereits der Ombutsrat zur Begleitung des SBG II stellt im vergangenen Jahr fest - ich erlaube mir zu zitieren: „Für einen großen Teil der Langzeitarbeitslosen ist auch bei Besserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt eine Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt nicht realistisch. Die Frage, wie wir die Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen und die Umsetzung gesellschaftlicher Aufgaben zusammenbringen, muss uns alle weiter bewegen.“ Die Bundesagentur für Arbeit hat selbst wiederholt auf den entsprechenden Bedarf zusätzlicher und langfristig finanzierter Beschäftigungsangebote hingewiesen. Wir haben bereits im vergangenen Jahr eine Fachveranstaltung unter dem Titel „Fördern - aber wie?“ in diesem Hause veranstaltet. Auch dort wurde klar, wir brauchen einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für dauerhafte Beschäftigung. Auch wir sind der Auffassung, dass über die vorhandenen Förderinstrumente hinaus ein Angebot für eine langfristige und dauerhafte Beschäftigung entwickelt werden muss. Die SPD-Landtagsfraktion hat darauf in diesem Hause auch immer wieder hingewiesen. Auf dem Landesparteitag der Thüringer SPD Ende des vergangenen Jahres gab es ein eindeutiges Bekenntnis dazu. Wir wollen einen gemeinwohlorientierten Arbeitsmarkt, der dauerhafte, sozialversicherungspflichtige und existenzsichernde Beschäftigungsmöglichkeiten bietet. Es freut mich, dass DIE LINKE spätestens mit diesem Antrag ihre frühere Position „Hartz IV muss weg“ in Thüringen offenkundig aufgegeben hat, auch wenn die Kollegin Leukefeld ges

tern in der Debatte noch einmal den Versuch unternommen hat, diese Fahne zu hissen. Das SGB II muss nämlich nicht weg, es muss in der Umsetzung und der Förderung besser werden.

Nicht zuletzt aufgrund der Anregungen der Thüringer SPD gibt es ja jetzt ein neues Förderinstrument. Das Bundesprogramm „Kommunal-Kombi“ greift das Problem auf und sechs Regionen in Thüringen werden davon profitieren können. Insoweit waren wir mit der Intention des Antrags der Linksfraktion zum Zeitpunkt der Antragstellung einverstanden, zumal die Kollegen offenbar die eine oder andere Idee von uns aufgegriffen haben. Aber wie das so ist, mitunter überholen aktuelle Entwicklungen eine im Grunde begrüßenswerte Anregung. Genau das ist mit dem neuen Bundesprogramm der Fall, und zwar im positiven Sinne. Deshalb sollte dessen Umsetzung Vorfahrt haben, zumal es wesentliche Intentionen dieses Antrags aufgreift.

Aber dennoch zwei kritische Anmerkungen zum Antrag selber. Der Teufel steckt nämlich bekanntlich wie immer im Detail. Ich will hier auch aus unserer Sicht auf zwei Knackpunkte hinweisen. In Ziffer 1 des Antrags wird die Zusammenlegung der Unterhaltsleistungen, der Kosten der Unterkunft und der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik - ergänzt durch Landes- und ESF-Mittel - eingefordert. Dies ist im Rahmen eines Modellprojekts zwar begrenzt möglich, tatsächlich aber wenig sinnvoll und im größeren Rahmen auch rechtlich nicht umzusetzen. Den größeren Rahmen aber bietet uns jetzt das Bundesprogramm.

Dann gibt es noch einen Beipack im Antrag, der nach meiner Auffassung dort nicht hingehört, weil er andere politische Intentionen als die Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen hat. In Ziffer 4, vierter Anstrich, versuchen Sie mit der Klammerbemerkung und der dort getroffenen Festlegung der Höhe des Bruttoeinkommens wiederholt klammheimlich den Wettbewerb um die Höhe des Mindestlohnes anzuheizen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, Sie wissen, dass die SPD für einen Mindestlohn war und ist; wir in Thüringen übrigens immer voran - und darauf bin ich stolz. Sie wissen, dass die SPD trotz aller in einer Koalition mit der CDU zu schließenden Kompromisse nicht bereit sein wird, von der Forderung nach einem Mindestlohn abzurücken. Ihr Antrag zu diesem Thema im Thüringer Landtag ist in Anbetracht des zu lösenden Problems für langzeitarbeitslose Menschen nicht für solche parlamentarischen Scharmützel geeignet. Die Festlegung des Bruttoeinkommens ist zudem kontraproduktiv.

Der Presse war zu entnehmen, dass im Bereich der ARGE Erfurt ein Beschäftigungsprojekt mit einem

Bruttolohn von 1.350 € geplant ist. Das wäre nach dem vorliegenden Antrag nicht möglich. Nun nehme ich an, dass dieser Punkt in Übereinstimmung mit dem anderen Partner der ARGE, nämlich der Stadtverwaltung Erfurt, und dort auch mit der Bürgermeisterin und Sozialdezernentin entwickelt wurde. Also bitte Konzentration auf das Thema; die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sollte uns allen zu wichtig sein, um uns mit solchen parlamentarischen Fallstricken abzugeben. Die Kollegen von der LINKEN möchte ich deshalb bitten, die Höhe des genannten Einkommens ersatzlos zu streichen. Wir sind aber der Auffassung, dass der Antrag, abgesehen von der Benennung des monatlichen Einkommens, gute Anregungen bietet, um sich im Detail gemeinsam mit den Experten und angesprochenen Akteuren auseinanderzusetzen. Er bietet Anregung für das Bundesprogramm „Kommunal-Kombi“, was in seinem Umfang über die hier beantragte Platzzahl hinausgehen wird. Aber wir dürfen dabei die Kommunen nicht allein lassen. Das Land muss ergänzende Förderung und Unterstützung bei der Umsetzung gewährleisten und darauf sollten wir uns konzentrieren. Dabei können die Erfahrungen der beiden Projekte in Sachsen-Anhalt und Ostthüringen zur Bürgerarbeit sicherlich hilfreich sein. Der Antrag gehört deshalb nach unserer Auffassung in den Wirtschaftsausschuss. Er sollte dort gemeinsam mit der Umsetzung des Bundesprogramms mit den angesprochenen Arbeitsmarktakteuren erörtert werden. Es gilt, die Voraussetzungen zur Umsetzung eines qualitativ hochwertigen Beschäftigungsangebots zu benennen, ein Angebot, das sich im ersten Schritt auf die Region des Bundesprogramms konzentrieren muss, was aber im zweiten Schritt darüber hinaus bedarfsgerecht und auf das ganze Land auszuweiten ist. Ein solches durchaus sinnvolles Projekt tatsächlich zu stemmen, setzt voraus, dass die individuelle Förderung im Bereich der ARGE gut funktioniert. Ich habe bereits gestern beim in der Tagesordnung vorhergehenden Tagesordnungspunkt aufgezeigt, dass die Kommunen in diesem Prozess unterstützt werden müssen. Sie sind diejenigen, die über die infrage kommenden Arbeitsfelder verfügen und die Abgrenzung zur Wettbewerbsverzerrung und zum Missbrauch gewährleisten müssen. Eines der größten Probleme scheint hier die Ausweisung sinnstiftender Arbeitsfelder zu sein. All das werden wir aber auch im Hinblick auf die Umsetzung des Bundesprogramms klären müssen.

Ich halte daher die Überweisung an den Fachausschuss für erforderlich und bitte die Kollegen der CDU ausdrücklich um Zustimmung. Wir werden in jedem Fall die Kommunen bei dem „Kommunal-Kombi“ unterstützen müssen. Der vorliegende Antrag liefert dafür Anregungen. Ein solches Verfahren wäre tatsächlich ein konstruktiver Umgang in diesem Hause mit dem Problem langzeitarbeitsloser Menschen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Günther, CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, lieber Kollege Pilger, ich schätze die Zusammenarbeit mit Ihnen sehr, das wissen Sie. Aber eine Überweisung, wie von Ihnen beantragt, wird es heute mit uns hier nicht geben, weil es sie nicht geben kann, weil wir nicht im Ausschuss über das Modell zum Modell sprechen können.

Meine lieben Kollegen der Fraktion der LINKEN, Sie bringen hier wieder zu Themen einen Plenarantrag ein, die gerade im Ausschuss behandelt werden, obwohl Sie wissen, dass in Thüringen ein Modellprojekt - ich sagte es eben - dazu gerade erst startete. Können Sie es einfach nicht abwarten? Es ist ein schlechter Stil von Ihnen und Sie machen damit jede sachliche Arbeit fast unmöglich. Einmal von den überzogenen inhaltlichen Forderungen abgesehen, die Herr Kollege Pilger ja auch schon darstellte, müssen und werden wir auch deshalb solche Anträge in Zukunft konsequent ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Einvernehmlich hatten wir uns im Ausschuss verständigt, die Analyse laufender Modellprojekte fortzuberaten. Die Auswertung laufender Modellprojekte macht allein schon deshalb Sinn, da beispielsweise Schwächen der bisherigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zukünftig vermieden werden können. Grundsätzlich allerdings sind Modelle wie z.B. Bürgerarbeit oder ähnliches auch für meine Fraktion kein Tabu. Allerdings mit der Einschränkung, dass diese nur für ganz bestimmte Fälle das richtige Instrument sein könnten. Es sollte - und hier, denke ich, ist sich das Hohe Haus einig - jede Möglichkeit genutzt werden, wenn es darum geht, Menschen in Arbeit zu bringen und ihnen ein neues Selbstbewusstsein und neue Perspektiven zu geben.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke hier vor allem an die verfestigte Gruppe von Personen mit mehrfachen Einstellungshemmnissen. Es macht keinen Sinn, die Augen davor zu verschließen, dass ein Teil dieser Menschen nicht mehr dem ersten Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Daher kann ein Modell wie „Bürgerarbeit“ oder „Pro Arbeit“ der Parität ein sinnvolles Instrument sein, um Langzeitarbeitslosen eine Beschäftigungsmöglich

keit zu geben. Es ist doch für uns alle deutlich erkennbar, dass eine Diskrepanz zwischen gesellschaftlich notwendiger Arbeit, die oftmals liegenbleibt, und der immer noch hohen Zahl von Langzeitarbeitslosen besteht.

Auf der einen Seite fehlen in den Sozialeinrichtungen Pflegehilfskräfte oder in manchen Gemeinden wuchert das Unkraut in den Parks, um nur zwei Beispiele zu nennen, gleichzeitig schlagen aber, um in dem Bild der Parks zu bleiben - da möge man mich nicht falsch verstehen -, Arbeitslose dort die Zeit tot und unterliegen dabei einem hohen psychischen Druck und fallen nicht selten in Depressionen oder gar noch Schlimmeres. Was läge da näher, als zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen? Richtig, aber auch Vorsicht, ganz so einfach können wir uns das nicht machen. Entsprechende Überlegungen zur Überwindung dieser Lücke werden nämlich bereits seit mehr als zehn Jahren angestellt. Das Modell „Bürgerarbeit“ zum Beispiel ist, wie eingangs angesprochen, ein enger Verwandter der uns allen wohlbekannten ABM. Diese allerdings wurden aus guten Gründen radikal heruntergefahren, weil sie teuer und ziemlich erfolglos waren und diese ABM-Stellen eher selten eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt waren.

Meine Damen und Herren, bei allen Überlegungen und Aktivitäten zu neuen Modellen und den Bemühungen um den genannten Personenkreis muss die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt oder eine passgenaue Qualifizierung immer Vorrang haben. Stilles Subventionieren eines flächendeckenden dritten Arbeitsmarkts bleibt für uns nach wie vor ein Irrweg. Es darf keine reguläre Arbeit gefährdet werden. Auch sollte nicht ein weiteres Abschiebegleis gebaut werden, auf dem Arbeitslose lediglich aus der Statistik herausfallen.

Um es noch einmal zu verdeutlichen, wir lehnen das Modell „Bürgerarbeit“ oder ähnliche Modelle nicht ab, aber ich sage ganz deutlich, es ist nicht der Königsweg zu mehr Arbeit,

(Beifall bei der CDU)

sondern lediglich ein Notbehelf für eine Gruppe nicht oder sehr schwer vermittelbarer Langzeitarbeitsloser. Ich bin fest davon überzeugt, dass man auf diesem Feld nur mit staatlichen Lohnergänzungen für schwach produktive Arbeiten, und zwar am besten in der Entlastung der Unternehmen von den Lohnkosten, arbeiten kann. Das Modell „Pro Arbeit“ der Parität, meine ich, geht in die richtige Richtung. Auch hier ist die Zielrichtung Integration am ersten Arbeitsmarkt.

Nun noch mal ganz konkret zu Ihrem Antrag, werte Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei.PDS: In Kenntnis des Modellprojekts „Bürgerarbeit“, welches ja inhaltlich darauf abstellt, gemeinwohlorientierte Arbeit für Langzeitarbeitslose zu bieten, fordern Sie, unverzüglich ein flächendeckendes Modell mit über 2.000 Stellen aufzulegen, und das, obwohl Sie wissen, dass gerade die Zahl der zu definierenden Stellen eines der Probleme neben denen der Finanzierung ist, welches wir im Ausschuss beraten haben und noch beraten werden. Wir haben uns, wie erwähnt, fraktionsübergreifend verständigt, die Beratung dazu nach der Sommerpause wieder aufzurufen. Der Entschluss dazu kam, dass seitens der Landesregierung und auch in der Diskussion deutlich wurde, dass es hier noch viele offene Fragen gibt, dass noch keine Bezugsgrößen vorliegen, die ein Thüringer Modell letztendlich auch erfolgreich werden lassen können.

Das Modellprojekt in Schmölln ist für 200 Langzeitarbeitslose aus dem Rechtskreis des SGB II ausgelegt und soll etwa 2,4 Mio. € kosten. Von den 200 Stellen waren zwei Monate nach Anlauf des Projekts noch 100 Stellen offen, was deutlich zeigt, wie schwierig es ist, derartige Stellen zu definieren, und das, weil es eben nicht so einfach ist, eine Abgrenzung zum ersten Arbeitsmarkt vorzunehmen und diese Stellen ausschließlich im gemeinwohlorientierten Bereich anzusiedeln. Frau Enders, ich weiß, es gibt Ausnahmen, das hängt aber auch mit handelnden Personen zusammen und, ich denke, das ist völlig okay. Es darf hier auch nicht passieren, meine Damen und Herren, dass eine Art Konkurrenz zu Eingliederungsprojekten und Maßnahmen der ARGEn bzw. des Rechtskreises SGB II entsteht. Das war im Übrigen auch der Grund, warum in Sachsen-Anhalt erst in einer Kommune das Projekt modellhaft gestartet wurde. Inzwischen sind weitere dazugekommen - alle mit weniger als 50 Plätzen. Das geschieht in Thüringen ebenfalls, allerdings auch ohne Ihren Antrag. Man geht eben etwas bedachter heran, weil man die Gefahr erkannt hat, dass unter Umständen tatsächlich Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt verdrängt werden könnten. Die Gefahr steigt natürlich, wenn man einem solchen Schnellschuss, wie von Ihnen gefordert, folgte, ohne die Ergebnisse derzeitiger Modellprojekte abzuwarten. Ich bin im Übrigen dankbar, dass die Landesregierung sich an dem Projekt in Schmölln bereits jetzt mit 15 Prozent an der Finanzierung der Personalkosten beteiligt - ein deutliches Signal, auch zukünftig bei entsprechendem Erfolg das Projekt zu erweitern und auch weitere Initiativen in anderen Regionen zu unterstützen. Ohne die Beteiligung des Freistaats wäre das Projekt auch schwer vorstellbar, denn eine Finanzierung durch den Eingliederungstitel 2 allein ist kaum möglich - auch das hat das Ergebnis im Ausschuss gezeigt -, es sei denn, man verzichtet auf

alle weiteren Maßnahmen in der jeweiligen ARGE. Wesentlich einfacher wäre es, wenn endlich eine Deckungsfähigkeit von aktiven und passiven Mitteln der Agentur möglich wäre. Hier allerdings ist man leider keinen Schritt weitergekommen. Ebenfalls ist es auch nicht nachvollziehbar, dass der Haushaltsgesetzgeber beim Bund immer noch ein eingespartes Arbeitslosengeld in Höhe von mehr als 1 Mrd. € gesperrt hält. Hier sehe ich Handlungsbedarf, den Druck Richtung Bundesarbeitsminister zu erhöhen.

Meine Damen und Herren, etwas Bewegung gibt es ja durch die geplante Änderung des SGB II. Es liegt mir und sicherlich auch Ihnen ein Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im Deutschen Bundestag zur Änderung des Zweiten Gesetzes Sozialgesetzbuch vor, das da heißt: „Verbesserung der Beschäftigungschancen von Menschen mit Vermittlungshemmnissen“. Dieser Gesetzentwurf geht genau in die von mir vorher zitierte richtige Richtung, Richtung Lohnkostenzuschuss. Ich denke, es ist Ihnen bekannt; man kann nur hoffen, dass alsbald dem Gesetzentwurf zugestimmt wird.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, Die Links- partei.PDS: Ich denke, der ist verab- schiedet worden.)

Auch mit Blick auf den letzten Arbeitsmarktbericht und den zu begrüßenden Rückgang der Arbeitslosigkeit müssen wir uns hinsichtlich der Verwendung der hierdurch eingesparten Mittel stark machen. Ein von meiner Fraktion seit Längerem favorisiertes Projekt, welches die Entkoppelung der Sozialkosten von den Arbeitskosten zum Inhalt hat, könnte mit den eingesparten Bundesmitteln im Freistaat finanziert werden. Ein solches Modell würde der Wirtschaft Mut zur weiteren Schaffung von Arbeitsplätzen - und ich meine hier sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze - machen und die Integration von Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen wäre möglich. Ich denke, ein guter Mix aus unserem Modell und dem Vorschlag der Parität kann und sollte in einer Region in Thüringen getestet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie eingangs angekündigt, lehnt die CDU-Fraktion Ihren Antrag ab, da wir nicht ein Modell zum Modell beschließen werden, ohne die Ergebnisse aus der weiteren Fortberatung des Ausschusses und einer weiteren Auswertung laufender Modellprojekte abzuwarten, und weil wir der Auffassung sind, dass man den Akteuren vor Ort nicht vorgeben muss, was zu tun ist. Die Entwicklung im Land hat gezeigt, dass bereits flächendeckend auf dem Gebiet gearbeitet wird. Hier verweise ich noch einmal auf das Projekt in Erfurt „Arbeit für Erfurt“ und das Projekt der Parität „Pro Arbeit“. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich jetzt Frau Abgeordneten Leukefeld das Wort erteile, möchte ich noch Einvernehmen herstellen, dass die Fragestunde im Anschluss an diesen Tagesordnungspunkt aufgerufen wird. Das kann ja dann etwas nach 14.00 Uhr sein. Das Einvernehmen von allen Fraktionen ist signalisiert. Frau Abgeordnete Leukefeld, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, jetzt kommt sie mit der Banane. Ich habe die mitgebracht, wissen Sie, warum? Weil ich glaube, dass die Erkenntnis reift auch in diesem Haus, dass öffentlich finanzierte Beschäftigung machbar ist. Dass sie umsetzbar ist, wenn man es will, und dass sie auch finanzierbar ist und dass es ganz viele Ideen und Vorschläge gibt. Damit das vielleicht noch ein bisschen weiter reift, auch beim Minister, würde ich die gern hier übergeben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die grüne Banane der Erkenntnis kann nicht schaden.

Ich will gleich nahtlos an das anknüpfen, was hier schon gesagt wurde. Wir haben ja gestern auch umfangreich zur Umsetzung des SGB II gesprochen. Ich glaube, bundesweit und auch in Thüringen von Diakonie bis DGB, von Politikern, Wissenschaftlern, selbst leitenden Mitarbeitern der Arbeitsverwaltung ist klar, dass eine vollständige Regelung des Problems der Langzeitarbeitslosigkeit durch Marktkräfte allein nicht möglich ist. Im Grunde genommen sind es drei Einschätzungen, die zu dieser Erkenntnis führen. Das ist erstens die hohe Sockelarbeitslosigkeit insgesamt, zweitens das Fehlen von tragfähigen Förderinstrumenten für Langzeitarbeitslose und drittens brach liegende Arbeit im gemeinwohlorientieren Bereich. Der Abgeordnete Günther hat ja eben davon auch gesprochen. Ich denke, wir haben eine unterschiedliche Auffassung. Wir glauben, dass Niedriglohn als Kombilohn im Bereich der Wirtschaft für gering qualifizierte Arbeit nicht sinnvoll ist. Wir sollten öffentliche Mittel vor allen Dingen im gemeinwohlorientierten Bereich einsetzen. Im Grunde zielt ja auch das verabschiedete Gesetz mit dem KommunalKombi zur zusätzlichen Schaffung von 100.000 Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose darauf ab. Wie das manchmal so ist im Leben, die Anträge sind, glaube ich, parallel mit ähnlichen Ausgangspunkten entstanden. Insofern sehe ich unseren Vorschlag als eine Ergänzung dieser Initiative und nicht als etwas völlig anderes, denn es wird deutlich: Wir brau

chen einen sozialen Arbeitsmarkt durch öffentlich finanzierte Beschäftigung. Ich will vielleicht gleich auf einige Probleme kommen, die hier auch angesprochen wurden. Abgeordneter Pilger hat noch einmal gesagt, eines der großen Probleme ist offensichtlich die Frage, dass wir 1.400 € Brutto fordern. Das ist eine Forderung, die wir aufmachen - Mindestlohn. Nun, ich muss Ihnen sagen, wir müssen uns da schon selber treu bleiben. Die 1.400 € Mindestlohn als Bruttolohn für eine Vollzeitstelle orientieren sich an der Pfändungsfreigrenze, die derzeit aktuell bei 989,99 € liegt. Wenn Sie fragen, wie kommt denn das jetzt zusammen, kann ich Ihnen sagen, dass 1.400 Brutto minus 293,30 € Sozialversicherungsleistungen, minus 108,83 € Steuer genau netto 997,87 € ausmachen. Das liegt dann allerdings geringfügig mit 2 € unter der Pfändungsfreigrenze. Warum wir die Pfändungsfreigrenze so unbedingt zum Maßstab machen, will ich Ihnen auch noch einmal sagen und die Argumentation hier auch noch einmal aufnehmen. Wir haben gestern über den Preis der Ware Arbeitskraft diskutiert. Der Ministerpräsident hat das hier mit angesprochen. Ich habe noch einmal nachgesehen und will Ihnen das hier auch sagen. In einem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2006 gibt es eine sehr interessante Argumentation, der wir folgen. Dort heißt es nämlich, ich darf zitieren: „Aus dem Würdegebot und dem Sozialstaatsprinzip folgt dabei, dass der Maßstab nicht das pure Überleben ist, sondern dass das soziokulturelle Existenzminimum gesichert sein muss“. Es geht dann weiter: „Der Preis der Ware Arbeitskraft, der als Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber zu leisten ist, darf unter diesen verfassungsrechtlichen und staatsvertraglichen Prämissen keinesfalls unter das soziokulturelle Existenzminimum des Arbeitnehmers sinken, wenn dieser eine durchschnittliche Arbeitsleistung vollschichtig erbringt.“ Im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Pfändungsfreigrenze heißt es ganz konkret: „..., dass das Absinken der Pfändungsfreigrenzen unter das Existenzminimum des Schuldners verhindert wird“. Ich sagte bereits, 989,99 € sind hier der Maßstab. Ich glaube, wir sollten die Erkenntnis auch hier weiter reifen lassen, dass Arbeit sich lohnen muss, dass man von Arbeit leben können muss und demzufolge ein existenzsichernder Lohn zu finanzieren und zu bezahlen ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Deshalb unser Antrag für eine Thüringer Initiative für gemeinwohlorientierte Arbeit für 2000 Langzeitarbeitslose. Wir denken, man muss einfach auch einmal im großen Stil herangehen. Bürgerarbeit, hat sich punktuell gezeigt, ist möglich, wenn man das auch mit Konsequenz will. Unser Kritikpunkt an der Bürgerarbeit besteht in zwei Punkten. Der eine ist, dass es nicht existenzsichernd entlohnt wird, das habe

ich gerade versucht darzulegen. Der zweite ist, dass es nicht freiwillig erfolgt. Dass Arbeit da ist, ist hier auch schon ausführlich dargelegt worden. Im Bereich der sozialen und kulturellen Arbeit, im Bildungsbereich, Kinder- und Jugendarbeit, in der Seniorenbetreuung, Stadtteilarbeit, im Sport, im Umwelt- und Naturschutz und bei vielen anderen kommunalen Aufgaben, die derzeit meistens durch EinEuro-Jobber geleistet werden. Wir haben auch ganz klar festgelegt, dass wir nicht wollen, dass es zu wirtschaftsnahen Leistungen eine Konkurrenz gibt. Das soll ausgeschlossen werden. Das ist auch möglich, wenn man es entsprechend angeht.

Das Modellprojekt ist finanzierbar. Wir haben eine Finanzierungsübersicht und ein Finanzierungsmodell erarbeitet, das will ich Ihnen hier nicht erläutern. Deswegen wäre es sinnvoll, wenn wir eine weitere Diskussion auch im Wirtschaftsausschuss hätten. Ich kann nur noch mal die Kolleginnen und Kollegen von der CDU bitten - vielleicht kommen nicht so viele rein und es klappt gerade noch mit dem Abstimmen -, dass wir vielleicht doch die Verweisung hinbekommen.

(Unruhe bei der CDU)

Ich will Ihnen auch sagen, dass es genügend Erfahrungen bei der Organisation dieser Dinge gibt. Der Abgeordnete Günther hatte schon auf meine Kollegin Bürgermeisterin von Großbreitenbach Petra Enders verwiesen. Jammerschade, dass ihr durchgerechnetes und organisiertes Projekt „Bürgerarbeit“ sozusagen auf dem Silbertablett serviert, derzeit nicht umsetzbar ist, weil die Bundesagentur das ablehnt. Ich glaube, wir sollten Erfahrungen gemeinsam sammeln, die Erfahrungen, die auch vorhanden sind, nutzen. Deshalb - damit will ich es auch bewenden lassen - bitte ich Sie um Zustimmung für die Verweisung an den Wirtschaftsausschuss und um eine Umsetzung öffentlich finanzierter Beschäftigung im größeren Stil im Interesse der betroffenen Menschen hier in Thüringen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Das Wort hat Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, da mir meine Eltern mal beigebracht haben, dass man Dinge, die man geschenkt bekommen hat, nicht weiterschenkt, werde ich mir erlauben, Ihnen das nachher wieder zurückzugeben.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Sie wissen aber auch, dass man mit Le- bensmitteln nicht spielt.)

Ja, ich glaube, Herr Gentzel, wenn Sie es vielleicht nachher verspeisen wollen, würde ich mich gern daneben stellen.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Da läuft er grün an.)