Protocol of the Session on July 11, 2007

Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und begrüße ebenfalls die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen die Abgeordnete Wackernagel und die Rednerliste führt der Herr Abgeordnete Baumann.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Minister Dr. Sklenar und Frau Abgeordnete EhrlichStrathausen.

Ich möchte Ihnen folgende Hinweise geben: Morgen um 13.00 Uhr eröffnen wir die Kunstausstellung des Karikaturisten Phillip Huppe mit dem Titel „Mit Behinderung ist zu rechnen …“. Ich lade Sie zu dieser Ausstellungseröffnung recht herzlich ein.

Zugleich wird es morgen Abend einen parlamentarischen Abend geben, der von der Landespressekonferenz veranstaltet wird. Er wird nach dem Ende der Plenarsitzung gegen 20.00 Uhr im Landtagsrestaurant beginnen. Auch hierzu eine herzliche Einladung.

Ich möchte Ihnen folgende Hinweise zur Tagesordnung geben:

Zu Tagesordnungspunkt 3 „Thüringer Vergabegesetz“ wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/3196 verteilt.

Die angekündigte Beschlussempfehlung des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt zu Tagesordnungspunkt 4 „Thüringer Gesetz zur Umsetzung europarechtlicher Vorschriften über die Umweltprüfung bei bestimmten Plänen und Programmen“ hat die Drucksachennummer 4/3174.

Der angekündigte Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu Tagesordnungspunkt 23 hat die Drucksachennummer 4/3170. Er wurde erst am 5. Juli dieses Jahres verteilt, so dass er ohne Beschlussfassung über eine Kürzung der Frist gemäß § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung erst in der morgigen 65. Plenarsitzung aufgerufen werden kann. Ich gebe Ihnen den Hinweis, sofern der Tagesordnungspunkt bereits in der heutigen Sitzung aufgerufen werden soll, muss dies bei Widerspruch dann mit zwei Dritteln der Abstimmenden beschlossen werden.

Darüber hinaus wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/3197 verteilt.

Zu Tagesordnungspunkt 27 „Fragestunde“ kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: die Drucksachen 4/3169, 4/3175, 4/3176, 4/3177, 4/3182, 4/3183, 4/3184, 4/3187, 4/3188 und 4/3189.

Wir haben im Ältestenrat vereinbart, dass der Tagesordnungspunkt 1 morgen als erster Punkt, die Tagesordnungspunkte 2 a, b und c morgen als Zweites und der Tagesordnungspunkt 26 morgen nach der Aktuellen Stunde aufgerufen werden.

Die Landesregierung hatte bereits zur letzten Plenarsitzung angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 11 bis 13, 16, 18 und 19 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen. Darüber hinaus hat sie auch zu den Tagesordnungspunkten 17 und 21 einen Sofortbericht angekündigt.

Gibt es weitere Änderungswünsche zur Tagesordnung? Bitte, Herr Abgeordneter Buse.

Danke, Frau Präsidentin. Frau Präsidentin, namens der Fraktion beantrage ich, einen Gesetzentwurf unserer Fraktion „Neuntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes“ und, ich darf das mit einbinden, den Antrag unserer Fraktion „Änderung der Geschäftsordnung des Landtags“, die in einem engen Zusammenhang stehen, mit auf die Tagesordnung zu setzen. Sie sind in einem Vorabdruck in der Drucksache 4/3194 bzw. 4/3195 ausgefertigt und als Tischvorlage verteilt. Da wir da die Fristverkürzung beantragen müssten, würde ich darum bitten, dem Abgeordnete Blechschmidt das Wort dazu zu erteilen.

Ja. Gibt es weitere Anträge? Bitte, Abgeordneter Schröter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, namens der CDUFraktion beantrage ich, bei der Abarbeitung der Tagesordnung nach dem Punkt 1 am morgigen Tag „Regierungserklärung“, dann die Mittagspause, die Fragestunde und die Aktuelle Stunde sowie die Wahl in Punkt 26 einzuordnen. Die Begründung dafür liegt darin, dass die Abarbeitung des Tagesordnungspunkts 2 möglichst ohne Pause zwischendrin stattfinden soll. Das ist der erste Antrag.

Der zweite Antrag: Wir beantragen, den Tagesordnungspunkt 7 „Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2007“ auf jeden Fall in der heutigen Sitzung zu behandeln, da der Innenausschuss beabsichtigt, noch heute Abend eine Sondersitzung in dieser Sache durchzuführen und die Ausschussüberweisung, die dort gegebenenfalls durchgeführt wird, müsste vorab dann schon stattgefunden haben. Sonst ist diese Sitzung nicht möglich. Vielen Dank.

Danke. Es liegen mir jetzt keine weiteren Änderungsanträge vor. Wir kommen zu dem Antrag der Fraktion Die Linkspartei.PDS, die Aufnahme des Gesetzentwurfs in Drucksache 4/3194 „Neuntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes“ sowie die Aufnahme ihres Antrags zur Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags in Drucksache 4/3195 in die Tagesordnung. Zur Dringlichkeit sollte der Abgeordnete Blechschmidt sprechen. Abgeordneter Blechschmidt, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen, das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 4. Juli 2007 - also Mittwoch vergangener Woche - die Regelung über das Abgeordnetengesetz des Bundestags zu Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften und im Besonderen damit verbunden Anzeigen- und Offenlegungspflichten für verfassungsgemäß erklärt. In der öffentlichen Wahrnehmung und der Diskussion wird das Urteil sehr positiv und als längst überfällig bewertet. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil an mehreren Stellen immer wieder deutlich gemacht: Ohne Transparenz ist eine lebendige Demokratie nicht möglich. Die Demokratie lebt daher auch vom Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in deren Repräsentanten - in die Abgeordneten, also uns, meine Damen und Herren. Das Gericht unterstreicht, die Wählerinnen und Wähler müssen wissen, wem sie ihre Stimme geben. Dazu brauchen sie Informationen, die ihnen auch Motivation und Gründe für Positionierung und Entscheidungen der Abgeordneten offenlegen. Vor allem wirtschaftliche Interessen und Abhängigkeiten können hier eine wichtige Rolle spielen. Daher ist vor allem die Offenlegung solcher Informationen unter leichter Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit geboten. Legt man diese Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts an, entsprechen die Vorschriften in Thüringen nicht in Gänze diesen Vorgaben.

Die parlamentarische Situation zur Diskussion und entsprechenden Änderungen ist günstig. Zwar hat

die Mehrheit des Hauses gerade vor kurzem erst einen Antrag meiner Fraktion hinsichtlich einer grundlegenden Reform des Abgeordnetengesetzes abgelehnt. Darin waren auch die Aspekte Nebentätigkeit, Nebeneinkünfte und deren Offenlegung eingeschlossen. Schon damals haben wir auf das laufende Verfahren beim Bundesverfassungsgericht hingewiesen. Nun liegen aber dem Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten von CDU- und SPDFraktion zwei Änderungsanträge zur Änderung bei Regelungen zum Thüringer Abgeordnetengesetz - konkret der Altersversorgung - vor. Darüber hinaus liegt auch ein Brief von Ihnen, Frau Landtagspräsidentin, im Ausschuss vor, in dem auf weitere umfangreiche Änderungen hingewiesen wird. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Landtagspräsidentin, darf ich Sie zitieren: „Sehr geehrte Frau Walsmann, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meine vorstehenden Darlegungen dem Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zur Kenntnis geben und auf eine Aufnahme zumindest derjenigen Vorschläge in die Beschlussempfehlung hinwirken würden, die auf verfassungsrechtlichen, gesetzlichen oder tarifvertraglichen Vorgaben beruhen, bei denen wir als Gesetzgeber zum Handeln verpflichtet sind.“

Meine Damen und Herren, die Einbringung der Ergebnisse des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht zu Nebentätigkeiten, Nebeneinkünften und deren Offenlegung in die zurzeit offene Ausschussdiskussion und die Klärung hinsichtlich notwendiger Schlussfolgerungen für das Thüringer Abgeordnetengesetz muss unserer Ansicht nach schnell und möglichst umfangreich geschehen. Auch die öffentliche Reaktion zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts lässt erkennen, dass Bürgerinnen und Bürger weiteres Zaudern bei dieser Thematik nicht verstehen würden und gegebenenfalls ein weiterer Vertrauensverlust für den Thüringer Landtag und dessen Abgeordnete zu befürchten ist. Der Landtag ist durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dringend aufgefordert, sich möglichst schnell mit dieser Thematik zu befassen. Der Gesetzentwurf und der Antrag der Fraktion der LINKEN übertragen vom Grundsatz die Regelung des Bundestags unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Urteils des Bundesverfassungsgerichts in das Thüringer Abgeordnetengesetz.

Meine Damen und Herren Kollegen, es wird deutlich, dass es einerseits sachliche und fachliche Zusammenhänge mit der aktuellen parlamentarischen Arbeit zum Thüringer Abgeordnetengesetz und unserer heutigen Initiative gibt und andererseits gleichzeitig die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einschließlich der öffentlichen Diskussion die dringende Aufnahme rechtfertigt. Deshalb beantragt meine Fraktion für den Gesetzentwurf „Neuntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetenge

setzes“ und des inhaltlich dazu gehörenden Antrags zur „Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags“, in dem es vor allem um die Änderung der Verhaltensregelungen für Abgeordnete des Landtags geht, die Aufnahme in die Tagesordnung der 64., 65. bzw. 66. Plenarsitzung.

PS: Ohne das Debattenrecht des Plenums zu tangieren, würde meine Fraktion den Einstieg einer weiteren inhaltlichen Positionierung mit Blick auf die umfangreiche Tagesordnung der kommenden Tage in die entsprechende Beratung des Ausschusses für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten legen. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke. Gibt es Gegenrede? Das ist nicht der Fall. Ich weise darauf hin, dass der Gesetzentwurf und der Antrag nicht in der nach § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu entnehmenden Frist von fünf Werktagen verteilt wurden. Daher werden wir nicht nur über die Aufnahme in die Tagesordnung, sondern auch über die Fristverkürzung gemäß § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung beschließen. Das kann mit einfacher Mehrheit geschehen, es sei denn, es widerspricht jemand. Gibt es Widerspruch? Es gibt keinen Widerspruch.

Dann stimmen wir zunächst ab über die Aufnahme des Gesetzentwurfs in die Tagesordnung. Wer ist für die Aufnahme des Gesetzentwurfs in die Tagesordnung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Aufnahme, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dieser Gesetzentwurf in die Tagesordnung aufgenommen.

Wir stimmen jetzt ab über die Einordnung in die Tagesordnung. Es ist beantragt, ihn als Tagesordnungspunkt 8 a einzuordnen. Wer ist für die Einordnung als Tagesordnungspunkt 8 a, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Einordnung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dieser Tagesordnungspunkt unter 8 a eingeordnet.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Aufnahme des Antrags. Wer ist für die Aufnahme des Antrags in die Tagesordnung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Aufnahme des Antrags in die Tagesordnung? Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dieser Antrag ebenfalls in die Tagesordnung aufgenommen worden.

Ich schlage vor, ihn als Tagesordnungspunkt 8 b einzuordnen. Wer ist für die Einordnung als Tagesordnungspunkt 8 b, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Keine Gegenstimme. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist der Antrag als Tagesordnungspunkt 8 b in die Tagesordnung aufgenommen.

Die Fraktion der CDU hat beantragt, die Mittagspause morgen nach der Regierungserklärung und der Aussprache zur Regierungserklärung so gegen - wir rechnen damit - 12.00 Uhr durchzuführen. Wer ist dafür, die Mittagspause nach diesem Tagesordnungspunkt durchzuführen, den bitte ich ums Handzeichen? Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? 3 Stimmenthaltungen, keine Gegenstimme. Damit wird die Mittagspause morgen nach der Regierungserklärung und der Aussprache durchgeführt.

Es ist ferner von der Fraktion der CDU beantragt, den Tagesordnungspunkt 7 noch in der heutigen Sitzung abzuarbeiten, damit der Innenausschuss dann noch eine Sitzung durchführen kann. Wer ist dafür, diesen Tageordnungspunkt heute noch abzuarbeiten, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? Hier ist keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit werden wir noch heute den Tagesordnungspunkt 7 behandeln.

Bitte, Abgeordneter Höhn.

Entschuldigung, Frau Präsidentin, vorsorglich beantrage ich namens meiner Fraktion, dass der Tagesordnungspunkt 23 - Einsetzung eines Untersuchungsausschusses - auf jeden Fall am Freitag zum Aufruf kommt.

Die Fraktion der SPD hat beantragt, dass der Tagesordnungspunkt 23 - die Einsetzung des Untersuchungsausschusses - auf alle Fälle noch am Freitag zum Aufruf kommt. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Antrag? Wer enthält sich der Stimme? Bei einigen Stimmenthaltungen und keiner Gegenstimme wird dieser Antrag noch am Freitag aufgerufen werden.

Damit ist die Tagesordnung jetzt endgültig festgestellt.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 3

Thüringer Gesetz über die Ver- gabe von Aufträgen der öffent- lichen Hand an das Bau- und Dienstleistungsgewerbe (Thü- ringer Vergabegesetz) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2611 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - Drucksache 4/3150 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/3196 - ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Krapp aus dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zur Berichterstattung.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat mit Datum vom 16. Januar 2007 zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode einen Entwurf eines Thüringer Vergabegesetzes eingebracht. Anlass dafür war die positive Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Berliner Tariftreueklausel. Nach einer ersten Debatte des Landtags am 25. Januar 2007 ist der Entwurf des Gesetzes über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an das Bau- und Dienstleistungsgewerbe in Drucksache 4/2611 an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen worden. Dieser hat den Gesetzentwurf in seiner 27. Sitzung am 2. Februar 2007 erstmalig beraten. Dabei wurde unter Bezugnahme auf die erste Debatte in dieser Legislaturperiode zu einem Vergabegesetz die Landesregierung gebeten, im Sinne des Landtagsbeschlusses in Drucksache 4/1852 vom 30. März 2006 über die Erfahrungen mit der Vergabemittelstandsrichtlinie und weitere Fragen zu berichten. Dieser Bericht wurde in der 31. Sitzung am 25. Mai 2007 vom Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit gegeben und in schriftlicher Form als Vorlage 4/1514 bereitgestellt. Wegen der Komplexität der Vorlage und des darauf aufbauenden Berichts der Landesregierung hat sich der Ausschuss dahin gehend verständigt, den Tagesordnungspunkt zur abschließenden Beratung erneut aufzurufen. Die letzte Befassung erfolgte dementsprechend in der 32. Sitzung am 29. Juni 2007. In diese Debatte wurde auch die Antwort der Landesregierung in Drucksache 4/3031 auf die das Thema ansprechende Kleine Anfrage Nr. 1176 des Abgeordneten Pilger von der SPD-Fraktion einbezogen. Ebenso wurden das anhängige Verfahren

beim Europäischen Gerichtshof in der Sache des niedersächsischen Vergabegesetzes und die Erfahrungen in anderen Bundesländern mit entsprechenden Gesetzen thematisiert.

Meine Damen und Herren, wenngleich sich alle Fraktionen in dem Bestreben einig waren, dass Dumpinglöhne aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen zu bekämpfen sind, war man sich in der Wahl der Mittel nicht einig. Der Ausschuss empfiehlt deshalb dem Thüringer Landtag mehrheitlich die Ablehnung des Gesetzentwurfs.

(Beifall bei der CDU)

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung zu ihrem Entschließungsantrag? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Gerstenberger, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, liebe Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Forderung von Tariftreueerklärungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ist verfassungsgemäß. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts dürfen Länder bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge darauf bestehen, dass die beteiligten Unternehmen ihre Arbeitnehmer nach Tarif entlohnen. Eine solche Tariftreueerklärung ist mit dem Grundgesetz und dem übrigen Bundesrecht vereinbar und verletzt das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht. Darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir warten, auf genau dieses Urteil. Das jedenfalls war bisher bei vergaberechtlichen Aktivitäten immer die Aussage der CDU-Fraktion. Nun liegt es vor. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geht auch über die Vergabe von Bauaufträgen hinaus, soweit in bundes- und landesspezifischen Regelungen eine Grundlage für die Forderung einer Tariftreueregelung enthalten ist. Genau das fordern die Opposition und auch DIE LINKE seit Jahren, unter anderem mit dem Antrag meiner Fraktion vom 17. November 2006 auf Berichterstattung der Landesregierung zu Schlussfolgerungen zu eben dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und der Aufforderung an die Landesregierung, dem Thüringer Landtag Eckpunkte für ein Thüringer Vergabegesetz vorzulegen. Dieser Antrag ist, wie Sie ja alle wissen, auch mit den Stimmen, zu meiner Verwunderung, vonseiten der SPD-Fraktion abgelehnt worden.

Nun haben wir einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, der ja ebenfalls dem Unwillen dieser Regierung,

politische Spielräume im Interesse des Thüringer Mittelstandes und der Thüringer Arbeitnehmerschaft zu nutzen, zum Opfer fallen soll. Stattdessen zieht man sich auf die Mittelstandsvergaberichtlinie zurück und verharrt permanent auf dem Standpunkt, mit einer Tariftreueerklärung bei öffentlichen Aufträgen würde man in die Tarifautonomie der Unternehmen eingreifen - um Ausreden nicht verlegen, kann man dazu nur sagen, meine Damen und Herren der CDU. Erinnern wir uns: Bereits im Jahre 2005 standen zwei Gesetzentwürfe zur Debatte. Was folgte war Plenardebatte, Überweisung an die Ausschüsse und die öffentliche Anhörung und schließlich die Ablehnung der Gesetzentwürfe. Grund für diese Ablehnung war zweifelsfrei die Tatsache, dass zum damaligen Zeitpunkt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch ausstand. Rechtlich betrachtet waren somit die Gesetzentwürfe nicht entscheidungsreif, wie Sie, Herr Minister Reinholz, in Ihrer Rede im Plenum am 30. Juni es vor zwei Jahren bezeichnet haben. Nachdem diese Begründung zur Ablehnung der Gesetzentwürfe der Opposition offensichtlich nicht mehr haltbar ist, musste schnell eine neue Begründung her. Eigene Vorschläge wollte man nicht unterbreiten, sonst hätte man unserem Antrag vom November 2006 folgen können und eigene Schwerpunkte für ein Thüringer Vergabegesetz vorgelegt. Aber dazu gehört vor allem politischer Wille, verbindliche Regelungen im Sinne des Thüringer Mittelstandes und der Thüringer Arbeitnehmerschaft zu schaffen. Das wollte man nicht. In den Ausreden und Begründungen sind Sie also sehr flexibel, aber absolut zuverlässig und gut im Willen, nichts zu bewegen, nichts zu verändern und nichts vorwärts zu bringen. Wie Sie, Herr Minister Schliemann - vorhin war er noch da -, auf meine Anfrage zur Möglichkeit der Schaffung von befristeten Regelungen, sei es als befristetes Gesetz oder in Form von Richtlinien, zur Umsetzung eines Thüringer Forderungssicherungsgesetzes ausgeführt haben, trägt eine Richtlinie keinen verbindlichen Charakter. Das heißt, in einer Richtlinie getroffene Festlegungen können nicht auf gesetzlicher Ebene eingefordert werden - das ist so weit klar. Aber da stellt sich doch die Frage, warum, wenn man den Thüringer Mittelstand stärken und unterstützen will, tatsächlich gegen Lohndumping und Wettbewerbsverzerrung Stellung beziehen will, man nicht endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür schafft.

Der Thüringer Mittelstand braucht nicht nur ein Forderungssicherungsgesetz, er braucht vor allem ein Vergabegesetz. Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes äußerte sich angesichts des Bundesverfassungsgerichts, ich darf zitieren, Frau Präsidentin: „Das Urteil zeigt auf, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge an Auflagen und Widmungen geknüpft werden kann, die einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur

Gewährleistung der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland leisten können. Lohndumping und das Missachten von sozialen Standards durch in- und ausländische Billiglohnunternehmen muss nicht hingenommen werden, sondern kann durch Tariftreueerklärungen aktiv durch den Gesetzgeber bekämpft werden.“