Protocol of the Session on June 21, 2007

Die Anfrage beantwortet Staatssekretär Prof. Dr. Juckenack.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, im Namen der Landesregierung darf ich die Frage wie folgt beantworten:

Vorab: Für die Belange ist die Bundesagentur für Arbeit in diesem Fall zuständig. Diese unterliegt nicht der Aufsicht des Landes, sondern der des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die Zusammenarbeit betrifft lediglich die Regionaldirektionen, die im Bereich der Arbeitsförderung mit den Landesregierungen zusammenarbeiten. Das umfasst aber eben nicht die Organisationsfragen. Wir haben insofern zur Beantwortung der Mündlichen Anfrage

eine Stellungnahme der Regionaldirektion SachsenAnhalt/Thüringen und der Bundesagentur für Arbeit eingeholt.

Frage 1 - sind der Landesregierung die Gründe bekannt etc. - ist wie folgt zu beantworten: Nach Auskunft der Regionaldirektion haben sowohl die Geschäftsstellen Bad Lobenstein als auch Schleiz - zuständig im Auftrag der Arbeitsagentur Gera - sehr geringe Größenordnungen erreicht hinsichtlich der zu betreuenden Arbeitslosen und Arbeitsuchenden. Deshalb wurden die Eingangsbereiche, in denen die bisherigen Direktmeldungen persönlich abgegeben werden konnten, in Schleiz zusammengefasst. Ab dem 1. Juli 2007 ist es möglich, die Arbeitslosenmeldungen nun telefonisch vorzunehmen. Für die Wirksamkeit ist es dann erforderlich, persönlich für die Meldung zu erscheinen in einem Gespräch bei der Vermittlungsfachkraft. Dies ist dann in Bad Lobenstein möglich, also vorab eigentlich nur ein Telefonanruf über eine zentrale Rufnummer.

Zu Frage 2 - welche Auffassung vertritt die Landesregierung etc. Hier die Antwort für die Landesregierung: Diese Erklärung und Argumentation der Bundesagentur für Arbeit ist nachvollziehbar.

Zu Frage 3 - welche weiteren Geschäftsstellen sind betroffen? Antwort: Nach Mitteilung der eben genannten Regionaldirektionen Sachsen-Anhalt/Thüringen und der Bundesagentur für Arbeit sind keine weiteren Geschäftsstellen in Thüringen von diesen Veränderungen betroffen. Gleichwohl, wenn es eine in diesem Sinne ja positive Entwicklung gibt, nämlich Reduktion der Arbeitslosenzahlen, kann es sein, dass auch weitere diese Veränderung durchführen.

Zu Frage 4 - welche Maßnahmen wird die Landesregierungen ergreifen? Hier verweise ich dann auf die Antworten zu Fragen 1 und 2.

Danke. Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Damit kann ich die Fragestunde für heute schließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28, und zwar den ersten Teil

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS zum Thema: “Aktuelle und zukünftige Enwicklung der Grundschulhorte in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 4/2970 -

Ich eröffne die Aussprache und als erste Rednerin hat das Wort Frau Abgeordnete Skibbe, Linkspartei.PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich erinnere mich noch sehr genau an einen Tag im Jahre 1992, an dem beobachtete ich folgende Situation: Eine Horterzieherin der Grundschule in einem Ort in Ostthüringen begleitete Kinder zum Mittagessen. Die Erzieherin war allein und die Kinder gingen zu zweit. Die Schlange schien kein Ende zu nehmen. Es waren etwa 60 Kinder von einer einzigen Erzieherin zu betreuen. Das lag nicht etwa daran, dass das eine Ausnahmesituation war, eine andere Erzieherin vielleicht kurzfristig durch Krankheit etwa ausfiel, nein, das war der Normalfall.

Viele Schülerinnen und Schüler dieser Grundschule wohnen nicht im Ort und sind auf den Bus angewiesen. Auch ohne Hortanmeldung muss die Betreuung dieser Kinder bis zur Abfahrt des Schulbusses gewährt werden; ein Zustand, der damals schon katastrophal war. Das Alter der Erzieherin lag damals noch zwischen Ende 30 und 50 und man bedenke, dass eine Horterzieherin mit dieser großen Verantwortung bei 50 Prozent Beschäftigung gerade einmal einen Nettolohn von 900 € erhält. Bis zum heutigen Zeitpunkt sind 15 Jahre vergangen und die Horterzieherin ist 15 Jahre älter. Ihnen zur Seite stehen in vielen Horten Beschäftigte, die eine Mehraufwandsentschädigung erhalten - landläufig auch 1-Euro-Jobber genannt. Die heutige Situation der Grundschulhorte hat sich also kaum verbessert. Die angekündigte Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule anfänglich mit Modellprojekten ist in meinen Augen aber eher eine Rückwärtsrolle. Grundschulen und Horte werden weiter auseinanderdividiert. Die Verantwortung für das Personal, nämlich die Horterzieherinnen, wird schleichend vom Land auf die Kommune übertragen. Die Kommunalisierung der Grundschulen verfolgt das Kultusministerium nämlich derzeit nicht. Ich frage mich, geht damit nicht unsere Thüringer Spezialität, nämlich die Einheit von Grundschule und Hort, verloren? Werden die auf uns zukommenden Probleme der Neueinstellung von Erzieherinnen im Hort nicht vom Land auf die Kommune übertragen? Was die Finanzierung dieser Stellen betrifft, kann man heute leider nur spekulieren. Wie hoch ist denn nun das Budget für diese Übertragung? Wie wird das errechnet und was passiert im nächsten Schulhalbjahr zwischen August 2007 und Februar 2008, wenn nämlich auf der einen Seite die Hortanstellungen der Horterzieher zum Teil auslaufen und auf der anderen Seite dieses Modellprojekt erst losgeht? Dazu kommt, dass es Horterzieher mit Unterrichtserlaubnis, wie wir sie heute noch kennen, künftig nicht mehr geben wird.

Die Verantwortung gegenüber unseren Kindern bleibt aber noch genauso hoch wie heute. Man bedenke auch, keine Profession ist in Deutschland im beruflichen Leben solchen Belastungen ausgesetzt und gleichzeitig so schlecht ausgebildet wie der Beruf der Erzieherin! Auch das müsste sich ändern! Nun, wie entwickelt sich die Situation in meinem Landkreis als Modellprojektteilnehmer derzeit? Im Bericht der Landesregierung zur Zukunft der Horte in Thüringen heißt es: „Der Forderung des Thüringer Landkreistages, die Einheit von Bildung, Betreuung und Erziehung zu erhalten, wird mit sozialräumlich vernetzten Angeboten Rechnung getragen.“ Im Landkreis Greiz passiert das gerade. Zurzeit wird die offene Jugendarbeit von einer institutionellen Förderung auf eine sozialräumliche Förderung umgestellt. Schaut man aber genauer hin und unterhält sich in den Jugendclubs mit den derzeit dort Verantwortlichen, spürt man eine ungeheure Anspannung und Unsicherheit, denn Vernetzung gibt es bereits heute. Die Horte, Kindergärten und natürlich auch Jugendliche finden Angebote in diesen Clubs vor. Wenn die Horte künftig in die sozialräumliche Planung mit einbezogen werden, befürchte ich, dass weiterhin finanzielle Zwänge die erste Geige spielen. Ich frage deshalb, welche Rolle wird die Einheit von Grundschule und Hort in Zukunft spielen? Wäre es nicht notwendig, den gemeinsamen Unterricht weiter voranzutreiben? Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Als nächster Redner hat das Wort Abgeordneter Emde, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, worum geht es der Landesregierung und der CDU-Landtagsfraktion bei der Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule? Es geht doch darum, statt dem bekannten Angebot von Schule plus Hort hinzu ein Unterrichtsangebot zu entwickeln, das sich bis hin in den frühen Nachmittag erstrecken kann. Hier wollen wir natürlich alle Partner im Umfeld einer Grundschule, wie die Kommunen, Vereine und Eltern, stärker in die Erziehung und Bildung einbeziehen und erhoffen uns davon eine Qualitätssteigerung und vielleicht auch, dass besser auf die Bedürfnisse von Familien eingegangen werden kann. Wenn man dies will, liegt es ja wohl auf der Hand, das Erzieherpersonal auf die kommunale Ebene zu übertragen. Ich sage perspektivisch durchaus auch die Grundschullehrer, was ja schon in der Diskussion war und insbesondere durch die Landkreise in die Diskussion gebracht wurde. Dann macht es aber keinen Sinn mehr, Erzieher ausschließlich im Lan

desdienst einzustellen. Deswegen wird gegenwärtig dieses Modell mit den Kommunen gemeinsam entwickelt und das Personal Stück für Stück auf die Kommunen übertragen bzw. gleich dort eingestellt. Die Unterstellung, die oft zu hören war - heute nicht mehr - wir würden den Hort abschaffen wollen, entbehrt natürlich jeglicher Grundlage, denn die CDULandesregierung hat von Anfang an in diesem Jahr die gesetzlichen Grundlagen im Schulgesetz und im Kindertagesstättengesetz geschaffen, damit Hort und ganztägige Betreuung von Grundschulkindern im Freistaat möglich sind.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend noch ein Wort zu dieser Aktuellen Stunde überhaupt. In der Geschäftsordnung steht wohl geschrieben, dass Aktuelle Stunden beantragt werden können zu einem aktuellen Thema, das von Interesse ist. Wir haben im Landtag einen Antrag gehabt im Oktober 2006, Antrag zur Zukunft der Horte. Im April 2007 gab es dann dazu schriftlich den Bericht der Landesregierung und auch im April wurde per Selbstbefassungsantrag der Linkspartei.PDS dieses Thema im Bildungsausschuss behandelt. Dann frage ich mich: Wo ist die Aktualität, die es rechtfertigt, das in einer Aktuellen Stunde aufzurufen? Ich denke, Thema verfehlt, eigentlich auch hier von der Umsetzung her völlig verfehlt. Ich weiß nicht, was Sie eigentlich wollen. Wir wollen den Hort weiterentwickeln, wir wollen die Grundschule weiterentwickeln, damit sie in der Qualität steigt, damit sie mit den Bedürfnissen der Familie besser verzahnt ist. Wir setzen das um, was die Enquetekommission Bildung und Erziehung gesagt hat, nämlich mehr Vernetzung im sozialen Nahraum; das tun wir auch. Also hören Sie auf, das zu kritisieren!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Abgeordneter Döring, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenn man über die künftige Entwicklung des Thüringer Grundschulhorts sprechen will, muss man immer im Auge behalten, dass ihm eigentlich gar keine weitere Zukunft beschieden sein sollte, Kollege Emde - das ist die Wirklichkeit.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herr Döring, das stimmt nicht.)

Ich erinnere mich sehr wohl noch an die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom September

2004 und hier war das erklärte Ziel, an den Grundschulen bestehende Horte zu kommunalisieren bis 2008 und die dortigen Erzieher aus dem Landesdienst auf die Kommunen zu übertragen. Das war die Zielstellung der Landesregierung und damit sollte ohne Not die bisherige Struktur - und dieser Strukturvorteil, das ist das, was wir unbedingt erhalten müssen -, nämlich des gemeinsamen pädagogischen Profils von Grundschule und Hort, zur Disposition gestellt werden, und all dies nur, um Landesmittel zu sparen. Das ist die eigentliche wirkliche Grundlage gewesen. Gegen dieses Vorhaben - das wissen Sie auch - gab es einen wahren Proteststurm. Es haben damals Erzieher, Lehrer, Eltern, Schüler, Gewerkschaften, Verbände, alle demokratischen Parteien - mit Ausnahme der CDU - und schließlich auch die kommunalen Spitzenverbände sich gegen diese Hortkommunalisierung gewandt. Diesem breiten und auch, denke ich, ausdauernden Engagement ist es zu verdanken, dass das Kultusministerium zumindest offiziell von seinem Kommunalisierungsplan abgerückt ist. Ich sage bewusst „offiziell“, denn hinter den Kulissen scheint mir ein ganz anderes Spiel im Gang zu sein. Ende März hat ja die Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden sich darauf verständigt, von 2008 bis 2012 das Erprobungsmodell namens „Weiterentwicklung der Thüringer Grundschule“ durchzuführen. Ausdrückliches Ziel der Erprobungsmodelle ist es, Praxiserfahrung mit der Kommunalisierung des Erzieherpersonals an den Grundschulhorten zu sammeln. Von daher soll das an den Erprobungsmodellen beteiligte derzeitige Erzieherpersonal zwar im Landesdienst verbleiben, aber dem Weisungsrecht der kommunalen Schulträger unterworfen werden. Gleichzeitig sollen die kommunalen Schulträger vom Land ein Personalbudget erhalten, um aus diesen Mitteln selbständig Neueinstellungen von Erzieherpersonal vornehmen zu können. Dieses neu eingestellte Erzieherpersonal steht dann nicht mehr im Landes-, sondern im Kommunaldienst. Entsprechend unterliegt es auch der Dienst- und Fachaufsicht der kommunalen Schulträger.

Genau hier, meine Damen und Herren, ist für mich der Knackpunkt. Die Konstruktion der Erprobungsmodelle ist deutlich vom Willen des Kultusministeriums geprägt, die geplante Kommunalisierung der Grundschulhorte nun doch zu realisieren. Zum einen werden die derzeit im Landesdienst beschäftigten Erzieher dort belassen, womit man offenbar dann ein Abflauen der Erzieherproteste erreichen will, und zum anderen erlangen die an den Erprobungsmodellen beteiligten Kommunen durch die Möglichkeit, das Personalbudget für Horterzieher einschlägig zu verwalten und in eigener Regie dann Neueinstellungen vorzunehmen, eine erhebliche Besserstellung gegenüber den übrigen kommunalen Schulträgern. An deren Grundschulhorten nimmt das Land Neueinstellungen von Erziehern nämlich nur befris

tet vor. Gerade diese Befristungsregelungen führen - wie viele uns vorliegende Protestschreiben betroffener Eltern zeigen - zu massiver Unruhe an den Grundschulen und dies ist im Kalkül des Kultusministeriums wohl auch so vorgesehen und soll offenbar dazu beitragen, dass sich ab 2009 weitere kommunale Schulträger an den Erprobungsmodellen beteiligen. Auf diese Weise könnte es im Extremfall zu einer Situation kommen, dass 2012 sämtliche Thüringer Kommunen an den Erprobungsmodellen teilnehmen, wodurch das Kultusministerium die Kommunalisierung der Grundschulhorte quasi durch die Hintertür doch erreicht hätte.

Meine Damen und Herren, wir wenden uns entschieden gegen solche Taschenspielertricks und werden daher die Weiterentwicklung des Erprobungsmodells sehr aufmerksam und kritisch verfolgen. Die SPDFraktion hält an der Prämisse fest, das gesamte Erzieherpersonal im Landesdienst zu belassen, um den Schulen wirklich langfristig Planungssicherheit zu geben und die bisher enge Verzahnung von Grundschulen und Hort, insbesondere im Hinblick auf die Einbeziehung der Horterzieher, in die vormittägliche Unterrichtsgestaltung aufrechtzuerhalten. Das ist nämlich ein Vorteil, den wir absolut nicht aufgeben dürfen. In kommunaler Hand wird es den Hort als integralen Bestandteil der Grundschule definitiv nicht mehr geben und auch nicht mehr geben können, denn mit der Etablierung verschiedener Personalverantwortlichkeiten für Lehrer und Erzieher zerbricht zwangsläufig die pädagogische Einheit von Grundschulen und Hort. Das zeigen ja die einschlägigen Erfahrungen in den anderen ostdeutschen Bundesländern.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, sich ihrer Verantwortung für die Zukunft der Thüringer Schulhorte endlich zu stellen und auch die Anstellungsverträge schleunigst zu entfristen. Wir sagen eindeutig, es muss hier eine klare Perspektive für die Erzieher wieder gewährleistet sein. Was Sie jetzt machen, einen Teil zu entfristen, das wird auch gerichtliche Probleme mit sich bringen. Ich sage eindeutig, wenn Sie wieder vor Gericht Schiffbruch erleiden wollen mit allen Folgen, die dann auch finanzielle Folgen für das Land haben wird, dann machen Sie so weiter, wie Sie es bisher tun. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Es liegt mir eine weitere Wortmeldung vor, Abgeordnete Reimann, Die Linkspartei.PDS-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dass die Regierung unter Realitätsverlust leidet, das habe ich nicht erst gestern begriffen. Aber, Herr Emde, bei Ihnen hatte ich wenigstens noch Hoffung, dass die Schreiben, die uns fast täglich erreicht haben nach dem TA-Artikel, wo Elternvertreter bei uns gewissermaßen beantragt haben Entfristungen vorzunehmen, weil sie nicht wissen, wie es ab September weitergeht, dass das bei Ihnen auch ankommt in Ihrem Kummerkasten.de. Aber offensichtlich haben sich die Bürger des Landes abgewöhnt, Sie anzuschreiben, und es kommt nur noch bei der Opposition an. Deswegen haben wir die Aktuelle Stunde beantragt und deswegen werden wir Ihnen sagen, wie die Situation an der Basis tatsächlich ist, wenn Sie erlauben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Auch wenn Sie des Themas möglicherweise bereits überdrüssig sind, Herr Minister, wir werden Sie nicht damit allein lassen. Offensichtlich brauchen Sie ja auch unsere oppositionelle Unterstützung gegenüber der Finanzministerin, um das Horrorszenario Hortabwicklung durch Qualitätsminderung nicht Wirklichkeit werden zu lassen. Sie haben sich ein verdammt cleveres System ausgedacht zur Kommunalisierung; nicht Sie persönlich, die Mitarbeiter im Ministerium, die hoffen, dass diese Protestwellen gegen die Kommunalisierung damit aufgeweicht werden können. Wenn Ihr Konzept aufginge, stehen zum Schluss die Landkreise vielleicht sogar noch Schlange, um an dem Modellprojekt teilnehmen zu können, damit das nicht passiert, was in Thüringen derzeit passiert außerhalb der Modellregionen. Meine Kollegin Skibbe hat es beschrieben.

Aus der Kleinen Anfrage in Drucksache 4/3010 von mir ging hervor, dass an allen Grundschulen derzeit Hortbetreuung angeboten wird. 63 Prozent der Grundschüler besuchten in 2005/2006 den Grundschulhort. Wir wissen von den vielen Massenpetitionen, die nach wie vor unbearbeitet rumliegen, dass die Qualität der Thüringer Horte durchaus als sehr gut eingeschätzt wird.

Im Landeshaushalt stehen 1.333 Erzieherstellen, aber der Bestand 2007 sind nur 1.112 Stellen. Gegenüber dem vom Kulturministerium prognostizierten Bedarf sind das genau 200 zu wenig. Das setzten Sie sogar fort, ich verweise auf die Kleine Anfrage. Das Kultusministerium plant mit durchschnittlich jährlich 140 fehlenden Stellen gegenüber dem selbst ermittelten Bedarf bis 2012. Da frage ich Sie jetzt: Was ist denn nun eigentlich bedarfsgerecht? Wie ermittelt man das denn jetzt? Nach dem alten

Kita-Gesetz war das eine Erzieherin für 15 bis 20 Kinder. Der Schulverwaltungsamtsleiter Jena geht nach der TA- oder TLZ-Meldung davon aus, dass das nach wie vor noch 20 Kinder für eine Erzieherin sind, aber die Zuweisungen an die Schulen sind bis jetzt noch nicht da. Ich hatte gestern eine telefonische Nachrecherche; die Schulen wissen nicht, was ab September zur Verfügung steht. Oder rechnen Sie schon mit dem neuen Familienfördergesetz, in dem 0,6 Stellen für 20 Kinder steht, was umgerechnet wieder eine Erzieherin für 33 Kinder ist? Wenn das bedarfsgerecht ist, dann weiß ich nicht, was am Ende Ihrer „erfolgreichen“ Umsetzung des Familienfördergesetzes dann Realität sein wird. Ist das vielleicht gemeint mit Ihrer Weiterentwicklung, Herr Emde, in Ihrem CDU-Flyer, in dem Sie schon gar nicht mehr von Qualitätserhöhung sprechen? Das wäre ja am Ende eine zu offensichtliche Lüge, das trauen Sie sich dann doch nicht. Wir würden es eher eine Rückentwicklung nennen zu Aufbewahrungszimmern an Grundschulen, beaufsichtigt von EinEuro-Jobbern, wenn wir es ganz den Landkreisen überlassen. Sie planen mit den Modellen einen Bedarf, kürzen unverschämt jährlich um 140 Stellen am Ist, drücken die Verantwortung den Kommunen auf, und zwar so, dass diese dann hinterher denken, es wäre ein Fortschritt, wenn sie den Mangel selbst verwalten können.

Ein Wort noch zu den Befristungen: Laut meiner Anfrage arbeiten derzeit 402 Erzieherinnen befristet. 216 Stellen laufen jetzt aus. Der Minister hatte anfangs überhaupt nicht vor, diese zu entfristen, aber durch die Elternproteste ist es gelungen, wenigstens 84 Entfristungen erst einmal zu erzwingen. Damit ist das Problem aber nicht gelöst, das reicht nicht aus. Im Übrigen sind befristete Arbeitsverträge für mich eine moderne Form von Leiharbeit im öffentlichen Dienst.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wie erklären Sie denn die Einstufung bei Grundschullehrern von E 10, bei Hortnerinnen derzeit von E 8 und bei den befristeten Erzieherinnen von E 6? Herr Emde, können Sie sich ungefähr vorstellen, was bei 32 Frauen in Erfurt mit je 19 Stunden bei 900 € Brutto am Netto übrig bleibt? Nennen Sie das familienfreundlich oder gar eine Strategie gegen die Abwanderung von jungen Frauen? In Jena ist eine 25-jährige Alleinstehende, die hat 680 € Netto. Bei 380 € Miete in Jena beantragt sie Hartz IV, eine Erzieherin des Landes im öffentlichen Dienst. Ist das nicht aktuell, Herr Emde? Wissen Sie, was es für pädagogischer Unsinn ist, jedes Jahr die Bezugsperson zu wechseln? Da kann ich Ihnen die Schreiben zeigen, die an uns gerichtet waren. Das erspare ich mir jetzt, weil meine Zeit sonst abläuft.

(Beifall bei der CDU)

Das Kultus will keine Kettenverträge, das ist ungesetzlich. Der Bedarf wird selbst ermittelt und es wird trotzdem nicht ausreichend eingestellt. Die ständig wechselnden Teilzeitverträge, das ist das nächste Problem, was von den Gerichten wahrscheinlich dann wieder gestoppt werden wird. Die Klagewelle ist Ihnen gewiss, Herr Minister. Offensichtlich sind Sie nur über den Gerichtsweg zu stoppen. Sie sparen auf Kosten der Qualität, wollen die Kommunalisierung auf perfide Weise erzwingen. Das ist durchschaubar. Warten Sie nicht, bis erst 2009 Ihre Landesregierung gestoppt wird. Im Übrigen, Berlin geht genau den umgekehrten Weg. Rot-rot hat die Hortnerinnen wieder in den Landesdienst geholt, um Ganztagsschulentwicklung voranzutreiben.

Noch ein letzter Vorschlag: Ich nehme Frau Fraktionsvorsitzende Lieberknecht ernst.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Um dies sorgfältig im Landtag zu behandeln, schlage ich eine öffentliche Anhörung dazu vor. Wir sollten tatsächlich die Modellregionen alle einladen und dann auch diejenigen, die noch nicht dabei sind. Dann können wir mal überlegen, was die Budgetverhandlungen ergeben müssten, gehen wir von E-8-Einstufungen aus oder gehen wir von E 6 aus. Was ist bedarfsgerecht? Was passiert in dem Zwischenraum von jetzt bis zum Februar. Dann können wir uns mal darüber unterhalten, was wirklich qualitätsgerechte Weiterentwicklung von Horten in Thüringen heißen würde.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Das auf Ihrem CDU-Flyer jedenfalls ist es nicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)