Protocol of the Session on June 21, 2007

(Beifall bei der CDU)

Zu den weiteren Diskussionsbeiträgen werden wir sicher eine sehr spannende und kontroverse Diskussion auch im Ausschuss haben. Gleiches gilt auch

für die Vorstellung des Gesetzentwurfs durch Herrn Kollegen Blechschmidt. Mit der gesetzlichen Regelung des Jugendstrafvollzugs wird ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Wie groß dieser Schritt wirklich ist, wird deutlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass der Bundesgesetzgeber schon seit mehr als 30 Jahren in der Pflicht gewesen wäre, den Jugendstrafvollzug auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Die Erkenntnis, dass Verwaltungsvorschriften dem für Grundrechtseingriffe geltenden Gesetzesvorbehalt nicht genügen, ist ja so neu nicht und bedurfte sicher nicht der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2006.

Herr Minister Schliemann hat es bereits ausgeführt, die Gesetzesinitiative, beide vorliegenden Initiativen dienen letztlich der Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das mit seinem Urteil vom 31. Mai 2006 dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist bis zum Ablauf dieses Jahres zur Schaffung der verfassungsrechtlich erforderlichen Grundlagen für Grundrechtseingriffe im Jugendstrafvollzug gesetzt hat. Dabei ist es in der Tat noch nicht so sehr lange her; erst am 1. September 2006 ist mit der Föderalismusreform I die Gesetzgebungskompetenz für diesen Bereich auf die Bundesländer übertragen worden. Ich gebe zu, dass ich mich lange mit diesem Baustein der Föderalismusreform, mit der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder schwergetan habe. Der Regierungsentwurf zum Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz zeigt aber, dass die Qualität des Strafvollzugs dadurch keineswegs beeinträchtigt werden muss. Im Gegenteil, die Landesregierung nutzt die dem Land neu zugewachsenen Kompetenzen, um die Qualität des Jugendstrafvollzugs nachhaltig zu verbessern und die Betreuung der Gefangenen nicht nur im Vollzug - und das betone ich -, sondern auch über den Vollzug hinaus in der wichtigen Übergangsphase zurück in die Freiheit zu optimieren. Um es mit den Worten des hessischen Justizministers Banzer zu sagen: „Es gibt keinen Wettbewerb um den schäbigsten Vollzug.“

Der Regierungsentwurf ist ein gemeinsamer Entwurf einer sogenannten Neunerkoalition von Bundesländern. Angesichts der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist dies wirklich ein zielführender Weg gewesen, der natürlich auch Vorbild für zukünftige Gesetzgebungsvorhaben im Strafvollzug sein könnte. Angemerkt sei dazu, dass ja alle SPDgeführten Länder sich in dieser Gruppe befunden haben und auch alle unisono diesen Entwurf, wie er uns vorliegt, eingebracht haben.

Der Entwurf legt als Vollzugsziel in § 2 fest, die Gefangenen zu einem Leben ohne Straftaten in sozialer Verantwortung zu befähigen (resozialisieren). Ich weiß nicht, was Sie da vermissen, Herr Kollege Höhn,

deutlicher kann man es eigentlich nicht feststellen. Die gesamte Vollzugsgestaltung hat sich an diesem Ziel auszurichten und zugleich hat der Vollzug der Jugendstrafe die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Erste und wichtigste Aufgabe des Jugendstrafvollzugs ist der Schutz der Allgemeinheit vor Straftätern durch deren Resozialisierung. Auch so könnte man das ausdrücken. Dabei können wir uns Experimente zulasten der Sicherheit nicht leisten. Da gehen vielleicht unsere Auffassungen auseinander. Denn die Allgemeinheit hat nach meiner Auffassung einen legitimen Anspruch auf Schutz und Sicherheit. Der Sicherheit der Bevölkerung und der Gewährleistung der notwendigen intensiven erzieherischen Einwirkung dient eben auch gerade die Wahl der Vollzugsform. So haben wir nicht das Regelausnahmeverhältnis, sondern das Nebeneinanderstehen von offenem und geschlossenem Vollzug. Ich könnte für mich persönlich anführen, dass ich mich auch sehr gut damit identifizieren könnte, wenn wir einen geschlossenen Regelvollzug als Grundlage hätten und die Unterbringung im offenen Vollzug davon abhängig gemacht wird, dass eine Erprobung der Gefangenen im Hinblick auf eine mögliche Missbrauchsgefahr verantwortet werden kann, also die strengere Lösung. Auch darüber könnte man diskutieren. Deshalb darf der Jugendstrafvollzug auch keine Spielwiese für sozialromantische Utopien sein.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS enthält neben Regelungen, die ja auch in dem Regierungsentwurf zu finden sind, eine ganze Reihe von Regelungen, die bestenfalls als sozialromantisch zu bezeichnen sind und die Wirklichkeit ausblenden. So beschränkt sich in Ihrem Entwurf z.B. das Vollzugsziel auf die Resozialisierung - § 2. Die Gefangenen haben nach § 4 das Recht, an dem Erreichen des sie betreffenden Vollzugszieles mitzuwirken, nach § 5 Abs. 1 sind sie grundsätzlich im offenen Vollzug unterzubringen. Alle Gefangenen, sogar psychisch gestörte Sexualstraftäter, dürfen nur mit ihrer Zustimmung in die Sozialtherapeutische Abteilung verlegt werden, wenn sie es wünschen - § 14. Es gibt keine Beschränkung für den Inhalt von Paketen - § 27 des Entwurfs -, keine Pflicht zur Arbeit, um nur einige Beispiele zu nennen. Ich denke, auch das wird Gegenstand der Diskussion im Ausschuss sein.

Nur Rechte, keine Pflichten, Herr Blechschmidt, das erscheint mir von einer träumerischen Realitätsferne getragen und ignoriert leider, sage ich mal, alle gesicherten Erkenntnisse moderner Pädagogik und Kriminalprävention. Es spiegelt allerdings auch einen uralten Meinungsstreit, der schon in den alten Bundesländern vor vielen Jahren ausgetragen wurde und immer noch so im Hintergrund gärt, wider. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir dem nicht zu ei

ner Neuauflage verhelfen müssen in Thüringen.

In den Strafvollzugsanstalten sitzen nur 6 Prozent der Straftäter ein, die in einem rechtsstaatlichen Verfahren rechtskräftig verurteilt worden sind. Meine Damen und Herren, das ist der harte Kern der Rechtsbrecher, eben derjenige, bei denen alle anderen Maßnahmen nicht geholfen haben und vor denen geschützt zu werden die Menschen in unserem Land einen Anspruch haben.

(Beifall bei der CDU)

Bei den Jugendstrafgefangenen handelt es sich leider häufig um junge Menschen mit schwerwiegenden Sozialisierungsdefiziten. Die der Inhaftierung zugrunde liegenden Anlasstaten sind in der Regel auch keine der Pubertät geschuldeten episodenhaften Fehltritte, sondern schwerwiegende Straftaten. Deshalb begrüße ich den Ansatz des Regierungsentwurfs, wonach intensiv mit diesen Straftätern gearbeitet wird, etwa in Form einer Förderung, Ausbildung und der Nachsorge. Das hat aber nichts mit Sozialromantik zu tun, sondern bedeutet harte, fachlich fundierte Arbeit, die der Bevölkerung dient, statt ihr zu schaden und den jungen Straftätern hilft, schwerwiegende Sozialisierungsdefizite zu beseitigen. Folgerichtig ist die erzieherische Ausgestaltung des Vollzugs ein wesentliches Element des Regierungsentwurfs. Die Gefangenen sind in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten so zu fördern, dass sie zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte anderer befähigt werden. Sie haben aber auch als Teil des Resozialisierungskonzepts aktiv - und das unterstreiche ich - an der Erreichung des Vollzugszieles mitzuwirken. Und da bei einem Großteil der Gefangenen lange Karrieren erfolgloser Erziehungsversuche hinter ihnen liegen, kann nicht selbstverständlich angenommen werden, dass sie willens und in der Lage sind, an der Erreichung des Vollzugszieles freiwillig mitzuwirken. Deshalb bedarf es eben konkreter Pflichten zur Erreichung des Vollzugszieles.

(Beifall bei der CDU)

Wo das Elternhaus versagt hat, kann zwar der Staat mit keinem Patentrezept aufwarten, allerdings kann er im Rahmen seiner Möglichkeiten dazu beitragen, die Jugendlichen an die Hand zu nehmen und wieder auf die richtige Spur zu bringen. Dabei reicht es nicht, nur zu fördern, sondern es bedarf auch des Forderns.

Ich begrüße es außerordentlich, dass der Regierungsentwurf die Einrichtung einer Sozialtherapeutischen Abteilung im Jugendstrafvollzug vorsieht. Es ist ausgezeichnet, dass dabei vom System der Ka

talogtaten abgegangen wird und alle Gefangenen sozialtherapeutisch betreut werden können, bei denen die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen zum Erreichen des Vollzugszieles angezeigt sind. Die Verlegung in die SothA wird zu Recht weder von der Zustimmung der Gefangenen noch von der des Leiters der Abteilung abhängig gemacht.

Meine Damen und Herren, insgesamt betrachtet finde ich die Weichenstellung des Regierungsentwurfs zum Jugendstrafvollzugsgesetz zielführend. Erzieherische Ausgestaltung des Vollzugs, Schaffung Sozialtherapeutischer Abteilungen, Gebot der Einzelunterbringung, Wohngruppenvollzug, Verbesserung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung, sinnvolle Gestaltung der Freizeit (Dem Sport kommt da- bei richtigerweise ein besonders hoher Stellenwert zu, denn hier wird Teamgeist geschult und Nieder- lagen gelernt zu verarbeiten), Verlängerung der Besuchszeiten, Stärkung der kriminologischen Forschung - meine Damen und Herren, dies alles kann ich voll unterstreichen. Last, but not least, ein moderner Jugendstrafvollzug ist eben nicht zum Nulltarif zu haben. Deshalb sehe ich neben dem geplanten Bau der neuen Jugendstrafanstalt auch in dem Gesetzentwurf ein Bekenntnis der Landesregierung zur Investition in zukunftsfähige Strukturen sowohl materieller, baulicher als auch personeller Art.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da war- ten wir mal auf den neuen Haushalt.)

Und da gibt es deutliche Vorstellungen zur Verbesserung der aktuellen Situation. Die aktuelle Situation ist auch nicht für Polemik geeignet, Herr Höhn,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist keine Polemik.)

denn der ehemalige, bereits leider verstorbene SPDJustizminister Kretschmer hat sich ja um dieses Thema in hervorragender Weise herumgemogelt so lange er konnte - nur um das auch mal zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Durch die Vermeidung von Rückfällen können, abgesehen von dem in jedem Fall vorrangigen Schutz möglicher Opfer, natürlich langfristig auch Kosten für die Gesellschaft reduziert werden. Einer intensiven Diskussion im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten sehe ich mit Interesse entgegen - ich beantrage deshalb die Überweisung - und unsere Gesellschaft, die Bediensteten des Strafvollzugs und die jugendlichen und heranwachsenden Straftäter dürfen von uns erwarten, dass wir dort professionell und ohne ideologische Scheuklappen

um optimale Lösungen ringen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Minister Schliemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte die Debatte nicht über Gebühr ausdehnen, aber so ein paar kleine Bemerkungen gestatten Sie mir dann doch noch. Es ist schon für mich bemerkenswert, wenn der Kollege Höhn sagt, ihm sei eigentlich der Entwurf der Linkspartei.PDS sympathischer als der Gruppenentwurf. Der Gruppenentwurf ist, das ist mehrfach angesprochen worden, in einer Arbeitsgruppe erarbeitet worden, in der auch und völlig uneingeschränkt SPD-geführte Länder beteiligt waren, SPD-Justizminister beteiligt waren, und - und das ist ja das Bemerkenswerte bei solchen Arbeitsgruppen - wenn einem dann die Richtung nicht mehr passt, kann man aussteigen. Sie sind nicht ausgestiegen. So ein Entwurf vollzieht sich ja nun auch nicht im luftleeren Raum ohne jede Rückkopplung. Von daher, denke ich mal, sind etliche Gesichtspunkte nicht nur im Wege von Kompromissen und unterschiedlichen Herangehensweisen in dem Entwurf zu sehen, sondern durchaus getragen von gemeinsamen Grundüberzeugungen, wie denn bitte freundlicherweise neben der Einigkeit in den Vollzugszielen, das ist das eine ganz Wichtige, auch in grundlegenden Vollzugsmethoden gearbeitet werden soll.

Wenn Ihnen das eine oder andere, wie Sie sagten, zu schwammig erscheint, dann wird das sicherlich noch eine intensive Debatte und Auseinandersetzung des Diskurses in den Ausschussberatungen zur Folge haben. Ich möchte nur auf Folgendes hinweisen: Man kann in so ein Gesetz eine Wunschliste reinschreiben, wer denn bitte alles beteiligt werden möchte. Die Erfahrung lehrt nur, dass Gesetze - das hat der Kollege Blechschmidt zu Recht betont -, gerade erste Gesetze, grundlegende Gesetze prinzipiell eine lange Lebensdauer erheischen. Da kann man immer wieder sehen, dass die Institutionen, besonders nichtstaatliche Institutionen, auf einmal schon gar nicht mehr existieren, das Gesetz aber noch da ist. Das haben wir leider immer wieder. Deswegen muss man mit der Bezeichnung von Institutionen solcher hilfreichen Art in Gesetzen etwas zurückhaltend sein, um nicht dauernd nachsteuern zu müssen.

Sie sprachen an, meinten schon selber vielleicht eher nachher zu einem anderen Tagesordnungspunkt, die Bemerkung der Antifolterkommission und sprachen insbesondere an, Herr Höhn, die Nichtausstattung mit Psychologen in der Außenstelle Weimar der Jus

tizvollzugsanstalt Ichtershausen. Wenn Sie nur in den Stellenplan und Stellenzuordnungen schauen, haben Sie recht. Die Faktizität ist aber eine andere. In Ichtershausen sind zwei Psychologenstellen angesiedelt und die Inhaber dieser Stellen sind jeweils mit einem Viertel ihrer Arbeitszeit, also insgesamt sozusagen rechnerisch ein Halber, in Weimar tätig. Das hatten wir übrigens auch in der Großen Anfrage, Frage 52 b, so beantwortet. Aber das können wir noch in Einzelheiten später diskutieren.

Herr Blechschmidt, im Ziel sind wir wahrscheinlich gar nicht weit auseinander, aber in der Methodik ganz erheblich. Ich möchte das noch einmal betonen, was Frau Walsmann eben gesagt hat. Diejenigen, die einrücken müssen, das ist nur eine Größenordnung von 6 Prozent aller überhaupt nach Jugendstrafrecht Verurteilten und das ist wirklich der harte Kern. Das ist wirklich ein ganz harter Kern. Wenn Sie dann noch einmal zur Vollzugsform schauen, § 13 des Regierungsentwurfs sagt, es gibt Unterbringung im offenen und im geschlossenen Vollzug und dann geht es weiter, und das ist ganz entscheidend, im offenen Vollzug soll untergebracht werden, allerdings dann eingeschränkt, wenn geeignet. Das ist richtig. Man könnte es umdrehen. Das gebe ich zu. Das Problem ist aber Folgendes: Drehten Sie es um, dann würden Sie, ich sage es einmal ganz offen, erheblich mehr rechtliche Auseinandersetzungen provozieren, als wenn Sie es so machten. Ja, das eine wird als Lockerung empfunden, ich muss nicht ins Geschlossene, während das, ich muss aus dem Offenen heraus, als Belastung empfunden wird und bestritten werden wird. Jetzt stellen Sie sich einmal die praktische Konsequenz vor. Bei einer Haftdauer von durchschnittlich etwas weniger als 13 Monaten, das dann noch garniert mit Anspruchsauseinandersetzungen, gerade um solche Dinge, da werden Sie sich vorstellen können, dass dann möglicherweise das eigentliche Ziel, Jugendliche zu befähigen, zu sozialisieren, zu erziehen und auszubilden, durch solche Streitigkeiten an den Rand gedrängt werden kann. Denn wenn man erst einmal Streit hat, ist die Bereitschaft mitzumachen in der Regel sehr viel geringer. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen … Doch, bitte, Abgeordnete Berninger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, Herr Minister, wir sollten im Ausschuss diskutieren, ob wir dies umdrehen sollen oder nicht. Ich bin sehr gespannt auf diese Debat

te. Frau Walsmann, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ja erst vor Kurzem, nämlich im Mai 2006, gesprochen worden. Aber das ist doch genügend Zeit, damit man nachlesen konnte, dass eben einer der wichtigen Punkte in diesem Urteil gerade der Vorrang des offenen Vollzugs ist. Das sollten Sie in Ihren Überlegungen beachten und nicht in Ihren Redebeiträgen umdrehen oder negieren.

Ich wollte noch einmal eingehen auf die von meinem Kollegen Blechschmidt schon benannte Vernetzung und Einbettung des Jugendstrafvollzugs mit anderen sozialen Strukturen. Ansatzpunkt in unseren Überlegungen ist dabei unter anderem der § 38 des Jugendgerichtsgesetzes gewesen, der nämlich die kontinuierliche Betreuung des straffälligen Jugendlichen durch das Jugendamt auch während der Strafzeit sicherstellen soll.

Herr Minister, Sie gehen, so hoffe ich, nicht davon aus, dass Jugendämter in den nächsten paar Jahren abgeschafft werden. Es wird auch weiterhin freie Träger geben, so nehme ich zumindest an, und von daher ist es nicht so abwegig, wie Sie das gerade dargestellt haben, wie wir das in unserem Gesetzentwurf formuliert haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Deswegen meinen wir, diese Kontinuität und die Einbettung in andere Strukturen müssen noch durch weitere Organisationen und Personen geleistet werden. Wir benennen die ja nicht namentlich in unserem Gesetzentwurf. Nur so kann aus unserer Sicht eine erfolgreiche Wiedereingliederung gewährleistet werden. Das ist doch das Ziel, das wir mit dem Jugendstrafvollzug verfolgen. Nach den Erfahrungen aus der Praxis und nach anerkannten Forschungsergebnissen ist es vor allem der Zeitraum unmittelbar nach der Entlassung, der die risikoreichste Phase hinsichtlich der erfolgreichen und nachhaltigen Rückkehr in den Alltag, in die Freiheit darstellt. Die soziale Einbettung des Jugendstrafvollzugs und ein wirksames, salopp gesagt, Übergangsmanagement vor allem unmittelbar nach der Entlassung sind wichtige Instrumente, um das Rückfallrisiko zu minimieren. Vor allem die Vernetzung mit dem Jugendamt sichert ab, dass nach der Entlassung sofort und ohne Lücke die Hilfeplanung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz im Achten Buch Sozialgesetzbuch einsetzen kann und auch die Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Organisationen bis hin zu den ARGEn soll diesen lückenlosen Übergang sicherstellen und das haben wir in unserem Gesetzentwurf eingebracht.

Meine Damen und Herren, die schönsten Konzepte bleiben Papiertiger, wenn nicht das Geld für ihre Umsetzung ausgegeben wird. Auch darauf ist Kollege

Blechschmidt schon kurz eingegangen. Aber diese Papiergarantie muss auch mit Leben gefüllt werden. Deshalb halten wir es für ganz wichtig, dass wir den Bereich des Jugendstrafvollzugs mit entsprechenden finanziellen Mitteln im Haushalt unterstützen. Wir werden gegebenenfalls auch mehr Sachmittel im Bereich des Kinder- und Jugendhilfegesetzes beantragen und dies bei Bedarf in entsprechenden Anträgen zur Beratung des nächsten Doppelhaushalts stellen. Es hat sich immer wieder gezeigt, und das hat Herr Höhn auch vorhin mit dem Wort „historisch“, denke ich, benannt, dass das erste Gesetz in einem solchen Rechtsbereich oft sehr lange Bestand hat. Fachleute gehen davon aus, dass jetzt mit diesen in den Ländern zu beschließenden Jugendstrafvollzugsgesetzen die Weichenstellungen für die nächsten 15 bis 20 Jahre vorgenommen werden. Deswegen plädieren wir, das hat Kollege Blechschmidt auch schon gesagt, für eine möglichst intensive Beratung. Ich möchte Sie alle, liebe Kollegen, bitten, der Aufforderung des Justizministers Folge zu leisten, auf die Internetseite zu gehen, sich den Gesetzentwurf auch wirklich durchzulesen, auch unseren Gesetzentwurf mit möglichst wenig Vorbehalten erst einmal zu lesen und sich an der hoffentlich stattfindenden öffentlichen Anhörung zu beteiligen, damit es eine spannende Debatte werden kann, die, wenn sich möglichst viele beteiligen, auch gerade bei dem Thema möglich ist. Ich lade Sie sehr herzlich dazu ein und freue mich auf die Debatte.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann beende ich die Aussprache. Es ist Überweisung für beide Gesetzentwürfe an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten und zur Mitberatung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt. Wir stimmen jetzt nacheinander ab.

Als Erstes der Gesetzentwurf der Landesregierung. Wer ist dafür, dass dieser Gesetzentwurf der Landesregierung im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten behandelt wird, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Wer ist dafür, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beraten wird, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Wer ist gegen diese Überweisung, den bitte ich um das Handzeichen. Da müssen wir jetzt zählen. Bitte. Danke. 21 Gegenstimmen. Damit ist die Überweisung

an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Bei 21 Gegenstimmen? Das kann ja nicht sein.)

Entschuldigung, 28.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Und wie viele Für-Stimmen?)

Bitte, Abgeordneter Höhn.