Protocol of the Session on May 4, 2007

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Frau Dr. Fuchs hat ja schon viele gewichtige Gründe, die auch in der Stellungnahme des Nationalen Ethikrates enthalten sind, zur Frage, wie können Organtransplantationen vermehrt werden, genannt.

Sie greifen ein Problem auf, das unstrittig ist. Wir haben in Deutschland einen Mangel an Organen, die für eine Transplantation zur Verfügung stehen. Die Thematik auch im Landtag aufzugreifen, halten wir für gut, weil es ein Anstoß ist, um über dieses Thema auch in der Öffentlichkeit stärker zu sprechen und zu diskutieren. Wir wissen, dass die Zustimmungen in der Bevölkerung, wenn man halt einfach so fragt, haben Sie etwas dagegen, wenn Organe entnommen werden, relativ hoch sind. Zwei Drittel der Bevölkerung stimmen dem im normalen Gespräch zu, tatsächlich aber geht kaum einer so weit zu sagen, ich hole mir jetzt einen Spenderausweis. Während der Bedarf und die langfristige Erfolgsrate von Organverpflanzungen steigen, stagniert aber in Deutschland die Spendebereitschaft. Wir können ja aus verschiedenen Untersuchungen entnehmen, auch „Die Zeit“ hat heute eine Veröffentlichung, wie das in anderen Ländern ist. Ich will nur einen kurzen Vergleich finden: In Österreich gibt es eine Bereitschaft von über 20 auf 1 Mio. Einwohner, die bereit sind zu spenden, in Spanien sogar fast 34 auf 1 Mio. Einwohner und in Deutschland sind wir bei ca. 15 pro 1 Mio. Einwohner, die Spendebereitschaft erklärt haben.

Was machen wir also in Deutschland anders? Ich will gar nicht bei dem Thema sagen, was machen wir falsch. Wir brauchen ein anderes Bewusstsein in der Öffentlichkeit und auch eine Selbstverständlichkeit, mit dem Thema umzugehen. Es ist ein ähnliches Ding, wie mit dem Thema Tod an sich in Deutschland umgegangen wird, nämlich viel zu unoffen. In der Konsequenz würde das bedeuten, dass die Entnahme von Organen hirntoter Menschen erlaubt ist, wenn der Betroffene nicht zu seinen Lebzeiten eindeutig widerspricht oder seine Angehörigen im Todesfall widersprechen. Das ist im Wesentlichen die Aussage des Nationalen Ethikrats, sein Vorschlag, um mehr Organspender zu gewinnen.

Wir wissen, dass der Vorschlag bereits sehr heftige Reaktionen in allen Parteien ausgelöst hat. Ich glaube, mich da auch für die Fraktion der SPD anschließen zu können, Frau Dr. Fuchs, wir sehen es genauso, das ist keine Frage eines politischen Standpunkts, das ist eine Frage eigentlich eines jeden

Einzelnen. Wenn man über so etwas beschließen müsste - wir müssen es ja nicht, aber der Bundestag muss es -, da muss man auch die Fraktionszwänge aufheben, weil, das ist tatsächlich etwas, was jeden sehr individuell auch bewegt. Wir sind einer Meinung, wir müssen es ja heute nicht beschließen, aber wir können Positionen zu den Grundzügen beziehen. Es gibt, das haben wir auch in der Stellungnahme des Nationalen Ethikrats finden können, ja auch deutschlandweit ganz gravierende Unterschiede. Mecklenburg-Vorpommern ist angesprochen worden, dass es da ähnlich wie in Spanien ist - über 30 von 1 Mio. Einwohner haben sich bereit erklärt. In anderen Bundesländern ist es weit weniger. Deshalb ist auch der Punkt 1 Ihres Antrags, denke ich, gerechtfertigt, zu sagen, wir brauchen mehr Aufklärung, wir brauchen praktisch in allen Lebenslagen die Möglichkeit, sich mit dem Thema in sehr unkomplizierter Weise auseinandersetzen zu können und dann eine Entscheidung zu treffen.

Ihr Antrag geht schließlich auf die Enquetekommission zur „Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen“ ein. Sie haben einen Teil schon zitiert. Ich möchte an eine andere Empfehlung anknüpfen, und zwar an die Empfehlung 46: „Das Land sollte darauf hinwirken, dass in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Verbänden und Gruppen sowie mit den Krankenkassen die Sinnhaftigkeit und Wichtigkeit der Organspende in der Bevölkerung deutlicher gemacht wird, um Menschen zu bewegen, ihre Bereitschaft zur Organspende schriftlich in einem Spenderpass festzuhalten.“ Weiter heißt es: „Eine zukünftige Novellierung des Transplantationsgesetzes sollte auch das Ziel verfolgen, die Zahl der potenziellen Organspendewilligen zu erhöhen.“

Sowohl bessere Öffentlichkeitsarbeit als auch rechtlicher Regelungsbedarf wurden also bereits damals, 2003, festgestellt. Wir merken, dass der Handlungsdruck zwischenzeitlich gestiegen ist. Das ist sicher auch dem medizinischen Fortschritt geschuldet. Organtransplantationen - zumindest zum Teil - sind heute eine ganz normale Operation. Man hat die Komplikationen, die in der Vergangenheit öfter aufgetreten sind, vielfach besser in den Griff bekommen und deswegen ist es, denke ich, an der Zeit, zehn Jahre nach dem Transplantationsgesetz wieder über dieses Thema zu sprechen und sich auch mit allen Ängsten, die in der Bevölkerung herrschen, auseinanderzusetzen. Die Hirntodfrage ist angesprochen worden. Auch das bewegt uns. Man muss sich natürlich den Fragen stellen: Was ist, wenn der Angehörige einwilligen soll, dass z.B. das Herz, die Augen entnommen werden sollen? Wie geht man damit um? Ich denke, die Stellungnahme des Nationalen Ethikrats beschreibt auch sehr anschaulich, in welcher Situation Angehörige sind, wenn der Patient verstorben ist, dass sie eigentlich über die Trauer

gar nicht rational entscheiden können, ob Organe entnommen werden sollen. Da glauben wir auch, dass die Frage der Widerspruchsregelung ein sehr ernsthaft zu diskutierendes Instrument sein sollte, weil man dann eben gerade solche Grenzsituationen nicht in einer sehr schwierigen emotionalen Lage entscheiden muss.

Wir haben auch zum Punkt 2 Ihres Antrags Überlegungen angestellt. Er befasst sich mit der Vermeidung von Kommerzialisierung von Gewebe und Zellen, aber das gilt auch für Organspenden. Wir wissen leider, dass gerade bei Organspenden Kommerz durchaus eine Rolle spielt, dass jemand, der das nötige große Geld - denn da ist von Kleingeld nicht mehr die Rede - hat, sich auch heute schon im Ausland Organe beschaffen kann. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir ganz energisch gegen Kommerzialisierung sowohl von Organspende als auch von Gewebe und Zellen vorgehen. Deswegen schließen wir uns dem an, dass sich die Landesregierung intensiv auch mit Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich der Frage der Organspende bewegt und dass wir an vielen Stellen Aufklärung haben werden und offensiv mit dem Thema umgehen. Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Gumprecht, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, seit den 60er-Jahren werden und wurden in Deutschland ca. 80.000 Organe transplantiert. Die Organtransplantationen gehören inzwischen zum therapeutischen Standard in der Medizin bei einer Reihe schwerer Erkrankungen, bei denen Organversagen auftritt. Bis heute verdanken zahlreiche Patienten ihr Leben einer Organtransplantation. Für viele Patienten konnte damit eine wesentliche Verbesserung ihrer Lebensqualität erreicht werden. Allein im Jahr 2005 wurden in Deutschland über 2.700 Nierentransplantationen durchgeführt; allerdings sind auch genauso viele Personen neu auf die Warteliste aufgenommen worden. Insgesamt beträgt die Anzahl der Patienten, die auf eine neue Niere beispielsweise warten, 8.853. Die Differenz zwischen den benötigten und den für eine Transplantation zur Verfügung stehenden Nieren ist wahrlich erheblich. Es warten also nach wie vor dreimal mehr auf eine Niere, als jährlich vermittelt werden konnten. Wir alle kennen Fälle aus dem Familien- oder Verwandtenkreis, wo Menschen ihr Leben einer Organspende verdanken. Fakt ist aber auch,

dass zahlreiche Patienten sterben, weil sie nicht rechtzeitig zu einem Organ gekommen sind, weil keines zur Verfügung stand. Organmangel ist ein chronisches Problem der Transplantationsmedizin in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern.

Auch in Thüringen müssen Patienten auf Operationen zur Organtransplantation warten. Die Wartelisten sind in Thüringen auch nicht minder lang. Die Zahl der Organspenden in Thüringen hat sich im Jahr 2006 gegenüber dem Vorjahr, nämlich 2005, erhöht. Bei 51 Organspendern konnten Organe entnommen werden. 2005 gab es 32 solcher Organspenden. Im Jahresvergleich stieg somit die Zahl der Organspenden von 13 auf 22 Spender auf 1 Mio. Einwohner. Für die Betroffenen jedoch ist jeder Tag ein Tag zu viel, auf den sie warten müssen.

Meine Damen und Herren, die derzeitige gesetzliche Regelung stellt eine eindeutige Regelung dar, wie sie mit dem Antrag zum Teil angezweifelt wird. Ich denke, das derzeitige Transplantationsgesetz - auch wenn man in einzelnen Bereichen darüber diskutieren muss - hat eine klare mehrheitliche Lösung hier zum Hintergrund. Gesetzliche Änderungen obliegen nicht uns, sondern dem Bundestag. Wir sind uns aber einig, im Antrag geht es um die Frage: Was kann man tun, um die Bereitschaft zur Organspende zu erhöhen? Wo kann man ansetzen? Wie kann man das Problem auf unterschiedlichsten Ebenen lösen? Ziel ist es, den Betroffenen so schnell wie möglich zu helfen. Der nationale Ethikrat hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Er hat hierzu seine Stellungnahme vor wenigen Tagen, am 24. April dieses Jahres, veröffentlicht, die großes Aufsehen verursachte.

In der vorgelegten Stellungnahme wird der Frage nachgegangen, ob es ethisch und verfassungsrechtlich vertretbar ist, die derzeitige gesetzliche Regelung zu ändern, um den Organmangel zu lindern. Diskutiert werden verschiedene Vorschläge, die einen Ausgleich finden müssen zwischen erstens dem Selbstbestimmungsrecht des Organspenders und zweitens dem Wunsch nach Lebensrettung und Leidensminderung anderer Menschen. Dabei müssen wir natürlich auch beachten, dass wir unsere Prinzipien unseres Gesundheitssystems beibehalten, nämlich beispielsweise den gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen. Der nationale Ethikrat schlägt ein Stufenprogramm vor, das Elemente einer Erklärungsregelung mit Elementen der Widerspruchsregelung verbindet. Danach ist der Staat verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Bürger in einem vorgegebenen Verfahren zu einer persönlichen Erklärung darüber aufgefordert werden, ob sie zur Organspende bereit sind und darüber informiert sind, dass die Organentnahme bei einer unterbleibenden Er

klärung gesetzlich erlaubt ist, sofern ihr die Angehörigen nicht widersprechen. Der Nationale Ethikrat empfiehlt ferner, durch geeignete gesetzliche Maßnahmen auch dafür zu sorgen, dass die Krankenhäuser ihrer Pflicht zur Meldung potenzieller postmortaler Organspender in einem höheren Maße als bisher nachkommen, was eine schwierige Frage ist. Wie will man das tun? Darüber hinaus ist aber auch für eine entsprechende Honorierung der Mehraufwendungen der jeweiligen Häuser zu sorgen. Die eingetretene Diskussion zu dieser neuen Position des Nationalen Ethikrates ist natürlich sehr kontrovers. Die Meinungen erstrecken sich von Ablehnung durch die Bundesärztekammer bis zur Begrüßung durch den Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten, dem Verband der Patientenvertreter. Die vier im Bundestag vertretenen Parteien haben sich mit ersten Meldungen äußerst kritisch zu dem Vorstoß geäußert, weil sie vor allen Dingen die Frage des Selbstbestimmungsrechts, des Zugriffsrechts auf Menschen im Sterbeprozess oder auch die soziale Pflicht des Bürgers, seinen Körper nach dem Tod Dritten zur Verfügung zu stellen, eingehen und damit dies kritisch beleuchten.

Meine Damen und Herren, Organspende und Spendenbereitschaft brauchen Aufklärung. Diese Aufklärung obliegt vom Gesetz her der Deutschen Stiftung für Organtransplantation und auch der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Wir können uns - und ich denke, dazu sind Sie in der Lage - entsprechend auf den Internetseiten dieser beiden Organisationen über die Möglichkeiten der Aufklärung informieren. Ich möchte mir hier Einzelheiten ersparen. Auch der Freistaat ist in seiner Aufklärung aktiv, natürlich im Rahmen seiner Möglichkeiten. Zu den Maßnahmen gehören Aufklärungsveranstaltungen, es gehören dazu die Verteilung von Broschüren, auch die Einbindung von Arztpraxen und Apotheken in jeweilige Aufklärungsmaßnahmen. Eine besondere Verantwortung haben die Krankenhäuser und die in den Krankenhäusern beauftragten Transplantationsbeauftragten, nämlich für die Aufklärung. Jährlich werden Krankenhäuser für ihre besondere Arbeit in den drei Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geehrt. Im vergangenen Jahr war es in Dresden das Altenburger Krankenhaus, das dafür ausgezeichnet wurde.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt bereits zahlreiche Aktivitäten. Aber ich bin der Meinung, Einzellösungen der Länder wirken nur marginal und sind nicht die Lösung für das Gesamtproblem.

Zum zweiten Teil des Antrags: Er greift die Umsetzung der EU-Geweberichtlinie vom März 2004 in einem Gewebegesetz des Bundes auf. Dazu liegt inzwischen der Gesetzentwurf des Bundes vor. Der

Gesundheitsausschuss hat sich im März dieses Jahres damit beschäftigt und eine Anhörung durchgeführt. Die Stellungnahmen waren kontrovers. Beim Bundesrat stößt das geplante Gesetz, das übrigens nach Aussage der eigenen Pressemeldung nicht zustimmungspflichtig ist, auf Kritik. Der Entwurf gehe über das von der Geweberichtlinie geforderte Maß hinaus, schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme. Dies treffe auch auf den pauschalen Arzneimittelstatus für Gewebe und Zellen zu. Der damit verbundene finanzielle, personelle und bürokratische Aufwand stehe in keinem Verhältnis zu dem zusätzlichen Sicherheitsgewinn, so in der Pressemeldung des Bundesrats.

Meine Damen und Herren, wir haben heute einen Antrag, der das Land auffordert, seine Aktivitäten zu intensivieren. Ich glaube, ich konnte deutlich machen, dass hier in Thüringen zahlreiche Aktivitäten vorliegen, die aber einer Gesamtlösung auf Bundesebene bedürfen. Deshalb ist dieser erste Teil des Antrags entbehrlich. Im zweiten Teil des Antrags greifen wir ein Thema auf, das zwar vom Anliegen her viele von uns beschäftigt, aber allein in der Zustimmung des Bundestags liegt. Wir sollten unsere Möglichkeiten innerhalb der eigenen Parteien nutzen, um unsere Anliegen dort deutlich zu machen.

Meine Damen und Herren, wir helfen dem Thema nicht, wenn wir suggerieren, dass wir hier entscheiden können. Wir sollten unsere Position deutlich machen. Wir werden heute diesen Antrag ablehnen. Ich denke, das Thema Organspende ist ein sehr persönliches. Das Thema kann nur durch persönliche Gespräche und durch persönliches Beispiel beeinflusst werden. Darum mein Appell an Sie, meine Damen und Herren hier im Landtag, nutzen Sie die Möglichkeiten. Das Sozialministerium hat auf seinen Internetseiten die Möglichkeit eingeräumt, Organspender zu werden. Drucken Sie sich den Antrag aus, werden Sie Organspender. Dann helfen Sie sehr konkret diesem Thema. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Herr Minister Dr. Zeh, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Kollegin Dr. Fuchs, ich will erst einmal ausdrücklich sagen, dass ich sehr viele Ihrer Aussagen teile, einschließlich dem Aufruf zur Organspende. Ich habe gerade einmal nachgesehen; ich habe meinen Organspen

deausweis auch immer bei mir. Ich bin also an dieser Stelle genau Ihrer Meinung.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Man sollte sich, glaube ich, mit dieser Thematik auseinandersetzen. Wer sich damit auseinandersetzt, wird sicherlich zu dem Ergebnis kommen, dass Organspende sinnvoll ist. Ich will dennoch sagen - obwohl ich viele Aussagen teile -, dass ich der CDUFraktion die Ablehnung Ihres Antrags empfohlen habe aus folgenden allgemeinen Gründen. Ich will die Einzelpunkte dann noch einmal näher erläutern. Aber der Antrag ist in sich nicht ganz stimmig. Einerseits - zu Punkt 1 und 2 - trifft das Gleiche zu, wie ich auch beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt gesagt habe: Erstens - Was sie fordern, geschieht bereits in einer sehr umfänglichen Form. Das Zweite aber ist, Sie verstecken in der Begründung eine Aussage, die sehr undifferenziert ist, die so in der Form, meine ich, schlecht händelbar ist. In der Begründung steht drin: Eine Möglichkeit für die Betroffenen und deren Angehörigen, die Situation zu verbessern, ist die Widerspruchsregelung. Sie äußern sich hier nicht sehr klar. Sind Sie jetzt für die Widerspruchsregelung oder nicht? Sie sagen, es ist eine Möglichkeit. Ich habe aus Ihrer Partei mehrfach Pressemeldungen durchgesehen. Pressemeldung vom 25.04.2007 der Fraktion „DIE LINKE“ vom Bundestag, Monika Knoche, stellvertretende Fraktionsvorsitzende: „Den Vorschlag des nationalen Ethikrats lehnen wir entschieden ab.“ Ein Tag später, Pressemeldung der Fraktion „DIE LINKE“ vom Bundestag vom 26.04.2007, Dr. Martina Bunge, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses: „Der Vorschlag des Ethikrates für Organspende ist diskussionswürdig.“ Sie sehen also, dass wir mit Ihrem Vorschlag in eine Diskussion geraten, die aufgrund der Schwierigkeit und aufgrund der Sensibilität dieses Themas nicht sehr klar ist. Es gilt natürlich für Punkt 1 und 2 das, was ich vorhin gesagt habe. Das will ich auch kurz begründen. Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Aktivitäten unternommen bzw. unterstützt, um in der Öffentlichkeit auf das Thema Organspende aufmerksam zu machen. Ich verweise auf die Beantwortung der Mündlichen Anfrage in Drucksache 4/1047 in der Plenarsitzung vom 15. und 16. September 2005. Die Gesundheitsminister der Länder haben sich in den vergangenen Jahren mehrfach mit dem Thema Organspende beschäftigt und es bestand auch in den Beschlüssen stets Übereinstimmung, dass zur Förderung der Organspende die Aufklärungsarbeit weiter intensiviert werden muss. Dabei müssen natürlich alle auf Bundes- und Landesebene Verantwortlichen eng zusammenarbeiten. Ihre Feststellung ist richtig, dass auch in Thüringen immer noch zu viele Patienten auf ein geeignetes Spenderorgan warten müssen. Noch immer kann zu oft nicht mehr rechtzeitig geholfen

werden. Die Landesregierung wird wie bisher jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes dieses Thema nahezubringen. Ich selbst habe sowohl in der Erfurter Fußgängerzone „Am Anger“ als auch in öffentlichen Veranstaltungen immer wieder zur Aufklärung beigetragen und dafür geworben, einen Organspendeausweis auszufüllen, dass das lebensrettend ist. Jeder kann auf ein lebensrettendes Organ angewiesen sein.

Ich darf an dieser Stelle auch mitteilen, es ist sehr erfreulich, dass im Juni dieses Jahres erneut drei mitteldeutsche Krankenhäuser für ihr vorbildliches Mitwirken an der Organspende ausgezeichnet werden, darunter ist auch wieder eine Thüringer Klinik. Ich denke, auch hier - übrigens, das passt zur Diskussion Mitteldeutschland - gibt es eine mitteldeutsche Initiative, dass wir uns mit den drei Sozialministern zusammengetan haben und ausdrücklich in Mitteldeutschland gemeinsam für dieses Anliegen werben und jedes Jahr Kliniken auszeichnen, die sich insbesondere diesem Anliegen verpflichtet fühlen.

Eine noch intensivere Aufklärung der Bevölkerung und eine noch bessere Mitarbeit möglichst aller Krankenhäuser, bei denen potenzielle Organspender festgestellt werden können, bieten natürlich auch aus unserer Sicht gute Chancen zur Verbesserung des Spendeaufkommens. Wir haben schon sehr viel getan an Öffentlichkeitsarbeit, wir müssen allerdings auch feststellen, wir haben an dieser Stelle die Medien nicht einheitlich auf unserer Seite. Es ist für mich verwunderlich, dass so wichtige Aktionen oft nicht in den Medien reflektiert werden und deshalb auch der Eindruck entsteht, dass wir zu wenig für die Aufklärung tun. Ich muss hier ausdrücklich sagen, das Gegenteil ist richtig, wir haben sehr viele Aktionen in Gang gesetzt, wir wenden uns sehr oft an die Öffentlichkeit, aber die Aktionen werden zu wenig auch in die Öffentlichkeit transportiert und diskutiert.

Ich will auch auf den jüngsten Vorschlag des Nationalen Ethikrats zur Einführung der Widerspruchsregelung in das deutsche Transplantationsrecht eingehen. Ich beurteile diese Empfehlung als sehr kritisch. Für diejenigen, die sich nicht so auskennen: Diese Regelung besagt, dass der Betroffene ausdrücklich widersprechen muss, damit keine Organe entnommen werden im Falle, dass sein Gehirntod festgestellt wird. Es heißt also, es muss aktiv ein Widerspruch eingelegt werden. Wenn dieser nicht vorhanden ist, dann können die Verwandten gefragt werden, das wäre dann die zweite Ebene, die noch eingeschaltet werden kann. Ich bin dieser Regel deshalb kritisch gegenüber, weil ich einmal sehe, dass es eine unverhältnismäßige Beschneidung des Selbstbestimmungsrechts der Bürgerinnen und Bürger ist. Genau aus diesem Grunde hat sich der Ge

setzgeber seinerzeit dafür entschieden, die genannte erweiterte Zustimmungslösung im Transplantationsgesetz zu verankern, und dieses Gesetz - das wurde heute mehrfach gesagt - ist seit nunmehr zehn Jahren in Kraft getreten. Zweitens, es gibt bis heute noch keine wissenschaftlich belegte Untersuchung, dass die europäischen Länder mit einer Widerspruchslösung, wie etwa Belgien oder Österreich, allein deshalb schon höhere Spenderzahlen haben. Außerdem ist so etwas auch eine Frage der Diskussion in unserem Land. Ich denke, wir sind in der Bundesrepublik Deutschland in der Diskussion noch nicht so weit, dass wir dies ohne Weiteres akzeptieren würden, dass, wenn ich mich nicht zu einem Widerspruch durchringe, automatisch gilt, dass Organe entnommen werden können.

Zu Ziffer 2: Die Landesregierung hat sich im laufenden Gesetzgebungsverfahren zum sogenannten Gewebegesetz mit den anderen Ländern für eine eindeutige Regelung des Vorrangs der Organspende vor der Gewebespende ausgesprochen. Deshalb bedarf es Ihrer Aufforderung nicht. Sie haben zu Recht festgestellt, ich habe diesem Gesetz sehr kritisch gegenübergestanden. Ich denke, auch die Bundesregierung hat zugesagt, dass in weiteren Verfahren eine entsprechende Ergänzung im Transplantationsgesetz aufgenommen wird. Ich hoffe, dass sie zu dieser Zusage steht, dass wir am Ende bei diesem Gesetz über die Qualität und Sicherheit von menschlichen Zellen und Geweben ein Gesetz haben, das genau dem entspricht, was Sie auch in Ihrem Antrag formulieren. Nur haben wir es schon im Bundesrat so eingebracht. Es stellt sich für mich die Frage, warum man das dann hier noch einmal genauso verabschieden soll, deshalb empfehle ich die Ablehnung dieses Antrags. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. Fuchs, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, in einer Frage bekomme ich das nicht unter, deshalb gestatten Sie mir noch einmal ein paar Worte, Herr Minister Zeh, zu dem Letzten, was Sie gesagt haben.

Das Gesetz ist ja noch im parlamentarischen Verlauf. Sie haben gesagt, es ist nicht bundesratszustimmungspflichtig, also es ist noch im Bundestag, aber Sie hatten auch gesagt, Sie stehen dem kritisch gegenüber oder an der Stelle teilen Sie unsere Auffassung, das darf auf keinen Fall sein, dass menschliches Gewebe - ob nun postmortal gewonnen oder kommerziell - gehandelt werden kann. Ich

kann nicht so richtig verstehen, warum man dem nicht zustimmen kann. Es verpflichtet zu nichts anderem, als dass Sie als Landesregierung Obacht geben sollen, dass auf Bundesebene nicht ein Gesetz gemacht wird, was letztendlich dann auch für die Länder irgendwo Gültigkeit hat, dass hier etwas verhindert wird, eine Richtung. Beim ersten Punkt kann ich z.B. Ihre Ablehnung überhaupt nicht verstehen. Ich habe mir erlaubt, Ministerpräsident Althaus zu zitieren, der bei diesem Symposium in Jena war, er hat selbst gesagt: Natürlich tun wir schon etwas an Aufklärung. Wir sagen ja auch nicht, es ist nichts gemacht worden, sondern wir bitten eigentlich nur darum, dass noch mehr Aufklärung passiert. Herr Minister Althaus hat ja auch gesagt, schon selber angedeutet, wo Wege sind, wo man noch mehr tun kann, also der Bevölkerung die Ängste nehmen usw. In der Begründung gebe ich Ihnen recht, aber wenn ich jetzt richtig verstehe, liebe Frau Präsidentin, ich kenne die Geschäftsordnung nicht so toll, wenn ein Antrag abgestimmt wird, wird nicht die Begründung abgestimmt, sondern doch nur über die zwei Punkte. Da gebe ich Ihnen recht, dort hätten wir vielleicht meine persönliche Meinung rausnehmen sollen, die Widerspruchslösung, zu der ich mich ja auch in der Rede bekannt habe, schon vor zehn Jahren. Aber ich habe in meiner Rede auch ausdrücklich gesagt, dass ich andere Meinungen und Mehrheitsverhältnisse immer akzeptiert habe. Aber ich sage, es lässt sich doch darüber reden. Ich habe in meiner Rede nicht ein Wort vom Ethikrat gesagt, extra deshalb. Ich habe in meiner Rede auch ausdrücklich gesagt, wir haben zwar als Fraktion diesen Antrag eingebracht, aber es ist kein Thema, was parteipolitisch irgendwie zu entscheiden ist, sondern von jedem Menschen, egal welcher Partei er angehört oder nicht angehört, wir haben ja auch religiöse Gründe usw., akzeptiere ich ein Nein. Ich wollte eigentlich nur versuchen zu sagen, dass man vielleicht auch die ganze Sache in der Hinsicht im Interesse der Betroffenen so sehen kann, dass man seine ganze Argumentation, ob man zustimmt oder ablehnt, unter dem Slogan betrachtet, auch die Medien usw.: „Organspende heißt Leben spenden!“ Das ist eine positive Sache. Das heißt aber nicht, dass jemand dazu verpflichtet ist, wenn er das nicht will. Da habe ich vielleicht einen Fehler gemacht: Ich hätte nicht die Fraktion Linkspartei.PDS darüberschreiben sollen, sondern ich hätte vielleicht mal den Mut haben sollen, was im Bundestag gerade bei den Transplantationsgesetzentwürfen möglich war, dass ich vielleicht in die anderen Fraktionen hätte gehen sollen, hätte einzelne Abgeordnete fragen sollen: Würdet ihr bereit sein, eine bestimmte Anzahl von Abgeordneten, dass wir gemeinsam über Parteigrenzen hinweg diesen Antrag einbringen? Vielleicht hätten Sie dann mehrheitlich auch dieser aus meiner Sicht politisch wirklich ungefährlichen Annäherung PDS oder anderes zustimmen können. Ich überlege mir das noch

mal und wir haben ja noch ein paar Jahre Zeit, dann werde ich mal so einen Antrag versuchen über alle Fraktionen hinweg und dann hat er vielleicht auch eine Chance. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Danke schön. Es hat noch mal das Wort Minister Dr. Zeh.

Frau Dr. Fuchs, ich will Ihnen ausdrücklich noch mal recht geben. Dies ist kein parteipolitisches Thema. Aber warum ich der Fraktion nun empfehle, den Punkt 1 abzulehnen: Stellen Sie sich doch mal vor, wir haben vor Kurzem im Bundesrat und in der Ministerkonferenz der Gesundheitsminister genau über dieses Thema gesprochen und wir haben uns gesagt, wir müssen Aufklärungsarbeit leisten. Jetzt komme ich und sage in der nächsten Runde wieder, wir sollten doch mal über das Transplantationsgesetz reden und dass die Organspende mehr Aufklärung in der Bevölkerung bedarf. Dann fragen meine Kollegen mich doch: „Haben Sie denn in der letzten Runde nicht richtig aufgepasst? Genau das haben wir beschlossen.“ Dieser Vorgang ist einfach - jetzt versetzen Sie sich mal in meine Lage - unangenehm, dem möchte ich einfach nicht ausgesetzt werden. Wenn etwas, was bereits geschieht, noch mal von mir nachgekartet wird, da sagt doch jeder, der will sich jetzt mal ein bisschen in der Öffentlichkeit profilieren. Na ja, wenn er es unbedingt will. Aber das ist kein guter Stil, wenn man etwas, das sich bereits im Konsens befindet, noch mal aufwärmt.

(Beifall bei der CDU)

Zu Punkt 2 hat ja Kollege Gumprecht gesagt, es gibt keine Zustimmungspflicht, es ist ein Einspruchsgesetz. Hier haben wir leider keine Möglichkeit. Wir haben uns klar positioniert. Ich hoffe, dass die Bundesregierung, die sich in der Erwiderung auch dazu bekannt hat, das entsprechend noch einbringt. Aber wirkliche Möglichkeiten, das zu ändern, haben wir leider nicht. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Eine Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Dann kommen wir jetzt direkt … Bitte schön, Kollege Buse.

Frau Präsidentin, bevor Sie zur Abstimmung kommen, würde ich namens unserer Fraktion darum bitten, über die Punkte 1 und 2 getrennt abzustimmen.