Protocol of the Session on November 11, 2004

ordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch ordnet das bisherige Sozialhilferecht mit Wirkung vom 1. Januar 2005 als Zwölftes Buch in das Sozialgesetzbuch ein. Das Bundessozialhilfegesetz wird damit in seiner jetzigen Fassung aufgehoben. Ebenfalls aufgehoben wird das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26. Juni 2001. Seine Regelungen werden ebenfalls in das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch übernommen.

Die Regelungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch enthalten neben einer grundlegenden systematischen Umstellung auch etliche Änderungen, die unser Land betreffen. Anstelle des bisherigen Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes und des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind daher neue landesrechtliche Regelungen nötig. Fast gleichzeitig mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Gesetz Sozialgesetzbuch hat der Bundestag am 19. Dezember 2003 das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, kurz Hartz IV, verabschiedet. Mit diesem Gesetz werden die bisherigen Leistungssysteme für erwerbsfähige Hilfeempfänger, nämlich die Sozialhilfe und die Arbeitslosenhilfe zu einer Grundsicherung für Arbeit Suchende zusammengeführt. Geregelt ist das im neuen Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, so wie wir es eben in dem vorhergehenden Punkt auch diskutiert haben. Berechtigte der neuen Leistungen sind erwerbsfähige Hilfebedürftige. Darunter fallen drei verschiedene Gruppen. Das sind zum Ersten die bisherigen Bezieher von Arbeitslosenhilfe in Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit, das sind zweitens erwerbsfähige Bezieher von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz in Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Sozialhilfeträger sowie die Mitglieder der jeweiligen Bedarfsgemeinschaften, also Ehepartner und Kinder. Damit erhalten zukünftig etwa 75 Prozent der bisherigen Empfänger nach BSHG keine Sozialhilfe mehr. Sie erhalten entweder das Arbeitslosengeld II oder als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft das Sozialgeld nach Zweitem Buch Sozialgesetzbuch. Die Kommunen haben durch die Übertragung der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger in den Leistungsbereich nach dem SGB II Einsparungen in entsprechender Höhe. Diesen Einsparungen stehen allerdings Ausgaben gegenüber, die die Kommunen für Unterkunft und Heizung aufbringen müssen - eben hatten wir hier ausführliche Diskussionen darüber - und diese fallen an sowohl für die bisherigen erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger als auch für bisherige Arbeitslosenhilfeempfänger im Rahmen der neuen Grundsicherung für Arbeit Suchende. Daher musste das bisherige Finanzierungsmodell im Thüringer Gesetz zur Ausführung

des Bundessozialhilfegesetzes der ab 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage angepasst werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sollte keine Neuregelung erfolgen, würde nach der alten Regelung folgender Effekt eintreten: Das Land würde wegen der bundesgesetzlich geregelten Verschiebung in das SGB II einen einseitigen Vorteil erlangen. Die Neuregelung trägt der Tatsache Rechnung, dass durch die Zuständigkeit für Unterkunftskosten und Heizung in der Gesamtbetrachtung die Kommunen keine tatsächlichen Minderausgaben erwarten. Die Behauptung der Bundesregierung, die Kommunen würden mit Hartz IV Einsparungen haben, ist falsch und wir haben es eben gerade noch einmal diskutiert. Dass aber genau diese so genannten eingesparten Mittel die Bundesministerin Renate Schmidt für die Kindertagesstätten einsetzen will, das halte ich schlichtweg für Betrug. Das ist ein ungedeckter Scheck, davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, eine Beteiligung des Landes an den Sozialhilfeeinsparungen der Kommunen im Rahmen der bisherigen Finanzierungsregelung würde bei diesen zu einer Mehrbelastung führen. Wir wollen das nicht und entgegen so mancher Äußerung der letzten Wochen, auch der letzten Minuten hier, zeigt auch dieses Beispiel, dass das Land einen fairen Ausgleich mit den Kommunen sucht. Vorwürfe, das Land gebe Einsparungen im Rahmen von Hartz IV nicht an die Kommunen weiter, sind völlig unbegründet. Im Gesetzgebungsverfahren zum Thüringer Gesetz zur Neustrukturierung der Sozialhilfe haben die kommunalen Spitzenverbände das klare Bekenntnis der Landesregierung gefordert, dass es sich nicht um ein Spargesetz handeln wird. Wir treten mit diesem Gesetz den Beweis dafür an, denn wir haben eine finanzielle Ausgleichsregelung geschaffen, die die finanzielle Lage der kommunalen Haushalte berücksichtigt und zu keinerlei Benachteiligung der Kommunen gegenüber dem Land führen wird. Darüber hinaus regelt das Gesetz inhaltlich lediglich die Verteilung der sachlichen Zuständigkeiten für die Umsetzung des SGB XII auf der Grundlage der bisherigen Landesregelung nach dem Thüringer Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes. In fachlicher Hinsicht werden keine vom bisherigen Recht oder von dem ab 01.01.2005 geltenden Recht abweichende Regelungen mit Auswirkung für die im Einzelfall zu gewährenden Hilfen vorgesehen. Mit dem vorliegenden Gesetz wollen wir eine sinnvolle Weiterentwicklung der Sozialhilfe sichern. Ich hoffe auf eine konstruktive Diskussion im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank für die Begründung. Wir kämen damit zur Aussprache. Es hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Pilger, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der vorliegenden Drucksache 4/314 sollen die bisherigen Thüringer Ausführungsgesetze zur Sozialhilfe und zur bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter als ein Thüringer Ausführungsgesetz zum SGB XII zusammengefasst und auf den aktuellen rechtlichen Stand gebracht werden. Als positiv bewerten wir, dass sich die Landesregierung in ihrem Gesetzentwurf für eine zeit-, orts- und bürgernahe Hilfegewährung entschieden hat.

Als Alternative zu der uns in dieser Drucksache vorgelegten Lösung - örtliche Sozialhilfeträger auf der kommunalen Ebene und überörtliche Sozialhilfeträger, das Land bzw. Landesamt für Soziales und Familie - wurde auch die Errichtung eines kommunalen Sozialhilfeverbandes angedacht. Die Landesregierung hat diese Alternative verworfen, weil es ihrer Ansicht nach zur Schaffung einer aufwändigen Verwaltungseinheit führen würde. Ob diese Schlussfolgerung auf lange Sicht Bestand hat, darüber sollte im Sozialausschuss noch einmal gesprochen werden. So weit die aus unserer Sicht positive Nachricht.

Liest man sich die Vorlage in dem Vorabdruck vom 04.11.2004 durch, könnte man zu dem Schluss kommen, dass zwei verschiedene Stellen an diesem Entwurf gearbeitet haben, die eine am Gesetzestext und die andere an der Begründung. Nur zwei Beispiele. In der Begründung zu § 4 heißt es: "Die Regelung des bisherigen § 4 ThürAGBSHG wurde unverändert übernommen." Abgesehen davon, dass der neue § 4 sechs Absätze statt der bisherigen vier hat, steht in Absatz 3 - vollkommen neu - auch die investive Förderung für die teil- und stationären Pflegeeinrichtungen. Wir begrüßen ja, dass das Land sich an den investiven Förderungen beteiligen will. Aber wie verhält es sich zum Thüringer Ausführungsgesetz zum Pflegeversicherungsgesetz, welches auch Planung, Standort und Investitionen regelt?

Zu § 6 heißt es in der Begründung: Absatz 4 regelt die Auszahlung der Zuweisung. Im Gesetzestext ist es der Absatz 5. Es ließen sich noch weitere Beispiele aufführen. Summa summarum, dem Landtag wurde ein oberflächlich erarbeiteter Gesetzentwurf vorgelegt. Inhaltlich kritisieren wir, dass die Landesregierung die von den kommunalen Spitzenverbänden - und das entspricht auch nicht den Ausführungen, die Herr Minister Zeh gerade gemacht hat - nach wie vor als sachlich falsch und daher abgelehnten

Regelungen in den §§ 3 und 6 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des BSHG vom 20. Mai 2003 nicht korrigiert hat. Die Landesregierung hat damit ihre Chance verpasst, die damalige Fehlentscheidung rückgängig zu machen. Wir werden diese nicht korrigierten Regelungen im Sozialausschuss wieder zur Diskussion stellen.

Nach dem bisherigen § 14, Sozialbeiräte bei den örtlichen Trägern, sollten den Sozialbeiräten sowohl Personen, die Bedürftige betreuen, als auch Personen in Vereinigungen von Sozialleistungsempfängern angehören. Jetzt steht statt des "und" ein "oder" in dem entsprechenden Paragraphen, d.h., nur eine der beiden Personengruppen ist im Sozialbeirat zukünftig vertreten. Welche politische bzw. sachliche Begründung gibt es dafür oder ist es nur ein Flüchtigkeitsfehler? Mir ist auch weiterhin nicht verständlich, warum der ehemalige § 17 des Ausführungsgesetzes - Vorläufige Hilfeleistung - ersatzlos gestrichen wurde. Im SGB XII sind in § 18 dazu keine anderen Regelungen vorgenommen worden als bisher im BSHG mit § 5. Zum 1. Januar 2005 muss dieses Gesetz in Kraft treten. Das bedeutet für den Sozialausschuss unter Zeitdruck eine intensive und aufwändige Arbeit.

Wir sind bereit zu einer konstruktiven Mitarbeit und unterstützen die Überweisung zur Beratung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke. Als nächste Rednerin folgt Abgeordnete Thierbach, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung wird der Abschluss der rechtlichen Umsetzung der Hartz-Gesetzgebung auf kommunaler Ebene eingeleitet. Bereits im Oktober dieses Jahres hat sich das Plenum mit der Drucksache 4/139, Antrag der PDS-Fraktion, Soziale Grundsicherung statt Almosen, ausführlich mit unterschiedlichen Meinungen zur Umsetzung des SGB XII auf Landesebene beschäftigt. An dieser Stelle muss noch einmal deutlich gemacht werden, dass ab dem 01.01.2005 eine 42-jährige Ära des BSHG zu Ende geht, die wenigstens im Grundsatz an ein Bedarfsdeckungsprinzip gebunden war, und dass die von Landes- und Bundespolitikern verkündete Mär, dass es den Menschen mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe tatsächlich besser gehen würde, einfach von der PDS nicht mitgetragen werden kann,

denn durch die Mechanismen dieser Zusammenlegung wurde keine Armutsgrenze erhöht oder verbessert oder gar verhindert.

Spätestens hier wird eine Verknüpfung vom Sozialgesetzbuch XII und dem Sozialgesetzbuch II sehr deutlich, denn spätestens ab Januar werden zig Tausende - den offiziellen Pressemitteilungen nach sprachen viele von einer halben Million Menschen - ab 01.01.2005 ohne jeglichen Leistungsbezug sein, auch keine Ansprüche auf die nun nicht mehr existierende existenzsichernde Sozialhilfe haben, denn es gilt ein Aufstockungsverbot. Was bedeutet das denn? Das bedeutet, wer keine oder geringe Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch II erhält, der bekommt auch keinen Ausgleich mehr als Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese Fiktion, die muss man sich tatsächlich vor Augen halten, dann merkt man, dass vielleicht ein hehres Ziel vorhanden war, aber die Umsetzung im Bund jämmerlich gescheitert ist. Daher unsere immer wieder wiederholte Aussage, dass mit diesen Gesetzen Armut verstetigt, verfestigt wird und die Gefahr besteht, dass das Arbeitslosengeld II zu einem riesengroßen Parkplatz für Menschen wird, die nämlich dann nicht einfach aus der Arbeitslosigkeit bei den geringen Mengen der Vermittlung von Stellen über einen kurzen Zeitraum in eine tatsächliche Erwerbsarbeit überführt werden. Vor allem betroffen sein werden Frauen sowie allein Erziehende. Allein daran wird deutlich, es werden eine Menge von Kindern betroffen sein. Da ist es schon erschütternd, dass bisher kaum die Kinderarmut in Deutschland wahrgenommen wird, aber nun auch nichts rechtlich passiert, wo durch das deutsche Kinderhilfswerk aufmerksam gemacht wird, dass wir möglicherweise - und fachlich sehr begründet - eine Kinderarmut im Steigen haben, die durch das Zustandekommen der Hartz-IV-Gesetze entsteht. In diesem Kontext, in diesem gesellschaftlichen Umfeld steht das Thüringer Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch XII.

Herr Minister Zeh, wir haben heute offensichtlich einen Tag, wo eine unfaire, eine wirklich nicht zu akzeptierende Kette von Zeitachsen immer wieder betont werden muss. Beim Heilberufegesetz hatten wir das Phänomen, dass die Richtlinien, auf denen dann die Umsetzung im Thüringer Recht passierte, mindestens sieben Jahre alt waren. Die jüngsten der Richtlinien waren zwei. Das Sozialgesetzbuch II sowie das Sozialgesetzbuch XII gelten seit dem 30.12., verkündet mit 27.12.2003. Das ist nach unserer Meinung gerade in Bezug auf Verfassung unverantwortlich, was Sie da dem Landtag und vor allem den Betroffenen zumuten. In Artikel 91 Abs. 4 der Landesverfassung heißt es: "Bevor auf Grund eines Gesetzes allgemeine Fragen geregelt werden, die die Gemeinden und Gemeindeverbände betreffen, erhalten diese oder ihre Zusammenschlüsse grundsätzlich Gelegenheit zur Stellungnahme." Und

im Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 12.10. dieses Jahres, also genau einen Monat ist dieses Urteil alt, ist eine sehr weite Auslegung des Artikels 91 Abs. 4 unserer Landesverfassung enthalten. Da muss man hinterfragen, inwieweit dem durch die Landesregierung bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs Rechnung getragen wurde, was sehr fraglich ist. Am 20.10. wird den kommunalen Spitzenverbänden der Entwurf vorgelegt. Bis 22.10. hatten sie Zeit, sich auf die an diesem selben Tag stattfindende mündliche Erörterung vorzubereiten und nach der mündlichen Erörterung sollten sie bis zum 27.10. schriftlich Stellung abgegeben haben. Diesen Zeitdruck kritisiert nicht nur die PDS-Fraktion, sondern berechtigt auch der Thüringer Landkreistag und der Gemeinde- und Städtebund beim Umgang mit dem Sozialgesetzbuch XII. Das hat nichts mit Fleiß oder schnellem Arbeiten eines Ausschusses oder eines Landtags zu tun, sondern wir müssen ganz einfach fragen, inwieweit die Landesregierung einem Landtag, der der Gesetzgeber ist, überhaupt das verfassungsrechtlich verbriefte Recht gibt, diese Zeiträume mitzubestimmen. Diese Frage steht gerade im Verhältnis zu dem Urteil sehr deutlich.

An dieser Stelle kündige ich auch deshalb für die PDS-Fraktion an, dass wir eine öffentliche Anhörung dieses Gesetzentwurfs im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragen werden. Dies tun wir auch, um der Kritik des Verfassungsgerichtshofs am Landtag und seinen Ausschüssen, wie im o.g. Urteil formuliert, zu entsprechen. Das Weimarer Gericht verlangt vom Parlament als Gesetzgeber, der kommunalen Ebene und ihren Spitzenverbänden im Gesetzgebungsverfahren eine echte Chance zur Beteiligung mit ihrer Kritik und ihren Vorschlägen einzuräumen. Mit einer öffentlichen Anhörung durch den Ausschuss soll nämlich nicht das In-Kraft-Treten des Ausführungsgesetzes zum 01.01.2005 verzögert werden, sondern wir gehen davon aus, dass der durch die Landesregierung selbst gemachte und zu verantwortende Zeitdruck keine Begründung für eine verfassungsrechtlich bedenkliche Art und Weise der Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung der kommunalen Spitzenverbände und damit der Kommunen gerechtfertigt wäre. Dieses vorgebaute Stück sage ich deswegen, weil es nämlich so nach und nach in der Öffentlichkeit erscheint, als wenn der Landtag nicht bereit wäre, in dem ihm notwendigen Verhalten Gesetze tatsächlich zu bearbeiten und dann auch zu erlassen. Genau das war auch die Kritik heute früh am Heilberufegesetz.

Nun zu einigen weiteren Kritikpunkten des Gesetzentwurfs: Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich so zu sein, wie Sie dargestellt haben, Herr Minister Dr. Zeh, als dass es eine pure Umwidmung bzw. Übernahme von Bestimmungen aus dem alten Aus

führungsgesetz zum BSHG wäre; doch der Schein trügt. Herr Pilger hat sich auf einige Dinge schon bezogen. Ich werde noch einige andere benennen. Als besonders kritisch zu hinterfragen sehen wir den neu geregelten § 6 - Kostenträger. Bei der Kostenregelung zieht sich die Landesregierung nämlich aus der weiteren Finanzierung der Leistungen, insbesondere für den teil- und vollstationären Bereich der Eingliederungshilfe sowie für die Leistungen zur Hilfe zur Pflege oder bei den Leistungen der stationären Hilfe zur Überwindung von besonders schwierigen Situationen heraus, und zwar durch den Mechanismus, dass die degressive Absenkung der finanziellen Mittel, die zwar vor gut eineinhalb Jahren durch die Kommunalisierung der Sozialhilfe in Kraft getreten ist, aber genau in diesem Zusammenhang mit der Kommunalisierung der Sozialhilfe wurde sie schon moniert und kritisiert, weil durch die degressive Finanzierung nämlich letztendlich eine Mehrbelastung von Kommunen entsteht. In der Stadt Erfurt sind es an Globalen Mehrausgaben 1,3 Mio.   $    Dinge, die muss man beachten, auch bei der Finanzierung bzw. bei § 6, noch dazu, was die Landesregierung immer bestätigt hat, dass die Anzahl der Betroffenen ständig gestiegen ist und deren Versorgung in Einrichtungen tatsächlich zu einer nicht planbaren Kostensteigerung geführt hat. Wenn dieses schon nicht planbar ist, wie soll dann eine degressive Mitfinanzierung durch das Land überhaupt finanzielle Sicherheit in den Einrichtungen geben.

Nach Auffassung der PDS-Fraktion ist genau diese degressive Finanzbeteiligung des Landes zu hinterfragen. Auch in diesem Zusammenhang sind die Bestimmungen zum Überprüfungszeitraum unbedingt zu hinterfragen, nämlich dieser Überprüfungszeitraum, wie sich die Kostenbelastungen der Kommunen entwickelt haben und dieses sollte geändert werden. Aber nicht, indem der Zeitraum um ein weiteres Jahr verlängert wird, wie im Gesetz zu entdecken ist, sondern mindestens der jetzige Überprüfungszeitraum sollte beibehalten werden, obwohl der bereits von den kommunalen Spitzenverbänden vor der Verabschiedung der Kommunalisierung der Sozialhilfe vor eineinhalb Jahren auch schon kritisiert wurde. Da war gefordert, dass wir wenigstens die erste Überprüfung auf den Juni 2006 festlegen. Wir als PDS-Fraktion gehen davon aus, dass die Regelung in § 6 tatsächlich auch ein Schwerpunkt bei der Anhörung sein wird. Ebenso kritisch ist für die PDSFraktion, dass die Landesregierung - und da nehme ich noch einmal Bezug auf unsere im letzten Plenum geführte Debatte - die Möglichkeiten der landesrechtlichen Ausgestaltung nach Sozialgesetzbuch XII gar nicht wahrnimmt. So wäre es für uns wichtig, dass der § 9, er heißt "Festsetzung der Regelsätze", also das, was zugrunde gelegt wird, wie viel der Einzelne an Sozialhilfe erhält, so modifiziert wird, dass die Spielräume, die in § 28 im Sozialgesetzbuch XII ste

hen, nämlich zugunsten der Sozialhilfebedürftigen tatsächlich eingearbeitet und ausgenutzt wird. Der § 28 im Sozialgesetzbuch XII ist so zu interpretieren, dass heute schon die Sozialhilfe Ost und West gleich sein könnte. Dort steht nämlich nicht, dass ein Abstandsgebot von 14     es darf nicht größer als 14     eine untere Ebene eingezogen. Es wäre möglich, heute an dieser Stelle und bei 331  "-  doch eine ganz schöne Summe, die auch der Sozialhilfeempfänger tatsächlich merkt. Zu hinterfragen wäre auch die Formulierung, dass die Landesregierung die Regel festsetzt und dem Bestimmtheitsgebot diese dann noch entsprechend, so wie es jetzt im Gesetzentwurf formuliert ist. Ich möchte daran erinnern, dass im bisherigen Ausführungsgesetz zum Bundessozialhilfegesetz die zu beteiligenden Ministerien genannt wurden. Nach der schon vor einiger Zeit erfolgten Kommunalisierung der Sozialhilfe in Thüringen, die nun verstärkt fortgesetzt wird, wäre es auch nach Artikel 91 Abs. 4 der Verfassung angezeigt, die Rechtsverordnungen zur Festsetzung der Regelsätze im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden festzuschreiben. Der Kommunalisierungsprozess ist zu Ende. Bisher standen dort die zu beteiligenden Ministerien. Wenn aber Artikel 91 Abs. 4 der Thüringer Landesverfassung kommunale Spitzenverbände zwingend in der Beteiligung vorschreibt, warum sollte das Land dann nicht, wenn es schon ein gesamtes Sozialleistungsrecht auf die Kommunen in der Verantwortung überschreibt, auch bei dieser Rechtsverordnung kommunale Spitzenverbände beteiligen. Dieses wäre zumindest im Sozialausschuss zu diskutieren.

Zur Problemlage von Menschen mit Behinderungen, die ebenfalls ganz konkret durch das neue Sozialgesetzbuch XII berührt sind, ist im Ausführungsgesetz der Landesregierung nichts geregelt. Nun könnte jemand auf die Idee kommen, das kann ja in anderen Ausführungsgesetzen gemacht werden. Zumindest ist es gegenwärtig eine nicht hinnehmbare Lücke. Das heißt, es muss an dieser Stelle nachgebessert werden.

Die Frage, warum der Sozialbeirat, der in § 13 des Gesetzentwurfs geregelt wird, eine Amtsdauer von vier Jahren haben soll und nicht an die Dauer der Legislaturperiode gekoppelt wird, stellen wir erneut. Das ist unlogisch.

Der Ausschuss wird auch über die Sinnhaftigkeit, Ausgestaltung und Reichweite der im Gesetz angedachten bzw. aus dem Sozialgesetzbuch XII abgeleiteten Rechtsverordnungsermächtigungen zu reden haben und auch, wann, welche Rechtsverordnung der Kommunalebene zur Verfügung steht. Hier könnten dieselben Sätze, die Kollegin Taubert in Bezug auf das SGB II gesagt hat, auf das SGB XII

übertragen werden, wer, wann, wo wird Rechtsklarheit haben in der Umsetzung hier als Besonderheit, wenn die kommunalen Spitzenverbände noch nicht einmal vollständig angehört wurden.

Namens meiner Fraktion, meine Damen und Herren, beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs federführend an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und mitberatend an den Innenausschuss, weil wir glauben, der Innenausschuss muss auch die kommunalen Spitzenverbände stärken in ihren Beteiligungsrechten, dann, wenn es um kommunale Aufgaben geht. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Bevor ich Frau Abgeordneten Zitzmann, CDU-Fraktion, das Wort erteile, frage ich nach, ob es Übereinstimmung gibt, dass wir diesen Punkt noch vor der Fragestunde abarbeiten. Dem ist so. Frau Abgeordnete Zitzmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Sie hatten den Gesetzentwurf der Landesregierung "Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und zur Änderung anderer sozialrechtlicher Vorschriften" vor sich liegen. Durch Minister Dr. Zeh wurde ausführlichst darauf hingewiesen, warum hier der Thüringer Landtag verpflichtet ist, neue Ausführungsgesetze zu erlassen. Ich möchte trotzdem noch einmal wiederholen, dass durch das neue SGB XII ab dem 01.01.2005 das bisherige BSHG sowie das bisherige Ausführungsgesetz zum BSHG entfällt. Ebenso aufgehoben wurde das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und in das neue SGB XII eingeordnet. Probleme und Regelungsbedürfnisse wurden durch meine Vorredner und auch durch den Minister vorgetragen. Lösungswege sind aufgezeigt und Alternativen beschrieben in der uns vorliegenden Drucksache 4/314. Für meine Fraktion beantrage ich, die vorliegende Drucksache an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu überweisen. Wir haben im Ausschuss z.B. die Übertragung von Aufgaben an kreisfreie Städte und Landkreise, die anstehenden redaktionellen Änderungen bzw. die Anpassungen an das bisherige Landesrecht zu diskutieren. Zu diskutieren ist ebenfalls eine sich hoffentlich positiv auswirkende Entbürokratisierung. Die Diskussionsinhalte sind selbstverständlich nicht vollzählig von mir angesprochen. Die CDU-Fraktion wird auch, wie Frau Abgeordnete Thierbach schon vor mir gesagt hat, eine Anhörung beantragen, nämlich der Spitzenverbände. Das ist dringend notwendig und wünschenswert. Ich

freue mich, wie Sie, Herr Abgeordneter Pilger, hier schon kundgetan haben, auf eine hoffentlich konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss, denn ich gehe davon aus, dass es Ihnen wie mir um die Sache geht und nicht, wer ist hier der Beste in Polemik und Emotion.

(Beifall bei der CDU)

Danke. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Herr Minister Dr. Zeh. bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nicht auf alle Punkte hier eingehen, die angesprochen worden sind. Wir haben ja im Ausschuss noch Gelegenheit, über das eine oder andere zu reden. Nur einige wenige Punkte: Herr Kollege Pilger, die Verbandslösung, die Sie noch mal ins Gespräch gebracht hatten, haben seinerzeit die kommunalen Spitzenverbände nicht gewollt. Wir waren der Sache offen gegenüber, wir haben es einfach besprochen, aber die kommunalen Spitzenverbände haben hier an dieser Stelle große Bedenken gehabt. Im Übrigen gibt es auch solche kommunalen Verbandslösungen, die bereits insolvent gegangen sind. Also, es ist eine nicht ganz klare Situation und insofern haben wir den anderen Weg gewählt.

Der zweite Vorwurf, es wäre die Begründung offenbar nicht mit dem Text übereinstimmend. Hier muss ich eindeutig sagen, natürlich, in der Begründung heißt es: Die Regelungen des ehemaligen Paragraphen sind unverändert übernommen. Es bedeutet aber noch nicht, dass Paragraph für Paragraph übernommen wird, sondern es geht um den Inhalt, um die Regelungsmaterie und die ist natürlich aufgenommen worden in der gleichen Form. Hier sollten wir einfach noch einmal nachlesen, dass da nichts weggefallen ist. Aber es ist natürlich nicht so, dass die Begründung aus dem Ganzen herausfällt.

Frau Thierbach, Sie sprachen von der degressiven Gestaltung. Wir haben eine degressive Gestaltung der Steigerungsraten. Das Land beteiligt sich natürlich an den Steigerungsraten, aber dies ist degressiv gestaltet. Das muss man natürlich dazusagen, Frau Thierbach. Wir geben zusätzlich nicht nur die Leistungen des überörtlichen Trägers, sondern wir sind auch beteiligt an den Steigerungsraten des örtlichen Trägers. Damit ist ein Ausgleich geschaffen. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das hier in der Debatte nicht untergeht. Im Übrigen, die Regelsatzverordnung richtet sich nach den Bestimmun

gen des SGB XII und selbstverständlich werden die kommunalen Spitzenverbände in ganz normalen Verordnungsgebungsverfahren angehört und damit auch beteiligt. Das ist überhaupt keine Frage, weil Sie angemahnt haben, das müsse dann so in dem Gesetz drinstehen. Aber das richtet sich nach den üblichen Verordnungsgebungsverfahren und da werden die Kommunen selbstverständlich beteiligt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. Damit beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung. Es ist beantragt Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Innenausschuss. Wer für die Überweisung an den Ausschuss Soziales, Familie und Gesundheit ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist diese Ausschussüberweisung mit Mehrheit abgelehnt worden. Der Gesetzentwurf ist ausschließlich an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen und wir brauchen auch nicht über die Federführung abzustimmen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 30

Fragestunde

Ich rufe auf die Mündliche Anfrage in Drucksache 4/220 des Abgeordneten Fiedler, CDU-Fraktion. Herr Fiedler, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Erneuter Brand im Getreidesilo in Niederpöllnitz

Im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) war zu hören, dass es in einem Getreidesilo in Niederpöllnitz zu einem Brand gekommen sei. Vor dem Hintergrund, dass es in der Örtlichkeit im letzten Jahr bereits einen Brand gegeben hat, anlässlich dessen der Tod zweier Feuerwehrkameraden zu beklagen war, bedarf es einer umgehenden Aufklärung, wie es zu dem Ereignis kommen konnte.