Herr Wehner, es zeugt doch von Verantwortungsbewusstsein, wenn wir in Beschlüssen festhalten, dass wir im Bereich der Insolvenz, wenn also eine Wohnungsgesellschaft sich in einem insolvenzkritischen Zustand befindet, in irgeneiner Art und Weise reagieren müssen, denn die Alternative wäre die Insolvenz und es wäre so, wie jetzt in Blankenhain, dass dann der gesamte Wohnungsbestand durch eine Bank aufgekauft wird. Das wollen wir in jedem Fall verhindern. In einer solchen Situation, aber nur in einer solchen Situation, sind wir zumindest für die Prüfung der unterschiedlichen Modelle der Veräußerung. Veräußerung heißt nicht unbedingt, Veräußerung an einen Privatinvestor. Auch hier wieder Blankenhain als Beispiel, dort ist die Veräußerung an die kommunale Wohnungsgesellschaft in Jena erfolgt, was den kommunalen Wohnungsbestand betrifft - das halten wir für zulässig -, während wir die Veräußerung der Genossenschaft in Blankenhain, die in Insolvenz war, an einen privaten Investor durchaus kritisch sehen.
Eine letzte Bemerkung: Herr Wehner, wenn Sie vom „toten Kapital“ im Bereich der Immobilien sprechen, dann mag das vielleicht in einem Wirtschaftsunternehmen zutreffen. Aber Sie wissen, insbesondere
bei der Thüringer Wohnungswirtschaft, sowohl bei den kommunalen Gesellschaften als auch bei den Genossenschaften,
handelt es sich nicht um totes Kapital, sondern dort sind die Immobilien die einzige Sicherheit, die die Unternehmen aufbringen konnten, um überhaupt am Kapitalmarkt das notwendige Geld zu akquirieren, um Modernisierungen, Instandsetzungen und dergleichen zu realisieren. Im Übrigen sind sie auch gebundenes Kapital für die Altschulden. Das war eine politische Entscheidung, diese Altschulden. Insofern ist die Wohnungswirtschaft gar nicht in der Lage, so einfach aus diesem angeblich toten Kapital oder Anlagekapital Finanzkapital zu entwickeln, weil entschieden werden muss, was wird mit den entsprechenden Belastungen, die sich auf diesen Immobilien befinden. Im Regelfall, wissen sie, ist dort die Belastungsgrenze bei Weitem schon erreicht, manchmal sogar schon überschritten. Das merken Wohnungsgesellschaften insbesondere dann, wenn es um Umschuldungen geht, dass dann die Banken sagen, die eigentlich belastete Immobilie ist nicht mehr werthaltig genug, auch aufgrund der Gesamtsituation in der Wohnungswirtschaft, und deshalb zusätzliche Sicherheiten fordern, die meistens die Kommunen geben sollen als Gesellschafter. Das stößt natürlich auch auf Grenzen, denn so einfach kann eine Kommune Sicherheiten für die eigene kommunale Wohnungsgesellschaft nicht übernehmen, denn das muss der Leistungsfähigkeit entsprechen.
Insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir davon überzeugt, dass unser Antrag sehr verantwortungsbewusst formuliert ist, dass er weitere Gefahren von der Thüringer Wohnungswirtschaft abhält, aber gleichzeitig darauf zielt, die Thüringer Wohnungswirtschaft zu stärken durch einzelne Maßnahmen. Ich kann Sie deshalb nur um Zustimmung bitten. Danke.
Es haben sich noch mal zu Wort gemeldet Abgeordneter Wehner und Abgeordnete Doht; in dieser Reihenfolge erteile ich das Wort. Abgeordneter Wehner, bitte.
Ich habe vom „toten Kapital“ gesprochen im Bereich nicht der Wohnungsunternehmen und schon gar nicht der Wohnungsunternehmen in Ostdeutschland. Ich habe da in dem Zusammenhang über die Schaffung von Arbeitsplätzen gesprochen, dass man dieses Kapital in die Forschung und Entwicklung neuer Produkte stecken kann. Welches neue Produkt soll denn bitte schön eine Wohnungsgesellschaft im Osten entwickeln und auf welchem Gebiet soll sie forschen? Aber das ist wie immer bei Ihnen, Sie drehen sich das Zeug so, wie Sie das brauchen. Sie lügen,
das behaupte ich an dieser Stelle. Sie verdrehen Aussagen ganz bewusst, die hier gemacht wurden. Man kann das im Protokoll nachlesen, was ich gesagt habe. Das, was Sie hier behauptet haben, habe ich auf jeden Fall nicht gesagt.
Zum Thema „Dresden“ noch einmal ein Gedanke: Es war keine Gesellschaft, die in Notlage war. Da haben Ihre PDS-Stadträte aber auch den Arm gehoben und da ist das eben auch wieder so, wer da als erster auf diesem Markt ist, der wird den größten Gewinn erzielen an der Stelle, da werden die höchsten Preise gezahlt werden. Da war das bei Ihren Genossen in Dresden zumindest auch scheißegal, welche Beschlusslage Sie auf irgendwelchen Tagungen Ihres Zentralkomitees - oder wie der ganze Kram dort heißt -,
Herr Abgeordneter Wehner, dieses „lügen“ habe ich noch durchgehen lassen, aber für „scheißegal“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
Ich entschuldige mich für „scheißegal“ und nehme das „scheiß“ zurück, aber egal ist es Ihnen trotzdem. Dann noch einmal: Wie läuft es denn in der Praxis, auch am Beispiel Dresden? Es ist doch eigentlich wurscht, an wen die verkaufen an der Stelle, denn spätestens dieser Käufer dieser Immobilien kann doch mit seinem Eigentum nun tun und lassen, was er will. Ich sage Ihnen noch einmal, auch dieser hat
heute schon die Möglichkeit, das in einen ausländischen REIT einzubringen und damit an dieser Stelle denselben Effekt zu erzielen, den Sie eigentlich durch dieses Gesetz, das in Deutschland nun nicht kommen soll, für die deutschen REITs verhindern wollen. Das ist doch doppelzüngig und so ist Ihre ganze Politik.
Ich werde an dieser Stelle auch - und das sage ich ganz bewusst - den Prozess in meiner Heimatstadt schon aufmerksam beobachten. Da sitzt die Kollegin Leukefeld im Aufsichtsrat dieses Unternehmens. Mal sehen, wie sie sich verhält!
Über den Verkauf von kommunalen Wohnungen in Suhl werden wir vielleicht auch einmal reden müssen. Ich weiß das jetzt nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Aber dann bin ich auch ganz stark auf ihr Votum gespannt, wie sie das dann in der Öffentlichkeit darstellen will. Ich kann doch nicht auf der einen Seite sagen, das ist alles Teufelszeug, und auf der anderen Seite, wenn ich selber in der Verantwortung bin, das dann trotzdem durchziehen. Das ist das, was ich Ihnen an dieser Stelle vorwerfe.
(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Sie kennen das Abstimmungs- verhalten von Frau Leukefeld schon?)
In Dresden haben diese Abstimmungen schon stattgefunden, Herr Buse. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal zu dem Modell „REIT“ eine grundsätzliche Bemerkung machen, wenn hier schon von Steuerausfällen geredet wird. Welchen Steuereffekt hätten wir denn, wenn die REITs nicht kommen würden? Was geht uns eigentlich verloren? Wir sagen: Die REITs müssen keine Gewerbesteuer zahlen, sie müssen keine Körperschaftssteuer zahlen. Ja, aber wenn wir sie nicht einrichten, dann zahlen sie doch auch keine Gewerbesteuern, keine Körperschaftsteuern, dann gibt es sie doch schlicht nicht. Das heißt also, das, was ich gemeint habe, und das bezieht sich - noch mal - in erster Linie nicht auf die ostdeutschen Wohnungsunternehmen, sondern auf Immobilien, die im Unternehmensbereich als totes Kapital bei vielen Firmen in diesem Land vorhanden sind. In diesem Bereich wird doch dieses Kapital nur gehoben werden, wenn es durch diese Exit Tax
die Möglichkeit gibt, relativ günstig dieses Kapital überhaupt zu heben. Welche Effekte das zum Schluss hat, das wird die Entwicklung erst einmal zeigen. Wir wissen doch auch noch gar nicht, wie viele Unternehmen überhaupt davon Gebrauch machen, ihr Immobilienkapital beispielsweise zu verkaufen. Das sind doch individuelle Entscheidungen von Menschen, von Unternehmen an dieser Stelle, ob ein Verkauf stattfindet oder nicht. Wenn sie der Meinung wären, diese Unternehmen, das wäre alles Teufelszeug, dann würden die doch ihre Immobilien nie verkaufen, sondern würden sie im Eigentum behalten. Als Letztes möchte ich Ihnen noch mal sagen, weil Sie auch über den Wohnungsmarkt im Osten und Stadtentwicklung hier gesprochen haben, es sind alles sicherlich ganz dringende und wichtige Probleme, aber ein Großteil dieser Probleme ist auf die Zeit zurückzuführen, in der Sie politische Verantwortung getragen haben.
Dass sich Menschen heute entscheiden, in Eigentum beispielsweise zu gehen, und ihre schönen Plattenbausiedlungen verlassen wollen - das ist übrigens der beste Schutz vor hohen Mieten, Eigentum selbst zu erwerben - das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Das sind individuelle Entscheidungen von Menschen, die wir auch nur in geringem Maße beeinflussen können.
Herr Wehner, ich frage Sie, was ist Ihnen wichtiger: Deutschland als Finanzstandort oder Deutschland als Wohnstandort?
Das ist beides doch überhaupt kein Widerspruch in sich. Deutschland muss ein attraktiver Wohnstandort
und Deutschland muss auch ein attraktiver Finanzstandort sein. Nur in einem Land, wo die Wirtschaft auch funktioniert - und das sehen wir doch gerade gegenwärtig - können Menschen Einkommen erzielen, damit können sie Mieten zahlen und damit können sie sich attraktiven Wohnraum leisten. Wenn die ganze Wirtschaft nicht funktioniert, dann gibt es die sozialen Probleme, die Sie heute auch schon bei anderen Tagesordnungspunkten mehrfach besprochen haben. Vielen Dank.
Herr Kuschel, wenn ich Ihren Ausführungen zu den REITs vorhin gelauscht habe, dann habe ich wirklich den Eindruck, es wäre Ihnen lieber gewesen, wir würden heute über die ursprüngliche Fassung dieses Gesetzentwurfs, so wie es nämlich im Referentenentwurf stand, dass die Wohnimmobilien auch überführt werden konnten in diese Aktienanteile, reden. Da sind Sie wahrscheinlich mit den von Ihnen genannten CDU- und CSU-Abgeordneten auf einer Strecke, allerdings mit einem anderen Hintergrund, Sie könnten dann hier noch besser die Ängste der Mieter schüren. Ich muss das einmal hier so sagen, ich gehöre sonst nicht zu denen, die das der PDS immer vorwerfen, aber nach dieser Rede, wenn Sie dann sogar so weit gehen und sagen, da könnte ja jetzt jemand kommen und klagen, nur weil die Wohnbestandsimmobilien bis zum 30.06.2006 herausgenommen sind, wäre das Gesetz anfechtbar. Also, wir kennen so viele Gesetze auf dem Wohn- und Immobiliensektor, die nur für einen bestimmten Bestand gelten, zum Beispiel auch die von Ihnen geforderte Verlängerung der Aussetzung der Grunderwerbsteuer für Fusionen von Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern, dann muss ich schon sagen, versuchen Sie hier ganz einfach Ängste zu schüren. Ich sage es hier noch einmal sehr deutlich, es ist das große Verdienst der SPD in dieser Koalition, dass die Wohnbestandsimmobilien bis zum 30.06.2006 herausgenommen worden sind, und damit sind fast 100 Prozent aller Mieter vor dieser Form des Anlagemodells geschützt. Deswegen brauchen wir hier nicht weiter über diese Möglichkeiten zu reden. Ich hatte es vorhin schon gesagt, geschützt sind sie trotzdem nicht vor anderen kommunalen Wohnungsverkäufen, siehe Dresden. Ich möchte Dresden hier nicht mit Erfurt vergleichen, denn es ist schon ein Unterschied, wer der Käufer ist. Lassen Sie uns jetzt abwarten, wie der Gesetzentwurf am Ende wirklich verabschiedet wird. Ich habe die große Hoffnung, dass es dabei bleibt, dass Bestandswohn
immobilien herausgenommen werden und dann braucht kein Mieter zu fürchten, dass jemand kommt und seine Miete erhöht.
Nein. Dann hat sich das auch erledigt. Es gibt eine weitere Wortmeldung der Abgeordneten Leukefeld, Linkspartei.PDS-Fraktion.
Zuerst, Frau Doht, dass die Bestandsimmobilien herausgekommen sind, ist ein Verdienst und das muss man auch würdigen und anerkennen.