Ich möchte aber nochmals in aller Deutlichkeit den Standpunkt unserer Fraktion zum Ausdruck bringen, denn Sie haben es bis jetzt wahrscheinlich immer noch nicht so richtig begriffen. In Artikel 2 § 7 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes soll laut Gesetzentwurf das Wort „sollen“ durch das Wort „können“ ersetzt werden, um es den betroffenen Gemeinden freizustellen, ob sie eine Satzung erlassen oder anwenden wollen. Dies würde zu einer nicht vertretbaren Ungleichbehandlung derjenigen Bürger führen, die bereits Straßenausbaubeiträge gezahlt haben und widerspricht dem
staats Thüringen. Dies betrifft die Mehrheit der Bürger in den Gemeinden, denn wir haben 650 Gemeinden, die Straßenausbausatzungen beschlossen und diese auch schon erhoben haben. Es betrifft die Mehrheit der Bürger!
Herr Kuschel, Sie verweisen auch hier auf die Regelungen der Wasserbeiträge. Ich sage es Ihnen noch einmal, bei den Wasserbeiträgen, da gibt es auch Wassergebühren, und wir konnten dieses auf die Gebühren umlegen, aber bei den Straßenausbaubeiträgen geht das nicht, weil man keine andere Art der Erhebung hat. Es geht einfach nicht. Vielleicht auch noch dies: Es betrifft nicht nur die Straßen, Sie haben immer von Straßen gesprochen, auf denen Autos fahren, es betrifft den Gehweg und es betrifft die Straßenbeleuchtung, durch die die Bürger auch ihre Vorteile haben.
Eine Straßenausbausatzung soll laut Ihres Gesetzentwurfs nur dann erhoben werden können, wenn zuvor eine rechtsgültige Ausbausatzung vom Gemeinderat beschlossen wird und damit sollten die rückwirkenden Erhebungen von Straßenausbaubeiträgen eingeschränkt werden. Zur Begründung bringen Sie das Ausbaubeitragsrecht des Landes Berlin. Abgesehen davon, dass eine solche Satzung erst dann beschlossen werden sollte nach Ihrem Gesetz, wenn der Aufwand der Maßnahmen in Euro und Cent angegeben werden kann, will ich es Ihnen gern noch einmal wiederholen: Die zitierte Berliner Regelung ist auf Thüringen nicht anwendbar, da in Thüringen ein gültiges Gesetz seit 1991 existiert. Die Senatsverwaltung in Berlin schließt eine rückwirkende Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nur vor Inkrafttreten des dortigen Gesetzes aus. Es bezieht sich nicht auf den Erlass von Satzungen, so wie es in Thüringen gültige Rechtspraxis ist. In Thüringen gibt es aber seit 1991 ein geltendes Kommunalabgabengesetz. Die Kommunen wurden mehrmals auf ihre Beitragspflicht hingewiesen. Es konnte deshalb seit 1991 in den betroffenen Gemeinden niemand darauf vertrauen, dass wegen Fehlens einer Beitragssatzung keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden. Herr Kuschel, ich habe jetzt auch einen Redebeitrag gefunden, dass Sie der Landesregierung unterstellen, die Bürger zu täuschen, wenn sie sagen, sie müssen nach dem Gerichtsbeschluss handeln, und dass somit der Rechtsstaat gefährdet sei. Herr Kuschel, es ist der umgekehrte Fall. Wenn Sie es auch noch nicht begriffen haben, vielleicht haben Sie es immer noch nicht aus DDR-Zeiten so wahrgenommen, dass wir jetzt eine Demokratie in Deutschland haben und dass wir drei Ebenen haben.
Wir haben eine Legislative, wir haben eine Exekutive und wir haben eine Judikative. Auch die Exekutive hat sich an Gerichtsbeschlüsse der dritten Gewalt zu halten. Vielleicht müssen Sie noch mal in Staatsrecht Nachhilfeunterricht haben, ich weiß es nicht.
Meine Damen und Herren, ca. 650 Kommunen haben eine Straßenausbausatzung erlassen. 100 haben bis zum heutigen Tag dies noch nicht getan, obwohl sie ausbaubeitragsfähige Maßnahmen haben. Mit dem Gesetzentwurf, den Sie uns hier vorgelegt haben, entsteht Ungleichbehandlung. Aber nach dem Willen der Linkspartei.PDS durch eine Änderung in § 21 wollen Sie das Thüringer KAG noch weiter verwischen. Durch die Änderungen sollen Gemeinden dazu ermächtigt werden, rückwirkend erhobene Straßenausbaubeiträge zurückzuerstatten, wenn dadurch die dauernde Leistungsfähigkeit nicht gefährdet wird. Nun, meine Damen und Herren, stelle man sich das in der Praxis vor. Viele von Ihnen sind oder waren noch - wie ich selbst - in der Kommunalpolitik tätig und werden mir sicher in einigem recht geben. Landesweit in ca. 650 Gemeinden, davon bin ich überzeugt, wird es mit diesem Gesetz postwendend Rückforderungsansprüche geben. Das wäre eine organisierte Katastrophe, aber das bezwecken Sie ja mit Ihrem Gesetz. Es tut mir leid.
Ich habe da noch verschiedene Fragen. Wie weist man die dauernde Leistungsfähigkeit nach? Sie haben es vorhin gesagt. Es gibt eine gültige Regelung bei Kreditaufnahme. Das ist richtig. Aber reicht das aus? Was ist, wenn die Situation sich in den Folgejahren ändert? Ich kann Ihnen genügend Beispiele nennen: Den Gemeinden geht es sehr gut, die bekommen hohe Gewerbesteuereinnahmen, der Betrieb geht krachen, die Gewerbesteuereinnahme muss sogar zurückgezahlt werden, die Gemeinde hat eine Investition angefangen, die Kreisumlage erhöht sich noch durch die vorherigen Steuereinnahmen - und puff, der Verwaltungshaushalt geht nicht mehr zu. Dafür gibt es mehr als genügend Beispiele, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Wo gehen sie hin? Liebes Land gib uns Geld, hilf uns weiter, wir gehen unter. Das sind so die Situationen der Leistungsfähigkeit.
Dann muss ich weiterfragen: Kann die Gemeinde, wenn sie dann in dieser Situation steht, die an die Bürger zurückgezahlten Beiträge ihrerseits wieder
zurückfordern? Was machen wir dann? Oder noch ein Beispiel: Bürger A und Bürger B haben in verschiedenen Gemeinden unter vergleichbaren Voraussetzungen im gleichen Jahr Beiträge bezahlt. Die Finanzsituation der Gemeinde A verbessert sich, für die Gemeinde B ist im Jahr 2007 die dauernde Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben, z.B. durch so ein Beispiel. Bürger A erhält sein Geld zurück, Bürger B nicht. Wenn das Ihrer Meinung über den Gleichheitsgrundsatz entspricht, tut es mir leid. Sie gefährden den sozialen Frieden in Thüringen.
doch, doch, ich sage es Ihnen noch einmal - angeführt wird, dass für rückwirkende Beitragserhebungen die erforderlichen Unterlagen in den Gemeinden nicht mehr vollständig vorhanden sein können, da muss ich Sie aber auch fragen: Was passiert, wenn die Unterlagen für die Beitragserhebung nach den gesetzlich vorgesehenen Fristen schon vernichtet wurden? Wie erfolgt dann die Rückzahlung? Wie steht es mit dem Einnahmegrundsatz in Thüringen und überhaupt in der ThürKO? Den möchten Sie nicht verändern, aber es steht drin. Da werde ich nun einmal auch etwas populistisch. Das Geld, das die Gemeinden über Beiträge eingenommen haben, haben sie, glaube ich, nicht für sich, für irgendwelche Privatpersonen verwendet, sondern es ist den Bürgern und diesen Bürgern, in deren Straßen gebaut wurde, zugute gekommen. Ich sagte es vorhin schon einmal, die Straßen werden nicht komplett durch Straßenausbaubeiträge bezahlt, das wissen Sie genau, dass es nur bestimmte Prozentsätze gibt, aber es gibt auch Bürgersteige und es gibt auch Straßenbeleuchtung. Das wird immer verschwiegen. Es wird hier immer nur von Autos geredet, die über Straßen fahren, ich kenne viele Bürger, die Straßenausbaubeiträge zahlen mussten, weil sie an Landesstraßen liegen, nur für Straßenbeleuchtung und Bürgersteige und dort auch prozentual.
(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Bei mir gibts nicht einmal einen Bürgersteig.)
Fragen über Fragen, die einfach mit dem vorliegenden Gesetzentwurf aus CDU-Sicht nicht beantwortet sind. Die derzeitige Regelung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes halten wir im Moment für
sinnvoll und bedürfen im Moment keiner Änderung, zumindest nicht der, die Sie vorgetragen haben. Wir lehnen grundsätzlich diesen Gesetzentwurf ab.
Vielleicht noch einen kurzen Hinweis auf das Gerichtsurteil, Herr Kuschel, das Sie hier fast fünfminütig kommentiert haben. Ich weiß nicht, ob Sie dort irgendwo Mikrofone installiert haben oder was, dass Sie dieses Gerichtsurteil schon so kennen.
Wir kennen es nicht. Wir erlauben uns heute keine Beurteilung über dieses Urteil, bis wir nicht die Begründung haben. Aber ich kann Ihnen eines versichern, wir werden Ihren Gesetzentwurf hier nicht weiterberaten, aber wir werden uns auch die Begründung dieses Urteils gründlich anschauen und beurteilen. Bloß eines dürfen wir natürlich nicht vergessen, dieses Urteil stellt auf sächsisches Recht und nicht auf Thüringer Recht ab.
Frau Taubert, vielleicht noch zu Ihnen, Sie haben es ja auch angebracht, aber es ist sinnlos, darauf zu antworten - die individuelle Behandlung von Satzungsgebungsrecht bei Gemeinden. Das ist natürlich notwendig. Wir können nicht jede Gemeinde über einen Kamm scheren und sagen, die Situation in den Gemeinden A, B, C ist gleich. Aber, ich denke, das Innenministerium hat hier schon gehandelt, wir haben eine Arbeitsgemeinschaft im Landesverwaltungsamt. Ich selbst habe aus vielen praktischen Beispielen erfahren, dass viele Gemeinden dort sehr gut beraten und Lösungen für diese Gemeinden gefunden wurden. Es sind oftmals auch nur förmliche Sachen, mit denen man nicht umgehen kann usw. usf. Ich weiß, die Gemeinden werden dort sehr gut beraten. Ich danke dem Innenministerium für die Einrichtung dieser Arbeitsgruppe und sage es jetzt noch einmal: Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. Danke.
Mir liegen jetzt keine weiteren Redemeldungen von Abgeordneten vor. Das Wort hat Innenminister Dr. Gasser.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich kann Frau Taubert weitgehend zustimmen, sie hat hier zu dem vorliegenden Gesetzentwurf der PDS zu Recht ausgeführt,
dass die PDS den Bürgern einen Bärendienst leistet und ihre eigenen Kollegen in den Kommunalparlamenten damit konterkariert, die selbst zu entscheiden haben - und das ist ein Kernpunkt „kommunale Selbstverwaltung“, Herr Kuschel -, wofür sie das Geld in der Gemeinde einsetzen, für Kultur, für Schule, für Kindergärten usw. Sie hat auch zu Recht bemerkt, dass Sie die Kommunen und die kommunalen Vertreter in größte Abwägungsnöte stürzen und letztlich die Gemeinden gegeneinander ausspielen, nämlich die armen und die reichen.
Frau Taubert hat mich aufgefordert - und das werden wir tun -, dieses Problem zu analysieren und dann auch zu lösen. Sie haben es etwas schärfer gefasst: Sie sehen mich in der Pflicht, dies zu machen. Ja, so ist es nicht ganz. Meine Vorgängerkollegen waren in der Pflicht, sie haben im Jahr 1991 ein Gesetz geschaffen, das hätte auch überall umgesetzt werden müssen; das ist aber leider nicht überall geschehen. Es sind einige dort gewesen, Bürgermeister etc., die - wie ich höre sogar mit einer gewissen Häme - ihre Kollegen, die sich rechtens verhalten haben und Beiträge erhoben haben, dann auch so verächtlich höhnisch behandelt haben: Wir haben diese Probleme nicht, ihr habt die Probleme, löst das doch anders. Das ist kein rechtsstaatliches Verhalten, das möchte ich ausdrücklich sagen. Aber - und da haben Sie vollkommen recht, Frau Taubert - ich sehe mich in der Pflicht, diese Probleme zu lösen. Wir haben vielfältige Dinge bereits auf den Weg gebracht, eine Arbeitsgruppe, da ist auch ein Bauingenieur dabei, der fachlich prüfen kann, was los ist mit einer Straße, ob das ein Grundausbau ist oder ob nur eine Teerdecke darüber gezogen worden ist etc. Ich denke, wir werden ca. 80 Prozent der Fälle in den Kommunen durchaus einer vernünftigen, sinnvollen und die Bürger nicht so belastenden Regelung zuführen können. Die anderen Fälle sind zum Teil komplizierter, auch da werden wir die Analyse durchführen und dann einen Vorschlag machen.
Herr Kuschel, zu Ihnen: Eigentlich wollte ich gar nichts mehr zu Ihnen sagen, weil es sich einfach nicht lohnt. Das waren Ausführungen einer „Seminarstunde“, Ihre Ausführungen hatten wieder einmal weder Hand noch Fuß.
Ich verweise daher auf meine Ausführungen zur ersten Lesung dieses Gesetzes im Januar 2007 und darf Sie bitten, die Seiten 75 ff. zu lesen, dann wissen Sie, worum es hier geht. Des Weiteren hatten Sie ausgeführt - und dazu muss ich vielleicht was sagen -, ich hätte eine Liste meiner Lieblingsfeinde oder eine Zeitung habe das berichtet, da würden Sie ganz oben stehen. Herr Kuschel, da irren Sie sich. Ich habe keine Liste von Lieblingsfeinden; es gibt
Aber Sie können davon ausgehen, dass ich eine solche Liste nicht kenne, nicht habe. Ich bin Christ, ich bin nicht Materialist oder etwas anderes in dieser Richtung.
Sie haben dann in Zweifel gestellt, dass wir in der Lage seien, Einzelfalllösungen zu schaffen. Das wollen wir auch gar nicht - wer kommt denn auf solch eine absurde Idee? Natürlich können wir nicht für jeden Eigentümer, für jede Straße, für jede Gemeinde etwas finden. Es gibt aber Gemeinden, die haben Abrechnungsgebiete und da erweisen sich gelegentlich Dinge so, dass man hier durchaus zu anderen Lösungen im Rahmen der gesetzlichen Regelungen kommen kann. Nur das zur Klarstellung.
Sie wollten von mir wissen, was wir denn jetzt machen, andeutungsweise vielleicht in welche Richtung wir gehen. Das sage ich Ihnen natürlich nicht, weil wir sorgfältigst arbeiten und Ihnen so etwas erst präsentieren, wenn wir das Problem gelöst haben. Im Übrigen wissen Sie ja, solange die Landesregierung arbeitet und solange sie in der Überlegungsphase ist, können Sie spekulieren, aber Sie haben keinen Anspruch darauf, dieses jetzt zu erfahren und das dann auch möglicherweise wieder durch Ihre Kampagnen zu stören. Nur zur Klarstellung.
Sie haben den Wasser- und Abwasserbereich nochmals versucht aufzuwärmen, offenbar aufgrund meiner Pressekonferenz, wo ich gesagt habe, wir haben die Probleme gelöst. Das ist Ihnen auch nicht gelungen, muss man sagen, weil es ein wirres Durcheinander war, was Sie angeführt haben. Eines habe ich mir gemerkt. Sie haben gesagt, es wird jetzt ausgewichen auf privatrechtliche Entgelte oder Baukostenzuschüsse in dieser Richtung. Das kommt gelegentlich schon einmal vor. Aber Sie dürfen nicht den Eindruck erwecken, als würden wir dagegen nichts unternehmen. Wir haben etwas dagegen unternommen z.B. bei dem Zweckverband Wasser und Abwasser Lobensteiner Oberland. Da ist dies bean
standet worden. Bei zwei weiteren Verbänden werden wir das beanstanden und bei einem dritten Verband ist es etwas atypisch. Aber auch dort kümmern wir uns darum, dass hier nicht rechtswidrigerweise umgestellt wird und die Wasser- und Abwasserbeiträge sozusagen dann wieder verrechnet werden und dem Bürger dann trotzdem in Rechnung gestellt werden. Das werden wir nicht hinnehmen, das werden wir nicht dulden. Aber Sie dürfen auch den Eindruck nicht erwecken. Es kann nämlich sein, dass man das erhebt, aber für die Zukunft, nach Umstellung, dann geht das, dann ist das durchaus möglich, für Neuanschlüsse zum Beispiel.
Des Weiteren hatten Sie gesagt, Sie würden anregen, dass diese Problematik der Straßenausbaubeiträge vielleicht auf dem Verwaltungsrichtertag erörtert wird. Ich kann mich ja mal vermittelnd einschalten und kann versuchen, dass Sie dort referieren dürfen, Herr Kuschel. Ich möchte mal erleben, was dann dort passiert. Das gibt ein homerisches Gelächter, denke ich mal.