Danke, Frau Kollegin Taubert. Die haben das dargestellt und das ist ja das, was ich so verurteile. dass man auf der einen Seite wissend das Ganze herbeiführt und dann stellt man sich hin, als ob man das wieder heilen könnte. Wir können es nicht heilen. Es wird uns auch noch viel Ärger bereiten, da gebe ich Ihnen recht. Deswegen begrüße ich noch mal ausdrücklich, dass jetzt die Einzelfallgespräche im Landesverwaltungsamt etc. geführt werden. Man muss hier Einzelfallprüfungen weiterführen, um zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen. Aber mit solchen populistischen Dingen, wie sie jetzt von Ihnen gefordert werden, wird es nichts.
Es liegen keine Wortmeldungen von Abgeordneten mehr vor. Für die Landesregierung hat das Wort Minister Dr. Gasser.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der vorliegende Gesetzentwurf der Linkspartei.PDS ist aus folgenden Gründen nach meiner Auffassung abzulehnen:
Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen vor, zukünftig die Beitragserhebungspflicht aufzugeben und eine Ermächtigung zur Rückzahlung von Ausbaubeiträgen einzuführen. Dies würde faktisch die Abschaffung der Möglichkeit der Kommunen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen bedeuten. Ein solcher Antrag ist mit Blick auf die Haushaltssituation der Gemeinden in Thüringen und auch unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit unverantwortlich. Darüber hinaus soll in Kommunen mit dem neuen Beitragstatbestand, dass vor Beginn der Ausbaumaßnahme die Straßenausbaubeitragssatzung vorliegen muss, unabhängig von ihrer Finanzlage das Recht beschnitten werden, bisherige Investitionen in diesem Bereich refinanzieren zu können. Dies wäre nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern würde mit Blick auf die Gemeinden, die sich ordnungsgemäß verhalten und Beiträge erhoben haben, gegen den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit verstoßen.
Der Antrag der Linkspartei.PDS, die Beitragserhebung in das Ermessen der Gemeinde zu stellen, ist auch nicht neu. Einen Antrag zur Änderung des Straßenausbaubeitragsrechts hat die Linkspartei.PDS bereits im Jahr 2005 nach dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 31. Mai 2005 gestellt. Dieser Antrag wurde vom Landtag schon einmal abgelehnt.
Während die Gemeinden nach dem damaligen Antrag der Linkspartei.PDS ihre dauernde Leistungsfähigkeit nachweisen mussten, um auf eine Beitragserhebung verzichten zu können, soll nunmehr ein Verzicht ohne Weiteres möglich sein. Auch eine solche Änderung ist abzulehnen. Bereits der Nachweis der dauernden Leistungsfähigkeit war kein ausreichender Maßstab, um auf Beitragserhebungen zu verzichten, weil sich die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune aufgrund von nicht vorhergesehenen und vorhersehbaren Umständen schnell ändern kann. Die Beitragserhebungspflicht ist aber nicht nur zur Sicherung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Thüringer Kommunen erforderlich, eine landesweit
möglichst gleichartige Behandlung der Grundstückseigentümer in allen Gemeinden dient auch der Beitragsgerechtigkeit. Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen beruht auf dem Prinzip des Vorteilsausgleichs. Danach soll der Steuerzahler nicht mit Kosten belastet werden, soweit diese durch Leistungen entstehen, der einem bestimmten Personenkreis Sondervorteile bietet. Dieses Prinzip von Leistungen und Gegenleistungen soll grundsätzlich von allen Gemeinden unabhängig von der Haushaltslage eingehalten werden. Durch die Schaffung eines Ermessenstatbestandes für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wurde die Finanzierung durchgeführter Straßenausbaumaßnahmen insoweit von den dadurch Begünstigten auf die Steuerzahler und damit auf die Allgemeinheit verlagert. Damit würde die Allgemeinheit zugunsten Weniger unzulässig belastet. Im Übrigen wurden in Thüringen seit 1991 erhebliche Investitionen im Straßenbereich durchgeführt. Zirca 650 Gemeinden haben dabei einen Teil der Kosten für diese Baumaßnahmen über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen finanziert. Nur in ca. 110 Gemeinden wurde bis heute keine Beitragssatzung erlassen, obwohl Ausbaumaßnahmen durchgeführt wurden. Unser Ziel ist es, dass mit diesen Gemeinden auf der Grundlage der bestehenden Gesetzeslage sachgerechte Lösungen gefunden werden und es besteht überhaupt kein Grund, hier von einer brisanten Situation zu sprechen, sondern man muss sich einfach die Fälle anschauen. Die meisten werden sich klären lassen, ohne dass die Bürger unzumutbar belastet werden.
Frau Taubert, Sie haben das sehr sachlich und richtig dargestellt. Sie haben an einem Punkt gesagt, aus Ihrer Sicht liege ein Mitverschulden der früheren Landesregierung vor. Das sehe ich nicht so. Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden seit 1992, dass die Pflicht besteht und die Gemeinden, jedenfalls eine Reihe von Gemeinden, haben einfach keine Satzung erlassen und sind dort nicht
tätig geworden. Das ist alles nachweisbar, dass das so war. Und dann kam diese Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, die niemand voraussehen konnte. Vielleicht hat der Abgeordnete Kuschel sie vorausgesehen oder provoziert, ich weiß es nicht, er hat jedenfalls großen Schaden für die Kommunen durch sein Handeln angerichtet und das sollten Sie sich auch einmal überlegen, Herr Kuschel. Sie agieren hier unberechenbar und oft unüberlegt. Sie haben vorhin von Erzwingungshaft gesprochen. Es sei eine Kriminalisierung, die Sie ablehnen würden. Es geht
hier um das Eintreiben einer Forderung, die ein Bürger schuldet, und er will nicht bezahlen. Dann ist zivilrechtlich das normalste Verfahren der Welt, dass dann die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung beantragt wird, und wenn er das auch nicht abgeben will - Sie können sich ja nachher noch einmal dazu äußern -, dann wird eben Erzwingungshaft angeordnet, wenn er es nicht erklärt, ob er was hat oder ob er nichts hat. So einfach ist die Welt. Das hat mit Kriminalisierung überhaupt nichts zu tun und ist rein zivilrechtlich.
Des Weiteren haben Sie hier wieder etwas erzählt, was nicht der Wahrheit entspricht. Es wäre ein Bürgermeister aus Dermbach zurückgekommen, der hätte mit mir ein Gespräch geführt und ich hätte ihm gesagt, er brauche keine Satzung. Das ist schlicht falsch, Herr Kuschel, schlicht und ergreifend falsch. Auf Ihre sonstigen Äußerungen will ich nicht eingehen. Es ist fast alles falsch, was Sie hier erzählen oder es ist unkorrekt, es ist falsch zitiert, es ist verschwommen zitiert - aber das ist Ihr persönliches Problem und damit müssen Sie sich selbst befassen. Glaubwürdiger macht es Sie jedenfalls nicht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich gelte sicher nicht als profunder Kenner der kommunalen Angelegenheiten, aber ich möchte einem Teil...
Nein, nein, nicht „danke, reicht, setzen“ - wir befinden uns in einem Parlament in einem freien Land und da bestimmt vielleicht die Präsidentin, wer sich mit Dank oder bedankt setzt. Was ich hier nicht unwidersprochen lassen darf, das ist die Art und Weise demokratiepolitischer Vorlesungen, die hier in diesem Saal teilweise unwidersprochen gegeben werden. Auf den Tribünen sitzen teilweise junge Leute, die den Eindruck bekommen müssen, dass hier im Lande mal nach Parteibuch, mal nach irgendwelchen Ämtern oder Ähnlichem regiert wird. Es gibt demokratische Prinzipien und die haben wir einzuhalten. Da muss ich ganz ehrlich sagen, Herr Fiedler, jetzt jenseits ganz persönlicher Aversionen: Sie stellen sich hier hin und werfen Herrn Kuschel vor, er sei schuld an den Bürgerprotesten. Es war Ihre Fraktion, die das
entsprechende Gesetz gemacht hat, das zu diesen Unzufriedenheiten und zu diesen Protesten der Bürgerinnen und Bürger geführt hat.
Aufgabe der Abgeordneten und des Parlaments, auch der Landesregierung müsste es sein, diese Proteste zu begreifen, aufzugreifen und darauf zu reagieren.
Das wäre die Aufgabe eines Parlaments und nicht, sich hinzustellen und zu behaupten, dass ein Einziger bewältigen kann, was Sie geschaffen haben.
Zweitens: Herr Fiedler, ich glaube, Sie gehen völlig fehl, wenn Sie sich hier vorn hinstellen und uns glauben oder andere zumindest irgendwie glauben machen wollen, man müsse dieses OVG-Urteil hinnehmen und jetzt einfach im Rahmen von Einzelentscheidungen weitermachen wie eigentlich bisher.
Entschuldigung, wir haben Gewaltenteilung und wenn wir als Gesetzgeber feststellen, dass ein Gesetz zu solchen OVG-Urteilen z.B. führt, dann haben wir staatsrechtlich die Möglichkeit und politisch nach meiner Auffassung auch die Pflicht, die Gesetzgebung zu ändern.
Das ist unsere ureigenste Aufgabe. Das ist die Hauptaufgabe eines Parlaments und erzählen Sie bitte nicht, dass die Hauptaufgabe eines Parlaments wäre, Einzelfallentscheidungen vertrauensvoll in die Hände eines Ministeriums zu legen. Entschuldigung!
Drittens: Frau Stauche, weil Sie gerade dazwischenrufen, es ist doch nicht wahr, dass es das Prinzip der Rückwirkung im deutschen Recht nicht gäbe.
Am Ende bitte. Natürlich hat dieses Prinzip seine Grenzen. Aber es ist nicht richtig, dass Sie sich hinstellen und sagen, Rückwirkung geht nicht. Unter bestimmten Voraussetzungen geht auch Rückwirkung.
Herr Minister, entschuldigen Sie, auch an Sie meine inständige Bitte: Weiten Sie Ihren Blick für die politische Wirklichkeit in diesem Lande.
Es ist doch nicht der Herr Kuschel, der den Schaden angerichtet hat, sondern die CDU-Mehrheit in diesem Landtag.
Herr Kollege Hahnemann, Sie haben ja sicher mitverfolgt, dass leider vor dem Verfassungsgerichtshof in Thüringen in letzter Zeit einige Urteile zuungunsten des Landes gefällt wurden. Ich frage Sie jetzt: Wenn sehr viele Fachleute sagen, dass in diesem speziellen Fall, wenn man das rückwirkend so machen würde, wir gegebenenfalls wieder vor dem Verfassungsgerichtshof scheitern, sollen wir deswegen sehenden Auges als Parlament so etwas beschließen?
Erstens, Herr Fiedler, tut es mir inständig leid, wenn das Land Thüringen permanent vor dem Verfassungsgericht zu Fall kommt, dann müsste sich der Gesetzgeber einmal überlegen, ob eventuell an seiner Gesetzgebung etwas falsch ist.
Zweitens, zu dem konkreten Fall: Herr Fiedler, ich weiß, dass man nicht einfach sagen kann, rückwirkend 20, 25 Jahre, fertig ist der Lack. Es gibt für Rückwirkung Schranken. Frau Stauche hat eine davon genannt - Gleichbehandlungsgrundsatz. Dann
muss geprüft werden, welche Hürden stehen und wie lassen sie sich gegebenenfalls überwinden oder nicht. Aber sich hinzustellen und zu sagen, es ist keine Rückwirkungsregelung möglich, das ist nicht wahr.