Protocol of the Session on January 25, 2007

Zu einem weiteren Problemkreis: Verlassen wir mal die Kreisebene und gehen auf die gemeindliche Ebene.

(Zwischenruf Abg. Schugens, CDU: Sind Sie bald fertig?)

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, Die Links- partei.PDS: Ortschaftsverfassung.)

Die kommt dann, Herr Hauboldt. Die ist dann unter der gemeindlichen Ebene, jetzt sind wir erst einmal

bei der gemeindlichen Ebene. Dort muss man sich mal fragen, weshalb es die CDU immer noch nicht für notwendig erachtet, sich mal mit dem Rechtsinstitut der Verwaltungsgemeinschaft zu beschäftigen. Wenn ich wirklich Politik aus Sicht des Bürgers mache - das wollen Sie ja -, werden Sie zur Feststellung gekommen sein, dass, wenn ich die Verwaltungsgemeinschaft in eine Einheitsgemeinde umwandle, sich für den Bürger überhaupt nichts ändert. Da gilt das, was Sie gesagt haben, Bürgernähe würde verschwinden, gilt nicht, weil die Verwaltung dann nach wie vor am gleichen Ort sitzt. Was auftritt, ist, dass die einzelnen Gemeinden nicht mehr selbst alle Aufgaben wahrnehmen, sondern eine Einheitsgemeinde das macht, aber der Vorteil ist, dass die Verwaltung von Doppel- und Mehrfacharbeiten entlastet wird. Wie ist die Tatsache? Nehmen wir mal die Verwaltungsgemeinschaft Ranis/Ziegenrück, typische Verwaltungsgemeinschaft, knapp über 5.000 Einwohner, 17 Gemeinden, 12 Beschäftigte. Die müssen 18 Haushalte erstellen, bewirtschaften, 17 Friedhofssatzungen, 17 Straßenausbaubeitragssatzungen - wenn sie alle eine haben, weiß ich jetzt nicht, ich habe das jetzt nicht im Blick, vielleicht sind es auch nur 12, ist aber egal -, Straßenreinigungssatzungen, Kindertagesstättensatzung, alles mehrfach. Sie muss Sitzungsdienst ableisten, das heißt, die Verwaltung kommt überhaupt nicht dazu, ihre eigentlichen Aufgaben zu erfüllen, sich nämlich um die Probleme der Menschen zu kümmern und die Region insgesamt zu entwickeln, weil der VG-Vorsitzende an jeder Gemeinderatssitzung teilnehmen muss, das Recht hat er, das haben Sie ins Gesetz geschrieben, wenn es geht noch an jeder Ausschuss-Sitzung, der Kerl kann mir nur leidtun. Also das wird nichts. Deswegen sagen wir, das wäre ein erster sinnvoller Schritt und für den Bürger - ich betone es noch mal - ändert sich nichts. Wir würden hier sofort leistungsfähigere Gemeinden schaffen. Aber ich habe ja einen Verdacht, meine Damen und Herren der CDU: Sie wollen keine leistungsfähigen Gemeinden, weil Sie dann einen Partner hätten, mit dem Sie nicht so leichtfertig umgehen können wie gegenwärtig. Jetzt können Sie machen „teile und herrsche“, die sind schön klein, das macht das Land stark, starke Kommunen würden vielleicht die Bedeutung des Landes etwas zurücknehmen. Wir haben hohes Vertrauen in die kommunale Ebene, deswegen haben wir nicht solche Bedenken wie Sie und wünschen uns starke Gemeinden.

Noch ein weiteres Rechtsinstitut auf der gemeindlichen und städtischen Ebene muss kritisch hinterfragt werden, ohne dass ich grundsätzlich in die Strukturen einsteige, das Rechtsinstitut der Großen kreisangehörigen Stadt. Davon haben wir sechs. In erster Linie ging es ja darum, dass sich ein paar Menschen Oberbürgermeister nennen können. Das haben die Sachsen besser geregelt. Auch darüber müssen Sie sich nur mal mit den Sachsen unterhalten. Da hat

eben jede Gemeinde über 10.000 Einwohner, da darf sich der Bürgermeister Oberbürgermeister nennen und da ist ja völlig egal, ob das kreisangehörige Stadt ist oder Große kreisangehörige Stadt ist. Aber Sie mit dem Rechtsinstitut der Großen kreisangehörigen Stadt sind dafür verantwortlich, dass in sechs Landkreisen Doppelstrukturen bestehen. Wir im Ilm-Kreis haben drei Gewerbeämter. Da muss der Gewerbetreibende erst mal schauen, wo er denn hin muss, eins in der Großen kreisangehörigen Stadt Ilmenau und zwei beim Landkreis, Standort Ilmenau, Standort Arnstadt. Da frage ich mich, wie sinnvoll ist denn so was, wenn jemand wirklich ein Gewerbe anmeldet und meint, es scheitert daran, 10 Minuten auf der Autobahn zum Gewerbeamt zu fahren, der soll es sein lassen, denn er muss als Gewerbetreibender ganz andere Mobilitätserfordernisse erfüllen, als einmal in die Kreisverwaltung zu rennen. Ähnlich geht es mit Bauanträgen. Im Übrigen haben wir mal geprüft, wie oft frequentiert denn ein Bürger in seinem Leben bestimmte Ämter. Bei den Bauämtern wurde das mal bundesweit ermittelt. Jeder Bundesbürger besucht in seinem Leben 1,1-mal die Bauverwaltung. Da sage ich mal, da dürften fünf Kilometer sicherlich keine Rolle spielen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb fordern wir Sie auf, haben Sie auch diesen Mut, auch das können Sie bereits jetzt realisieren, das Rechtsinstitut der Großen kreisangehörigen Stadt aufzuheben und der letzte Oberbürgermeister mit CDU-Mandat, der davon betroffen wäre, der Oberbürgermeister in Ilmenau, ich verspreche es Ihnen, wir werden dafür sorgen, dass er den Titel behalten kann und wenn es ehrenhalber ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren - auch das hat Frau Taubert dankenswerterweise schon gesagt -, die Bürger sind weiter als mancher Kommunalpolitiker und erst recht weiter als die Mehrzahl hier in diesem Haus. Die haben nämlich die Notwendigkeit dieser Reform erkannt und bei Bürgerversammlungen, da werde ich sehr gern eingeladen, weil viele Menschen denken, das, was ich zu erzählen habe, ist ganz sinnvoll und regt zumindest zur Diskussion an. Sie geben mir nicht immer recht, aber sie sagen mindestens, da ist einer, der sich der Diskussion stellt und den Mut hat. Die sagen mir immer, warum handeln denn die Kommunalpolitiker nicht und die Kommunalpolitiker verweisen zu Recht darauf. Ich war jetzt erst wieder bei der sogenannten Ostallianz im Altenburger Land, dort verweist die Bürgermeisterin von Nobitz zu Recht darauf. Sie sagt: Warum soll ich mich jetzt neu gliedern, wenn ich nicht weiß, wohin die Reise geht? Da drehen wir uns immer wieder und deswegen, das, was hier so freiwillig entsteht, wir wissen nicht, ob das dauerhaft ist, wir wissen es nicht und Sie wissen es auch nicht. Aber Sie wollen scheinbar Erfolge vorweisen...

Abgeordneter Kuschel, die Redezeit Ihrer Fraktion ist in zwei Minuten abgelaufen. Kommen Sie zum Ende.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Ortschaftsverfassung. Das ist ja nun die unterste Ebene. Natürlich wissen wir...

Herr Kuschel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Groß?

Zum Schluss, sind ja nur noch zwei Minuten. Zum Schluss bitte. Danke für das Verständnis.

Also Ortschaftsverfassung: Wir wissen natürlich unter den gegenwärtigen Bedingungen, ein Bremsblock für auch freiwillige Gemeindeneugliederungen ist die grottenschlechte Ortschaftsverfassung, die wir hier in Thüringen haben. Wir brauchen eine Ortschaftsverfassung, die die tatsächliche Teilnahme des Ortschaftsrats und des Ortschaftsbürgermeisters ermöglicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Deshalb sieht unser Konzept das vor, dass wir das auch machen.

Meine Damen und Herren, eine abschließende Bemerkung aufgrund der Redezeit: Die CDU hat immer noch nicht begriffen, und deswegen möchte ich es noch mal abschließend betonen, dass wir diese Reform nicht nur brauchen aufgrund der demographischen Entwicklung und dem Zustand der öffentlichen Kassen, sondern wir brauchen diese Reform, weil es neue Herausforderungen an staatliches und kommunales Handeln gibt. Wir reden von Veränderungen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt, aber wollen das mit einer Verwaltung aus dem 19. Jahrhundert schultern. Das wird nicht funktionieren. Bürger und Wirtschaft betrachten Verwaltung zunehmend als Dienstleister und Partner. Wir haben aber eine ordnungspolitisch ausgerichtete Verwaltung, die ausschließlich den Bürger als Adressat von Verwaltungsakten betrachtet. Das geht nicht länger.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Deshalb muss sich Verwaltung ändern. Die Dynamisierung von Prozessen erfordert letztlich Verwaltun

gen, die sich tatsächlich auf die neuen Herausforderungen einstellen. Die Mitarbeiter sind dazu bereit, nur wir als Politik bzw. die Mehrheitsfraktion und die CDU als Landesregierung nicht. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Abgeordnete Groß, stellen Sie bitte Ihre Frage.

Herr Abgeordneter Kuschel, wenn das in Bayern alles so toll ist, ich bin über jeden traurig, der hier wegzieht, aber, ich glaube, das Haus wäre hier nicht böse drum, wenn Sie Richtung Bayern ziehen.

Meine zwei Fragen, die ich an Sie habe, und zwar: Wie ernst nehmen Sie die Arbeit der Enquetekommission, da ja für Sie von Anfang an der Masterplan Ihrer Partei steht? Dann haben Sie uns ja auch einen Vortrag gehalten über ernsthafte Politik. Dann frage ich Sie: Ist es richtig, dass Sie und die Mitglieder Ihrer Partei in der Enquetekommission eine abweichende Meinung zum Zwischenbericht abgegeben haben, obwohl der noch gar nicht vorlag?

Da wir sehr intensiv in der Enquetekommission mitarbeiten und uns um die Qualifizierung der Arbeit in der Enquetekommission bemühen, wussten wir im Wesentlichen, was in dem Zwischenbericht steht, denn wir sind nicht im luftleeren Raum. Insofern war es natürlich überhaupt kein Problem, ein Minderheitenvotum abzugeben und letztlich hat uns der Zwischenbericht recht gegeben. Ich konnte sogar die Anzahl der Seiten vorhersagen, denn es war ja eine Aneinanderreihung von irgendwelchen Informationen, die wir bekommen haben. Insofern war überhaupt kein Platz, um dort Innovatives unterzubringen. Unser Minderheitenvotum hat zumindest dazu geführt, dass ein Außenstehender auch mal Lust hat, in diesen Zwischenbericht reinzuschauen, denn dort sind wenigstens ein paar inhaltliche Ansätze enthalten. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat Abgeordnete Doht, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich muss hier am Anfang doch noch mal ein paar Zahlen zur demographischen Entwicklung bemühen, auch wenn

wir alle den Demographiebericht zum Lesen bekommen haben, wir oft genug darüber diskutiert haben in der Enquetekommission, in verschiedenen Ausschüssen, aber ich habe auch nach der Rede von Herrn Carius irgendwie den Eindruck, die Wirklichkeit ist bei einigen hier immer noch nicht angekommen. Was ich nicht sehen will, davor mache ich die Augen zu, das weiß ich halt nicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Aber schauen wir uns doch mal die Bevölkerungsprognosen an: Bis 2020 werden wir eine Bevölkerungsabnahme von 10 Prozent haben und bis 2050 von 25 Prozent. Das heißt, wir haben dann nur noch 1,75 Mio. Thüringer. Im ländlichen Raum wird der Bevölkerungsrückgang teilweise bis 50 Prozent betragen. Diese Zahlen muss man sich doch mal vor Augen führen und dann kann man sich nicht hier hinstellen, wie es der Ministerpräsident tut, wie es auch Teile der CDU-Fraktion tun, und sagen: Unsere Strukturen sind gut, wir können mit diesen Strukturen weiterleben. Das geht so nicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir haben den Geburtenrückgang der vergangenen Jahre. Das lässt sich auch auf die Schnelle nicht einholen, da müsste jede Frau fünf oder sechs oder noch mehr Kinder bekommen. Das ist illusorisch. Wir haben nach wie vor ein großes Problem, das ist insbesondere die Abwanderung junger, gut ausgebildeter Frauen. Da verweise ich mal auf die Diskussion heute Morgen zum Vergabegesetz. Ich hatte nach dieser Diskussion und auch nach der Rede vom Kollegen Kretschmer nicht den Eindruck, so wie er hier über Mindestlohn geredet hat und auf meinen Fraktionsvorsitzenden eingegangen ist, dass man hier überhaupt etwas daran ändern will. Wenn wir weiterhin so niedrige Löhne haben werden und schlechte Arbeitsbedingungen, dann werden noch mehr gut ausgebildete junge Frauen dieses Land verlassen. Aber die fehlen uns für die nächste Generation. Die bekommen ihre Kinder, wenn sie denn welche bekommen, dann in Bayern oder Baden-Württemberg. Wir haben letztendlich hier eine Bevölkerung, die immer weniger wird, die immer älter wird aufgrund einer ungünstigen Alterspyramide; letztendlich steigt auch der Anteil der bildungsfernen Schichten. Auch das wird uns künftig vor große Probleme stellen. Letztendlich müssen immer weniger Menschen hier die Infrastruktur bezahlen, die soziale Infrastruktur, die technische Infrastruktur. Ich nenne nur Wasser, Abwasser, Strom - all diese Dinge, aber auch Kultureinrichtungen, Sporteinrichtungen und letztendlich auch die öffentliche Verwaltung. Davor kann man doch die Augen nicht verschließen. Da ist doch die Politik gefordert zu handeln.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich gebe Herrn Kuschel nicht recht in dem, was er zu dem Zentrale-Orte-System gesagt hat. Ich habe hier nicht wahrnehmen können, dass die CDU auf das Zentrale-Orte-System setzt. Die Landesregierung hat das in den Landesentwicklungsplan geschrieben. Aber im täglichen Handeln merke ich davon nichts. Ich bin Anhänger des Zentrale-Orte-Systems und wir sind uns auch in der Fraktion einig, dass wir die zentralen Orte stärken müssen. Wir brauchen im ländlichen Raum leistungsfähige Grundzentren, die das Umland mit der Grundversorgung absichern. Wir brauchen insbesondere bei den Mittelzentren leistungsfähige Strukturen. Wir haben im Landesentwicklungsplan eine ganze Reihe von Mittelzentren festgelegt, die einer Überprüfung unterzogen werden sollen, ob sie denn im nächsten Landesentwicklungsprogramm - so soll es ja dann wieder heißen - noch als Mittelzentrum erscheinen. Da heißt es, die kommen ihren Aufgaben nicht nach. Das ist doch nicht so, dass sie ihre Aufgaben für das Umland nicht wahrnehmen wollen, sie können es teilweise nicht. Sie können es aufgrund eingeengter finanzieller Spielräume nicht. Sie können es aber auch nicht, weil ihnen räumliche Entwicklungsmöglichkeiten fehlen.

(Beifall bei der SPD)

Da kann ich doch nicht einfach sagen, die streiche ich dann. Wer soll denn dann künftig für das Umland diese Aufgaben wahrnehmen? Wer soll denn noch mit höheren Bildungseinrichtungen das Umland versorgen, die medizinische Versorgung, die kulturelle Versorgung, soziale Infrastruktur, alle diese Dinge? Da muss ich doch auch einmal in diesen Fällen über meinen eigenen Schatten springen und sagen, zumindest hier muss ich darüber nachdenken, auch Eingemeindungen zuzulassen, auch über Kreisgrenzen hinweg.

Da bin ich beim nächsten Problem, bei den kreisfreien Städten. Auch hier haben wir das Problem, dass die in ihrer Entwicklung eingeengt sind und dass sie zum Teil die Aufgaben für das Umland nicht mehr wahrnehmen können. Wir brauchen starke Mittelzentren. Wir können darüber diskutieren, ob wir Mittelzentren mit Teilfunktion Oberzentrum noch brauchen, diese Zwischenstufe. Ich sage, nein. Wir können sicherlich auch darüber diskutieren, ob wir in Thüringen noch drei Oberzentren brauchen. Ich sage, wir brauchen ein starkes Oberzentrum - die Landeshauptstadt, denn die steht in Konkurrenz mit Metropolregionen in anderen Bundesländern, mit dem Raum Halle-Leipzig oder Frankfurt. Deswegen müssen wir auch unsere Landeshauptstadt stärken. All diese Dinge wären eigentlich viel schneller erforderlich. Wenn man sich auch die Seitz-Studie anschaut, es ist ja hier gesagt worden, viele finanzielle Effekte

treten erst in 10 oder 20 Jahren ein. Das ist sicherlich richtig so, aber man kann sich doch dann aus diesem Grund nicht hinsetzen und sagen, ich mache gar nichts. Nein, wir müssten wesentlich schneller handeln und wir müssten zu den neuen Strukturen eigentlich vor den Kommunalwahlen 2009 kommen.

(Beifall bei der SPD)

Hier hätte ich mir eigentlich auch gewünscht, dass die Enquetekommission mit ihrer Arbeit schneller vorankommt. Sicherlich, wir haben sehr umfangreiches Material sichten müssen. Es war auch richtig, dass man sich mit dem auseinandergesetzt hat, was in der Vergangenheit geschehen ist, aber ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, insbesondere aber auch die kommunalen Vertreter, hätten zumindest Richtlinien für Gemeindegrößen und Richtlinien für Kreisgrößen von diesem Zwischenbericht erwartet. Denn, wie gesagt, auf der kommunalen Ebene ist man teilweise schon weiter. Mancher Zusammenschluss wird auch dadurch verhindert, dass die Bürgermeister sagen: Ich weiß ja nicht, ist es jetzt richtig, was ich tue, oder ist es in zwei Jahren wieder überholt? Und dann macht man lieber nichts. Wenn wir über Gemeindegrößen reden, dann verweise ich noch einmal auf die Bevölkerungsprognose, dann müssen wir schon zu großen Größen kommen, damit die auch in 20 oder 30 Jahren noch tragfähig sind, oder wir müssen alle zehn Jahre eine neue Gebietsreform beschließen. Und auch nur in so großen, starken Einheiten wird künftig qualifiziertes Personal noch bezahlbar sein und auch die Übertragung von Aufgaben. Die Landesregierung will ja 270 Aufgaben auf die Kreise übertragen. Das ist aus unserer Sicht in den jetzigen Strukturen überhaupt nicht machbar, dazu brauche ich große, tragfähige Kreise und diese Kreise sollten sich an den Handlungsräumen der Menschen und der Unternehmen ausrichten. Hier lohnt es sich durchaus, nach Mecklenburg-Vorpommern zu schauen, die haben nämlich einmal aufgezeichnet, wie Pendlerbewegungen im Land ablaufen, wohin die Menschen früh zur Arbeit fahren, wohin sie ihre Kinder in die Schule bringen, wohin sie meistens zum Einkaufen fahren und in ihrer Freizeit. Damit ergaben sich letztendlich Kreisstrukturen und auch Kreisstädte ganz zwangsläufig und damit hat man auch eine objektive Entscheidung und nicht das Hickhack, ob nun in drei Kreisen, die zusammengelegt werden sollen A, B oder C die Kreisstadt wird. Nein, die Menschen mit ihren täglichen Bewegungen, die Unternehmen, die ansässig sind, das Leben, wie es sich im Lande abspielt, gibt uns das eigentlich vor.

(Beifall bei der SPD)

Auch in großen Strukturen ist eine bürgerfreundliche Verwaltung möglich. Es gibt die Möglichkeit, Bürgerbüros vor Ort einzurichten oder auch mobile Bür

gerbüros. Da sind uns doch keine Denkverbote gesetzt. Es gibt e-Government, es gibt so viele Möglichkeiten, auch wichtige Dienstleistungen ortsnah anzubieten. Deswegen halte ich das Argument der Bürgernähe für vorgeschoben, Bürgernähe ist nicht nur von den Strukturen abhängig. Bürgernähe - das ist auch hier gesagt worden - hat auch etwas mit Bürgerbeteiligung zu tun. Dann verstehe ich nicht, dass die CDU-Fraktion im Zusammenhang mit einer Gebietsreform immer so sehr auf die Bürgernähe pocht und an den kleinen Strukturen festhalten will, und dann letztendlich ein Gesetz zum Bürgerbegehren hier abgelehnt hat. Damit binde ich Bürger stärker ein, damit erzeuge ich Bürgernähe, indem ich sie an den Entscheidungen teilhaben lasse und nicht indem ich kleine Orte mit 300 oder 500 Einwohnern konserviere. Eine starke kommunale Selbstverwaltung kann letztendlich auch nur dort wirken, wo entsprechende finanzielle Handlungsspielräume gegeben sind. Was nutzt denn die Selbstverwaltung in kleinen Orten, wenn letztendlich der Gemeinderat nur noch über die Farbe der Gartenzäune entscheiden kann und ansonsten ihm jegliche Handlungsspielräume genommen sind? Hier brauchen wir starke Strukturen. Ich bin auch der Auffassung, dass das Ziel, welches wir hier alle nicht aus dem Auge verlieren sollten, nämlich gleichwertige Lebensbedingungen für alle Bürger in Thüringen zu schaffen, nur mit einer großen und starken kommunalen Selbstverwaltung zu lösen ist. Deswegen appelliere ich auch an die Kollegen der CDU-Fraktion, etwas aufs Gas zu treten bezüglich der weiteren Arbeit der Enquetekommission. Vielleicht lässt sich ja dann auch ein Thüringer Ministerpräsident, der ein glühender Anhänger der Kleinstaaterei ist, eines Besseren zu überzeugen. Heimat, Identität, das hängt nicht von Verwaltungsstrukturen ab, das hängt davon ab, wie wohl ich mich in meiner Stadt, in meinem Dorf fühle, ob ich dort meinen Hobbys, meinem Beruf nachgehen kann, all diese Dinge. Diese Dinge kann ich besser mit größeren Strukturen steuern, als mit diesen kleinteiligen Strukturen, die wir in Thüringen zurzeit haben und die aus unserer Sicht nicht lebensfähig sind.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen mir nicht vor. Vonseiten der Landesregierung liegen auch keine Wortmeldungen vor. Eine Beantragung auf Fortberatung in Ausschüssen ist auch nicht angemeldet worden. Damit kann ich diesen Tagesordnungspunkt schließen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 6

Mittelfristiger Finanzplan für die Jahre 2006 bis 2010 für den Frei- staat Thüringen Unterrichtung durch die Landes- regierung - Drucksache 4/2573 - dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzaus- schusses - Drucksache 4/2623 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2646 -

Das Wort hat Abgeordneter Wehner aus dem Haushalts- und Finanzausschuss zur Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen, der Haushalts- und Finanzausschuss hat in seiner 37. Sitzung am 18. Januar 2007 die Mittelfristige Finanzplanung beraten. Der Ausschuss empfahl in Richtung der Landesregierung in Drucksache 4/2573 einstimmig, den Mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 2006 bis 2010 für den Freistaat Thüringen zur Kenntnis zu nehmen. Vielen Dank.