Die Gesetzgeber in Bund und Ländern haben aber das Verhältnis zwischen Bürger und Kommunalverwaltung durch organisatorische und verfahrensrechtliche Regelungen weitgehend formalisiert. Dies mag zwar im Interesse der Bürger vielfach wünschenswert sein, aus dem Gesichtspunkt der Institution kommunaler Selbstverwaltung ergeben sich hieraus jedoch Einengungen der Eigenverantwortlichkeit bei der Regelung von Entscheidungsabläufen. Solche Regelungen sind auch auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts sowie in besonderen Fachgesetzen, aber auch im Kommunalverfassungsrecht getroffen worden. Gerade die in den Bundesländern bestehenden Regelungen über vermehrte Öffentlichkeit, zum Teil auch der nur beratenden Ausschüsse, über Unterrichtung der Bürger durch die Gemeinde, über Einwohnerversammlungen, Bürgerbegehren, Bürgerantrag und sogar Bürgerentscheid bergen jedenfalls auch Nachteile institutionsgefährdender Entwicklung in sich. Sie können nämlich Eigenverantwortlichkeit der gewählten Mandatsträger mindern, den Entscheidungsprozess unerträglich komplizieren und hinauszögern und bei hart aufeinanderprallenden widerstreitenden Interessen von Bürgergruppen oder Bürgerinitiativen im Rahmen dieser Beteiligungsverfahren zu einem erheblichen Verlust faktischen Entscheidungsspielraums beitragen.
Selbst wenn die kommunalen Körperschaften zum Teil bereits solche Formen der Bürgerbeteiligung praktizieren oder durch ihre Geschäftsordnungen den Bürgern in Rats- und Ausschuss-Sitzungen Gelegenheit zu Fragestellungen gegeben haben, so ist doch die gesetzliche Normierung derartiger Teilnahmechancen von anderer Qualität, da sie möglicherweise Ansprüche erzeugt und bei Fehlverhalten, Nichtigkeiten oder Anfechtbarkeit von Entscheidungen bewirkt und insoweit gerichtliche Auseinandersetzung hierfür zwangsläufig nach sich zieht.
Der Gesetzgeber hat aber nicht nur das Verhältnis des Bürgers zu den gewählten Repräsentanten in den Gemeinden und Gemeindeverbänden, sondern auch das zur Verwaltung im engeren Sinne eingehend den Regelungen unterworfen. Als Beispiel mag hier insoweit § 15 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung gelten, durch den für die Gemeinden eine gesetzliche Verpflichtung begründet wurde, ihren Einwohnern bei der Einleitung von Verwaltungsverfahren generell behilflich zu sein. Gleiche Bemühungen, die Gemeinden praktisch als Anlaufstelle für alle Verwaltungsvorgänge, auch so weit sie in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsträger fallen, zu institutionalisieren, sind auch in anderen Bundesländern zu registrieren oder bereits verwirklicht. Dabei dient es sicherlich auch der Idee der kommunalen Selbst
verwaltung, die derzeit viel beschworene Bürgernähe der öffentlichen Verwaltung durch diese Maßnahme zu erhöhen. Inwieweit das jedoch dadurch wirklich gelingt, erscheint angesichts der Praxis derartiger Bürgerbeteiligungen zweifelhaft. Vor allem aber muss gefragt werden, ob hierzu gesetzliche Detailregelungen stets erforderlich waren und sind. Am Sonntag, dem 16. Februar 2003, hat sich das Netzwerk Reformlinke der PDS gegründet. In der Gründungserklärung heißt es, Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Die Gründung des Netzwerkes Reformlinke soll zur Überwindung der Krise der PDS beitragen. Der Erneuerungsprozess der Partei, der in den letzten Jahren nicht konsequent vorangetrieben wurde, muss wieder angegangen werden. Das Netzwerk Reformlinke in der PDS beteiligt sich an der strategischen und programmatischen Debatte der PDS und wirbt dafür, linke Reformpolitik auf allen Ebenen politischen Handels wirksam werden zu lassen im außerparlamentarischen …“
Ich bin bei der Sache, Frau Präsidentin. „… Bereich, in den Städten und Kommunen, in den Landesparlamenten, im Bundestag und im Europaparlament.“
Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, durchdenken Sie diese Gründungserklärung und ziehen Sie Ihre eigenen Schlussfolgerungen, vor allem was die Aussage außerparlamentarischer Bereich bedeutet. Die eingebrachte Drucksache dient nicht den Bürgern des Landes Thüringen. Sie gibt extremistischen Gruppen weitere Angriffspunkte zur Beseitigung der Demokratie.
Im Übrigen verweise ich auf die Ausführungen meiner Fraktionschefin. Namens meiner Fraktion bitte ich das Hohe Haus um Ablehnung der Drucksache 4/1320. Danke schön.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Bitte, Herr Abgeordneter. Das Wort hat der Abgeordnete Hausold, Die Linkspartei.PDS.
Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren, ich weiß nicht, Herr von der Krone, für meine Fraktion nehme ich das voll in Anspruch, dass sie die kommunalrechtlichen Fragen in diesem Land gut verinnerlicht hat. Ich gehe davon aus, dass das bei der SPD auch so ist, aber ich habe das Gefühl, Sie halten hier immer Vorträge, da muss ich der Meinung sein, dass Ihre eigene Fraktion da offensichtlich ein Stück weit Nachholbedarf hat. Manchmal kann ich das ja nachvollziehen. Das muss ich ja sagen.
Mir ist, meine Damen und Herren, nicht gegenwärtig, dass in dem vorliegenden Entwurf das Thema „Generalstreik“ eine Rolle spielt. Ich will aber an der Stelle dennoch darauf zurückkommen, weil in der Debatte - und in der befinden wir uns ja - Frau Kollegin Lieberknecht darauf abgehoben hat im Zusammenhang mit Zitaten über meine Partei bzw. Fraktion.
Frau Lieberknecht, ich weiß zunächst mal nicht, warum ich aus Ihrer Rede über den Generalstreik, der nicht im Zusammenhang steht mit unserer heutigen Vorlage, immer so was wie die große Befürchtung heraushöre, was damit denn alles auf den Weg gebracht werden könnte. Ich sage ja, eine gute, eine vernünftige Politik in den Parlamenten auf der Grundlage mehrheitlicher Entscheidungen muss Generalstreike nicht fürchten, meine Damen und Herren, überhaupt nicht fürchten.
Dann möchte ich an dieser Stelle auch einmal sagen: Es gibt in Europa unterschiedliche Gesetzlichkeiten. In Frankreich z.B. sind die Streikmöglichkeiten wesentlich politisch ausgeweitet. Aber, Frau Lieberknecht und die CDU-Fraktion, Sie wollen doch hier hoffentlich nicht französische Verhältnisse als eine Gefahr für die Demokratie bezeichnen. Wo kommen wir denn da hin, wenn das Ausgangspunkte sein sollen?
Dann komme ich mal auf den hier auch immer wieder dankenswerterweise zitierten Herrn Oskar Lafontaine zurück. Wissen Sie, was Herr Lafontaine geäußert hat, ist Folgendes, und das hat er wiederholt geäußert. Er hat gesagt, nach seiner Ansicht - und das ist auch die Ansicht unserer Partei und der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag und hier in diesem Saal - gibt es eine Mehrheit im Deutschen Bundestag - ich muss auch sagen aus meiner Sicht auch in diesem Landtag -, die in wesentlichen Fragen gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung Politik betreibt. Das ist das Thema, meine Damen und Herren, was wir zu besprechen haben in diesem Kontext.
Ja, sehen Sie sich die Debatten - das kriegen wir noch zur Gesundheitsreform, zur Rente oder auch zu Ihrer bekannten Familienpolitik oder Familienoffensive - und das Echo in der Öffentlichkeit zu Ihren mehrheitlichen Entscheidungen an.
Wenn das nun aber so ist, meine Damen und Herren, wenn offensichtlich die repräsentative Demokratie in gewisser Weise bei Mehrheitsentscheidungen an Grenzen stößt, dann ist doch das geradezu eine Aufforderung, mehr Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an diesen politischen Entscheidungen über ein Mehr an direkter Demokratie zu erreichen, meine Damen und Herren. Das sage ich hier noch mal ganz deutlich: Nicht richtig ist, was Sie uns immer unterstellen wollten, wir wollten eine andere Demokratie. Wir wollen die Stärkung der repräsentativen Demokratie durch mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.
Wenn, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, die Stärkung dieser repräsentativen Demokratie eine andere Demokratie sein soll, dann muss ich sagen, das ist für mich ein fragwürdiges Demokratie- und Politikverständnis; darüber würde ich gern eingehend weiter diskutieren, meine Damen und Herren,
Deshalb will ich auch an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen: Herr Ramelow wird hier auch öfter zitiert, ich denke, das tut dem Hause gut und ist in Ordnung, aber ich habe ja fast schon die Hoffnung aufgegeben, meine Damen und Herren von der Mehrheitsfraktion, dass es sich mit Ihnen noch lohnt, zu debattieren über mehr Beteiligungsrechte der Thüringerinnen und Thüringer an den politischen Entscheidungen auf allen Ebenen. Fast schon habe ich das nach Ihren heutigen Reden aufgegeben, aber weil man ja sozusagen die Hoffnung auch in Ihrem Falle nie aufgeben soll, will ich hier betonen - und das, denke ich, mache ich auch im Namen des Miteinbringers SPD-Fraktion -, wir sind gern bereit, weiter über Ihre Probleme und unsere Sichten zum vorliegenden Entwurf zu sprechen und ich beantrage deshalb eine Zurückverweisung und eine weitere De
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade bin ich gefragt worden „Sie sind doch wieder da.“ Ich hatte gerade eine Besuchergruppe und hier oben sitzen auch Besuchergruppen. Die Damen und Herren Abgeordneten wissen, dass wir auch während des Plenums Gespräche mit den Besuchergruppen haben. Sie sollen es nicht immer so darstellen, als ob das nicht etwas ganz Normales wäre, das will ich in Richtung linke Seite ausnahmsweise mal sagen.
Ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, weil hier gerade erstens der Zurücküberweisungsantrag gestellt wurde. Es ist ja schon fast lächerlich. Die ganze Zeit ist hier behauptet worden von Frau Taubert, von Herrn Hahnemann, dass der Innenausschuss sich nicht damit beschäftigt und nichts gemacht hätte.
Es ist ja wohl langsam ein Witz, deswegen war ich auch heute früh so erbost, natürlich haben wir uns eingehend im Innenausschuss damit beschäftigt. Was der Herr Kollege Hahnemann daraus macht und hier vorträgt, das mag ja seine Sache sein, aber ich war jedenfalls mit meinen Kolleginnen und Kollegen auch daran beteiligt, wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt. Das hier so darzustellen, Frau Kollegin Taubert, ich habe es gehört, Sie hatten es vorhin wieder etwas relativiert, als Berichterstatterin hatten Sie da auch so einen Schlenker drin. Aber ich gehe mal davon aus, Sie haben es nicht ganz so gemeint. Ich will noch mal deutlich machen: Wir haben ganz klar auch im Innenausschuss Stellung bezogen. Wir haben gesagt, wir schließen uns den Voten ganz klar an - und das sind die Voten des Gemeinde- und Städtebunds sowie des Landkreistags, das sind diejenigen vor Ort. Das ist unsere Meinung, die hat die Fraktionsvorsitzende deutlich gemacht, dazu stehen wir.
Sie können ja eine andere Meinung haben, das ist Ihr gutes Recht. Und Sie können auch eine andere Meinung haben, wir haben aber gesagt, und das ist diese sogenannte ominöse kommunale Familie,
Herr Hahnemann, also, ich finde es einfach - Sie wissen doch ganz genau, dass wir jetzt mittlerweile seit 16 Jahren nach Ihrem Jargon die sogenannte ominöse kommunale Familie, mit der wir bisher hervorragend zusammengearbeitet haben, das so hinzustellen als diese sogenannte ominöse Familie, also ich kann es nicht nachvollziehen.
Herr Fiedler, es freut mich ja, dass Sie so viel Wert legen auf die Voten des Gemeinde- und Städtebundes und des Landkreistages. Die Präsidenten beider Gremien haben sich ja zum Beispiel auch für eine Gemeindegebietsreform ausgesprochen. Dürfen wir davon ausgehen, dass Sie das Votum genauso ernst nehmen, wie das, was Sie jetzt zitiert haben?
Herr Kollege, Sie bringen jetzt das eine mit dem anderen in Verbindung, ich will Ihnen aber ganz klar sagen …
Sie lachen schon und wissen noch gar nicht, was ich sagen will. Das finde ich aber schön. Ich will Ihnen doch deutlich machen, dass wir die Voten, insbesondere was die Innenpolitik betrifft, dieser zwei Spitzenverbände immer sehr ernst nehmen. Wir haben uns in diesem Fall über dieses Thema, was wir heute bereden, direkte Demokratie auf kommunaler Ebene, diesem Votum uneingeschränkt angeschlossen, weil wir der Meinung sind - und Herr Kollege Matschie, ich komme noch zu Ihrem Zweiten. Herr Kollege Matschie, ich bin selber Bürgermeister; ich bin seit 16 Jahren Bürgermeister meiner Gemeinde, ja glauben Sie denn, ich rede ununterbrochen mit den Bürgerinnen und Bürgern, meine Gemeinderäte reden ununterbrochen mit denen. Wenn es Probleme gibt, kommen die in die Sprechstunde oder wenn ich sonntags im Dorf unterwegs bin, dann kommen sie und dann werden die Dinge an mich herangetragen. Ich weiß nicht, ob wir noch irgendetwas dazu brauchen. Wir können froh sein - deswegen unterstützen wir die Voten der Spitzenverbände -, dass wir so viele engagierte ehrenamtliche, hauptamtliche Kom