Meine Damen und Herren, die Landesregierung legt uns heute das Gesetz zur Änderung der haushaltsrechtlichen Vorschriften als Artikelgesetz und den Nachtragshaushalt 2004 vor. Die Debatte dazu sehen wir eingeordnet zwischen der Regierungserklärung von Dieter Althaus und der Beratung zum Etat 2005. Begründet wird die Notwendigkeit dieses Antrags durch die Regierung mit neuerlichen Steuerausfällen und unabwendbaren Mehrausgaben. Und die Ministerin hat ja hier eine Symbolik verwendet, die eigentlich der Qualität auch ihrer Rede entsprach. Graffiti, das heißt plakativ, wurde versucht, hier auf wichtige Zusammenhänge einzugehen.
1. Dieser Nachtragshaushalt ist sowohl das Ergebnis einer falschen Politik der CDU in Thüringen und dieser Nachtrag spiegelt darüber hinaus auch die falsche Grundrichtung der Politik der Bundesregierung wider. Ich will es auf den Punkt bringen: Sie haben dieses Land finanziell ruiniert.
2. Dieser Nachtrag offenbart gerade mit Nachdruck die Notwendigkeit eines umfassenden Kassensturzes in Thüringen.
3. Dieser Nachtrag offenbart ebenso die Notwendigkeit einer grundlegenden Verwaltungs-, Funktionalund Gebietsreform in Thüringen.
4. Dieser Nachtrag macht deutlich, dass die Landesregierung offenbar ein gestörtes Verhältnis zum Parlament hat.
6. Sie haben 32,5 Mrd. 0$ sprochen. Dabei haben Sie aber wesentlich in Beton investiert und vergessen, in die Menschen zu investieren. Ich verweise hier auf das geringste Einkommen und Sie müssen sich fragen: Warum verlassen denn immer noch so viele Thüringer dieses Land, wenn Sie so viel investieren.
1. Falsche Politik in Thüringen: Entgegen den großen Ankündigungen der Landesregierung erreicht die Verschuldung des Freistaats mittlerweile kaum noch für den normalen Menschen wahrnehmbare Ausmaße.
Herr Abgeordneter, der Abgeordnete Schwäblein möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das?
Kollege Kuschel, Sie sprachen von Abwanderungen junger Menschen aus Thüringen. Würden Sie mir folgen, wenn ich unterstelle, dass in Mecklenburg-Vorpommern, wo die PDS an der Regierung beteiligt ist, prozentual mindestens so viele abwandern wie in Thüringen?
(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, PDS: Wir reden hier über Thüringen und nicht über Mecklenburg-Vorpommern!)
Frau Präsidentin! Herr Schwäblein, ich habe die Zahlen nicht da, aber wir diskutieren den Haushalt ja noch in den Ausschüssen, da können wir das mal überprüfen. Das kann ich also hier nicht sagen, das weiß ich nicht. Und ich maße mir hier keine Bewertung an, wenn ich die Zahlen nicht habe.
Also, rund 1 Mrd. # $ % Jahr; die Gesamtverschuldung liegt nunmehr bei 14 Mrd. " das sind fast eineinhalb Jahreshaushalte. Ich stelle für meine Fraktion fest: Ihre Finanzpolitik ist mehr als gescheitert.
Und wenn Sie in Ihrer Einbringungsrede auf die PDS verweisen und kritisieren, dass wir gegebenenfalls noch mehr Schulden machen würden, dann muss ich sagen: Wir haben vielleicht darüber geredet, aber Sie haben es gemacht - und das ist wohl ein Unterschied.
Es kommt hinzu - das haben Sie formuliert -, dass diese Investitionen einen Wechsel für die Zukunft seien. Es ist aber nicht nur ein Wechsel, es kann auch eine Hypothek sein. Und zumindest auch dieser zweite Bereich muss mit beachtet werden.
Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie uns vor den Wahlen verteufelt haben, als wir einen langsameren, der konjunkturellen Lage in Thüringen angemessenen Abbaupfad bei der Neuverschuldung vorgeschlagen haben. Und Sie haben Unrecht, wenn Sie behaupten - auch die SPD hat das behauptet -, wir hätten im vergangenen Jahr, also 2003, hier einfach mehr Schulden verlangt. Wir haben verlangt, dass der Schuldenabbau geringer vollzogen wird. Und die heutige Situation hat gezeigt, dass unsere Einschätzung viel realistischer war als Ihre.
Ihre Erklärungsmuster sind zudem immer wieder die gleichen. Die Bundesregierung trägt die Schuld für die Steuerausfälle. Herr von der Krone wird immer verweisen, 40 Jahre DDR sind schuld, aber das war
es. Damit kommen Sie aber langsam nicht mehr durch. Auch und gerade die Union verfolgt nämlich seit Jahren ein Konzept, welches den weiter wachsenden Reichtum in diesem Land nicht zur Kenntnis nimmt, ja negiert, und daher glaubt, Steuerentlastungen für die Vermögenden und die global agierenden Unternehmen führten automatisch zu Investitionen und damit zu Arbeitsplätzen in Deutschland. Dabei gäbe es in den letzten Jahren ausreichend Anlass, über die verheerenden Ergebnisse dieser Politik nachzudenken und nun endlich einen Kurswechsel einzuleiten. Die öffentlichen Kassen wurden sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene systematisch geplündert. Die Zahl der Vermögenden steigt in Deutschland sprunghaft und die Binnennachfrage stagniert. Die Bevölkerung ist verunsichert und traut dem Staat und seinen Sicherungssystemen nicht mehr über den Weg. Und wenn das alles immer damit begründet wird, wir hätten zu hohe Arbeitskosten, dann frage ich Sie, weshalb jetzt erst wieder veröffentlicht wurde, dass der Export in diesem Jahr wieder auf Rekordniveau liegt. An den Arbeitskosten kann es ja nicht liegen, sonst würden wir im Ausland auch nichts verkaufen. Es liegt im Wesentlichen an einer stagnierenden Binnennachfrage, dass die Wirtschaft nicht zum Tragen kommt.
Dies alles hat in den letzten Jahren auch in Thüringen zu einem Kreislauf nach unten geführt und dieser Kreislauf kann nur wirklich mit einem Politikwechsel vollzogen und durchbrochen werden. Dabei ist es immer interessant, wenn sich hier CDU und SPD gegenseitig die Schuld zuschieben. In der Finanz-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik tragen Sie im gleichen Maße die Verantwortung und haben beide versagt, unabhängig, ob Sie im Bund oder im Land regieren.
Die PDS fordert seit langem die Stärkung der Einnahmenseite. Die Stärkung der Einnahmenseite ist auch in Thüringen notwendig, wenn die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gelingen soll. Dazu hat die PDS in der vergangenen Woche ihr Steuerkonzept vorgestellt. Dieses Steuerkonzept ist geeignet, die öffentliche Hand in Deutschland wieder mit mehr Einnahmen zu versehen. Und es wäre notwendig, sich mit unseren Vorschlägen tatsächlich einmal inhaltlich auseinander zu setzen. Dem sind Sie bisher vollkommen aus dem Weg gegangen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch hinzufügen: Das Gerede von den Steuerausfällen im Vergleich zu 1995 stimmt ja noch rein zahlenmäßig. Aber wenn wir mal das Ist-Ergebnis der Jahre 2003 und 2004 vergleichen, dann können Sie eben nicht
darüber reden, dass erneut weniger Steuern geflossen sind, sondern überschlägig ist ja in diesem Jahr mit 100 Mio. * men zu rechnen. Das muss zumindest ehrlichkeitshalber hinzugefügt werden.
(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Das ist nie anders gesagt worden.)
Was unrealistisch ist, waren die Prognosen, wobei Sie ja im Haushaltsansatz immer noch realistischer waren als der Bund. Wenn wir auf die Prognose gehört hätten und Sie dem 1:1 gefolgt wären, würden wir ja jetzt noch über ein größeres Defizit reden. Aber trotzdem war auch Ihre Prognose jenseits der Realität. Und der Fakt bleibt: 100 Mio. in diesem Jahr können wir mehr erwarten. Das ist der Ausgangspunkt unserer weiteren Diskussion.
Aber wir haben auch ein Problem, das hat schon Herr Dr. Pidde von der SPD hier angesprochen, wir diskutieren nicht mehr über den Haushalt titelbezogen, sondern ganz pauschal. Insofern ist es natürlich auch kaum möglich, Schwächen und Stärken dieses Haushalts nur ansatzweise herauszustellen. Hinzu kommen haushaltswirtschaftliche Sperren, der Nachtrag ohne titelbezogene Angaben und das hat zur Konsequenz eine Selbstentmündigung des Parlaments und eine Allmacht des Finanzministeriums. Dies wollen wir in diesem Haus nicht und hier haben Sie mit unserem erbitterten Widerstand zu rechnen.
2. Kassensturz in Thüringen: Wir bleiben dabei, angesichts der Höhe der ausgewiesenen Schulden fordern wir eine umfassende Bestandsaufnahme, sprich einen dringenden Kassensturz hier in Thüringen.
Es müssen endlich alle Zahlen auf den Tisch. Das wahre Ausmaß der Verbindlichkeiten muss offen gelegt werden. Neben den Verbindlichkeiten sind auch die in den Landesgesellschaften geparkten Vermögen und der Umgang damit einzubeziehen. Ich erinnere beispielsweise daran, dass der LEG vom Freistaat in zwei Tranchen Landesimmobilien übereignet wurden.
Ein Teil dieser Immobilien wurde unter Nutzung des so genannten Immobilientitels entwickelt und zu Geld gemacht. Wir fragen Sie: Wo ist dieses Geld, was wurde mit diesem Geld letztlich finanziert? Wir sa
gen also, Transparenz ist notwendig, ein grundlegender Kassensturz, meine Damen und Herren, daran kommen Sie nicht vorbei.
3. Umfassende Verwaltungsreform nötig: Es ist schon ein starkes Stück, Frau Ministerin, wenn Sie die Ankündigungen des Ministerpräsidenten hier als ein Konzept bewerten, das weit über eine Verwaltungsreform hinausgeht. Offenbar nehmen Sie das, was die Betroffenen dazu sagen, überhaupt nicht zur Kenntnis. Es ist nicht mal ansatzweise ein Konzept für eine Verwaltungsreform, sondern Aktionismus, mit dem Sie versuchen kurzfristig fiskalische Wirkungen zu erreichen.
Wir haben uns zu der Notwendigkeit einer umfassenden Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform bekannt. Dabei spielen nicht nur fiskalische Dinge eine Rolle, sondern fehlende demokratische und bürgernahe Entscheidungen sind für uns von der Wertigkeit her genauso wichtig. Allerdings, das gestehen wir auch, es gibt auch finanzielle Rahmenbedingungen, mit denen wir einer solchen Reform begegnen wollen. Wir haben uns hierzu eindeutig positioniert, haben einen Masterplan veröffentlicht und zur Diskussion gestellt und wir sagen, unser Konzept steht im Gegensatz zum planlosen Ansatz der Landesregierung. Insbesondere mit Blick auf die nächsten Jahre muss es ein breites Umdenken bei allen Beteiligten geben, was das Verwaltungshandeln anbetrifft. Ausgangspunkt der Betrachtung müssen dabei immer der Bürger und seine Bedürfnisse sein.