Beides sollte Gegenstand staatlicher wie zivilgesellschaftlicher Intervention sein. Rechtsextreme Einstellungen und Handlungen gleichermaßen in den Fokus zu nehmen, bedeutet eine Abkehr von der zyklischen Betroffenheit nach für die Rechtsextremen erfolgreichen Wahlgängen und eine Hinwendung zur langfristigen und nachhaltigen Auseinandersetzung. Erste Einsichten in dieser Richtung scheint es mit der Projektfinanzierung für die mobile Beratung in Thüringen zu geben. Mit dem Blick auf 2009 heißt das aber auch: Schluss mit der nur konjunkturellen Auseinandersetzung mit dem Neofaschismus und Schluss mit dem Anderen-und-sich-selbst-in-die-Tasche-lügen, meine Damen und Herren.
Wenn Sie, Herr Innenminister Gasser, mehrfach erklärt haben, ein Einzug der NPD oder einer anderen rechtsextremen Partei in Thüringen sei nicht zu befürchten, dann kann ich das eigentlich nicht verstehen, dann ist entweder die Information, die der Innenminister hat, schlecht oder es ist ein Stück Volontarismus. Beides sollte die Landesregierung endlich beenden in diesem Bereich. Was jetzt in Thüringen im Bereich des organisierten Rechtsextremismus geschieht, meine Damen und Herren, ist unverkennbar eine exakte Kopie der erfolgreichen Strategie von Neonazis in Sachsen und MecklenburgVorpommern und nichts weniger: Normalisierung für rechtsextreme Aktivitäten und Ansichten durchsetzen, kommunale Verankerungen herstellen, flächendeckende Kandidaturen durch Ausdifferenzierung und Ausbau der Strukturen sichern, Zusammenarbeit zwischen der NPD und braunen Kameradschaften festigen. Diesen Vorarbeiten muss heute schon der Boden entzogen werden, meine Damen und Herren.
Staat und Gesellschaft müssen ihre Anstrengungen verstärken und dürfen sich nicht beruhigen lassen. Die Landesregierung könnte meiner Ansicht nach einen entscheidenden Beitrag zur Schwächung des Neonazismus leisten.
Ich will hier einmal auf die Frage des NPD-Verbots eingehen: Ja, meine Damen und Herren, auch ich bin der Auffassung und meine Partei und Fraktion sind dies, im Mittelpunkt muss die politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, seiner Ideologie und seiner Politik stehen. Das ist unbestritten.
Aber ich will andererseits auch sagen: Wenn Parteien wie die NPD aus meiner Sicht verfassungswidrig politische Parolen verbreiten, wenn sie die Politik betreiben, die sie betreiben, dann können wir nicht von vornherein davon absehen, einen neuen Anlauf für ein Verbot dieser rechtsextremistischen Partei zu nehmen. Das müssen wir in Sicht nehmen,
denn wir müssen auch den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, auch denjenigen, die immer noch oder wieder dieser Politik anhängen und anfällig für sie sind, in dieser Richtung ein deutliches Zeichen setzen, welcher Auffassung wir sind.
Dazu gehören natürlich auch staatliche Voraussetzungen, auch unter anderem Voraussetzungen, die unsere Landesregierung schaffen muss. Denn wir alle wissen, nur ein erfolgreiches Verbotsverfahren kann überhaupt ins Auge gefasst werden. Wir kennen die Erfahrung, dass V-Leute des Verfassungsschutzes in der NPD genau dies untergraben.
Ziehen Sie die endlich zurück, meine Damen und Herren, dann haben wir eine wesentliche Hürde für ein erfolgreiches Verbot dieser neonazistischen Partei genommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, wir haben mit dem vorliegenden Material des Monitors eine sehr diskussionswerte Grundlage für die Fragen von Demokratie und Gesellschaftsentwicklung, von Politikentwicklung, von Hinwendung zu mehr direkter Demokratie und Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern zur Reform der Arbeit in unseren politischen Parteien. Er macht ungeachtet aller differenzierter Wirkungen deutlich, dass es viele Ansatzpunkte für Politik gibt, die Demokratie mit einem
Ich will das abschließend noch einmal an einem Fakt aufzeigen. Wir haben hier die Debatte über mehr direkte Demokratie auf der kommunalen Ebene. Die Landesregierung der CDU-Fraktion ist nicht der Meinung, dass das ein notwendiger und richtiger Schritt wäre. Nehmen Sie doch mal die Demokratiedefizite oder Kritiken der Bürgerinnen und Bürger, ihre Diskrepanz zu den Parteien zum Anlass, Ihre Haltung in diesen Fragen zu ändern, denn es ist eine sehr prinzipielle Haltung. Dieser Monitor sagt nämlich auch aus, dass es eine große Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gibt, sich an Politik zu beteiligen, sich in demokratische Institutionen mit ihrer Arbeit einzubringen, sich in die Meinungsbildung einzubringen, ehrenamtliche Arbeit zu leisten in vielen Bereichen. Im Grunde genommen sind die Ergebnisse des Monitors geradezu eine Botschaft, diese direkt-demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten in unserem Land weiter auszuprägen und damit die Demokratie und im Übrigen auch die Glaubwürdigkeit des Staates einschließlich seiner Handlungskompetenz zu stärken, meine Damen und Herren.
Nehmen wir doch das als das wichtigste demokratische Gut der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes Thüringen, auf das wir als Politiker voll und recht vertrauen können. Wenn wir uns darauf ein Stück mehr stützen, dann wird auch das Vertrauen in Politik in diesem Land wieder wachsen. Davon bin ich überzeugt, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen. Herr Ministerpräsident, ich habe Ihrer Rede aufmerksam zugehört, aber ich muss gestehen, ich bin einigermaßen ratlos. Sie haben hier eine Stunde lang geredet, aber Sie haben nichts gesagt.
Sie haben nichts dazu gesagt, was Ihre Landesregierung in den nächsten Monaten konkret tun will. Eine Stunde ohne einen einzigen konkreten Vorschlag dieser Landesregierung. Herr Althaus, ich sage Ihnen, das war keine Regierungserklärung, das war die Bankrotterklärung eines Ministerpräsi
Sie haben uns aufgefordert, mit dieser Debatte einen Beitrag für eine vorbildliche politische Kultur zu leisten, aber vorbildliche politische Kultur heißt doch nicht, wir haben uns alle lieb. Vorbildliche politische Kultur heißt, wir analysieren klar und deutlich, was die Probleme im Land sind. Dazu hat der Thüringen-Monitor einen wichtigen Beitrag geleistet. Vorbildliche politische Kultur heißt doch dann aber auch, aufgrund dieser Analyse sagen die politisch Verantwortlichen ganz konkret, was sie tun können und was sie tun wollen. Wir haben von Ihnen dazu heute keinen einzigen Satz gehört, Herr Ministerpräsident. 85 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer sehen in der Arbeitslosigkeit ein großes Problem. Ich frage mich, was unternimmt die Landesregierung in den nächsten Monaten und Jahren? Wo liegen Ihre Schwerpunkte in der Wirtschaftsförderung? Wollen Sie Veränderungen vornehmen? Was macht die Landesarbeitsmarktpolitik konkret? Keine Antwort von Ihnen, auch heute wieder nicht.
Oder nehmen wir das Problem Abwanderung. 73 Prozent sehen ein großes Problem in der Abwanderung. Was unternimmt die Landesregierung konkret? Was wollen Sie ganz konkret zum Beispiel tun, um kluge Köpfe hier im Land zu halten? Ich habe heute dazu keine Antwort gehört. 74 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer sind ganz klar gegen das Prinzip Ihrer Familienoffensive. Schauen Sie sich doch noch einmal die Tabelle im Thüringen-Monitor an. Drei Viertel der Thüringerinnen und Thüringer wollen mehr staatliche Hilfe für die Kindergärten statt mehr Geld für die Familien. Das ist das Gegenteil von dem, was Sie hier im Landtag
Ein vierter Punkt, der Rechtsextremismus: Er bleibt ein Problem, das sagt auch dieser Thüringen-Monitor. 17 Prozent zeigen sich nach wie vor offen für Naziparolen. Was will die Landesregierung ganz konkret tun? Auch dazu nur Allgemeinplätze.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Angst um die Arbeit, drohende Abwanderung, die Zukunft der sozialen Sicherheit, bessere Bedingungen für die Familie, die Bildung, das sind die Themen, die die Thüringer am meisten interessieren. Aber immer weniger Menschen haben den Eindruck, dass die CDU in der Landesregierung in der Lage ist, diese Probleme zu lösen. Sie haben uns in Ihrer Erklärung eben gesagt, Sie wollen, dass wir gemeinsam wieder
Vertrauen der Bürger für staatliches Handeln gewinnen. Der Thüringen-Monitor sagt uns, seit dem Jahr, in dem Sie Ministerpräsident geworden sind, schwindet das Vertrauen in die Thüringer Landesregierung. Ich sage, das hat doch auch mit Ihrer Politik zu tun, Herr Althaus. Statt sich an den Bedürfnissen der Bürger zu orientieren, wie sie uns im ThüringenMonitor zum Beispiel im Zusammenhang mit der Familienpolitik wieder deutlich gemacht worden sind, folgen Sie Ihren ideologischen Glaubenssätzen. Das gilt insbesondere für die Familienpolitik, aber das gilt auch für andere Punkte. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Sie haben auf die große Zahl der überschuldeten Haushalte hingewiesen. 100.000 sind es auch in Thüringen. Aber nur wenige Minuten später in Ihrer Rede rühmen Sie sich dafür, dass Sie bei den Verbraucherzentralen gekürzt haben. Aber es ist doch genau eine wichtige Aufgabe dieser Verbraucherzentralen, Schuldnerberatung zu machen, mit dafür zu sorgen, dass Menschen nicht in eine solche Situation kommen.
Hier klafft doch die Thüringer Wirklichkeit und das, was Sie tun, extrem auseinander. Oder, Herr Ministerpräsident, Sie reklamieren die im Ostvergleich niedrige Arbeitslosigkeit und einen Beschäftigungszuwachs für sich. Keine Frage, die Zahlen entwickeln sich positiv. Ausruhen können wir uns darauf nicht, denn nimmt man den Beschäftigungszuwachs, so hinken wir sogar noch ein kleines bisschen hinter dem Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer hinterher. Die im Vergleich niedrige Arbeitslosigkeit - das haben uns viele Studien immer wieder gesagt - hat vor allem auch etwas mit der hohen Pendlerzahl in Thüringen zu tun. Deshalb ist es kein Grund für die Landesregierung, sich damit zu schmücken. Wir haben ohnehin immer wieder beobachtet, wenn die Arbeitslosigkeit so wie in den vergangenen Jahren hoch war, dann war die Bundesregierung daran schuld. Geht die Arbeitslosigkeit runter, dann hat es die Thüringer Landesregierung vollbracht. Ich kann Ihnen nur sagen, ich bin der Überzeugung, solche Spielchen helfen Thüringen überhaupt nicht weiter.
Das bringt nichts, Herr Ministerpräsident. Viel wichtiger ist es doch, genau in Augenschein zu nehmen, was eine Landesregierung beeinflussen kann und was sie nicht beeinflussen kann. Das Machbare zu tun, das ist für mich das Entscheidende. Da sage ich, lassen Sie uns doch den günstigen Moment nutzen, wo die Konjunktur anzieht, und nach einer Strategie suchen, wie wir genau diese konjunkturelle Entwicklung auch in Thüringen besser unterstützen und den positiven Beschäftigungstrend stabilisieren können.
In den letzten Jahren, und dafür tragen Sie nun einmal die Verantwortung, sind fast 100 Mio. € an Bundesmitteln für die Wirtschaftsförderung, die zur Verfügung gestanden haben, hier in Thüringen nicht ausgenutzt worden. Das sind viele, viele Arbeitsplätze, die nicht geschaffen worden sind, weil Sie nicht in der Lage waren, die GA gegenzufinanzieren. Gleichzeitig stehen die Firmen im Land Schlange. Es dauert ja mittlerweile ein Jahr, bis zugesagte Gelder dann auch tatsächlich an die Firmen fließen. Oder dann reserviert die Landesregierung Geld für Programme, die nicht funktionieren, ThüringenStipendium beispielsweise, Forschungsschecks, ThüringenKapital. Das sind doch alles Flops. Das sagen uns doch die Fachleute. Trotzdem wird das Geld für diese Programme reserviert. Auf der anderen Seite fährt die Landesregierung - aus ideologischen Gründen oder was weiß ich auch immer - erfolgreiche Programme auf null zurück. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen. Wir hatten ein sehr erfolgreiches Programm für die Förderung erneuerbarer Energietechnologien. Mit diesem Programm ist es gelungen, mit etwa 2,5 Mio. € 16 Mio. € an Investitionen anzustoßen, eine ganze Menge Arbeitsplätze zu schaffen.
Dieses Programm steht nicht mehr zur Verfügung, da steht eine Null im Haushalt. Das läuft suboptimal würde ein selbstkritischer Staatsmann sagen. Es gibt in der Wirtschaftspolitik der Landesregierung immer noch erhebliche Defizite. Ich habe dazu heute überhaupt nichts gehört in Ihrer Regierungserklärung.
Bei der Arbeitsmarktpolitik sieht es nicht besser aus. Es sind im Moment andere, die handeln. Es sind zum Beispiel die regionalen Arbeitsagenturen, die Arbeitsgemeinschaften, die optierenden Kommunen, die haben sich jetzt zu einer konzertierten Aktion zusammengeschlossen. Die wollen den Abbau der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, verstärkt angehen. Von den Arbeitsagenturen, von den Thüringer Kommunen, kommen im Moment die Impulse. Aber ich frage Sie, wo ist der Beitrag der Thüringer Landesregierung? Was machen Sie mit der Landesarbeitsmarktpolitik? Ich habe dazu nichts gehört. Inzwischen ist ja selbst die CDU-Landtagsfraktion beunruhigt darüber und die CDU-Fraktion hat mit uns gemeinsam im letzten Plenum einen Antrag beschlossen, der die Landesregierung eindringlich auffordert, auch auf der Landesebene in der Arbeitsmarktpolitik aktiv zu werden.
Ich kann nur sagen, aufwachen, Herr Ministerpräsident! Sie können etwas tun, um die Kommunen besser zu beraten, Sie können etwas tun, dass sich erfolgreiche Beispiele im ganzen Land verbreiten und
Sie haben mit dem Europäischen Strukturfonds Möglichkeiten in der Hand, eigene Arbeitsmarktpolitik besser auszugestalten als heute. Das wäre optimal, Menschen wieder in Arbeit bringen, mit allen Möglichkeiten, die wir hier in Thüringen zur Verfügung haben.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will an dieser Stelle auch noch einmal sagen, die bestehenden Möglichkeiten der Arbeitsförderung ausnutzen, das ist wichtig, aber es ist uns auch klar geworden, dass das allein nicht reicht. Wir brauchen dringend auch Lösungen für diejenigen, die keine Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt haben, trotz aller Anstrengungen, die sie selbst und andere unternehmen, und davon gibt es einfach zu viele. Denen ist mit dem bisherigen Instrumentarium nicht wirklich zu helfen. Wir stehen als Sozialdemokraten mit dieser Idee nicht allein, dauerhafte öffentliche Beschäftigungsmöglichkeiten im gemeinnützigen Sektor anzubieten. Der Ombudsrat beispielsweise, der die Arbeitsmarktreformen kritisch begleitet hat und Empfehlungen dazu abgegeben hat, stellt fest, ich zitiere das einmal: „Die Frage, wie wir die Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen und die Umsetzung gesellschaftlicher Aufgaben zusammenbringen, muss uns alle weiter bewegen.“ Kurt Biedenkopf hat uns diese Aufgabe ins Stammbuch geschrieben und ich erwarte, dass auch die Thüringer Landesregierung diesen Auftrag ernst nimmt.
Wenn ich das richtig gehört habe, haben Sie Herrn Biedenkopf zu Ihrem Landesparteitag eingeladen, eine gute Gelegenheit, sich vielleicht noch einmal Rat zu holen. Ich würde jedenfalls dafür plädieren.
Werte Kolleginnen und Kollegen, bessere Angebote auf dem Arbeitsmarkt und mehr öffentliche Beschäftigung sind das eine. Menschen brauchen Jobs, keine Frage; Menschen brauchen aber auch Sicherheit. Herr Ministerpräsident, Sie haben Jean-Claude Juncker zitiert und versucht, ihn für Ihre BürgergeldIdee in Anspruch zu nehmen. Ich habe das Interview, das am Montag in der „Frankfurter Rundschau“ stand, auch gelesen. Mal abgesehen davon, dass Jean-Claude Juncker etwas andere Vorstellungen mit seiner Überlegung zu einem Mindesteinkommen hat, als Sie sie mit dem Bürgergeld verbinden, JeanClaude Juncker hat sich in diesem Interview vor allem für soziale Sicherheit ausgesprochen. Das will ich noch mal zitieren, da heißt es: „Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf ein Mindestmaß an Sicherheit, deshalb sollte der unbefristete Arbeitsvertrag die Regel sein. Wer alle sechs Monate um seine berufliche Zukunft bangen muss, kann nicht planen, seinen Kindern keine Perspektive bieten und letztlich auch nicht konsumieren. Diejenigen, die der Mode von
Flexibilität und prekären Arbeitsverhältnissen huldigen, werden noch erleben, was sie damit anrichten.“ Und etwas weiter heißt es: „Deregulierung um jeden Preis bringt letztlich auch die Wirtschaft nicht voran, sie schadet ihr eher.“
Das sind die Kernpositionen von Jean-Claude Juncker in diesem Interview. Da kann ich nur sagen, ganz anders Sie, Herr Ministerpräsident.