Das ist aber nur möglich, weil bereits jetzt auch die Landkreise, nicht nur die Städte und Gemeinden, ganz wesentlich an der Kulturfinanzierung beteiligt sind. Die finanziellen Handlungsspielräume des Landeshaushalts und genauso vieler kommunaler Haushalte haben sich in den letzten Jahren deutlich verringert. Deshalb wird in so mancher kultur- und finanzpolitischen Diskussion vorgeschlagen, jetzt Kultur als Pflichtaufgabe auf allen staatlichen Ebenen zu verankern. Gleichzeitig verweisen Sie auf das Sächsische Kulturraumgesetz.
Meine Damen und Herren, als wir das Kulturkonzept entwickelt haben, haben wir uns mit diesen Fragen befasst und sind zu folgendem Ergebnis gelangt. Ich möchte einmal zitieren aus dem Kulturkonzept, das Ihnen ja hier im Hause vorliegt: „Nach Artikel 30 der Verfassung des Freistaats Thüringen genießen Kultur, Kunst und Brauchtum Schutz und Förderung durch das Land und seine Gebietskörperschaften. Daraus wird deutlich, dass sich Thüringen verfassungsrechtlich zu der Verpflichtung der Förderung
seiner Kulturgüter bekennt. So wünschenswert eine weitergehende Verpflichtung wäre, so wenig erfolgversprechend wäre eine allgemeine gesetzliche Vorgabe zur Statuierung der Kultur als Pflichtaufgabe, denn die bloße Verankerung von Kultur als Pflichtaufgabe sagt nichts über Inhalt und Umfang dieser Pflicht. Wie viel Kultur ist dann Pflicht, reicht ein Theater oder ein Museum oder eine Bibliothek oder die Projektförderung eines Vereins? Aus diesem Grunde hätte eine allgemeine Statuierung von Kultur als Pflichtaufgabe keine über den Artikel 30 der Verfassung des Freistaats Thüringen hinausgehende rechtliche oder gar finanzielle Auswirkung.“ So weit ein Zitat aus dem Kulturkonzept. Darüber hinaus hat die Analyse gezeigt, dass Thüringen und Sachsen bei der Kulturfinanzierung auf unterschiedlichen Wegen zu ähnlichen Ergebnissen gelangen. Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen tragen das Land 56 Prozent und die Gemeinden und Landkreise 44 Prozent der öffentlichen Kulturausgaben. Also auch die sächsischen Kulturräume haben eine entsprechende Aufwendungsmasse, wie wir sie in Thüringen bei den Gemeinden und Landkreisen haben.
Das ist durchaus unterschiedlich. Auch in Thüringen ist dies durchaus unterschiedlich, Herr Abgeordneter Döring, das ist wohl wahr. Gegenwärtig erhalten im Übrigen in Sachsen die acht ländlichen und drei städtischen Kulturräume insgesamt 76,6 Mio. €. Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, wünschen für Thüringen 88 Mio. €, „nobel“ kann man da nur sagen. Es ist deshalb festzustellen, was ich bereits gesagt habe: Mit einem Kulturraumgesetz vermehrt sich das Geld noch nicht und auch die Verteilung des Geldes wird nicht einfacher.
Sicherlich wird der Beitrag des Landes im Sächsischen Kulturraumgesetz für einen jeweilig bestimmten Zeitraum festgelegt, aber auch wir haben in der Vergangenheit in vielfachen Bereichen Festlegungen über die Finanzierung gemacht. In Sachsen wie in Thüringen hängen Art und Umfang der Kulturförderung, wie überall, letztlich davon ab, wie viel Geld in den Töpfen ist.
Ein Weiteres: Wenn in dem Antrag im zweiten Anstrich steht, dass Kulturräume gebildet werden, dann frage ich Sie - auch das hat Sie die Vorsitzende der CDU-Fraktion schon gefragt -, wie Sie solche Kulturräume in Thüringen abgrenzen wollen. Wo wollen Sie Grenzen ziehen? Ist zum Beispiel die Stadt Weimar ein eigener Kulturraum? Wenn ja, dann haben wir dabei wenig gewonnen. Oder wollen Sie histori
sche Gesichtspunkte heranziehen? Wir wissen doch, dass sich im Laufe der Zeit alles auch wieder geändert hat.
Ein weiterer Punkt: So wie ich in Ihrem Antrag lese, wollen Sie die Landkreise und kreisfreien Städte quasi zwingen, Mitglieder von Kulturräumen zu werden. Hier ist natürlich zu fragen, inwieweit das Recht auf kommunale Selbstverwaltung in verfassungskonformer Weise beschränkt oder in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt wird. Hier sind die Verfassungsgrundlagen in Thüringen und Sachsen zu prüfen, ob sie gleich oder unterschiedlich sind.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Ein Kulturraumgesetz mit einer Pflichtaufgabe Kultur ist mit Sicherheit nicht der Stein der Weisen in der Debatte. Gleichwohl, ein solches Modell, wie alle anderen derzeit in Prüfung befindlichen Modelle, muss man genauer untersuchen, deshalb begrüße ich die Initiative der CDU-Fraktion, hier ein Gutachten in Auftrag gegeben zu haben. Die zukünftige Theater- und Orchesterfinanzierung muss, meine Damen und Herren, drei Anforderungen erfüllen. Sie muss der gewachsenen und kulturell wertvollen Thüringer Kulturlandschaft soweit wie möglich Rechnung tragen. Die Theater- und Orchesterfinanzierung muss finanzpolitisch vertretbar sein. Das heißt, sie darf die Finanzkraft des Landes, aber auch der Trägerkommunen jetzt und in der Zukunft nicht überfordern. Und sie muss schließlich den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen, die die Thüringer Verfassung hinsichtlich der Finanzausstattung der Kommunen durch das Land setzt und die vom Thüringer Verfassungsgerichtshof im vergangenen Jahr durch sein Urteil zum Thüringer Finanzausgleichsgesetz konkretisiert worden sind. Meine Damen und Herren, all diese Fragen bedürfen sorgfältiger Prüfung. Schnellschüsse nützen hier niemandem, schon gar nicht den Theatern und Orchestern, für die eine dauerhafte Grundlage geschaffen werden muss. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich bediene jetzt nicht noch einmal das Bild meines Kollegen Dr. Hahnemann von dem Tier und der darauf sitzenden Reiterin. Allerdings hat sich der Eindruck bei mir nach dieser Rede weiter vertieft, dass das Bild richtig ist.
Ich will ein anderes Bild noch einmal benennen. Ich weiß nicht, zu welchem Zeitpunkt ich zum ersten Mal
eine Phrasendreschmaschine als Gag in die Hand bekam, da konnte man Reden zusammenstellen, von wachsender Bedeutung und Rolle usw. So etwas muss es in Ihrem Ministerium geben.
Da kommen dann immer Effektivität, Leistungsfähigkeit, Nachhaltigkeit, Interesse der Nutzer. Zum Schluss, Herr Schwäblein, bitte. Das heißt, wir könnten verschiedene Reden zur Hochschule, zur Bildung, nebeneinanderstellen und Bausteine herausnehmen und dann kommt immer das gleiche Redemuster heraus. Wobei natürlich eines zutrifft: Sie fordern Effektivität und Leistungsfähigkeit. Dann streichen Sie den Hochschulen, den Forschungseinrichtungen, den Schulen, der Schuljugendarbeit, den Theatern und Orchestern Geld weg und dann sagen Sie: „Und jetzt kümmert euch aber um eure Nachhaltigkeit und werdet zu bedeutsamen Leuchttürmen.“
Diese Logik erschließt sich mir nicht, vielleicht könnten Sie mir die noch einmal erläutern. Dann noch ein zweiter Punkt. Zwei Studien haben in der letzten Debatte immer wieder Raum ergriffen, einmal die Seitz-Studie und einmal die Studie zur neuen Armut. Da sage ich Ihnen jetzt, Studien geben immer bestimmte Einblicke in Zustände, die man eben untersuchen lässt. Sie sollen sicher als Beratungsmittel der Politik dienen und dann muss man sich entscheiden. Und - das habe ich vorhin in meiner Rede schon gesagt - wenn ich eine Studie zur Kenntnis nehme von der Dramatik, dass wir in einem der reichsten Industrieländer dieser Welt eine Armutsschicht herausgebildet haben, die letzten Endes infrage stellt, ob diese Politik so weitergehen darf, dann weiß ich, wie ich mich entscheide. Da entscheide ich mich nicht fiskalisch, sondern politisch im Sinne von Humanisierung der Gesellschaft
Dazu muss man übrigens nicht in der PDS sein, da muss man nicht auf der Linken verortet sein, da genügt ein gerüttelt Maß an ethischer Grunderfahrung in seinem Leben und aus Erfahrung gelernt zu haben, um sich so zu verorten, dass Politik die Aufgabe hat, Chancengerechtigkeit, Chancengleichheit, Solidarität, friedliches Zusammenleben und Kommunikationsbereitschaft zu erzielen. Dazu brauchen wir Bildung und Kultur und da dürfen wir an dieser nicht streichen, da müssen wir akzeptieren, dass dort auch Geld investiert werden muss.
Jetzt sagt er, auch das muss Grenzen haben. Die Grenzen, die setzen Sie während Ihrer gesamten Amtszeit und Sie zeigen ständig mit dem Finger auf die anderen und sagen, ihr müsst endlich mal mit eurem Anforderungsgefüge zurückfahren. Ich habe es vorhin schon einmal gesagt, das ist der eine Auftrag und der andere wäre eigentlich ein wirtschaftlicher Auftrag. Da wünschte ich mir von dieser Fraktion in der Mitte ein bisschen mehr Ideenreichtum, was Wirtschaft und Kultur in diesem Land eigentlich gemeinsam erreichen können. Da gehört Kulturtourismus dazu und dazu gehört auch die Nachhaltigkeit und Leuchtkraft von Leuchttürmen. Aber man muss eben beide Seiten dieser Medaille erkennen und beide Seiten dieser Medaille verdienen Beachtung in der Politik und wenn Sie so weitermachen und ständig nur diesen unendlichen und unsäglichen „Ökonomismus“ darlegen, dann schaffen Sie sich letzten Endes als politisch agierende Wesen ab. Sie brauchen sich nicht mehr. Warum sitzen Sie dann hier in den Ministerien? Warum verbrauchen Sie dort das Geld der Steuerzahler oder warum verbrauchen wir das Geld der Steuerzahler? Dann sage ich, haben wir uns selber ad absurdum geführt. Und wenn wir nicht endlich im Denken begreifen, was hier losgeht, dann werden wir letzten Endes eine Gesellschaft erleben, in der die Frage steht, ob demokratische Mechanismen überhaupt noch greifen. Zu denen gehört nämlich Bildung, aufgeklärt sein. Und da, Herr Dr. Krause, möchte ich mit Ihnen, aber nicht jetzt, schon mal die Debatte führen, was Sie damit meinen - Legitimationskrise der Theater und damit der bürgerlichen Gesellschaft. Die bürgerliche Gesellschaft hat auch eine bestimmte demokratische Kultur hervorgebracht. Die plebiszitären Elemente, die wollen Sie auch nicht und diese stellen Sie in Frage. Welches ist denn eigentlich Ihr Gesellschaftsbild? Ich habe den Eindruck, es ist von einer Eiseskälte, die mir wirklich Angst macht.
Es mag das Thema der 10-Mio.-€-Kürzung einer Theater- und Orchesterlandschaft vielleicht nicht der gesamte Grund für die Bewertung des Bildungs- und Kulturanspruchs einer Gesellschaft sein, aber wir sind inzwischen an einem Punkt, wo ich empfinde, dass es inzwischen schon einen Paradigmenwechsel bei den Regierenden gegeben hat und dass irgendwann das Aufwachen vor den geschaffenen Tatsachen zu spät ist. Ich glaube, auch Sie, sehr verehrte Damen und Herren von der regierungstragenden Fraktion, und Sie in den Ministerien, Sie können nicht so weiterwursteln wie bisher.
Sie hatten eine Nachfrage an Frau Abgeordnete Dr. Klaubert. Jetzt kommt die Nachfrage des Abgeordneten Schwäblein. Bitte.
- Entschuldigung - Frau Dr. Klaubert. Ich kann meine Fehler korrigieren, was Sie offensichtlich nicht schaffen. Ich darf jetzt trotzdem meine Frage stellen. Als Sie die Rede des Ministers Prof. Dr. Goebel kritisiert haben, ist Ihnen da eigentlich bewusst gewesen, dass die Rede Ihres Kollegen Kubitzki klang, als würde er das Protokoll der Bitterfelder Konferenz hier verlesen?
Sehr geehrter Herr Schwäblein, ich habe im Moment das Protokoll der Bitterfelder Konferenz nicht bei mir. Ich müsste noch einmal nachlesen und die beiden Redebeiträge vergleichen.
Weitere Wortmeldungen liegen jetzt nicht mehr vor. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.
Zunächst stimmen wir ab über den Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/2355. Für diesen Antrag wurde Ausschussüberweisung an folgende Ausschüsse beantragt: Ausschuss für Wissenschaft,
Kunst und Medien, Haushalts- und Finanzausschuss und Innenausschuss. Dann lasse ich jetzt darüber abstimmen. Wer dafür ist, dass der Antrag der SPDFraktion in Drucksache 4/2355 an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien verwiesen wird, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? Keine Stimmenthaltungen. Bei 1 Gegenstimme so beschlossen.
Wer dafür ist, dass der Antrag der SPD-Fraktion in Drucksache 4/2355 an den Haushalts- und Finanzausschuss verwiesen wird, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? 9 Enthaltungen? Ebenfalls so beschlossen.
Wer dafür ist, dass der Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/2355 an den Innenausschuss überwiesen wird, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? 3 Stimmenthaltungen. Damit auch an diesen Ausschuss überwiesen.
Wir müssten jetzt noch über die Federführung abstimmen. Es ist als federführender Ausschuss der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien vorgeschlagen worden. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön, Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? 1 Enthaltung. Damit ist das auch beschlossen.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD in Drucksache 4/2356. Hier wurde Ausschussüberweisung beantragt an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke schön. Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Damit ist die Ausschussüberweisung mit Mehrheit beschlossen worden.
Dann soll der Antrag weiterhin an den Haushalts- und Finanausschuss überwiesen werden. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dann ist er ebenfalls mit Mehrheit an den Ausschuss überwiesen worden.
Auch hier muss natürlich noch über die Federführung abgestimmt werden, auch hier sicher der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit mit Mehrheit so beschlossen.