Protocol of the Session on October 19, 2006

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, Die Linkspartei.PDS: Wir haben uns nicht verweigert, das ist ein Unterschied.)

Sie ist also jetzt schon Gesetzeswerk, sie ist Bestandteil des Staatsvertrags und die jüngste Diskussion ging nur dahin, ob man eventuell mit einem Kraftakt heute Morgen noch mal einen neuen Staatsvertrag anregt, der die damalige Beschlussfassung wieder aufheben lässt.

Da ist vom Minister realistisch eingeschätzt worden, selbst wenn man das wollte, es ist in den zweieinhalb Monaten bis Jahresende nach den Erfahrun

gen der letzten Jahre schier nicht mehr umsetzbar. Die Einigung der Ministerpräsidenten geht vielleicht noch relativ schnell, die Ausarbeitung des Staatsvertrags durch alle Staatskanzleien dauert dann schon ein paar Tage länger und die Befassung in allen 16 Landtagen ist realistischerweise bis Jahresende nicht hinzubekommen.

Aber es muss auch gefragt werden: Macht das wirklich Sinn? Ich verweise jetzt schon mal auf die technische Entwicklung, die das Nutzerverhalten verändern wird. Da kann ich jetzt nicht darüber reden, sind es erst 2 oder 4 Prozent. Es ist abzusehen, dass sich die Nutzung der PCs für dieses Segment „multimedialer Empfang“ bewusst oder unbewusst steigern wird. Viele werden ja dann gar nicht merken, dass sie einen PC gekauft haben, und ihn ins Wohnzimmer stellen. Sie nutzen dann einfach die Oberfläche, die ihnen eine herkömmliche Fernbedienung simuliert, aber es ist dann technisch ein PC und der Empfang geschieht dann auch regelmäßig über das Internet.

Wir haben im Moment gerade einen großen Streit der Plattformen. Es ist überhaupt noch nicht abzusehen, welches System der Kommunikation sich durchsetzen wird. Wir haben die Möglichkeit, sowohl Programme als auch Daten über Satellit zu empfangen. Wir haben die klassische Form über das Telefonkabel, das aber durch eine verstärkte Nutzung des höheren Frequenzbereichs jetzt deutlich mehr macht als nur Telefon, das sogenannte DSL (Digi- tal Subscriber Line), hier in der Form des Asynchronnetzes, also vermehrt Bandbreite für den Empfang bereitzustellen als für das Aussenden, was dem herkömmlichen Nutzerverhalten auch entspricht. Wir haben aber auch parallel dazu eine Entwicklung, dass man versucht, alles über das Kabel anzubieten, also die Dreifachangebote, die Telefonie, den Datenempfang und auch den Empfang von Hörfunk- und Fernsehprogrammen über das Kabel zu bündeln. Genauso versuchen andere Anbieter, das Ganze über das Telefonkabel zu bündeln. Sie müssen sich nur das Filmangebot von der Telekom anschauen, wo sie mit hoher Bandbreite heute schon eine Auswahl - ich glaube - im Moment von 100 bis 150 Filmen haben, und das wird zunehmen. Insoweit ist die Entwicklung nicht absehbar. Eine Gesetzgebung muss aber solche technischen Entwicklungen grundsätzlich im Blick haben, offen sein dafür und dabei - ich betone das - das öffentlich-rechtliche System auf Dauer finanzierbar halten.

Insoweit ist hier eine vorsorgliche Gesetzgebung gemacht worden, über deren Auswirkung man im Detail ja wirklich sprechen kann. Ich bin dankbar, dass die Klarstellungen jetzt gekommen sind. Ich mache es nicht, aber man könnte sich jetzt richtig auf die Schulter schlagen. Schauen Sie bitte in das Proto

koll vom 27. Januar. Ich persönlich habe von diesem Pult aus bereits damals auf die Sperrwirkung von Rundfunkgeräten verwiesen. Die 5,52 € tauchen direkt im Protokoll auf, weil nämlich der Gesetzestext aussagt, neuartige Rundfunkempfangsgeräte sind dann nicht zusätzlich gebührenpflichtig, wenn ein herkömmliches Rundfunkgerät vorgehalten wird. Rundfunk ist nach der Definition sowohl Hörfunk als auch Fernsehen. Wenn da also nichts definitiv anderes steht, dass unbedingt eine volle Gebühr erhoben wird, tritt die Sperrwirkung - mit dem gesunden Menschenverstand interpretiert, das scheint sich nun tatsächlich durchzusetzen - bereits dann ein, wenn ein Radiogerät vorgehalten wird. Richtig ist es, auch jetzt noch mal die Klarstellung zu treffen, dass dies bereits dann geschieht, wenn im Dienstwagen des Geschäftsführers das dort immer vorhandene Autoradio tatsächlich auch angemeldet ist. Die Proteste, die jetzt gekommen sind, lassen den Verdacht aufkommen, ob denn wirklich auch jedes Radiogerät im kommerziellen Bereich angemeldet ist. Die gesetzliche Pflicht dazu besteht seit vielen, vielen Jahren.

Jetzt frage ich Sie alle, die wir ja mitten im Leben stehen - ich gehe jedenfalls fest davon aus: Gehen Sie mal in eine Autowerkstatt, gehen Sie in eine Tischlerei, gehen Sie in irgendeinen Handwerksbetrieb - Sie werden mindestens ein Radio vorfinden, das irgendwo den Arbeitsalltag der Beschäftigten etwas erleichtert. Nach dem Gesetz ist dafür immer eine Rundfunkgebühr in der kleinen Form von im Moment 5,52 € fällig. Aber damit ist auch regelmäßig dann der Computer, mit dem die Steuererklärung heute ja per Internet abgegeben werden muss, schon abgedeckt nach der Gesetzgebung, so dass also diese fatalen Folgen, die uns gerade Verbände und Vereine hier nahegebracht haben, regelmäßig nicht eintreten. Da ist sehr viel Polemik passiert und ich hoffe, dass wir die wieder ein Stück zurückholen, sie ist nicht angemessen. Sie ist aber mit der Vehemenz, wie sie vorgetragen wurde, kritisch zu sehen. Es wurde leichthin von einer Zwangsgebühr gesprochen, und das von Verbänden, die sich selber den Vorwurf gefallen lassen müssen, eine Zwangsmitgliedschaft gutzuheißen. Insoweit wackelt die Argumentation ein klein wenig und ich bitte da um verbale Abrüstung.

Wir sollten uns darüber unterhalten, wie es in der Zukunft weitergeht, und da bin ich offen für die Debatte, was kann man tun. Ich habe auch beim letzten Mal hier schon ausgeführt, historisch war es zu begründen, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Sytems an Geräte zu binden. Nach dem Zweiten Weltkrieg - ich erzähle das noch mal für die Zuhörer und Zuschauer auf der Tribüne - ist das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem in Deutschland etabliert worden, und weil es nur sehr wenige Empfangsgeräte gab, hat man die Finanzierung an Empfangs

geräte gebunden. Später hat die Zahl dieser Geräte zugenommen, dann tauchten sie schon in jedem Haushalt auf. Das war am Anfang sehr ungewöhnlich, gerade was Fernsehgeräte anbetrifft. Mittlerweile gibt es heute mindestens ein halbes Dutzend Radiogeräte und regelmäßig auch mehr als ein Fernsehgerät in jedem Haushalt, so dass man sinnvollerweise dann die Zweitgerätebefreiung eingeführt hat und jetzt dahin kommen müsste, weg von den Empfangsgeräten zu kommen. Denn es wird auch bei den PCs spannend: Wann sind sie denn empfangsfähig? Haben sie ein Empfangsteil fest eingebaut, denn es gibt ja auch den direkt möglichen Empfang von Rundfunkwellen an PCs - manche sind fest eingebaut, andere arbeiten einfach mit einem Stick und DVB-T ist ein Begriff, der zumindest der jüngeren Generation mittlerweile schon geläufig ist. Das ist heute mit ganz kleinen, fingergroßen Zusatzgeräten möglich, so dass dann auch der Nachweis, ist das Gerät tatsächlich zum Empfang genutzt worden, schwierig wird und zu kriminalistischen Exzessen führen würde. Das ist schier nicht zumutbar, weder denen, die das dann kontrollieren müssen, noch der Bevölkerung, die sich einem Generalverdacht ausgesetzt sieht. Also, wir sollten dauerhaft unser öffentlich-rechtliches System finanziell absichern. Nun sind die Überlegungen nicht neu. Man hat - ich bin übrigens auch ein Verfechter dieses Vorschlags - ernsthaft überlegt, ob man das nicht an Haushalte knüpft und an Unternehmen, pro Unternehmen, damit aber auch pro Standort, damit auch wirklich alle erfasst sind, auch die Großen, die viele Filialen haben, sollten nicht bloß mit einer Rundfunkgebühr durchkommen, und pro Haushalt. Jetzt haben wir aber auch in diesem System, wie häufig in dieser Republik, die soziale Komponente enthalten. Wir sind ein Sozialstaat und im Moment ist es gut und richtig und sollte auch in Zukunft so sein, dass bei besonderer finanzieller Schwäche trotzdem der Empfang öffentlich-rechtlicher Rundfunkprogramme möglich ist. Also gibt es jetzt vielfach die Befreiung von diesen Gebühren, was aber dann im Falle einer Umstellung auf eine Haushaltspauschale dazu führen müsste, dass überprüft werden muss, ob alle Haushaltsangehörigen sozial schwach sind. Das hat bei den letzten Verhandlungen dazu geführt, dass die datenschutzrechtlichen Bedenken dieses bundesweiten Abgleichs genau dieses Modell erst einmal verhindert haben. Also die Datenschützer haben da Riesenprobleme gesehen, eine bundesweit einheitliche Erhebung auf mögliche soziale Belastungen durchzuführen, und deshalb ist diese durchaus logische Lösung im Moment erst einmal noch nicht erfolgreich gewesen. Die Stimmen, es jetzt doch zu machen, mehren sich. Vielleicht lassen sich die Bedenken der Datenschützer reduzieren. Es gab einen anderen Vorschlag, das pro erwachsene Person zu erheben. Ich glaube, er kam von der FDP.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Steuerfinanzie- rung?)

Dazu komme ich auch noch, das wäre dann die dritte Variante. Ich habe das schon nicht vergessen. Vielen Dank für den Hinweis.

Bei dem Lösungsansatz, es pro erwachsene Person ab 18 Jahre vielleicht mit 10 € pro Person zu regeln, kommt man dann aber auch wieder auf ein soziales Problem. Falls es Familien gibt - und wir freuen uns, dass es sie tatsächlich noch in erklecklicher Zahl gibt -, die mehrere erwachsene Kinder haben, die noch über kein eigenes Einkommen verfügen, wäre dann bei diesen Familien eine besondere Belastung vorhanden. Also auch dieses Problem ist noch nicht geklärt.

Dann kommt man auf den Vorschlag hier, dann lasst uns doch eine zusätzliche Steuer erheben. Da kommen wir aber zu unserer deutschen Spezifik. Aus gutem Grund, ich will das extra noch einmal betonen, ist der Rundfunk Ländersache, weil wir ihn an den Kulturbegriff knüpfen und Kultur Länderhoheit ist. Gelingt uns das nicht, das auf Dauer festzuhalten, wird Rundfunk als Wirtschaftsgut angesehen und unterliegt der europäischen Regulierung. Dann ist das öffentlich-rechtliche System in Deutschland zumindest hochgradig gefährdet. Denn damit lässt sich dann die Gebührenfinanzierung nur noch ganz schwer durchsetzen. Bei der Steuer kann man abschätzen, beim momentanen Gebührenaufkommen von etwa 7 Mrd. € im Jahr bedeutete das, dass man eine bundesweit einheitliche Verbrauchssteuer - nehmen wir nur einmal als Beispiel die Mehrwertsteuer - um eineinhalb Prozentpunkte erhöhen müsste. Damit gerät, wie die Verfassungsrechtler zu Recht vorgebracht haben, die Staatsferne des Rundfunks in eine schwierige Debatte. Denn das ist ein weiterer Vorteil unseres Systems, dass wir nämlich diese Staatsferne des Rundfunks haben und hochhalten sollten.

Was ist jetzt zu tun? Wir plädieren dafür, dass die Ministerpräsidenten sich mit dem Intendanten ein neues System der Finanzierung ausdenken. Ich bitte aber darum, dass man den Interpretationsspielraum der Intendanten deutlich einschränkt. Ich bin sonst für eine sehr allgemeine Gesetzgebung, aber man darf nicht wieder zulassen, dass man darüber nachdenkt, soll es nur die volle Gebühr oder die kleine Gebühr sein, da sollte sich die Logik durchsetzen und wir sollten das fixieren. Wir sollten auch diese Spielräume, ist nun das Autoradio im Dienstwagen des Geschäftsführers bereits ausreichend, die Sperrwirkung zu entfalten, nicht dem Interpretationsspielraum irgendwelcher Rundfunkkommissionen überlassen, sondern gesetzlich klar regeln.

Jetzt komme ich zum Antrag der SPD. Ihr Entschließungsantrag liest sich gut, ich finde ihn auch ganz nett, aber er ist ziemlich flüssig, er ist sogar überflüssig.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sehr witzig.)

Denn bereits im Januar 2005 ist das, was Sie jetzt klären wollen, geregelt worden. Es hat eigentlich nur noch einer Klarstellung bedurft, ja, so wie wir es damals gesetzgeberisch gefasst haben, so verstehen wir es auch und das ist mittlerweile passiert, so dass wir also Ihrem Entschließungsantrag nicht zustimmen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte von hier aus mal einen Appell an die Macher des öffentlich-rechtlichen Rundfunks senden. Zunehmend wird infrage gestellt, ob man tatsächlich dafür bezahlt, ob man es sieht oder nicht. Warum kommt diese Frage auf? Wir haben eine beträchtliche Zahl von Leuten, die sich mittlerweile vom privaten Fernsehsystem mehr versprechen, sich von dort auch mehr angezogen fühlen. Jetzt müssen Öffentlich-Rechtliche fragen: Haben sie etwas falsch gemacht? Die Antwort, die ich sehe, halte ich nicht für gut, nämlich die Formate der Privaten schlicht nachzumachen und sie teilweise an Banalität auch noch zu übertreffen. Das ist eine ganz, ganz gefährliche Entwicklung.

(Zwischenruf Abg. Dr. Fuchs, Die Links- partei.PDS: Jetzt stimme ich Ihnen mal zu.)

Danke, das ist recht so,

(Heiterkeit im Hause)

denn mit dieser Banalisierung sägt sich das öffentlich-rechtliche System den Ast ab, auf dem es sitzt.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Richtig.)

Wenn wir nicht mehr

(Beifall bei der CDU)

den kulturellen Anspruch und den gesellschaftlichinformatorischen Anspruch hochhalten, dann haben wir als Gesetzgeber irgendwann tatsächlich ein Problem, diese Gebühr zu rechtfertigen. Das wird ganz, ganz kritisch.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Dann brauchen Sie nur mal die Sportschau anzuschauen.)

Es ist teilweise äußerst kritisch, was passiert, und im Moment ist es noch so. Es gibt eine Entwicklung, dass der Informationsgehalt der Öffentlich-Rechtlichen besser ist als der der Privaten. Die haben aber auch dazugelernt. Noch ist es so, dass tatsächlich über Hintergründe - auch politische Hintergründe - das öffentlich-rechtliche System weitaus mehr informiert. Der Nachrichtenanteil der Privaten hat sich erhöht, aber wenn man sich jetzt mal Inhalte anschaut, da geht es vor allem um Katastrophen, Verkehrsunfälle, Promigeflüster - ich belege es mal positiv - und wenig tatsächliche Wertevermittlung, Informationen für die Allgemeinheit. Aber auch die Boulevarisierung des Öffentlich-Rechtlichen schreitet voran. Insbesondere nicht nur die Vergleichbarkeit, sondern, man muss schon sagen, Verwechselbarkeit der Vorabendprogramme sind ein Alarmzeichen. Ein weiteres Alarmzeichen ist, dass man Kultursendungen regelmäßig, wenn es gut geht, nach 23.00 Uhr, teilweise aber auch nur noch nach 24.00 Uhr vorfindet. Die Reduktion von Kinderprogrammen nur noch auf den Kinderkanal und eventuell das Sonntagfrühprogramm halte ich persönlich nicht für akzeptabel, um es mit dieser Deutlichkeit auszudrücken. Das öffentlich-rechtliche Programm hat bei allen Schwierigkeiten des Formats weiterhin Integrationsprogramm zu sein. Die Segmentierung der Gesellschaft ist schon weit fortgeschritten. Wenn wir aber nicht Angebote zur Integration machen, wird der Egoismus in dieser Gesellschaft auch noch durch das Öffentlich-Rechtliche befördert. Dazu sollten wir nicht schweigen, wir sollten den Dialog mit den Machern suchen und ihnen sagen, dass wir bezüglich der Rechtfertigung des öffentlich-rechtlichen Systems in einem Boot sitzen. Wir als Gesetzgeber sichern ihnen die Finanzierung und sie haben durch Qualität des Programms diese Finanzierung am Ende auch zu rechtfertigen.

(Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Krapp zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, ich möchte keinen Zweifel daran lassen, dass ich es für rechtlich möglich halte, dass diese Gebühr von 5,52 € auf internetfähige PCs erhoben wird. Ich möchte allerdings in Zweifel stellen, ob dieses rechtlich zwingend ist. Wenn ich in § 11 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags schaue, ist dort in dieser Sache geschrieben, dass bis zum 31. Dezember 2006 für Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben kön

nen, Gebühren nicht zu entrichten sind. Das ist ganz klar ein Verbot von Gebührenerhebungen bis Ende dieses Jahres für diese Rechner, aber es ist kein Gebot, solche Gebühren einzuführen ab Anfang nächsten Jahres. Da dieser Verhandlungsspielraum auf der Ministerpräsidentenkonferenz bis zum Schluss besteht, bin ich gegen den Entschließungsantrag der SPD, der hier aus der Legislative heraus die Exekutive festnageln will.

Ich möchte auch die Frage stellen, ob es politisch klug ist, diese Gebühreneinführung jetzt zu beschließen. Sicher, mit dieser Gebühreneinführung würde eine nur sehr kleine - wie Minister Wucherpfennig ja gesagt hat - Erhöhung des Aufkommens an Gebühren einhergehen, aber ich befürchte, dass damit eine Verringerung der Akzeptanz der Rundfunkgebühr verbunden ist. Das Medienecho hat dies ja in der Vergangenheit, in den letzten Tagen und Wochen, sehr deutlich gemacht. Die „Süddeutsche Zeitung“ spricht am 1. September von „Finanzakrobatik“ oder im Pressedienst des Deutschen Bundestags lese ich, dass der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Bleser, und die Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Julia Klöckner, von „modernem Raubrittertum“ im Zusammenhang mit dieser Frage sprechen. Das mag etwas sehr drastisch ausgedrückt sein, aber, ich denke, das zeigt doch, dass hier noch Besprechungsbedarf besteht.

Ich möchte aus meiner Sicht nur drei Aspekte dieses Besprechungsbedarfs hier mal andeuten; einen technischen Aspekt, einen finanziellen Aspekt und einen juristischen Aspekt.

Folgendes zum technischen Aspekt: Kollege Schwäblein hat ja schon angedeutet, dass man in PCs ein Empfangsteil einstecken kann, mit dem zum Beispiel DVB-T empfangen werden kann. Wenn ein PC ein solches Empfangsteil eingesteckt bekommt, ist er tatsächlich ein Rundfunkempfangsgerät. Da gibt es gar keinen Zweifel. Hier geht es aber um etwas anderes. Hier geht es um Rechner, die internetfähig sind, und da muss man schon mal die Frage stellen können, ob das dann ein Empfangsgerät ist im Sinne des Gesetzes. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag hat in seinem § 1 Abs. 1 ausgeführt, dass Rundfunkempfangsgeräte im Sinne dieses Staatsvertrags technische Einrichtungen sind, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen geeignet sind. Wenn man Rundfunkangebote über das Internet nutzt, hat man auf jeden Fall eine Zeitversetzung zu akzeptieren, denn diese Sendungen sind vorher auf der Festplatte des Servers aufgezeichnet worden, sind digitalisiert worden. Also eigentlich geht es um eine Wiederga

be von empfangenen Sendungen und insofern ist ein internetfähiger PC vergleichbar mit einem Videoabspielgerät, welches auch Rundfunksendungen wiedergeben kann. Nun mag mancher das als Haarspalterei betrachten, mag sein, aber ich möchte eine Wette eingehen, dass, wenn ich hier diese Haarspalterei nicht betreiben würde, es andere tun werden. Ich denke, ein Staatsvertrag oder ein entsprechendes Gesetz müsste diese Dinge im Vorhinein schon geklärt haben. Das zeigt, dass ein hoher Novellierungsbedarf besteht in diesem Bereich der Staatsverträge, insbesondere des Rundfunkgebührenstaatsvertrags. Das zum technischen Aspekt.

Nun ein finanzieller Aspekt, also ich meine damit Entgeltabgabe: Die Rundfunkgebühr, wie wir sie kennen, die gebunden ist an Rundfunkempfangsgeräte, ist ja vor langer Zeit eingeführt worden, weil es technisch gar nicht anders ging. „Broadcasting“ nennen wir ja auch Rundfunk, also von einem Punkt wird gesendet an eine unbekannte Zuhörer- oder Zuschauerschaft. Die konnte man nicht anders zur Kasse bitten als über eine Gebühr, die am Gerät hängt. Die Technik ist inzwischen weit darüber hinausgegangen, und wenn man sich am Internetrechner Hörfunk oder Fernsehen zu Gemüte führt, dann ist man bekannt mit seiner Adresse vom Server aus gesehen. Ich will also damit sagen, es ist nicht mehr Broadcasting-Kommunikation, sondern bidirektionale Kommunikation, wo Anbieter und Nutzer bekannt sind. Da kann man, weil ein Rückkanal existiert, sich auch andere Entgeltmöglichkeiten vorstellen. Natürlich wollen wir nicht, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun zu einem Pay-TV-Kanal entartet. Also auch hier ist der Bedarf dringend angezeigt, dass der Rundfunkgebührenstaatsvertrag überarbeitet werden muss.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Schließlich möchte ich noch einen rechtlichen Aspekt nennen. Ich denke, dass ich nicht falsch liege, dass die Rundfunkveranstalter auch Sendungsteile absenden, die urheberrechtlich geschützt sind, wo entsprechendes Entgelt an die Urheber gezahlt wird von den Veranstaltern. Ich vermute jetzt einmal, dass die Höhe dieses Urheberentgelts auch davon abhängt, wie groß das Verbreitungsgebiet ist. Das Verbreitungsgebiet ist bisher durch die klassischen Frequenzen definiert. Wenn diese Programme ins Internet gestellt werden, sind sie global verfügbar und damit entsteht ein neues urheberrechtliches Problem. Nun könnte man sagen, das ist Sache der Programmveranstalter, richtig, aber letztendlich könnte das auch auf uns zurückfallen, wenn dadurch Mehrkosten entstehen, die auf die Gebühr umgelegt werden müssen. Also auch hier dringender Bedarf der Nachbesserung der entsprechenden Staatsverträge. Meine Bitte an die Landesregierung ist, dass man offen in die Diskussion geht in der Ministerpräsiden

tenkonferenz, auch diese Aspekte kritisch mit prüft und auf jeden Fall die Voraussetzungen schafft, dass bald diesem dringenden Bedürfnis nachgegangen wird, die Rundfunkstaatsverträge, insbesondere den Rundfunkgebührenstaatsvertrag zu novellieren.

(Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat sich noch einmal der Abgeordnete Schwäblein zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter Blechschmidt, wollten Sie eine Frage stellen oder ist das eine Redemeldung?

(Zuruf Abg. Blechschmidt, Die Linkspar- tei.PDS: Ich möchte bitte danach reden.)

Sie bekommen diese Möglichkeit natürlich danach.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eben noch nicht alles gesagt, ich muss jetzt meinem Kollegen Dr. Krapp in einem Punkt massiv widersprechen. Die Ministerpräsidenten haben heute und morgen nicht mehr zu beschließen, ob diese Gebühr für internetfähige Computer eingeführt wird. Sie ist es bereits durch die Gesetzgebung, durch den Staatsvertrag, den wir hier im Januar 2005 beschlossen haben

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Er hat es doch ge- rade anders erzählt.)

und der zum April 2005 in Kraft getreten ist - ein gesetzgeberischer Fakt, der bitte von jedem zur Kenntnis genommen werden sollte. Die Diskussion, die aufgebrochen ist, war jetzt nur die, ob man mit einem neuerlichen Staatsvertrag die damalige Beschlussfassung infrage stellen soll. Dazu gibt es außer dem tatsächlichen Umfang dessen, was an Gebühren anfällt, keine Begründung, aus der Höhe nicht und aus der Systematik eben auch nicht. In aller Deutlichkeit: Jetzt ist ein technischer Aspekt aufgeworfen worden, ich versuche es abzukürzen, das machen wahrscheinlich jetzt die Spezialisten unter sich aus, dieser Zeitverzug, der angeblich begründet, dass damit kein Rundfunk im klassischen Sinne mehr gegeben ist. Lieber Dr. Michael Krapp - er hört jetzt nicht ganz zu und deshalb versuchen wir seine Aufmerksamkeit zu gewinnen -, tatsächlich tritt über die Verbreitung über das Internet ein Zeitverzug ein, weil in zig Servern zwischengespeichert wird, bevor es dann, wenn die Pakete groß genug sind, weitergegeben wird. Genau das gleiche technische Verhalten ist notwendig, um Rundfunkprogramme digital zu verbreiten - entweder über Satellit oder über Kabel oder

über Antenne via DVB-T. Es hat der eine oder andere oder die eine oder andere vielleicht auch schon gemerkt, in einem Haushalt, wo nebeneinander gleichzeitig herkömmliche Geräte stehen, die mit Antenne analog empfangen, und Geräte, die kabelgebunden sind, bereits da ist der Zeitunterschied schon zu registrieren. Er beträgt etwa zwischen anderthalb und fünf Sekunden. Wenn das Kriterium des Zeitverzugs herangenommen würde, um zu erklären, das ist nicht mehr Rundfunk, dann ist mit der Digitalisierung der klassische Rundfunkbegriff kaputt. Ich verstehe nicht, wie man diese Debatte aufwerfen kann. Das ist eine technische Weiterentwicklung, mittels neuer Medien transportiert, aber vom Grundgedanken her, Information ungefragt an alle, die es empfangen wollen, auszustrahlen, auszusenden, zu übertragen, immer noch das Gleiche. Jetzt müsste bei der Fortentwicklung dieses Gesetzes, Herr Minister Wucherpfennig, genau das auch berücksichtigt werden.