Protocol of the Session on June 9, 2006

Sie haben in Ihrer Antragsbegründung letztlich geschrieben, es sei nicht schlüssig nachzuvollziehen, welche Aufgaben künftig von welcher Behörde geleistet werden sollen. Das stimmt so nicht, Herr Pilger, wir haben darüber gesprochen. Die Landesregierung hat darüber informiert. Wir haben auch letztendlich gesagt, welche Aufgaben in welchem Umfang auf die kommunale Ebene verlagert werden sollen, welche Aufgaben weiter eigenständig erfüllt werden sollen und welche Aufgaben letztendlich auch im Sozialministerium oder im Landesverwaltungsamt angegliedert werden können. Das haben wir sehr wohl im Ausschuss besprochen. Ich denke schon, wir sollten dies auch in dieser bewährten Form weiter tun. Wir möchten - und das spreche ich ganz deutlich für die CDU-Fraktion an - die Betroffenen nicht weiter verunsichern. Wir möchten aber auch ein schlüssiges Konzept gemeinsam miteinander im Sozialausschuss besprechen können, ohne dass wir damit gleich jeden Zwischenstand in der Öffentlichkeit ausbreiten müssen. Wir möchten deswegen darum bitten, dass der Antrag der SPD-Fraktion im Sozialausschuss weiterberaten werden kann. Sehr wohl habe ich auch die Ankündigung des Ministers ge

hört, dass innerhalb von sechs Monaten auch der geforderte Bericht in diesem Umfang zur Verfügung gestellt werden kann. Ich bitte Sie deshalb herzlich um Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Herr Minister Zeh, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frau Jung, Sie haben Ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, dass ich keinen Sofortbericht gegeben habe. Herr Pilger hat sogar von Verweigerungshaltung gesprochen. Dann darf ich Sie darauf hinweisen, dass die Geschäftsordnung im Falle von Berichtsersuchen ein halbes Jahr vorsieht. Das ist unsere Geschäftsordnung, das hat mit Verweigerungshaltung nichts zu tun.

(Zwischenruf Abg. Pilger, SPD: Das war das zweite Mal.)

Ich halte mich an diese Geschäftsordnung.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen ist ein Sofortbericht die Ausnahmeregelung nach unserer Geschäftsordnung.

Zweitens haben Sie in Ihrem Antrag sehr viele Ergebnisse abgefragt. Ich hatte gesagt, dass wir im Moment gerade in den Verhandlungen sind und deshalb auch noch keine Ergebnisse vorliegen. Deswegen kann ich diese Ergebnisse auch nicht in einem Sofortbericht hier wiedergeben. Wir haben natürlich einen Fahrplan, Herr Pilger. Wir haben kein Chaos angerichtet, wie Sie es sagen, sondern ich sage ausdrücklich noch einmal, in dieser Frage geht Sorgfalt vor Schnelligkeit. Wir haben uns einen Fahrplan vorgegeben. Wir sind mit diesem Fahrplan immer noch im Zeitlimit dessen, was wir uns vorgegeben haben. Wir haben alle Anregungen auch einbezogen in die Gespräche. Wir haben mit Personalräten gesprochen, wir haben mit betroffenen Kollegen gesprochen. Wir haben mit den kommunalen Spitzenverbänden gesprochen, wir sprechen auch noch mit allen weiterhin.

Herr Minister Zeh, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Kuschel?

Am Ende bitte.

Alles wurde bedacht, aber am Ende müssen wir entscheiden. Das hat doch nichts mit Machtbesessenheit und Ignoranz zu tun, Herr Pilger, das ist unsere Aufgabe. Wir müssen am Ende eine Entscheidung fällen. Wir müssen natürlich alles bedenken, aber am Ende steht eine Entscheidung und die haben wir, was das Konzept angeht, auch bereits vorgelegt. Wir haben fünf Module, was die Behördenstrukturreform im Bereich der Sozialverwaltung angeht, vorgesehen. Das erste Modul ist die Frage der Eingliederung des Landesjugendamts in die oberste Behörde, in das Ministerium. Das hatte ich bereits an vielen Stellen referiert. Das ist bereits auch mit großem Erfolg umgesetzt worden. Wir haben im Bereich des Arbeitsschutzes einen Landesbetrieb vorgesehen. Auch dies ist bereits ab 01.01. dieses Jahres gegründet worden und alle Maßnahmen werden zurzeit für die Umsetzung des Konzepts durchgeführt. Wir haben über Privatisierung nachgedacht. Wir hatten eine Privatisierung von Aufgaben ins Auge gefasst und sind in diesem Fall der Meinung, dass im Bereich des Zuwendungsrechts und der Rechnungsprüfung Möglichkeiten der Privatisierung bestehen. Auch hier sind wir im Gespräch; auch das habe ich an verschiedenen Stellen bereits dargestellt. Jetzt kommt die umfangreiche Aufgabe der Kommunalisierung. Hier sind wir eben noch im Gespräch mit den Kommunen. Herr Panse hat darauf hingewiesen, dass zurzeit Wahlen stattgefunden haben, dass es Gremien neu zu besetzen gilt bei den Kommunen, so dass die Kommunen verständlicherweise zögerlich sind bei der Bewertung der Gespräche. Ich meine, wir sollten der Fairness halber auch die Selbstfindung der Kommunen an dieser Stelle durch die Wahlen auch abwarten.

Das fünfte Modul in diesem Bereich ist die Frage, wie die Aufgaben des Landesamts für Soziales und Familie integriert werden können in das Landesverwaltungsamt Weimar, wobei das nicht heißt, dass das einen Umzug erfordert, sondern dass natürlich in Suhl die Aufgaben verbleiben. Das sind all die Aufgaben, die wir nämlich nicht kommunalisieren können. Das ist das Konzept. Das habe ich an verschiedenen Stellen bereits so dargestellt. Das ist auch keine Verweigerungshaltung, kein Chaos. Ich wiederhole noch einmal, hier geht Sorgfalt vor Schnelligkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke. Bitte die Nachfrage, Herr Minister Zeh, vom Abgeordneten Kuschel.

Herr Minister, Sie hatten darauf verwiesen, dass Sie in Verhandlungen stehen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Nach uns vorliegenden Informationen ruhen aber diese Verhandlungen seit geraumer Zeit. Können Sie deshalb noch einmal erläutern, mit wem Sie dort konkrete Verhandlungen führen und wie sie sich gegenwärtig darstellen.

Den kommunalen Spitzen wurde das Konzept zugeschickt. Der Landkreistag hat sich bereits schriftlich geäußert. Der Gemeinde- und Städtebund hat sich noch nicht schriftlich geäußert. Wir werden den Verhandlungsfaden natürlich wieder aufgreifen, wenn die Konstituierung bzw. die Gremien uns signalisieren, dass eine Meinungsbildung bei den kommunalen Spitzen vorangegangen ist.

Weitere Nachfragen? Bitte, Herr Abgeordneter Kuschel.

Herr Minister, Sie haben darauf verwiesen, dass Sie den kommunalen Spitzenverbänden ihr Konzept zugesandt haben mit der Bitte um Stellungnahme. Können Sie sagen, wann das war?

Da muss ich mal in die Unterlagen schauen, wann das war terminlich; irgendwann im März, April. Aber da will ich mich jetzt nicht festlegen.

Gut. Danke.

Es laufen sehr viele Briefe ständig hin und her, da kann ich nicht jedes Datum im Kopf haben. Das werden Sie sicherlich verstehen.

Ich beende die Aussprache. Es ist die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt worden. Wir stimmen über diesen Antrag ab. Wer für die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Es gibt keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist einstimmig die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beschlossen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Landesblindengeld wieder einführen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/1984 -

Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Es liegt mir im Moment eine Wortmeldung vor, Frau Abgeordnete Künast aus der SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein Grundsatz bei der Leitung von Unternehmen besteht darin, dass man zwar Fehler machen darf, nicht machen muss, dass aber Wiederholungsfehler unverzeihlich sind. Wird nämlich der gleiche Fehler wiederholt, dann kann man mit Fug und Recht davon ausgehen, dass Uneinsichtigkeit vorliegt. Bei Großunternehmen, von denen ich hier rede, führt dies unweigerlich zum Austausch der Unternehmensleitung.

Meine Damen und Herren, die Streichung des Landesblindengeldes in Thüringen war und ist ein Fehler der Landesregierung. Es war ein Fehler, damals der niedersächsischen CDU-Landesregierung zu folgen und sich bundesweit an die Spitze eines unverantwortlichen Sozialabbaus zu setzen. Blinden und sehbehinderten Menschen Leistungen zu entziehen, ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erschweren und mit diesen Mitteln den Haushalt zu sanieren, das war und ist unverantwortlich. Nun erleben wir in diesen Tagen, dass manches im Lande Niedersachsen wechselhaft und nicht von großer Dauer ist. Wenn dann in Niedersachsen sogar das Volk aufbegehrt und in kurzer Zeit 200.000 Unterschriften für die Wiedereinführung eines Blindengeldes zustande kommen, dann, meine Damen und Herren, fördert dies offenbar die Einsichtsfähigkeit einer Landesregierung unter christdemokratischer Verantwortung. Wenn gar die Landesregierung in Niedersachen und der dortige Blindenverband eine ge

meinsame Einigung hinbekommen, dann zeugt dies nicht nur von Einsichtsfähigkeit, sondern auch von politischer und fachlicher Kommunikationsfähigkeit. Wir hier in Thüringen wissen, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Hier zeichnet sich die Landesregierung durch trotziges Beharren aus, selbst wenn erst die Parteitagsdelegierten und dann die Wähler weglaufen. Schauen Sie sich doch nur die Geschehnisse rund um die so genannte Familienoffensive an.

Aber zurück nach Niedersachsen. Vielleicht hilft ja der Blick über die Landesgrenzen der Landesregierung beim Finden eines neuen Standpunkts. In Niedersachsen soll nun ab dem 1. Januar 2007 wieder eine einkommensunabhängige Unterstützung an die dort betroffenen rund 12.000 Menschen ausgezahlt werden. Der vereinbarte Pauschalbetrag liegt zwischen 220 und 300 € und damit unter dem bis Ende 2004 geltenden Satz von 409 €. Allerdings bleibt der neu eingerichtete Blindenhilfefonds für Härtefälle beibehalten. Alles längst kein Idealzustand, aber immerhin die Korrektur zum letztmöglichen Zeitpunkt in die richtige Richtung. Die Niedersächsische Behindertenbeauftragte kommentierte diese Entscheidung mit folgenden Worten, ich erlaube mir zu zitieren: „Es wurde engagiert in ganz Niedersachsen gekämpft und Unterschriften gesammelt. Aber insbesondere war es eine Schulung in demokratischem und gesellschaftlichem Bewusstsein.“ Dem ist ohne Einschränkung zuzustimmen. Ich gratuliere dem Niedersächsischen Blindenverband mit seinen Verbündeten ausdrücklich von dieser Stelle für den Erfolg. Und ich will nicht unerwähnt lassen, dass meine sozialdemokratischen Parteifreunde dort wesentliche Unterstützer und Förderer des Bürgerbegehrens waren und sind und für den Erhalt des Blindengeldes kämpfen. Was aber heißt das nun für die Thüringer Landesregierung, die sich ja begeistert dem niedersächsischen Wettbewerb zum Sozialabbau angeschlossen hatte? Was heißt das für die Thüringer Landesregierung, die bisher hoffte, dass diesem schlechten Beispiel noch andere CDU-regierte Bundesländer folgen würden? Hier in Thüringen war kein Protest des Behindertenbeauftragten zu hören. Stattdessen gemeinsam mit dem Minister immer wieder nur Beschwichtigungsversuche und der Hinweis auf die bundesgesetzlich geregelte Blindenhilfe. Von der Blindenhilfe wissen wir mittlerweile, dass sie von einem großen Teil der blinden Menschen in Thüringen nicht in Anspruch genommen werden kann. Ich vermute, dass die Landesregierung genau das von Anfang an ins Kalkül gezogen hat. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen spricht von etwa 90 Prozent der Betroffenen. Selbst der Landesbehindertenbeauftragte soll berichtet haben, dass bisher ca. 40 Prozent der Anträge auf Blindenhilfe abgelehnt wurden. Und das ist ja gestern in der Mündlichen Anfrage vom Staatssekretär auch bestätigt

worden. Nun muss man bei dieser Zahl sicherlich berücksichtigen, dass nur diejenigen einen Antrag stellen, die sich zumindest eine Chance auf Bewilligung ausrechnen, und alle anderen überhaupt erst gar keinen Antrag vorlegen. Aufgrund dieser Daten befürchte ich, dass am Ende des Haushaltsjahres ein großer Teil der für Blindenhilfe eingesetzten ca. 13 Mio. € tatsächlich nicht zur Auszahlung kommt. In diesem Falle hätte es sich um eine politische Buchung gehandelt, um die Gemüter zu beschwichtigen. Das ist die Ausgangslage. Eine Ausgangslage, die Thüringen bundesweit ins soziale Abseits stellt. Ab 2007 wäre Thüringen dann das einzige Bundesland ohne Blindengeld.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, niemand ist mehr da, mit dem Sie sich die Schuld teilen können. Haben Sie sich das schon einmal überlegt? Bundesweit möchte überhaupt kein anderes Bundesland in dieses sozialpolitische Fettnäpfchen treten. Bleiben Sie bei Ihrer Haltung, so ist das bundesweit wahrhaft ein symbolträchtiges Ergebnis einer christdemokratischen Regierung - sozusagen bundesweit führend beim Abbau der Behindertenförderung. Das wäre ein über die Landesgrenzen hinaus beachtetes Ergebnis einer christdemokratischen Regierung, in der jeder einzelne Abgeordnete für diesen sozialpolitischen Skandal, ja ich denke, es ist ein sozialpolitischer Skandal, verantwortlich ist. So knapp sind nun einmal die Mehrheiten und so hoch ist die politische Verantwortung jedes einzelnen Abgeordneten von der CDU. Und Sie sollten sich das gut überlegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch heute noch nicht zu spät, Einsicht zu zeigen. Ich sagte es ja bereits, nur die Wiederholung von Fehlern zeugt von Uneinsichtigkeit und Borniertheit. Schon steht das nächste Volksbegehren in den Startlöchern und ich kann Ihnen versichern, dass sich die Thüringer Bevölkerung gern am niedersächsischen Vorbild orientieren wird. Vielmehr würde es mich aber freuen, wenn die Landesregierung diese niedersächsische Wendung nachvollziehen könnte. Jetzt können Sie noch der Einsicht folgen. Wenn Sie noch länger warten, wird Sie das Volk bestrafen. Die bereits im September des vergangenen Jahres übergebenen ca. 45.000 Unterschriften sollten Signal genug sein. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, möchte ich Sie auffordern und bitten, unserem Antrag zuzustimmen und in Kürze ein Konzept zur Wiedereinführung des Blindengeldes, spätestens aber zum 1. Januar 2007, vorzulegen, ein Konzept, was gemeinsam mit dem Thüringer Blinden- und Sehbehindertenverband zur erarbeiten wäre. Dessen Bereitschaft liegt doch vor. Die Landesregierung sollte nach diesem sozialpolitischen Debakel endlich externen Sachverstand in Anspruch nehmen. Wer sollte denn besser als die Betroffenen und ihr Verband be

schreiben können, welche Leistungen erforderlich sind? In diesem Fall sind das im übertragenen Sinne die sehenden und die wissenden Experten.

Die Landesregierung hat hingegen ihre fachliche Blindheit genug bewiesen und ist hier den falschen Propheten gefolgt. Nun steht sie weit und breit allein in der selbst eingerichteten Wüste und es ist höchste Zeit zur Umkehr. Dann endlich hätte der Behindertenbeauftragte des Landes Thüringen ebenso wie seine Kollegin in Niedersachsen wenigstens einmal einen Grund, den Mut der Landesregierung für die Rücknahme einer Fehlentscheidung zu loben und eine Entscheidung glaubhaft zu verteidigen. Aber viel wichtiger wäre es, dass alle - ich betone „alle“ - sehbehinderten und blinden Menschen in Thüringen vom Eingeständnis dieses Fehlers der Landesregierung einen Nutzen hätten. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sollten Sie diesen Fehler der Landesregierung nicht noch einmal wiederholen. Geben Sie sich einen Ruck und folgen Sie der neuen Orientierungshilfe Ihrer niedersächsischen Parteifreunde. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Panse, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Künast, ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen, die Landesregierung hat gestern sehr deutlich die Position hier dargestellt. Die CDU-Fraktion trägt diese Argumentation, diese Position mit. Ich könnte aber auch ein Stückchen weiter ausholen und durchaus auf das eingehen, was Sie an Argumenten hier vorgebracht haben. Es waren aber keine stichhaltigen Argumente und es war auch nichts Neues dabei. Es war viel Polemik dabei und es war mitnichten das, was Sie hier angekündigt haben, externer Sachverstand, dabei bei dem, was Sie uns hier vorgetragen haben. Wir haben in der Diskussion in den letzten Monaten schon so ziemlich alles erlebt an Polemik, was Sie hier verkündet haben. Wir haben Ihnen damals auch schon immer gesagt, dass wir ein Umsteuern wollten, aber ein Umsteuern nicht um den Haushalt zu sanieren, sondern weil wir es ordnungspolitisch für richtig halten, und dabei bleibt es auch.

Wir werden heute Gelegenheit haben, über Ihren Antrag erneut abzustimmen. Ich sage Ihnen vorab, die CDU-Fraktion hat eine eindeutige Meinung dazu. Sie wird diesen Antrag ablehnen, und zwar deswegen, weil wir uns aus gutem Grund für diese ordnungspolitische Neuausrichtung des Blindengeldes

bzw. die Orientierung hin auf die Blindenhilfe entschieden haben.

Gestern hat der Minister auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nothnagel ausgeführt, dass wir zwischenzeitlich 1.590 Anträge auf Blindenhilfe seit dem 01.01.2006 hatten. Bis zu diesem Zeitpunkt - bis zum 31.12.2005 - gab es lediglich 274 Bezieher von Blindenhilfe; alle anderen, das wissen Sie, haben das einkommensunabhängige Blindengeld bekommen. Aber wir haben, als wir die Entscheidung über die Einführung der einkommensabhängigen und vermögensabhängigen Blindenhilfe hier im Landtag diskutiert haben, als entsprechendes adäquates Hilfeinstrument uns nicht an dem Vorbild Niedersachsens orientiert, sondern wir haben uns ein eigenes Modell gewählt. Wir haben auch andere Regelungen getroffen.

Sie wissen, wir haben eine andere Regelung für die unter 27-Jährigen getroffen, die einkommensunabhängig 300 € Blindengeld weiter bekommen, mehr bekommen sogar als vorher. Diese 300 € betreffen letztendlich auch um die 300 junge Menschen, die dadurch eine einkommensunabhängige Hilfe erfahren. Wir haben das auch begründet, warum wir das getan haben für die unter 27-Jährigen. Wir haben gesagt, für diejenigen, für die letztendlich der Bezug des Blindengeldes jetzt nicht mehr besteht und die Blindenhilfe nicht in Anspruch genommen werden kann, weil es entsprechende Einkommens- und Vermögensgrenzen gibt, für die soll es eine Härtefallverordnung geben. Auch mit dieser Härtefallverordnung, die wir in Thüringen haben, haben wir uns ein eigenes Modell gewählt, was sozial ungerechtfertigte Härten abmildern soll. Insofern ist es auch Unfug, Frau Kollegin Künast, was Sie in einer Pressemitteilung verkündet haben, als Sie uns vorgeworfen haben, wir hätten die Änderung der Blindenhilfe nach der Vorreiterrolle Niedersachsens vorgenommen. Das stimmt nicht. Wir haben das damals bei der Beratung deutlich gemacht, dass es uns nicht um eine Haushaltssanierung ging, und insofern betone ich auch das hier erneut: Es ging uns darum, ordnungspolitisch umzusteuern. Sie operierten damals und heute mit falschen Zahlen. Diese 90 Prozent, die Sie in den Raum stellen, sind schlichtweg falsch. Diese 90 Prozent stimmen schon deswegen nicht, weil Sie gestern, wenn Sie die Zahlen vom Staatssekretär gehört haben auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nothnagel, hätten feststellen müssen, dass inzwischen in Thüringen allein eine Größenordnung von etwa 1.600, 1.700 Blinden eine Leistung erfahren, die auf dem gleichen Niveau bzw. teilweise sogar erheblich höher besteht als vor dem 31. Dezember 2005. Denn die Blindenhilfe, das wissen Sie, ist mit 585 € über dem, was vorher als Blindengeld gezahlt wurde. Viele von den Anträgen - wir haben gestern gehört, es sind 784 positiv beschiedene Anträge - füh

ren dazu, dass diese Betroffenen, die auch entsprechend bedürftig sind, tatsächlich mehr behalten.

(Zwischenruf Abg. Künast, SPD: Bei 40 Prozent.)

Es gehört zur Wahrheit dazu, Frau Kollegin Künast, dass man das an dieser Stelle auch sagt. Wir haben damals, als wir die Einführung der Blindenhilfe als Instrument oder die Etablierung der Blindenhilfe als Instrument stärker betont haben, gesagt, wir drängen sehr stark darauf, dass das Solidarprinzip unserer Gesellschaft auch eingehalten wird. Dieses Solidarprinzip unserer Gesellschaft besagt, dass jeder, der Hilfe der Gesellschaft benötigt, sie auch bekommt, aber - das sage ich auch dazu - wer über adäquates Vermögen oder Einkommen verfügt und sich selbst helfen kann, sie eben nicht in Anspruch nehmen kann. Das ist ordnungspolitisch richtig, dabei bleibe ich. Das war eine schwierige Entscheidung für die CDU-Fraktion, aber es ist ordnungspolitisch richtig und deswegen erklären wir es Ihnen gerne auch hier heute erneut. Ich sage Ihnen auch ganz deutlich, für jemanden, der über Einkommen oder über Vermögen verfügt, ist es auch eine Frage des persönlichen Selbstwertgefühls, sich selbst helfen zu können und nicht auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen zu sein. Auch das muss man an dieser Stelle, denke ich, hin und wieder mal betonen, weil es ganz schnell in Vergessenheit gerät. Ich habe gesagt, schon jetzt sind es in der Tat 1.100, die mehr oder die gleiche Leistung erhalten, also diejenigen, die Blindenhilfe bekommen. Es gab bis zum 31. Dezember 2005 274 Fälle. Es sind über 700 hinzugekommen. Wir haben die 300 unter 27-Jährigen, die das einkommensunabhängige Blindengeld bekommen, und wir haben gehört, dass es noch eine Vielzahl von Anträgen gibt, die auch noch bearbeitet werden. Es werden auch weitere Anträge eingehen, denn das ist völlig richtig, viele von den 500 Anträgen, die zunächst im ersten Anlauf abgelehnt wurden, da begründete sich die Ablehnung nicht auf ein hohes Einkommen, sondern auf Vermögen, das da war: Sparvermögen, Lebensversicherungen, Kapitallebensversicherungen, die auch verwertbar sind. Ich glaube, es ist legitim, dass auch die blinden Mitbürgerinnen und Mitbürger wissen, dass sie einen Antrag auch erneut stellen können, auch erneut stellen werden und entsprechend, wenn sie sich in dieser Situation befinden, dass sie die Blindenhilfe auch als Instrument erhalten können, sie selbstverständlich auch bekommen werden. Insofern sage ich, es ist jetzt schon ein Viertel der Blinden in Thüringen, was sich finanziell zumindest gleich gut oder besser stellt, und ich prognostiziere, es wird auch noch ansteigen, insofern ist diese 90-Prozent-Zahl, die Sie, Frau Kollegin Künast, benutzt haben, die uns aber auch Herr Och in Briefen immer wieder schreibt, wenn wir Briefe vom Blinden- und Sehbehindertenverband bekommen, diese 90

Prozent-Zahl ist schlichtweg falsch und es ist unredlich, damit in der Öffentlichkeit zu argumentieren. Ich hatte den Härtefallfonds angesprochen. Dieser Härtefallfonds, auch das haben wir gestern gehört, hat bis jetzt noch nicht eine große Anzahl an Anträgen auf Unterstützung erfahren, die man aus diesem Härtefallfonds hätte gewähren können. Ich kann nur sagen und an die betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger appellieren, wenn Sie sich in dieser Situation befinden, auch diese Anträge an den Härtefallfond zu stellen. Dort wird unkompliziert entschieden, dort wird auch geholfen, wir haben das gestern in den Einzelbeispielen auch hören können. Es gab eine öffentliche Diskussion darum, dass blinde Menschen in die Sozialhilfe gedrängt werden mit dem, was wir mit der Änderung vom Blindengeld zur Blindenhilfe hin getan haben. Das ist falsch. Sozialhilfeleistungen bemessen sich an ganz anderen Grundlagen. Das wissen die Sozialpolitiker hier im Raum, insofern müsste ich das denen nicht erklären, aber ich sage gerne dazu, wir haben für die Blindenhilfe eine ganz andere Einkommensgrenze. Wir haben im SGB XII in § 90 durchaus geregelt, was die Einkommensgrenzen für blinde Mitbürgerinnen und Mitbürger sind. Wenn es nämlich um eine höhere Vermögensfreigrenze geht als bei dem Bezug der Sozialhilfe, wenn es um die Frage der Heranziehung von Angehörigen, bevor Sozialleistungen gewährt werden, geht, wenn es auch um die Frage von Wohneigentum, von Kfz von Ehepartnern beispielsweise geht, auch das sind alles Beispiele, wo in der Blindenhilfe durchaus anders verfahren wird. Sie wissen, dass wir bei der Blindenhilfe gemäß § 72 SGB XII bei den Einkommensgrenzen den zweifachen Eckregelsatz ansetzen. Der zweifache Eckregelsatz ist deutlich höher als das, was sie sonst zum Bezug der Sozialhilfe haben. Wir haben eine Vermögensgrenze von 2.600 € plus Zuschläge für Angehörige. Auch das ist klar geregelt. Jetzt sage ich Ihnen deutlich, Frau Kollegin Künast, es gab auch das Bestreben, dort etwas zu ändern, weil wir in den letzten paar Tagen sehr viel über diese so genannte Sterbegeldversicherung gehört haben - die Sterbegeldversicherung, die letztendlich nichts anderes ist als eine günstige Kapitallebensversicherung auf den Todesfall. Es gab Bestrebungen über den Bundesrat. Der Bundesrat ist initiativ geworden und wollte diese Sterbegeldversicherung explizit in § 90 aufnehmen. Aber diese Regelung ist im Bundestag abgelehnt worden, auch mit den Stimmen der SPD ist dies abgelehnt worden. Insofern bitte ich Sie an dieser Stelle - das gehört zur Ehrlichkeit dazu - auch hin und wieder einmal zu sagen, wie Entscheidungen, auch bundesgesetzliche Entscheidungen, gelaufen sind.

Wir haben für die Härtefälle eine Regelung, glaube ich, die den betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürgern hilft. Wir haben ein Instrument, wo ich glaube, das wird sich mit der Blindenhilfe auch in den nächs

ten Wochen und Monaten bewähren. Wir sehen für die CDU-Fraktion keinen Grund, an dieser Regelung etwas zu ändern, schon gar nicht an dem Vorbild Niedersachsens. Wir haben es nicht am Vorbild Niedersachsens eingeführt, wir werden es auch nicht am Vorbild Niedersachsens jetzt ändern. Wir werden sehr aufmerksam die Zahlen in Thüringen beobachten; wir werden im Sozialausschuss diskutieren; wir werden uns nach einem Jahr, nämlich wenn es das erste Mal klar ist, wie viele von den Anträgen tatsächlich beschieden, abgelehnt, neu gestellt wurden, wie viele Bezugsberechtigte da sind, sehr intensiv mit diesen Zahlen auseinandersetzen. Wir werden hier immer wieder diskutieren, ob die Hilfemöglichkeiten für die Betroffenen sachgerecht und helfend sind. Vor diesem Hintergrund kann ich Ihnen nur sagen, wir werden den heutigen Antrag, den Sie uns hier vorgelegt haben, als CDU-Fraktion ablehnen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)