Protocol of the Session on June 8, 2006

Die EU-Bauproduktenrichtlinie sieht differenzierte Sanktionsmöglichkeiten vor. Bei besonders gravierenden Verstößen kommt auch die Einziehung der auf dem Markt befindlichen Produkte in Betracht. Die Verantwortung für die Marktüberwachung hat der Bund mit dem Bauproduktengesetz auf die Länder

übertragen. Sie haben das Notwendige zur Umsetzung der EU-Richtlinie zu veranlassen. Würde jedes Land ein eigenes System der Marktüberwachung aufbauen, wäre das mit einem erheblichen Aufwand verbunden, denn Bauprodukte werden regelmäßig in mehreren Ländern verkauft; Doppelüberwachungen und -beurteilungen wären die Folge. Die Beurteilung der Eigenschaften eines Bauprodukts erfordert spezialisiertes Fachwissen, das in den Ländern teilweise nicht mehr vorhanden ist. Die Prüfung eines Bauprodukts kann außerdem einen erheblichen Untersuchungsaufwand verursachen, dessen Notwendigkeit aber zunächst fachlich zu beurteilen ist. Es ist im Übrigen auch fraglich, ob Maßnahmen der Marktaufsicht überhaupt erforderlich wären, denn seit In-Kraft-Treten des Bauproduktengesetzes im Jahr 1992 ist kein einziger Fall aufgetreten, der ein Handeln erfordert hätte. Angesichts dieser Rahmenbedingungen wäre es ineffektiv, in jedem Land der Bundesrepublik ausreichende Kapazitäten aufzubauen und zu unterhalten. Daher soll das von Bund und Ländern gemeinsam getragene Deutsche Institut für Bautechnik diese Aufgabe übernehmen.

Die mit der Marktaufsicht verbundenen Aufgaben sind vom bisherigen Abkommen nicht abgedeckt, daher soll die Ihnen vorliegende Änderung erfolgen. Die Kosten der Marktaufsicht lassen sich nicht beziffern, sie werden jedoch bei der vorgesehenen Aufgabenübertragung in jedem Fall geringer sein als bei einem eigenen Tätigwerden. Die Übertragung ist ein gutes Beispiel, wie der Aufbau von ineffektiven Verwaltungsstrukturen vermieden werden kann. Das Änderungsabkommen steht damit genau im Einklang mit den Anstrengungen der Landesregierung zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsvereinfachung. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine interfraktionelle Übereinkunft, dass keine Aussprache durchgeführt wird. Ich frage deshalb: Wer beantragt Ausschussüberweisung? Bitte, Herr Abgeordneter Schröter.

Wir beantragen die Überweisung an den Ausschuss für Bau und Verkehr.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Da war es doch schon.)

Damit stimmen wir über die Überweisung an den Ausschuss ab. Wer ist für die Überweisung an den

Ausschuss für Bau und Verkehr, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese Überweisung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme, also ist dieser Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bau und Verkehr überwiesen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Gesetz über die Berufsakademien in Thüringen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/2012 - ERSTE BERATUNG

Ich erteile der Landesregierung das Wort zur Begründung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, seit dem 1. Oktober 1998 studieren auch in Thüringen junge Menschen an der Berufsakademie. Nach Baden-Württemberg, Sachsen und Berlin hatte sich Thüringen damals als viertes Bundesland entschieden, das in der beruflichen Bildung bewährte duale System auf den tertiären Bildungsbereich zu übertragen. Das damalige Errichtungsgesetz war noch mit einer Vorläufigkeitsklausel versehen. Es sollte zunächst sichergestellt werden, dass in den verschiedenen Studienbereichen auch eine ausreichende Zahl an ausbildenden Unternehmen zur Verfügung steht. Schon nach zwei Jahren war klar, dass eine diesbezügliche Vorsorge überflüssig war. An den Studienakademiestandorten in Eisenach und Gera wuchs die Zahl der Studierenden beständig. Die kapazitive Erweiterung wurde bald nicht mehr durch die verfügbaren Ausbildungsunternehmen, sondern durch den Ausbau der Studienkapazitäten begrenzt. Hier war es vor allem die Frage der Gewinnung geeigneter Lehrpersonen, die im Vordergrund stand. Das Land hielt trotzdem an den gesetzlichen Vorgaben fest: Dozent an der Studienakademie kann nur werden, wer die für eine Berufung an eine Fachhochschule geltenden Berufungsbedingungen erfüllt.

Inzwischen ist die Aufbauphase der Berufsakademie abgeschlossen. Jährlich nehmen etwa 450 Studierende ein BA-Studium auf. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre beenden fast 90 Prozent ihr Studium erfolgreich. Das ist zweifellos eine Traumquote in der tertiären Bildung. Nochmals: Eine solche Traumquote wird erreicht, wenn man fragt, wie groß der Anteil der Absolventen ist, denen nach dem Studium der unmittelbare Einstieg in eine Beschäftigung gelingt. Wiederum heißt die Antwort - natürlich abhängig von den einzelnen Studienbereichen, aber summarisch zusammengefasst: bis zu 90 Prozent.

Die Berufsakademie Thüringen kooperiert für den praktischen Teil des BA-Studiums inzwischen mit über 1.000 Praxisunternehmen. In diesem Jahr wird der oder die zweitausendste Absolventin erwartet. Das alles wird erreicht durch die engagierte Arbeit von zurzeit 27 Dozentinnen und Dozenten. Damit ist klar, die Berufsakademie ist ein Erfolgsmodell.

(Beifall bei der CDU)

Und noch etwas ist klar: Bologna macht vor der Berufsakademie nicht Halt und das ist gut so. Bologna bedeutet Flexibilität, Mobilität und Kompatibilität für Studierende und Studienabschlüsse in Europa. Bologna ist die Antwort auf die rasant voranschreitende Globalisierung und Vernetzung, eine Antwort, die jungen Menschen individuelle Karrierewege unter sich ständig ändernden Bedingungen ermöglichen soll. Dabei wird es künftig keine Rolle mehr spielen, an welcher Institution eine akademische Ausbildung begonnen wurde. Entscheidend ist allein das eigene Leistungsvermögen, die individuelle Lebensplanung und natürlich die persönliche Anstrengung. Das heißt aber nichts anderes, als die Durchlässigkeit des tertiären Bereichs über die unterschiedlichen Institutionstypen hinweg zu gewährleisten. So wie im schulischen Bereich heute die Schullaufbahnentscheidung der Eltern am Ende der vierten Klasse kein Präjudiz mehr für die Erreichung jedes beliebigen Schulabschlusses ist, so soll es künftig möglich sein, eine akademische Laufbahn auch an der Berufsakademie zu beginnen.

Ende 2004 hat die Kultusministerkonferenz in einem Beschluss die Voraussetzungen für die Einführung von Bachelor-Studiengängen an Berufsakademien geschaffen. Die klassischen Berufsakademie-Länder haben darauf inzwischen reagiert. Mit dem heute in den Landtag einzubringenden Thüringer Berufsakademiegesetz sollen Bachelor-Studiengänge ab dem 1. Oktober dieses Jahres auch an den Berufsakademien in Thüringen eingeführt werden. Wir wollen mit diesem Gesetz aber auch einen sinnvollen strukturellen Wandel einleiten. Die beiden Abteilungen Eisenach und Gera der Berufsakademie Thüringen sollen künftig in Ausbildungsfragen eine weitgehende Eigenständigkeit erlangen. Studium und verbundene praktische Ausbildung werden standortbezogen organisiert. Dies greift nicht zuletzt einen Wunsch der Thüringer Wirtschaft auf, die von selbständig agierenden Einrichtungen an beiden Standorten eine Stärkung des regionalen Innovationspotenzials erwartet. Um dem Rechnung zu tragen, werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Organisationsstrukturen und die Rechtsstellung der bisherigen Berufsakademie verändert. Im Ergebnis entstehen in Eisenach und Gera zwei rechtlich unselbständige, aber eigenständige Berufsakademien.

Die Berufsakademie Thüringen, bisher als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert, wird aufgelöst. An ihre Stelle treten die Berufsakademie Eisenach und die Berufsakademie Gera ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die Staatliche Studienakademie soll wie nach dem Gesetz von 1998 über zwei Studienabteilungen in Eisenach und Gera verfügen und künftig in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet werden. Die Praxispartner und die Staatliche Studienakademie Thüringen bilden an beiden Standorten künftig die jeweiligen Berufsakademien. Jede der Berufsakademien wird über eine eigene Koordinierungskommission für die praktische Ausbildung und über eigene Studienkommissionen für die jeweiligen Studienbereiche verfügen. Das Kollegium wird ein Gremiium beider Berufsakademien bleiben und ist daher überörtlich organisiert; ebenso behält die Staatliche Studienakademie eine einheitliche Verwaltung.

So weit kurz zur künftigen administrativ-organisatorischen Struktur der Thüringer Berufsakademie.

Zentraler Punkt des Gesetzes wird aber die eingangs angesprochene Einführung der Abschlussbezeichnung „Bachelor“ an der Berufsakademie sein. Die Berufsakademie hat inzwischen das Notwendige veranlasst, um schon im Herbst 2006 Bachelor-Studiengänge einführen zu können. Die von der Staatlichen Studienakademie beauftragte Akkreditierungsagentur „Acquin“ wird in den nächsten Wochen ihr Ergebnis mitteilen. Ich gehe von einer erfolgreichen Akkreditierung aus.

Ich möchte kurz auf einige besonders wichtige Regelungen des Gesetzes in diesem Zusammenhang eingehen: Die Fachhochschulreife soll weiterhin eine Zugangsvoraussetzung zum Studium sein und als Zugangsvoraussetzung ausreichen. Damit bleibt Thüringen das einzige Land, das eine Berufsakademie nach dem Vorbild Baden-Württembergs unterhält und nicht das Abitur als Mindesteingangsvoraussetzung fordert. Auch besonders qualifizierten Berufstätigen, die keine Hochschulzugangsberechtigung besitzen, soll nach Bestehen einer Eingangsprüfung ein Studium an der Staatlichen Studienakademie ermöglicht werden. Die diesbezüglichen Zulassungsregeln werden mit denen für die Thüringer Hochschulen harmonisiert.

Unverändert geblieben ist die Verpflichtung der Praxispartner, für die Dauer des Studiums eine Ausbildungsvergütung zu gewähren. Die bisherige Bezeichnung für die hauptamtlichen Lehrkräfte der Staatlichen Studienakademie, Professor an einer Berufsakademie/Staatlichen Studienakademie, hat sich in der Praxis als zu umständlich und damit kaum praktikabel herausgestellt. Das neue Thüringer Berufsakademiegesetz orientiert sich an den im tertiären Be

reich üblichen Begriffen. Es wird deshalb zukünftig für hauptberufliche Lehrkräfte der Begriff „Professor“ verwendet. Eine befürchtete Abwertung des Professorentitels der Hochschullehrer kann ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, daraus nicht erkennen. Zum einen steht die bescheidene Zahl von 27 Professoren an den Staatlichen Studienakademien rund 1.000 Professoren an den Thüringer Hochschulen gegenüber; zum anderen sind, wie schon erwähnt, die Einstellungsvoraussetzungen für die hauptberuflichen Lehrkräfte die gleichen wie bei Fachhochschulprofessoren. Im Übrigen verwenden Baden-Württemberg und Sachsen ebenfalls die Bezeichnung „Professor“ schon seit Jahren. Die Länder der Bundesrepublik haben in der Kultusministerkonferenz beschlossen, die Abschlüsse der Berufsakademien in die konsekutive Studienstruktur einzuordnen. Abschlussbezeichnung für einen erfolgreich abgeschlossenen Studiengang an den Berufsakademien ist bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen der Bachelor ohne weiteren Zusatz. Diese Abschlussbezeichnung wird mit dem Berufsakademiegesetz eingeführt, weil die Berufsakademien in Thüringen die von der Kultusministerkonferenz aufgestellten Kriterien erfüllen. Mit der Novelle des Hochschulgesetzes soll dann auch die vollständige hochschulrechtliche Gleichstellung des an der Berufsakademie erworbenen Bachelors mit dem entsprechenden Hochschulgrad erreicht werden. Damit wäre eine wesentliche Voraussetzung für die gewünschte Durchlässigkeit geschaffen.

Lassen Sie mich noch einmal die neue Struktur der Berufsakademie kurz zusammenfassen: Die Berufsakademie wird künftig keine Körperschaft des öffentlichen Rechts mehr sein. Es wird eine Berufsakademie in Eisenach und eine in Gera geben. Diese Berufsakademien besitzen keine eigene Rechtspersönlichkeit. Beide Berufsakademien werden über jeweils eine eigene Koordinierungskommission und mehrere Studienkommissionen verfügen. Das Kollegium wird weiterhin überörtlich organisiert sein. Die Staatliche Studienakademie, an der die Lehrveranstaltungen abgehalten werden, wird in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet. Die Studierenden sind damit Anstaltsnutzer und nicht wie bisher eingeschriebene Mitglieder der Berufsakademie. Dies ist eine notwendige Folge des Wegfalls der Berufsakademie als Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Meine Damen und Herren, bei dem Gesetzentwurf handelt es sich nicht um eine bloße Novelle des Berufsakademiegesetzes von 1998, sondern wegen der zahlreichen Änderungen um ein gänzlich neues Gesetz. Das Gesetz ist für die weitere Entwicklung der Berufsakademien in Thüringen unbedingt erforderlich, für die Studierenden bedeutet es eine Gleichstellung mit den Absolventen der Hochschulen. Ich möchte deshalb das Hohe Haus um seine Zustim

mung bitten. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Hennig, Linkspartei.PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zum heute vorliegenden Entwurf möchte ich fünf Anmerkungen machen, bei denen ich davon ausgehe, dass sie im Gesetzgebungsverfahren durchaus noch eine Rolle spielen werden.

Erstens: Im Zuge des Bologna-Prozesses, der bekanntlich die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraums bis 2010 beinhaltet, müssen auch die Berufsakademien neue Regelungen, insbesondere in Bezug auf die Abschlüsse, treffen. Dies soll mit dem vorliegenden Gesetz geschehen. Vor fast zwei Jahren, am 15. Oktober 2004, hat die Kultusministerkonferenz die Möglichkeit geschaffen, auch an den Berufsakademien Bachelor-Abschlüsse einzuführen. Allerdings ist auch hier die Frage zu stellen: Warum passiert das in Thüringen erst jetzt? Gerade für junge Absolventen der Studienakademie sind die neuen Regelungen wichtig, ermöglichen sie doch komplikationsloser als bisher ein weiterführendes Studium an einer deutschen oder einer ausländischen Hochschule. Die jetzige Regelung bedeutet in der Praxis, den Bachelor-Abschluss wird ein Absolvent der Berufsakademie frühestens ab 2007 erlangen.

Zweite Bemerkung: Das im Gesetz erklärte Ziel, dass die Abschlüsse mit den an Thüringer Hochschulen erworbenen gleich sind, ist lobenswert. Doch gewisse Zweifel, ob das Ziel erreicht wird, bleiben bestehen. Laut § 17 Abs. 2 soll der Anteil der von Dozenten gehaltenen Lehrveranstaltungen 40 vom Hundert erfüllen, wie es die Kultusministerkonferenz erfordert. Problematisch ist, dass die Akademie noch immer nicht diese Forderung erfüllt, und nun ist geplant, durch Einsparungen bei einigen Studieneinrichtungen dem gerecht zu werden. Wenn man den Minister heute richtig verstanden hat, heißt das, zu Beginn des neuen Wintersemesters wird bei einigen Studienrichtungen gekürzt. Das ist meiner Meinung nach eindeutig der falsche Weg. Anstatt den Anteil der hauptberuflichen Lehrkräfte zu erhöhen und damit das Profil der Berufsakademien zu stärken bzw. zu erhalten, wird im Lehrangebot gekürzt. Darüber wird mit Sicherheit im Ausschuss zu reden sein.

Dritte Bemerkung: In den Gremien - § 20 der Berufsakademien, also in Kollegien, den Studienkom

missionen und den Koordinierungskommissionen - findet keine paritätische Besetzung statt. So ist in der Zusammensetzung mehrmals ein deutliches Übergewicht auf Seiten der Administration sowohl der ministeriellen Ebene als auch des Lehrkörpers zu finden. Studierendenvertreter, aber auch Gewerkschaften als Arbeitnehmer sind in der Minderheit. Hier besteht Korrekturbedarf in Bezug auf eine paritätische Besetzung. Auch darüber werden wir mit Ihnen im Ausschuss reden.

Vierte Bemerkung: Auch von unserer Seite positiv hervorzuheben ist, dass nun im Gesetz die Zugangsberechtigung zum Studium von besonders qualifizierten Berufstätigen ohne Hochschulzugangsberechtigung gewährt wird. Hier wurde eine bereits seit längerem gestellte Forderung endlich einmal erfüllt.

Fünfte und letzte Bemerkung: Neu ist auch, dass es in Zukunft zwei Berufsakademien geben wird, vorher eine mit zwei Standorten: Eisenach und Gera. Berührt wird damit die immer wieder gestellte Grundsatzfrage, ob wir wirklich Berufsakademien benötigen. An den Fachhochschulen des Freistaats werden praxisbezogene Studiengänge angeboten. Warum daneben noch die Studiengänge der Berufsakademien existieren müssen, ist bisher noch nicht überzeugend dargestellt. Und wenn jetzt sogar der Wegfall von Studienrichtungen an der Berufsakademie vorgenommen wird, um den Anteil der hauptberuflichen Lehrkräfte auf 40 Prozent zu bringen, stellt man unweigerlich die Akademien infrage. Darüber stellt sich auch aus haushalterischen Gesichtspunkten die Frage, ob man sich mit verschiedenen durch das Land finanziell nicht gut gestellten Einrichtungen begnügen will oder die Universitäten und Fachhochschulen entsprechend ausstattet.

Wir beantragen die Überweisung des Gesetzes an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien und ich gehe davon aus, dass dem stattgegeben wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Bausewein, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf hat zwei Hauptzielsetzungen. Zum einen wird die bisherige Berufsakademie Thüringen mit ihren beiden Studienabteilungen Eisenach und Gera aufgelöst. An ihre Stelle treten nun die Berufsakademien Eisenach und Gera. Zum anderen werden die bisher verliehenen

Diplomgrade der Berufsakademie durch BachelorAbschlüsse ersetzt. Beide Punkte finden unsere Unterstützung. Die SPD hat sich seit langem immer wieder für die Eigenständigkeit der beiden Studienabteilungen Eisenach und Gera eingesetzt. Dieses Ziel wird mit dem Gesetzentwurf zwar nicht erreicht, denn die beiden künftigen Berufsakademien in Eisenach und Gera verfügen über keine eigene Rechtspersönlichkeit, so dass von einer wirklichen Eigenständigkeit noch keine Rede sein kann, aber immerhin wird ein erster Schritt in die richtige Richtung getan. Das erkennen wir durchaus an. Was wir allerdings für wenig alltagstauglich halten, ist die in der Begründung des Gesetzentwurfs gegebene Definition der beiden künftigen Berufsakademien. Dort heißt es auf Seite 20 des Gesetzentwurfs - Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich -: „Die Berufsakademie besteht nicht in einem institutionellen, sondern allenfalls in einem funktionellen Sinn, in dem sie ihre Bildungsaufgabe durch das Zusammenwirken von Staatlicher Studienakademie mit den beteiligten Praxispartnern erfüllt.“ Ich gebe zu, dass ich diesen im herrlichsten und wunderbarsten Amtsdeutsch formulierten Satz zweimal lesen musste, bevor sich mir der Sinn endgültig erschlossen hat. Die Berufsakademien existieren demnach im juristischen Sinne nicht wirklich, sondern mangels einer eigenen Rechtspersönlichkeit quasi nur virtuell. Das hätte man auch einfacher formulieren können, zumal sich derartige Klein-Klein-Definitionen im Alltagsbewusstsein sicherlich nicht lange halten werden. Die Bürgerinnen und Bürger in Eisenach und Gera werden von ihren Berufsakademien sprechen; alles andere ist letztendlich irrelevant.

(Beifall bei der SPD)

Die Umstellung auf die Bachelor-Abschlüsse ist ebenfalls zu begrüßen, denn damit wird ein KMKBeschluss vom 15. Oktober 2004 zur Einordnung der Berufsakademiebildungsgänge in die konsekutive Studienstruktur umgesetzt. So werden nicht nur die beiden künftigen Berufsakademien in den Bologna-Prozess eingebunden, auch für die Studierenden der Berufsakademien ist dieser Schritt von Vorteil. Durch die rechtliche Gleichstellung der an den anderen Berufsakademien erzielten Abschlüsse mit dem Bachelor-Grad staatlicher Hochschulen wird ihnen nun der Zugang zum Masterstudium und damit ein wichtiger Bereich weiterer akademischer Profilierung eröffnet. Vor dem Hintergrund zunehmenden Wandels in der Berufs- und Arbeitswelt, der ja auch die Notwendigkeit permanenter Kompetenzaneignung und -erweiterung mit sich bringt, erscheint eine solche Erschließung weiterführender Qualifikationsmöglichkeiten als überaus sinnvoll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, eines ist deutlich geworden: Unsere Kritik macht

sich nicht an den Hauptzielsetzungen der Novelle fest; dennoch gibt es einzelne Details des Gesetzentwurfs, die durchaus kritisch zu sehen sind. So ist geplant, den beiden künftigen Berufsakademien ein beratendes, gemeinsames Kollegium beizugeben. In ihm sind zwar beide Berufsakademien durch ihren jeweiligen Leiter vertreten, den Studierenden soll aber jeweils nur ein einziger Vertreter zugestanden werden. Hier erscheint es uns sinnvoller, dass die Studierendenschaft jeder Berufsakademie einen eigenen Delegierten entsendet. Angesichts der ohnehin vollzogenen Aufwertung der Standorte Eisenach und Gera wäre dies nur konsequent. Des Weiteren besteht beim Kollegium ein Ungleichgewicht zwischen Repräsentanten der Unternehmensseite - dort gibt es zwei Vertreter - und den Repräsentanten der Gewerkschaften - dort gibt es nur einen Vertreter. Dieses Missverhältnis muss nach unserer Auffassung zugunsten einer paritätischen Vertretung beider Seiten aufgelöst werden.

(Beifall bei der SPD)

Ferner ist laut Vorblatt des Gesetzentwurfs geplant, eine KMK-Vorgabe, wonach 40 Prozent der Lehrveranstaltungen der Berufsakademien durch fest angestelltes Lehrpersonal zu leisten sind, nicht etwa durch entsprechende Neueinstellungen umzusetzen, sondern durch eine Verringerung des Studienangebots. Aus unserer Sicht geht eine derartige Lösung eindeutig zulasten der Studierenden und der kooperierenden Unternehmen und führt zu qualitativen Einbußen beim Bildungsangebot der Berufsakademien. Das Kultusministerium selbst gibt den Umfang der nötigen Neueinstellungen mit fünf bis sechs Lehrkräften und den daraus resultierenden zusätzlichen Finanzbedarf mit maximal 420.000 € pro Jahr an. Also es geht nicht nur um eine halbe Million Euro - eine derartige Summe muss nach unserer Auffassung im Sinne der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Berufsakademiebildungsangebots in Thüringen doch wohl vom Lande aufzubringen sein.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese und auch weitere Detailfragen, auf die ich hier nicht explizit eingegangen bin, will meine Fraktion noch intensiver behandelt wissen; daher halten wir eine Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien für angebracht. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Schwäblein, CDUFraktion.