Protocol of the Session on May 4, 2006

Im Vordergrund steht für mich eine zeitnahe Bearbeitung des Antrags mit wenig Bürokratie. Die anspruchsberechtigten Familien sollen schnellstmöglich ihr Geld bekommen. Dies geht umso rascher, je schneller die bearbeitenden Behörden - also die Kommunen - die notwendigen Daten haben. Umständliche Recherchen haben unter Umständen eine Zeitverzögerung zur Folge. Außerdem bestehen gelegentlich durch komplizierte individuelle Familiensituationen der Anspruchsberechtigten Verwechslungsmöglichkeiten, die vom Antragsverfahren von vornherein ausgeschlossen werden müssen. Ich erinnere nur an die Partnerschaftsverhältnisse, an so genannte Patchworkfamilien, verschiedene Wohn- und Erziehungssituationen und andere Erscheinungsformen, die es im praktischen Leben alle gibt.

Hieran knüpfen sich die Bedenken des Datenschutzbeauftragten. Seine Kritik erreichte das Ministerium am 12. April 2006. Dazu möchte ich hier einige Beispiele nennen. Der Datenschutzbeauftragte kritisierte die geforderte Angabe der Telefonnummer des Antragstellers. Natürlich habe ich Verständnis für diese formale Kritik des Datenschutzbeauftragten, weil sich die Telefonnummer selbst nicht auf die Höhe des Erziehungsgeldes auswirken wird. Bei der Antrags

bearbeitung kann es jedoch zu Rückfragen der bearbeitenden Kommune kommen. Derartige auch kleinere Rückfragen können durch einen einzigen Telefonanruf schneller und wirtschaftlicher geklärt werden als durch ein Schreiben, das einen höheren Verwaltungsaufwand erfordert. Selbstverständlich wird man an dieser Stelle dann schreiben, dass die Telefonnummer nur freiwillig abgegeben werden muss. Die jetzige Form ist im Übrigen in allen Anträgen, die es bisher zum Erziehungsgeld gab, kritiklos akzeptiert worden.

Eine Kritik bezog sich beispielsweise auch auf die Frage der Angabe des Geschlechts der Antragsteller. Natürlich hat der Datenschutzbeauftragte Recht, wenn er moniert, dass diese Angabe für die Auszahlung des Erziehungsgelds verzichtbar ist. Die Antragsteller bekommen einen schriftlichen Bescheid und dieser Bescheid ist wie nahezu alle schriftlichen Bescheide in der Bundesrepublik Deutschland, z.B. beim Finanzamt oder Arbeitsamt usw., mit einer persönlichen Anrede an den Antragsteller verbunden, z.B. „sehr geehrter Herr“, „sehr geehrte Frau“. Jetzt gibt es in Deutschland - auch bei uns in Thüringen - Vornamen, aus denen man nicht direkt erkennt, ob es sich um eine weibliche oder männliche Person handelt. Wer würde schon wissen, ob „LeDa“ ein Mann oder eine Frau als Antragsteller ist. Ich meine, es ist eine Sache der Höflichkeit, wenn Behörden die Antragsteller persönlich anreden. Eine neutrale und anonyme Bescheidung kann ich mir hier nicht vorstellen. Daher ist die Angabe des Geschlechts des Antragstellers aus fachlicher Sicht durchaus sinnvoll. Man könnte die Angabe aber dadurch ändern, dass man sagt, die Anrede „Herr“ oder „Frau“ ist anzugeben. Aber das muss man im Einzelnen sicherlich noch besprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das Ministerium ist offen für eine Optimierung des Antragsformulars. Das neue Formular wird das Ministerium in kurzer Zeit in Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten sowie den Vertretern des Gemeinde- und Städtebundes erarbeiten. Mit dem Datenschutzbeauftragten wurde auch Einvernehmen darüber erzielt, dass die von den Eltern bereits ausgefüllten Anträge Gültigkeit haben. Für die Anspruchsberechtigten bleibt es dabei, das neue Thüringer Erziehungsgeld wird ab dem 15. Juli ausgezahlt.

Zu Frage 2: Neue Formulare hätten sowieso nachgedruckt werden müssen, da die vorhandenen verschiedentlich zur Neige gehen. Bei einer Verringerung der Seitenzahl werden zukünftig weniger Kosten entstehen. Verzögerungen für die Antragsteller oder für die Gemeinden sind mit der Überarbeitung nicht verbunden, da die ausgefüllten Anträge ihre Gültigkeit erhalten. Am Antragsverfahren selbst ändert sich nichts.

Zu Frage 3: Es steht mir nicht zu, Aussagen der Presse zu kommentieren, ich kenne auch nicht den Dialog des Pressesprechers mit der Zeitung. Klar ist, dass Jugendämter keine Ordnungsbehörden sind. Sie haben nicht die Aufgabe, in die Familien hineinzuschnüffeln. Bei Anhaltspunkten für eine Gefährdung von Kindern sind sie verpflichtet, der Angelegenheit nachzugehen, das heißt, sich mit Hilfe anderer Behörden und Institutionen, z.B. der Polizei, um die Angelegenheit sorgfältig zu kümmern. Bei der im genannten Zeitungsartikel angesprochenen Regelung handelt es sich um Fälle nach dem Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8 a des Sozialgesetzbuches Achtes Buch (SGB VIII) - Kinder- und Jugendhilfe. Auf diesen Paragraphen nimmt auch das Thüringer Erziehungsgeldgesetz in § 3 a Bezug. Gegebenenfalls muss sich das zuständige Jugendamt solcher Fälle annehmen, wo Kindeswohlgefährdung angenommen werden muss.

Zu Frage 4: Diese und andere Fragen sind sehr sorgfältig und mehrfach mit allen Verantwortlichen diskutiert worden. Natürlich kann ich Ihnen hier nicht alle Einzelmeinungen wiedergeben, doch ich habe aus vielen Gesprächen vor Ort den Eindruck gewonnen, dass die Mehrheit sowohl mit dem Antragsverfahren als auch mit der Rolle der Jugendämter einverstanden ist, zumal den Nutzen dieser Regelung die Kinder und Familien in Thüringen haben. Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Es liegen jetzt noch drei Mündliche Anfragen vor. Kann ich Ihr Einverständnis voraussetzen, dass wir diese heute noch abarbeiten und danach die Aktuelle Stunde aufrufen? Das ist fraktionsübergreifend so. Danke schön. Dann rufe ich die nächste Mündliche Anfrage auf, die des Abgeordneten Döring, SPD-Fraktion, in Drucksache 4/1921.

Fortbestehen des Thüringenkollegs

Schülervertreter des Thüringenkollegs haben in Gesprächen ihre Sorge um dessen Fortbestand bekundet. Demnach soll es Planungen des Kultusministeriums geben, das Thüringenkolleg entweder aus der Landesträgerschaft in freie Trägerschaft zu überführen oder aber - falls ein Trägerschaftswechsel nicht gelingt - mittelfristig zu schließen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Planungen für einen Trägerschaftswechsel bzw. für eine Schließung des Thüringenkollegs verfolgt das Kultusministerium?

2. Aus welchen konkreten Gründen werden derartige Planungen vorgenommen?

3. Zu welchem konkreten Zeitpunkt sollen diese Planungen realisiert werden?

4. Auf welche Weise wird die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass bei einer Realisierung dieser Planungen dennoch langfristig ein ausreichendes Kollegangebot in Thüringen zur Verfügung steht?

Es antwortet Minister Prof. Dr. Goebel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Döring beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Das Thüringer Kultusministerium prüft gegenwärtig Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Angebote zum Erwerb der Hochschul- und Fachhochschulreife für junge Erwachsene auf dem so genannten zweiten Bildungsweg. In die Überlegungen wird auch das Thüringenkolleg Weimar einbezogen.

Zu Frage 2: Es gibt noch keine konkreten Planungen. Derzeit wird geprüft, inwieweit aufgrund veränderter Rahmenbedingungen die verschiedenen Möglichkeiten zum Erwerb der Hochschul- und Fachhochschulreife: Kolleg, Abendgymnasium, externe Prüfung nach Vorbereitung, z.B. an Volkshochschulen, für junge Erwachsene effizienter angeboten werden können.

Zu Frage 3: Der Realisierungszeitpunkt solcher Planungen ist abhängig vom Planungsfortschritt.

Zu Frage 4: Ziel der Überlegungen ist ein stabiles und vielfältiges Angebot für den zweiten Bildungsweg. Im Übrigen verweise ich auf die Antwort zu Frage 2.

Danke. Es gibt Nachfragen. Abgeordnete Reimann, bitte.

Herr Minister Goebel, wie wird die Empfehlung des Thüringer Kultusministeriums, die Zulassungszahl in diesem Jahr trotz steigender Bewerberzahlen - 2006 immerhin 115 - auf in diesem Jahr 30 zu halbieren, begründet - wird doch dadurch das Kurssystem drastisch ausgedünnt.

Und die zweite Frage: Welche Zukunft ist für das Ilmenauer Kolleg in kommunaler Trägerschaft angedacht? Wird dieses auch in diese Überlegungen mit einbezogen?

Zunächst zur zweiten Frage: Wenn es darum geht, ein effizientes System für den zweiten Bildungsweg zu entwickeln, werden natürlich alle Möglichkeiten ins Auge genommen, nach ihrer Passfähigkeit in ein Gesamtsystem überprüft und es wird dann, denke ich, wie schon gesagt, ein vielfältiges und stabiles Angebot in allen drei Sparten in Thüringen geben. Das ist das Ziel.

Und was die Frage der Zulassungszahlen anbetrifft, so ist es in der Tat so, dass wir zunächst davon ausgegangen sind, dass eine Verringerung der Zulassungszahlen möglich ist. Nun ist dies eine Überlegung gewesen, die inzwischen durch die stattgefundenen Prüfungen überholt ist. Denn in den Prüfungen, die am letzten Wochenende stattgefunden haben, haben, ich glaube, 54 junge Leute die Aufnahmekriterien erfüllt. Diese werden aufgenommen.

Danke. Weitere Nachfragen? Abgeordneter Döring, bitte.

Herr Minister, könnte auch die Schließung des Kollegs Ergebnis der Überlegung zur Weiterentwicklung, die Sie eben genannt haben, sein?

Dies kann ich weder bestätigen, noch kann ich das ausschließen. Das ist so, wenn man Überlegungen macht, die noch nicht zum Abschluss gekommen sind, Herr Abgeordneter.

Weitere Nachfragen gibt es nicht. Ich rufe die nächste Mündliche Anfrage auf, Abgeordneter Kuschel, Die Linkspartei.PDS-Fraktion, in Drucksache 4/1922.

Verletzung der beamtenrechtlichen Neutralitätspflicht zu den Kommunalwahlen 2006?

Der aktuellen Medienberichterstattung ist zu entnehmen, dass dem Landrat des Wartburgkreises (CDU) vorgeworfen wird, unrechtmäßig in den Wahlkampf zu den Landratswahlen am 7. Mai 2006 eingegrif

fen zu haben. Dem Landrat wird vorgeworfen, einseitig die Kandidatur des CDU-Landratskandidaten öffentlich zu unterstützen. Der Landrat des Wartburgkreises kandidiert nicht erneut für die hauptamtliche Wahlfunktion und ist somit per Gesetz der Kreiswahlleiter und somit zur strikten Neutralität verpflichtet.

Auch anderen Inhabern von Landrats-, Bürgermeister- und Oberbürgermeisterämtern werden Verletzungen der beamtenrechtlichen Neutralitätspflicht vorgeworfen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wo liegen nach Auffassung der Landesregierung die Grenzen der beamtenrechtlichen Neutralitätspflicht von hauptamtlichen kommunalen Wahlbeamten, die gleichzeitig Gemeinde- bzw. Kreiswahlleiter sind, und wie wird diese Auffassung im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen den Landrat des Wartburgkreises begründet?

2. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass der Bürgermeister der Stadt Bad Salzungen (CDU) , der ebenfalls nicht erneut kandidiert und somit der gesetzliche Gemeindewahlleiter ist, auf einem Wahlplakat des CDU-Bürgermeisterkandidaten abgebildet ist und sich zugleich in einem Bürgerbrief offen für den CDU-Bürgermeisterkandidaten ausspricht?

3. Wie bewertet die Landesregierung die öffentliche Aussage des aus dem Amt scheidenden Landrates des Ilm-Kreises (CDU) in einem Werbeflyer des CDU-Landratskandidaten, in der sich der Landrat des Ilm-Kreises für die Kandidatur des CDU-Landratskandidaten ausspricht?

Es antwortet Staatssekretär Baldus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landsregierung zusammenfassend wie folgt:

Amtsträger bzw. Beamte unterliegen der parteipolitischen Neutralitätspflicht. Ein Amtsträger darf sich zwar politisch und auch parteipolitisch betätigen, er muss dabei jedoch klar zwischen seinem Amt und seiner Teilnahme am politischen Meinungskampf trennen. Seine privaten politischen Äußerungen dürfen nicht den Anschein einer amtlichen Stellungnahme erwecken. Dies gilt im besonderen Maße, wenn ein Amtsträger zusätzlich die Funktion des kommunalen Wahlleiters wahrnimmt, der ein unabhängiges

kommunales Wahlorgan ist. Von einer Bewertung der vorgetragenen Einzelfälle muss die Landesregierung Abstand nehmen, da auch rechtliche Ausführungen sich vor Ort als Einflussnahme auf den jeweiligen kommunalen Wahlkampf darstellen können.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist wohl ein Witz?)

Die Landesregierung wird daher alles unterlassen, was den Eindruck einer Wählerbeeinflussung erwecken könnte.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das kann doch nicht sein.)

Zudem darf die Landesregierung auch nicht der Rechtsaufsichtsbehörde vorgreifen;

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wann entscheidet die... am 22. Mai?)

diese hat zu bewerten, ob der Amtsträger oder Wahlleiter in dem jeweiligen Fall die Grenzen der zulässigen privaten Meinungsäußerung beachtet oder überschritten hat.

Es gibt Nachfragen. Abgeordneter Kuschel, bitte.