Protocol of the Session on March 31, 2006

(Beifall bei der CDU)

Ich war doch tatsächlich mit meinen braunen Augen, Frau Kollegin Enders, zu blauäugig, zu glauben, wir können nun mal inhaltlich im Ausschuss arbeiten. Das war eben nichts, schade eigentlich. Erst letzte Woche haben wir - Sie erinnern sich - uns für eine umfangreiche Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu der heute in Rede stehenden Problematik entschieden. Was machen Sie? Sie nehmen mit Ihrem Antrag - bildlich gesehen, wie Kollege Pilger vorhin am Hausbau war - den gleichen Teebeutel und gießen heute noch mal neu auf.

(Beifall bei der CDU)

Unter einem plakativen Titel offerieren Sie uns heute zum x-ten Mal Ihr ideologisches Großprojekt eines dritten Arbeitsmarkts, diesmal „Nonprofitbereich“ genannt, durch die Hintertür des SGB II, obendrein noch garniert mit einem völlig überzogenen Mindestlohn im gemeinwohlorientierten Bereich.

Liebe Kollegen, ständiges Wiederholen oder - ich bleibe noch ein wenig bei meinem Beispiel Tee - ständiges Neuaufgießen macht nicht schmackhafter. Ich sage Ihnen ganz deutlich, diese Olympiade von Wiederholungsbefassungen hier im Plenum wird uns am Ende an einer sachgerechten und tiefgründigen Erörterung in den Ausschüssen hindern. Auch aus diesem Grund werden wir Ihren Antrag heute ab

(Beifall bei der CDU)

Unsere Arbeitsmarktpolitik ist und bleibt auf den ersten Arbeitsmarkt gerichtet. Dann wird nämlich tatsächlich Arbeitslosenunterstützung in Lohn umgewandelt, wie es in ihrem Antragstitel so schön und von jedermann unterschreibbar heißt. Dafür ist es aber notwendig, Einstellungshemmnisse bei Arbeitgebern und Arbeitslosen zu überwinden. Bei den Arbeitgebern sind es eindeutig die zu hohen Arbeitskosten, die zu Produktivitätsanforderungen an dem einzelnen Arbeitsplatz führen, die nicht befriedigt werden können. Das heißt, der potenzielle Arbeitsplatz entsteht erst gar nicht oder - noch schlimmer - er fällt weg oder wird in das kostengünstigere Ausland verlagert. Ihr steuerfinanzierter Mindestlohn erhöht die Arbeitskosten und verstärkt den geschilderten Effekt. Genau deshalb birgt Ihr Antrag Kontraproduktivität. Bei aller Diskussion und da gibt es einen klaren Standpunkt auch in der Union - alles, was sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schafft und keine weiteren vernichtet, wird geprüft, so sagte auch letztens unsere Bundeskanzlerin. Für die neuen Länder heißt das auch, die negative Lücke zwischen Produktivität und Lohn muss geschlossen und umgekehrt werden - das ist im Übrigen Grundwissen der Volkswirtschaftslehre -, dann werden Arbeitsplätze geschaffen. In der Industrie ist das weitgehend realisiert. Beantworten Sie sich die Frage selbst, wie Ihr steuerfinanzierter Mindestlohn im öffentlichen Bereich volkswirtschaftlich wirken wird.

Die zweite Falle auf dem deutschen Arbeitsmarkt besteht in der tatsächlichen Armutsfalle wegen des fehlenden Anreizes vor allem bei Niedrigqualifizierten, die sozialen Transfersysteme zu verlassen. Das bescheinigen alle in- und ausländischen Arbeitsökonomen. Wir haben gestern ausführlich darüber gesprochen.

Also, meine Damen und Herren, wir lehnen den Antrag ab, weil es erstens der Handlungsaufforderung nicht bedurft hätte; die geforderten Arbeitsmarktinstrumente sind bereits anwendbar. Wir lehnen den Antrag ab, weil wir aus nachvollziehbarem Grund nichts von einem dauerhaft staatsdirigistischen dritten Arbeitsmarkt halten. Unser aller Ziel soll es sein, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen die Hilfebedürftigkeit nicht nur gegenwärtig, sondern vor allem nachhaltig mindern. Wir lehnen diesen Antrag ab, weil gerade im Ausschuss eine umfassende Befassung zum Gegenstand dieses Antrags stattfindet. Die Ergebnisse können dann durchaus in die geplanten weiteren Novellierungsabsichten des Bundes zum SGB II einfließen. Eine Bundesratsinitiative auf der Basis Ihres Antrags werden wir als CDU-Fraktion nicht unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Frau Abgeordnete Enders zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kollege Günther, das mit den Augen, also das muss ich Ihnen sagen, das finde ich immer ganz, ganz süß, ja, finde ich. Aber, Herr Kollege Günther und auch Herr Kollege Pilger, ich glaube, Sie haben unseren Antrag, den wir heute hier gestellt haben, nicht richtig verstanden. Ich denke, ich werde hier noch einige Ausführungen zu unserem Antrag machen, vielleicht kann Ihnen das ja dann auch ein Stück weit Aufklärung geben.

Nun lassen Sie mich mal beginnen und so beginnen: Wenn man sich so von regierungsamtlicher Seite und einigen ihr nahe stehenden Medien informieren lässt, dann wird einem das Gefühl des Aufbruchs vermittelt. Deutschland hat wieder mal den Fußball gewonnen, der Winter ist endlich vorbei und bei den Wahlen - wie jedes Mal, wenn Wahlen vorbeigingen - nur Sieger. Aber, meine Damen und Herren, ist das wirklich so? Warum haben so wenige gewählt? Warum gehen Ärzte auf die Straße? Warum wird seit Wochen im öffentlichen Dienst gestreikt? Doch nicht wegen 18 Minuten Mehrarbeit die Woche oder 30 Prozent mehr Lohn. Hier geht es einzig und allein um Arbeitsplätze, um die jetzigen und um die künftigen, denn das ist das größte Problem in unserer Republik und auch in unserem Freistaat, in Thüringen - das größte Problem ist die Massenarbeitslosigkeit. Diese Realität lesen wir jeden Monat in der Arbeitslosenstatistik. Da können auch die geringfügigen Verbesserungen, die wir heute bei der Arbeitslosenquote in diesem Monat vernehmen konnten, nicht darüber hinwegtäuschen. Wenn Sie sich die Mühe machen, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktion, und einmal einen Blick in die Statistiken der ARGEn in Ihrem Wahlkreis werfen, werden Sie erkennen, woran dieser Staat krankt. Im Ilm-Kreis tue ich das regelmäßig. Am 30.11.2005 waren es 18.654 Menschen, die von Arbeitslosengeld II, Arbeitslosengeld I oder Sozialgeld leben mussten. Einen Monat später waren es 18.902 und Ende Februar dieses Jahres 20.176 und da können auch die leichten Verbesserungen, die wir in diesem Monat bei der Arbeitslosenquote erzielt haben, nicht hinwegtäuschen. Es gibt immer noch 19.000 Menschen, die ohne Arbeit im Ilm-Kreis sind. Das zeigt ganz klar und deutlich die Dokumentation des Scheiterns der Hartz-Gesetze. Es ist deshalb dringend geboten - und ich finde das überhaupt nicht lustig, Herr Minister Reinholz -, ein neues Kapitel aktiver Arbeitsmarktpolitik

zu beginnen, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren und in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor gesellschaftlich notwendige Arbeit mittel- und langfristig zu finanzieren. Arbeit ist da im gemeinwohlorientieren Bereich, dort, wo der Profit nicht der alleinige Maßstab ist, sondern eben noch der Mensch. Ich glaube auch, dass wir einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor brauchen. Wir werden ihn in nächster Zeit brauchen und ich möchte dafür auch ein Beispiel anbringen. Aufgrund des demografischen und innerstrukturellen Wandels in der Gesellschaft werden bisher funktionierende Systeme des Ehrenamts, der gegenseitigen nachbarschaftlichen Hilfe und der innerfamiliären Fürsorge nicht mehr im nötigen Umfang greifen. Es wird beispielsweise mehr hilfe- und pflegebedürftige ältere Menschen, aber immer weniger hilfeleistende Jüngere geben. Die geforderte Flexibilisierung der Arbeit mit häufigem Wechsel der Arbeitsorte und unregelmäßigen Arbeitszeiten wird regionale Bindungen der Familien wegbrechen lassen. Dauerhafte und langfristige innerfamiliäre Hilfeleistungen, Betreuung und Unterstützung werden gar nicht mehr möglich sein. Hinzu kommt auch die von Kirchen und Sozialverbänden beklagte allgemeine Entsolidarisierung der Gesellschaft. Hier kann der von uns geforderte Einstieg in den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor einen nachhaltigen Beitrag leisten. Die Arbeit ist da und auch die sind da, die diese Arbeit verrichten wollen und auch verrichten können. Geklärt werden muss die Finanzierung. Es muss eine gesicherte Regelfinanzierung des ÖBS erreicht werden. Es geht um dauerhafte Sicherung gesellschaftlich notwendiger Arbeit, insbesondere sozialer Grundnetze. Es geht auch um Planungssicherheit für die Kommunen und die Träger. Das geht sicherlich nicht ohne Umverteilung. Aber es ist nicht so, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir bei null anfangen. Um den ÖBS erfolgreich und qualitativ ausgewogen zu gestalten, sollten bisherige Erfahrungen eingebunden werden. Eine solche Erfahrung ist eben: Marktübliche Leistungen müssen von Beginn an zu marktüblichen Preisen angeboten werden. Um Nachhaltigkeit tatsächlich zu erreichen, sollten Projekteinnahmen nicht grundsätzlich den mit Fördermitteln gegengerechnet werden, sondern zum Beispiel der Eigenkapitalbildung für die Nachförderphase dienen können. Eine andere Erfahrung, besonders bei sozial orientierten Projekten, will ich auch nennen. Wir müssen von einer Anlauf- und Etablierungsphase von drei bis fünf Jahren ausgehen. Nur dadurch kann die Reintegration von Arbeitslosen, eine fundierte Einarbeitung in den neuen Aufgabenbereich, eine umfassende Identifizierung mit dem Projekt und dadurch Motivation bei den Beschäftigten erreicht werden und natürlich auch für die sozial zu betreuenden Menschen eine wirkliche Hilfe geleistet werden.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Geld: Sie haben heute hier schon gehört, Arbeitslosenunterstützung in Lohn umwandeln, ist die einzige Möglichkeit, gesellschaftlich notwendige Arbeit mittel- und langfristig durch eine Regelfinanzierung abzusichern. Diese Mittel, meine Damen und Herren - meine Kollegin hat schon darauf verwiesen -, sind bereits vorhanden, zumindest zum großen Teil.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Jeder kann sich ausrechnen, was ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger an finanziellen Leistungen, an Grundsicherung, Kosten der Unterkunft und Sozialleistungen erhält. Sicher, das reicht noch nicht aus, um auf das von der Linkspartei.PDS geforderte Brutto von 1.400 € Mindesteinkommen zu kommen, aber es ist zumindest ein Grundstock für eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit im ÖBS und ist allemal sinnvoller angelegt als jetzt, wo mit diesen Geldern Arbeitslosigkeit finanziert und nicht Arbeit finanziert wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es geht auch um das Selbstwertgefühl von Arbeitslosigkeit Betroffener. Anstatt die brachliegende Arbeitskraft, die Innovation und die Kreativität der Menschen für die Gesellschaft zu nutzen, werden sie aus der Gesellschaft und von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Wir haben es gestern Abend erst gehört, als es um behinderte Menschen ging, die vom Arbeitsprozess auch weiterhin ausgeschlossen werden, nicht mehr so eine Förderung über Hartz IV erhalten. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann sich kein Staat auf Dauer leisten. Es ist wichtiges Kapital, es ist wichtiges menschliches Kapital, das einer Gesellschaft durch Arbeitslosigkeit verloren geht. Hartz IV hat keinen Beitrag zur Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit geleistet, sondern, wie von uns vorausgesagt, Armut per Gesetz gebracht mit allen volkswirtschaftlichen Verwerfungen, mit Abwanderung, Geburtenrückgang und vielem anderen mehr. Das wollen wir ändern.

Meine Damen und Herren, mit längeren Arbeitszeiten und der Rente mit 67 wird das allerdings nichts. Auch nicht, indem wir allein - wie es heute hier von der CDU-Fraktion zu hören war - auf Wirtschaftswachstum setzen. Schon gar nicht wird es etwas, wenn wir Arbeitslose, so wie das oftmals auch getan wird durch verschiedene Berichte, zu Faulenzern und Nichtstuern degradieren, mit Leistungskürzungen, Sanktionen und Zwangsmaßnahmen drohen. Auch mit dem Ein-Euro-Job, der heute hier als besonderes Förderinstrument angesprochen wurde, sind die strukturellen Defizite auf dem Arbeitsmarkt nicht zu

beseitigen. Die Menschen wollen keine Almosen, sie wollen mit ihren Händen ihren Lebensunterhalt für sich und für ihre Familien verdienen. Deshalb steht fest: Wir brauchen neue Ansätze. Wir brauchen eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik, die sich endlich den strukturellen Problemen der Massenarbeitslosigkeit stellt, die sich der Krise der traditionellen Arbeitswelt annimmt, die Arbeit im gemeinwohlorientierten Sektor als gesellschaftlich notwendige Arbeit versteht und damit auch finanziert. Was wir brauchen, sind neue Arbeitsplätze, ist ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor. Mit dem vorliegenden Antrag meiner Fraktion könnte der Einstieg in den ÖBS gelingen. Lassen Sie uns diesen Antrag noch einmal im Ausschuss diskutieren, denn ich glaube, das wird ein Baustein sein, um etwas gegen die Massenarbeitslosigkeit in unserem Land zu tun. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mir liegen keine weiteren Redewünsche seitens der Abgeordneten vor, aber für die Landesregierung Minister Reinholz, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Antrag Ihrer Fraktion, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei. PDS, ist wie so oft eine Mischung aus einem kleinen Teil durchaus verständlicher und vertretbarer Zielvorstellungen, aus einem ganz beträchtlichen Teil unverständlicher und unrealistischer Forderungen, die - das unterstelle ich mal - auf unzureichender Sachkenntnis beruhen, und aus einem großen Teil planungs- und wirtschaftsideologischer Vorstellungen, die von der Geschichte selbst schon überholt worden sind.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Das Ganze wird dann unter eine griffige Überschrift gesetzt, damit der Eindruck entsteht, die Linkspartei.PDS habe wieder einmal den Stein der Weisen erfunden.

Lassen Sie mich kurz auf Ihren Antrag eingehen: Lohneinkommen haben für die Landesregierung immer Priorität vor Arbeitslosengeld und Sozialtransfers. Es gehört zu den fundamentalen Zielen der sozialen Marktwirtschaft, dass jeder Erwerbstätige durch eigene Arbeit ein ausreichendes Einkommen erzielen und damit auch sein eigenes Leben gestalten kann. Die Arbeitslosenunterstützung ist grundsätzlich eine Übergangslösung, um Zeiten von Erwerbslosigkeit zu überbrücken und eine soziale

Grundsicherung zu haben. Der Grundgedanke, Arbeitslosenunterstützung in Lohn umzuwandeln, wird in der Arbeitsmarktförderung in vielfältiger Form umgesetzt und aus den bestehenden Eingliederungstiteln und Förderprogrammen auch finanziert.

Die Förderung ist grundsätzlich auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet. Wir wollen Arbeitslose nicht dauerhaft finanzieren, sondern eine möglichst rasche Rückkehr in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ermöglichen. Instrumente, die Löhne subventionieren, oder Eingliederungszuschüsse, die Arbeitsplätze fördern, sind damit keinesfalls neu, wie in Ihrem Antrag der Eindruck erweckt werden soll, sondern sowohl im SGB II als auch im Förderinstrumentarium des Landes bzw. des ESF schon längst enthalten. Erstens ist es möglich, das Arbeitsplatzangebot zum Beispiel bei den sozialen Diensten, die Sie ja selbst angesprochen haben, im Breitensport und in der Jugendhilfe

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Bei den sozialen Diensten geht das überhaupt nicht.) mit Hilfe von Strukturanpassungsmaßnahmen sowie gemeinwohlorientierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu verbessern. Sowohl die Landesregierung als auch die Arbeitsagenturen, ARGEn und optierenden Kommunen finanzieren nämlich solche Maßnahmen. Die Strukturanpassungsmaßnahmen werden zwar abfinanziert, weil die Regelungen im SGB III ausgelaufen sind, die Förderung von ABM ist aber nach wie vor möglich und wird zurzeit überwiegend im Anwendungsbereich des SGB II praktiziert.

Zweitens ermöglicht es § 16 Abs. 3 Satz 1 SGB II, sozialversicherungspflichtige Arbeitsgelegenheiten in der so genannten „Entgeltvariante“ zu fördern. Projektträger schaffen, vermitteln oder akquirieren Beschäftigungsmöglichkeiten bei Unternehmen oder anderen Arbeitgebern und der Hilfebedürftige erhält das übliche Arbeitsentgelt anstelle der Arbeitslosenunterstützung. Der Förderumfang ist gesetzlich nicht vorgegeben. Die Förderung kann aus einer monatlichen Fallpauschale bestehen, die eine pauschale Lohnkostenförderung und eine Maßnahmenkostenpauschale umfasst. Eine Kofinanzierung durch Mittel des Europäischen Sozialfonds bzw. Landesmittel ist grundsätzlich möglich. Das Instrument wird derzeit leider nur zu wenig in Anspruch genommen.

Ähnlich verhält es sich mit der Inanspruchnahme des dritten Instruments, dem Einstiegsgeld nach § 29 SGB II. Wir werben in Veranstaltungen mit den ARGEn und optierenden Kommunen dafür, dass dieses Instrument noch stärker genutzt wird. Mit dem Einstiegsgeld können geringere Löhne, zum Beispiel für niedrig Qualifizierte, bis zwei Jahre lang aufge

stockt werden. Sowohl für den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber wird dadurch der Arbeitsplatz attraktiv. Die langjährigen Erfahrungen zeigen, dass die vorhandenen Förderinstrumente in gemeinwohlorientierten Tätigkeitsfeldern zwar partiell arbeitsmarktpolitisch wirken, aber nicht so überzeugend sind, dass man sie, wie im Antrag gefordert, ins Unendliche ausweiten sollte. Die Maßnahmen helfen nur begrenzt bei der Integration in den ersten Arbeitsmarkt und der dauerhaften Stabilisierung eines Tätigkeitsfeldes. Grund hierfür ist, dass der erste Arbeitsmarkt eine hohe Personalkontinuität benötigt. Öffentlich geförderte, befristete Beschäftigungsprojekte werden dieser Notwendigkeit naturgemäß nicht gerecht. In dieser Hinsicht gab und gibt es erhebliche Probleme mit temporären Fördermaßnahmen; eine Dauerfinanzierung ist aber weder finanziell noch ordnungspolitisch tragbar. Der Antrag vernachlässigt die Finanzierungsmöglichkeit und die fachliche Notwendigkeit einer kontinuierlichen, professionellen Arbeit im gemeinwohlorientierten Bereich, die durch die Abhängigkeit von Arbeitsfördermitteln größtenteils konterkariert wird. Nicht zuletzt kommt es zu Wettbewerbsverzerrungen, denn nicht geförderte private Unternehmen müssen mit den öffentlich geförderten Tätigkeiten konkurrieren.

Es gibt also umfassende Instrumente, um eine Integration in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu unterstützen bzw. zu erreichen. In Thüringen gelten die Förderprogramme auch für den gemeinwohlorientierten Bereich. Der Freistaat unterstützt diesen gezielt mit Arbeitsfördermitteln aus dem Europäischen Sozialfonds. Dies wird weiterhin auch so bleiben. Ein zusätzliches Förderinstrument, was das SGB II grundsätzlich für eine Lohnsubventionierung öffnet, halte ich daher für wenig notwendig und auch nicht für geboten.

Ein tiefer Griff in die Mottenkiste ist Ihre Forderung nach einem Mindestlohn von 1.400 €. Ein gesetzlicher Mindestlohn für Vollzeitbeschäftigte in gemeinwohlorientierten Beschäftigungsmaßnahmen, wie im Antrag formuliert, ist absolut realitätsfremd und ungeeignet, Arbeitslosigkeit nachhaltig abzubauen. Ein Mindestlohn würde die Vermittlung von Arbeitslosen in Fördermaßnahmen weiter, und zwar straff gegen null absenken.

Auf Bundesebene wird derzeit die Einführung von Kombilöhnen bzw. von gezielten Förderungs- und Eingliederungsinstrumenten für gering Qualifizierte geprüft. Das Bundesarbeitsministerium wird im Herbst dazu Vorschläge vorlegen. Bereits jetzt, meine Damen und Herren, ist erkennbar, dass vornehmlich gezielte Förderinstrumente und weniger Dauersubventionierung geprüft werden. Worauf es letztendlich hinauslaufen wird, ist heute, denke ich, reine Spekulation. Ein Vorpreschen auf Landesebene ist jeden

falls, denke ich, auch der falsche Weg. Wir müssen stattdessen die Debatte über zielgerichtete arbeitsmarktpolitische Instrumente auf Bundesebene führen und zum Ergebnis bringen. Die Diskussion schließt den gemeinwohlorientierten Beschäftigungsbereich mit ein. Die Landesregierung wird sich im Bundesrat aber nicht für die grundsätzliche, womöglich dauerhafte Finanzierung gemeinwohlorientierter Beschäftigungsverhältnisse aus Steuermitteln im Rahmen des SGB II einsetzen - abgesehen davon, hätte ein solches Ansinnen keinen Erfolg, da - wie Thüringen auch - die deutliche Mehrheit der anderen Länder aus den bereits genannten Gründen dies ablehnen würde.

Meine Damen und Herren, ich schlage deshalb vor, den Antrag abzulehnen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Doch, Frau Abgeordnete Enders von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister Reinholz, ich mache seit 14 Jahren oder, ich sage es mal anders, ich gestalte seit 14 Jahren Arbeitsmarktpolitik. Ich führe ein Unternehmen, das ein Verein ist, ein gemeinnütziger Verein, der sich also hier auch diesem gemeinwohlorientierten Sektor gewidmet hat. Wir haben derzeit 80 Beschäftigte in unserem Unternehmen sowohl auf dem ersten als auch auf dem zweiten Arbeitsmarkt, wobei ich diese Unterscheidung nicht mag. Arbeit ist für mich Arbeit und das, was dort geleistet wird - auch in geförderten Maßnahmen - ist für mich auch richtige Arbeit, die es anzuerkennen gilt und die es letztendlich auch zu finanzieren gilt.

Noch mal zu unserem Antrag, den wir heute hier eingebracht haben: Es ist etwas völlig anderes; es geht um eine dauerhafte Finanzierung, wenn ich momentan - Sie haben uns da wahrscheinlich nicht richtig zugehört - davon ausgehe, dass ich diese Mittel ausgebe für Arbeitslosigkeit, und das auch dauerhaft, weil Sie die Menschen nicht in den ersten Arbeitsmarkt integrieren werden. Bei einem Wirtschaftswachstum, so wie wir das heute hier lesen können, von 1 Prozent, also ich frage mich: Wo sollen denn da die Arbeitsplätze in der Wirtschaft herkommen? Wirtschaftswachstum allein, Herr Minister, bedeutet noch lange nicht, dass auch dann Arbeitsplätze in Größenordnungen entstehen. Wir bräuchten 20 Prozent Wirtschaftswachstum in Thüringen, um die Leute, die hier arbeitslos sind, in Arbeit zu integrieren. Das ist

Utopie. Deshalb müssen wir uns ganz einfach neuen Dingen stellen und wir werden vor der Frage eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors stehen. Das wird der einzige Weg und das wird ein Weg sein, der ganz einfach hier auch etwas gegen Arbeitslosigkeit tut. Ich glaube, Sie sollten sich damit ein Stück weit intensiver auch beschäftigen. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich denke, ich kann jetzt die Aussprache schließen. Es ist beantragt worden, den Antrag in Drucksache 4/1796 an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Die gibt es nicht. Damit sind die ablehnenden Stimmen die Mehrheit und die Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.

Wir stimmen also direkt über den Antrag ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 12 und ich habe vorhin noch einmal nachfragen lassen bei den Geschäftsführern der Fraktionen, dass wir mit diesem Tagesordnungspunkt auch die heutige Plenarsitzung schließen. Es ist mir die Zustimmung signalisiert worden, so dass ich das hiermit tun möchte.

Ich verweise darauf, dass planmäßig die nächsten Plenarsitzungstage am 4. und 5. Mai stattfinden, weil wir im April wegen der Osterfeiertage und der parlamentsfreien Zeit keine Sitzung haben. Ich würde Ihnen ganz gerne frohe Ostern wünschen, verbinde das aber nicht mit dem Wunsch dafür, dass Sie jetzt in eine lange Pause gehen. Das soll auch nicht missverstanden werden, aber für die Zeit über die Osterfeiertage wünsche ich Ihnen natürlich auch ein bisschen Erholung und Möglichkeit zum Kraftschöpfen für die nächste Zeit, die vor uns steht. Einen guten Heimweg!

E n d e d e r S i t z u n g: 17.53 Uhr