Sie kommen bei dem Trägerkreis zu dem Fazit, dass das ja mit der Finanzierungsregelung so stehen würde, wie Sie uns das vorschlagen. Es steht mitnichten so, es ist höchst ungewiss, was da vorgeschlagen wird. Es sind erhebliche Eingriffe in den Landeshaushalt, die vorgeschlagen werden, das kann man gerne vorrechnen. Das sind Größenordnungen
bis zu 100 Millionen und da kann man lange darüber streiten, ob das 1 Prozent oder wie viel Prozent des Landeshaushalts sind. In jedem Fall bleibt das Fazit, ich sage, das ist ein wesentlicher Eingriff in den Landeshaushalt. Insofern ist es richtig und korrekt, dass vermutlich das Verfassungsgericht sich mit dieser Frage dann beschäftigen muss, inwieweit das ein erheblicher Eingriff ist und ob das in dieser Form dann überhaupt zulässig ist.
Ich glaube, das ist richtig und legitim, dass wir das tun lassen werden, dass das Verfassungsgericht an dieser Stelle entscheidet. Wir haben bis jetzt keine exemplarischen Entscheidungen dazu in Thüringen. Das schützt ein bisschen vielleicht auch künftige Volksbegehren vor dieser Blauäugigkeit, die beide Oppositionsparteien offensichtlich in diesen Trägerkreis hineingetragen haben. Der Trägerkreis für das Volksbegehren möchte u.a. die Abschaffung des Landeserziehungsgeldes. Das ist paradox und das ist auch ein Stückchen widersprüchlich, was Sie da wollen. Sie wollen auf der einen Seite dieses Landeserziehungsgeld abschaffen, um auf der anderen Seite zu fordern, das möge ja dann später mal wieder hier im Thüringer Landtag eingeführt werden. Sie sagen als Begründung dazu - so ist zumindest nachzulesen von dem Trägerkreis -, dass ja das Landeserziehungsgeld nicht zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beiträgt. Das war nicht die Absicht von dem Landeserziehungsgeld. Das Landeserziehungsgeld, so wie wir es hier im Dezember eingeführt haben, soll dazu beitragen, dass Erziehungs- und Betreuungsleistung im häuslichen Umfeld in der Familie honoriert wird, nicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dafür haben wir ein Betreuungssystem in den Kindertagesstätten, dafür haben wir ein Betreuungssystem unterhalb des Rechtsanspruchs - das ist gut so und das ist auch im Gesetz geregelt. Sie wollen mit dem Trägerkreis die „Stiftung FamilienSinn“ abschaffen. Das ist Unfug, weil Sie die Frage nicht beantworten, wie stattdessen die familienpolitischen Leistungen geschaffen werden sollen. Wir wollten genau die „Stiftung FamilienSinn“, um das weiterzuentwickeln. Wir wollten die finanzielle Unabhängigkeit, dass die Familienstiftung in Zukunft genau diese Leistungen dauerhaft und kontinuierlich erbringen kann.
Sie fordern darüber hinaus mit dem Trägerkreis eine Platzgarantie ab einem Jahr. Sie verkennen völlig, dass wir ein bedarfsgerechtes Angebot in diesem Bereich vorhalten, dass wir in Thüringen ja durchaus vorbildlich sind. Sie verkennen völlig, dass wir mit dem Rechtsanspruch ab zwei Jahre weit unter dem liegen, was im gesamten Bundesgebiet üblich ist.
Sie wollen die Betreuung behinderter Kinder verbessern. Wir wollten mit dem Gesetz aber nicht die Betreuung behinderter Kinder verbessern, wir wollten die Förderung behinderter Kinder verbessern. Denn die Betreuung allein in einer Regeleinrichtung ist es noch nicht für ein behindertes Kind.
Wir haben sehr genau gesagt, wir wollen, dass behinderte Kinder in integrativen Einrichtungen, aber auch in Regeleinrichtungen entsprechend gefördert und nicht nur betreut werden.
Und ein Letztes, weil immer das Argument vorgebracht wird, das hat zu gravierende Auswirkungen: Ich will das gar nicht verkennen. Auch in Gera hat es Auswirkungen. Aber das sind hausgemachte Probleme in der Stadt Gera, wo lange Zeit ein Rechtsanspruch ab einem Jahr vorgehalten wurde und das Land mitbezahlt hat. Wir haben das verändert. Dass jetzt das Geld am Ende nicht mehr reicht, dass jetzt in Gera Erzieherstellen noch abgebaut werden, ist in der Tat nicht dem Gesetz, dem Familienfördergesetz an dieser Stelle anzulasten. Insofern bitte ich Sie einfach, die Kirche im Dorf zu lassen. Wir werden noch mehrfach Gelegenheit haben, hier zu diskutieren. Für heute kann ich nur sagen, Sie haben den Mund gespitzt, aber Sie haben grottenschlecht gepfiffen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, ich freue mich natürlich über die Begeisterung in den Reihen der CDU, ja, der Fanblock.
Herr Panse, sehr viel Fachliches haben Sie ja hier nicht vortragen können. Sie haben - im Gegenteil - versucht, diejenigen, die sich im Land für eine bessere Familienpolitik einsetzen, zu diffamieren, zu beschimpfen mit Worten wie „die haben versagt“, „die sind blauäugig“, „die können es nicht“.
Herr Panse, ich glaube, Sie werden noch aufwachen. Sie werden noch aufwachen müssen, denn hier bei dem Volksbegehren haben sich sehr viele in Thüringen zusammengetan, die Interesse haben an einer guten Familienpolitik.
Sie waren mit Ihrer Familienoffensive in Thüringen mutterseelenallein. Sie hatten keinerlei Unterstützung in der Öffentlichkeit und trotz aller Mahnungen, trotz aller Kritik haben Sie das hier durchgezogen, stur, ohne nach links und rechts zu schauen, ohne sich zu fragen, was die Auswirkungen im Einzelnen sind. Der Kern dessen, was Sie beschlossen haben, ist und bleibt, dass Sie den Kindergärten massiv Gelder gestrichen haben. Daran lässt sich nicht vorbeidiskutieren.
Im Jahr 2005 hatten die Kindergärten Gelder vom Land für den Betrieb und für die Investitionen in der Größenordnung von 157 Mio. €. Für die gleichen Aufgaben werden im nächsten Jahr noch 106 Mio. € zur Verfügung stehen. Und Sie versuchen, die Kürzung um 50 Mio. € hier als Erfolg der Landesregierung zu verkaufen. Herr Panse, schauen Sie sich doch mal draußen um, das glauben Ihnen doch nicht einmal die eigenen Leute.
Vielleicht haben Sie ja auch gelesen, was Herr Pietzsch dazu gesagt hat, immerhin ehemaliger Sozialminister und ehemaliger Fraktionsvorsitzender. Der Kollege Pietzsch hat dazu gesagt, die geplanten Streichungen stellten die im PISA-Bericht geforderte zentrale Bildungspolitik in Frage,
vor allem die Existenz kleinerer Einrichtungen könne gefährdet sein. Und weiter sagt Herr Pietzsch jetzt, dass Träger, Städte und Eltern in Zukunft zwischen 20 und 30 Prozent mehr Geld aufbringen müssen. Das ist die Einschätzung, die selbst CDU-Leute Ihrem Vorhaben gegenüber öffentlich gemacht haben. Aber, Herr Panse, Sie scheuen sich ja nicht einmal davor, sich in die Öffentlichkeit zu stellen und zu sagen: Durch unsere Regelung ist es jetzt sogar möglich geworden, dass Kitas kostenlos angeboten werden. In einer Pressemitteilung haben Sie verkündet, in Treffurt werde die Kita zukünftig kostenfrei angeboten. Das Interessante ist nur, in Treffurt weiß niemand etwas davon. Ich weiß ja nicht, mit wem Sie geredet haben.
Wir haben den Bürgermeister angerufen und der Bürgermeister hat uns gesagt, was Herr Panse da sagt, ist Unfug, auch in Treffurt gibt es in Zukunft Beiträge für den Kindergarten. Was wird passieren und wo sind wir mittendrin? Herr Panse, und jeder, der das sehen will, kann es sehen: Es gibt überall im Land Diskussionen über die Erhöhung von Elterngebühren, es gibt Diskussionen darüber, wie viele Stellen gehalten werden können, wie die Einrichtungen sich in Zukunft noch über Wasser halten können. In meiner Heimatstadt Jena fehlen durch Ihre Entscheidungen 2 Mio. € für die Kindertagesstätten, das sind umgerechnet 40 Vollzeitstellen und natürlich läuft die Debatte über die Gebühren für die Kindertagesstätten. Mit dem Volksbegehren, Herr Panse, werden wir diese Kürzungen rückgängig machen.
Und wir werden dafür sorgen, gemeinsam mit Eltern, gemeinsam mit Gewerkschaften, gemeinsam mit anderen Parteien und vielen, die sich für dieses Volksbegehren engagieren, dass die Betreuung in Thüringen nicht zusammengestrichen wird, sondern dass sie ausgebaut wird. Das ist nämlich das Gebot der Stunde.
Wir wollen, dass es einen Rechtsanspruch gibt ab dem 1. Geburtstag. Wir wollen, dass es 10 Stunden garantierte Betreuungszeit gibt; wir wollen, dass das letzte Jahr gebührenfrei angeboten wird. Wir wollen, dass die Eltern mehr Mitspracherechte erhalten. Wir wollen, dass das Verhältnis Kinder/Erzieher verbessert wird und damit bessere Betreuung und bessere frühkindliche Bildung möglich wird. Das Ganze kostet bei einem Verzicht auf das Landeselterngeld und die „Stiftung FamilienSinn“ dem Land 22 Mio. € mehr - 22 Mio. €, die gut angelegtes Geld sind. Besser kann man diese 22 Mio. € überhaupt nicht anlegen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es verbessert die Vereinbarkeit von Kindern, Familie und Beruf und es ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass mehr Kinder in Zukunft geboren werden, und es verbessert die frühkindliche Erziehung und Bildung und das ist die wichtigste Aufgabe, denn nur so kann es gelingen, dass wir in Zukunft auch mehr Kinder zum Schulabschluss bringen, dass wir Menschen befähigen, die Potenziale, die sie haben, auch wirklich entwickeln zu können.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, also, Herr Panse, in der Stadt Gera geht aus Ihrem Gesetz hervor, dass wir 3 Mio. € einsparen müssen, und diese 3 Mio. € wirken sich natürlich auch auf die freien Träger aus. Das ist die konkrete Tatsache. Fragen Sie Ihren Parteifreund Hein, unseren Finanzdezernenten, der hat das selber so vor dem Stadtrat deutlich gemacht. Sie, das muss ich schon sagen, meine Damen und Herren von der CDU, werfen dem Trägerkreis für das Volksbegehren Unfähigkeit vor - so muss man das ja wohl sehen -, aber dieser Vorwurf, meine Damen und Herren, fällt auf Sie selbst zurück. Dieses Volksbegehren ist nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern hier sind Bürgerinnen und Bürger bei politischer Verantwortung, weil sie Ihr Gesetz korrigieren wollen, das Sie gemacht haben. Um in dem Bild zu bleiben: Wenn dann die Landesregierung vielleicht das Gebirge ist, da ist nur ein Steinhaufen, Bruchstücke für die Familienpolitik in diesem Land herausgekommen. Das ist das Ergebnis, was Sie auf dem Tisch haben.
Diese Bürgerinnen und Bürger, besonders Eltern und Erzieherinnen, empfinden die Auswirkungen Ihres Gesetzes ganz einfach als eine Zumutung und das hat gute Gründe. Die Kita- und Hortstrukturen in Thüringen wurden bisher immer hoch gelobt und auch Sie, meine Damen und Herren der Mehrheitsfraktion und der Landesregierung, haben sich daran ja beteiligt, aber nun gefährden Sie diese, und wie Sie heute wieder zeigen, tun Sie das in einer zynischen Art und Weise, die ich hier nur zurückweisen kann namens meiner Fraktion.
Darüber tröstet überhaupt nicht etwas mehr Erziehungsgeld hinweg. Sie verschlechtern mit ihrer Politik, und dabei bleibt es, Standards in einem Bereich, der nach Ihrer eigenen politischen Lesart vom Bund bis ins Land eigentlich immer wichtiger wird. Wir brauchen ja nur das Stichwort „Kindertagesstätten als Bildungseinrichtung“ zu nennen. Das zeigt ganz einfach, bei Ihnen, meine Damen und Herren, klaffen weiterhin Anspruch und Wirklichkeit oder - besser gesagt - schöner Schein und tatsächliches politisches Sein meilenweit auseinander.
Sie sind in dieser Frage Meister des politischen Trugschlusses und der politischen Trugbilder. Dann kommen Sie hierher und werfen anderen Unfähigkeit vor. Schon der Gesetzestitel, den Sie im Herbst hier durchgebracht haben, ist eigentlich Zynismus; ein Familienfördergesetz, das ursprünglich „Familienoffensive“ genannt wurde, weil es vielleicht auch wörtlich übersetzt werden sollte ins Deutsche, nämlich Angriffe auf eine solide Familienpolitik in diesem Land, meine Damen und Herren.
Aber es geht ja hier um mehr prinzipielle Fragen. Ein Volksbegehren ist gelebte Demokratie und wenn es Unfähigkeit deutlich macht, meine Damen und Herren, dann die Unfähigkeit der Regierenden in diesem Land, auf Bedürfnisse, Interessen, Hinweise und Vorschläge einer breiten Öffentlichkeit zu reagieren. Sie haben hier versagt im demokratischen Sinne.
Ja, dieses Familienfördergesetz enthält über den Kita-Bereich hinaus noch etliche Zumutungen, so im Bereich der Förderung von Einrichtungen und Organisationen, der Existenz vieler Hilfs- und Unterstützungsangebote. Das alles steht auf dem Spiel und muss auch noch deutlich bearbeitet werden in der Auseinandersetzung. Das geht im Rahmen eines Volksbegehrens nur als Aufforderung an den Landtag, diese und weitere Punkte des Familienfördergesetzes zu überarbeiten. Denn ausformuliert würde dieses Anliegen den Rahmen und die Möglichkeiten, und das wissen Sie ganz genau, meine Damen und Herren, eines Volksbegehrens sprengen, zum einen im ganz praktischen Sinn, der Gesetzentwurf passt dann nicht mehr auf einen Unterschriftsbogen. So schlecht, wie Ihr Gesetz ist, brauchten wir dazu eine Wohnzimmergröße, meine Damen und Herren, um das alles richtigzustellen.
Zum anderen würde der Rahmen im juristischen Sinne selbstverständlich gesprengt. Laut geltender Rechtslage in Thüringen und Urteilen der Verfassungsgerichte ist es ja so, dass es den Finanzvorbehalt gibt. Ja, wir haben den Kompromiss gemeinsam geschlossen. Es ist ein Kompromiss, insgesamt ein gutes Ergebnis. Aber Sie waren es doch immer wieder, meine Damen und Herren, die gerade diesen Finanzvorbehalt zum Dreh- und Angelpunkt dieser Regelung gemacht haben und hier uns ein Weiterkommen im Grunde genommen erspart haben und unmöglich gemacht haben. Deshalb sage ich Ihnen an dieser Stelle erneut, anstatt in überheblicher Manier sich über demokratisch engagierte Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu heben, gehen Sie
doch mit uns gemeinsam daran, diesen Finanzvorbehalt infrage zu stellen für zukünftig mehr Demokratie und mehr direkte Demokratiemöglichkeiten.