Meine Damen und Herren, ein Vorschlag, den wir in den Gesetzentwurf aufgenommen haben, hat auch zu Diskussionen geführt. Das betrifft die Gültigkeit von Verträgen, die vor dem 17. Mai 1990 abgeschlossen wurden. Am 17. Mai 1990 wurde bekanntermaßen durch die Volkskammer der DDR die kommunale Selbstverwaltung wieder eingeführt, die 1952 aufgehoben wurde. Damit sind kommunalrechtlich die Gemeinden in den neuen Bundesländern, somit auch in Thüringen, erst am 17. Mai 1990 wieder entstanden. Die 1952 untergegangenen Gemeinden bzw. die nach dem 17. Mai 1990 entstandenen Ge
meinden sind nicht Rechtsnachfolger der 1952 untergegangenen Gemeinden. Das haben Gerichte zwischenzeitlich entschieden.
Hier wollen wir nur eine Klarstellung, weil auch hier wieder sonst das Problem besteht, dass nur Gerichte dies interpretieren und entscheiden. Das wollen wir nicht. Wir betonen aber auch noch einmal, diese Regelung richtet sich nicht vorrangig gegen Kirchenbaulastverträge oder Ähnliches, sondern betrifft alle Verträge. Wir bleiben dabei und fordern selbst die Gemeinden auf, dass es wichtig ist, dass die jetzigen Gemeinden auch mit den Kirchgemeinden sich darüber verständigen, wie sich die Gemeinden an der Erhaltung der Kirchen beteiligen. Für uns sind die Kirchen Baudenkmäler und prägen das Ortsbild entscheidend mit und die Kirchgemeinden prägen das Leben in den Gemeinden mit. Deshalb ist diese Kopplung schon wichtig. Aber dazu müssen Verträge heute abgeschlossen werden. Es können nicht Verträge aus dem 18., 19. oder 20. Jahrhundert Grundlage dieser Zusammenarbeit sein.
Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt, den wir geregelt haben wollen, betrifft die Haftung der Kommunalaufsichten. Bekanntermaßen ist Thüringen neben Rheinland-Pfalz das einzige Land, wo noch das Legalitätsprinzip gilt. Das heißt, die Kommunalaufsichten müssen alle Entscheidungen der Kommunen, die rechtswidrig sind, beanstanden und die Beseitigung der Rechtswidrigkeit verlangen. Damit gibt es natürlich ein anderes Verhältnis zwischen Kommunalaufsicht und Kommunen als in den anderen übrigen Flächenländern. Wir sind der Überzeugung, das Land darf sich seiner Verantwortung hier nicht entziehen. Wenn das Land über die Kommunalaufsichten in die kommunale Selbstverwaltung eingreift und dort kommunale Entscheidungen erzwingt, müssen sich die Gemeinden darauf verlassen können, dass dieser Eingriff und diese Entscheidungen auch rechtmäßig sind; und nicht, dass, wenn darauf irgendwelche Schäden für Dritte oder für die Kommune resultieren, das Land einfach sagt, wir sind aber aus der Haftung heraus, weil wir nur im staatlichen und nicht im kommunalen Interesse handeln. Es ist bekannt, es gab in der Vergangenheit mehrere Staatshaftungsfälle, wo Gemeinden gegenüber dem Land Staatshaftungsansprüche geltend gemacht haben. Was auffällig ist, keines dieser Verfahren wurde durch ein Gericht entschieden, sondern das Land hat bisher alles unternommen, und das erfolgreich, das im Wege des Vergleichs zu regeln. Das heißt, wenn die Landesregierung aber so überzeugt ist von ihrer Regelung, dass die Kommunalaufsichten nicht für Fehlentscheidungen haften, warum lassen Sie es dann nicht zu einem Urteil kommen, sondern versuchen immer durch Vergleiche möglichst eine Stellungnahme eines Gerichts auszuschließen? Ich möchte nur auf einige dieser Fälle stichpunktartig eingehen. Masserberg hat
in der 3. Legislatur hier eine Rolle gespielt, wo das Land mit Millionen letztlich geholfen hat; Suhl - Leasingvertrag zum Kongresszentrum; Waffenrodt/Eisfeld, wo es um Bürgschaften geht oder die so genannten GKE-Fälle im Bereich Wasser und Abwasser, wo es auch um zweistellige Millionenbeträge geht. Wir glauben, wenn die Aufsicht eingreift, müssen sich die Gemeinden darauf verlassen können, dass staatliches Handeln rechtmäßig ist. Um das abzusichern, schlagen wir diese gesetzliche Neuregelung vor.
Abschließend möchte ich auf das laufende Gerichtsverfahren Rudisleben verweisen, wo die Kommunalaufsicht einer Gemeinde mit 1.100 Einwohnern Millionenkredite gewährt hat und jetzt so tut, als wäre sie völlig unschuldig. Hier bleibt abzuwarten, wie die Gerichte entscheiden. Wir bedauern das aber, weil Gerichte eben manchmal auch eine andere Sicht haben. Wir glauben, hier ist ein politisches Problem und das sollte der Gesetzgeber in die Hand nehmen und lösen. Das würde dann langwierige und auch risikobehaftete Gerichtsverfahren ersparen.
Wir laden Sie noch einmal recht herzlich zu dieser Diskussion ein und beantragen deshalb die Überweisung unseres Gesetzentwurfs an den Innenausschuss. Danke.
Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, am 2. Juli 2005 hat der Thüringer Landtag in seiner 17. Sitzung den Beschluss gefasst, eine Enquetekommission „Zukunftsfähige Verwaltungs-, Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen in Thüringen und Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen“ einzusetzen. Diese Enquetekommission hat ihre Arbeit aufgenommen. Nun hat die Linkspartei.PDS mit der Drucksache 4/1707 erneut einen Gesetzentwurf eingebracht, der Fragen behandelt, die im Rahmen der Tätigkeit der Enquetekommission abgearbeitet werden sollen. Hier muss ich die Frage stellen: Besteht bei der Linkspartei.PDS überhaupt der Wille, in dieser Kommission mitzuarbeiten? Wenn dies zu bejahen ist, dann sollten alle Fragen in der Enquetekommission auf den Tisch gelegt werden. Im Teil A: Probleme und Regelungsbedürfnisse des Gesetzes, wird versucht darzustellen, wo die Probleme liegen und wo Regelungen erfolgen sollen. Im Teil B - Lösungen - wird dargestellt, wie nach Auffassung der Linkspartei.PDS die
von ihr aufgeworfenen Fragen und Probleme geändert werden können. Man beruft sich darauf, dass die Kommunen erst seit dem In-Kraft-Treten der Kommunalverfassung der DDR am 17. Mai 1990 als Gebietskörperschaft bestehen und dass aus Verträgen, die vor dem 17. Mai abgeschlossen worden sind, keine Ansprüche gegenüber den Kommunen entstehen können. Dies ist eindeutig meiner Meinung nach gegen die Kirchen gerichtet. Die Linkspartei.PDS beachtet nicht, dass zwischen der Kirche, dem Staat und den Kommunen langfristige Verpflichtungen seit der Säkularisierung bestehen. Bei Gebiets- und Bestandsänderungen soll ein Bürgerentscheid über den Zusammenschluss von Gemeinden entscheiden. Wem nützt diese Regelung? Doch nur denen, die die Bevölkerung mit Halbwahrheiten in Unruhe versetzen, und denen, denen der demokratische Staat ein Dorn im Auge ist.
§ 9 der gültigen Thüringer Kommunalordnung regelt eindeutig, wie bei Gemeindezusammenschlüssen zu verfahren ist und dass die Einwohner der Gemeinden beteiligt werden müssen. Es ist richtig, dass im Sprachgebrauch des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes nicht mehr zwischen Angestellten und Arbeitern unterschieden wird. Eine Änderung des Wortes „Angestellte“ in „Beschäftigte“ in der Thüringer Kommunalordnung sollte vor den nächsten Kommunalwahlen geschehen und braucht somit nicht über das Knie gebrochen werden. Die vorgeschlagenen Änderungen zu § 23 Abs. 4 und § 102 Abs. 4 können in der vorliegenden Form nicht akzeptiert werden, da sie den übrigen Beschäftigten wieder den Weg in den Gemeinderat öffnen. Eine Zielrichtung der Punkte 3 und 6 ist klar ersichtlich: Sie sollen die Bürgermeister aus dem Wahlgeschehen zu den Stadt- und Gemeinderäten und zu den Kreistagen herausdrängen, während Mitglieder der Linkspartei.PDS, die in den Verwaltungen arbeiten, in die Räte und Kreistage bei dieser Änderung einziehen können.
Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, zu den Punkten 3 und 6 des Artikel 1 dieses Gesetzes möchte ich noch einige grundsätzliche Ausführungen machen. Der Punkt 3 des Artikels beschäftigt sich mit § 23 Abs. 4 Thüringer Kommunalordnung und der Punkt 6 mit dem § 102 Abs. 4 Thüringer Kommunalordnung und somit mit der Frage der Vereinbarkeit von Amt und Mandat. Die Frage der Vereinbarkeit von Amt und Mandat misst sich
kritisch an zwei Verfassungsmaßstäben. So kann es einmal zweifelhaft sein, ob der Grundsatz der organisatorischen Gewaltentrennung zu seiner Sicherung verfassungsrechtlich notwendig der Festlegung der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat bedarf. Zum anderen könnte sich eine verfassungsunmittelbare Unvereinbarkeit von Amt und Mandat aus Artikel 35 Abs. 5 Grundgesetz ergeben. Beides ist in der Literatur immer wieder behauptet worden, findet aber weder in den Verfassungsvorschriften eine Stütze noch eine Bestätigung in der Rechtsprechung. Der Grundsatz der organisatorischen Gewaltentrennung, der auch für die Länder Verbindlichkeit hat - hier ist zu nennen Artikel 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz -, kommt vor allem in Artikel 20 Abs. 2 und in Artikel 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz zum Ausdruck. Danach sind Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung von jeweils besonderen Staatsorganen auszuüben. Das damit ausgestellte Prinzip gegenseitiger Hemmung und Kontrolle kennt nun allerdings in Deutschland herkömmliche Durchbrechungen, zu denen auch die Vereinbarkeit von Amt und Mandat gehören. Eine Tendenz zu einer gegenläufigen Bewertung hat erst nach der Patronage der Besatzungsmächte nach 1945 eingesetzt. Sie ist in der Tat umso ernster zu nehmen, desto stärker die parteistaatliche Ausprägung unseres Gemeinwesens wird und je weiter die Liberalität in der Anerkennung zulässiger parteipolitischer Betätigung der öffentlichen Bediensteten reicht.
Die Gefahr von kaum noch lösbaren Interessenkollisionen und -konflikten zwischen verschiedenen Pflichten und Loyalitäten wächst mit dieser Entwicklung. Selbst wenn man unter den gekennzeichneten Umständen verfassungspolitisch eine Unvereinbarkeitsregelung für wünschenswert, ja für notwendig hält, so kann doch im Rechtsraum nicht verfassungsunmittelbar das Prinzip der organisatorischen Gewaltentrennung abgeleitet werden. Das beweist der eindeutige Wortlaut des Artikels 137 Abs. 1 Grundgesetz, wonach die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und Richter im Bund in den Ländern und den Gemeinden gesetzlich beschränkt werden kann.
Der Verfassungsgeber ist also von der Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung für den einfachen Gesetzgeber ausgegangen, da die Verfassung selbst noch kein unmittelbar wirkendes Unvereinbarkeitsgebot enthält. Ob der Bundes- und Landesgesetzgeber davon Gebrauch macht, überlässt er seiner verfassungspolitischen Entscheidung. Dabei spielt es keine Rolle, auf welcher Ebene das Zusammentreffen von Amt und Mandat erfolgt. Dieses Zusammentreffen wird unabhängig von der jeweiligen Ebene erfasst. Da es in Deutschland traditionell beamtenrechtlich herkömmlich ist, dass Amt und Mandat
miteinander vereinbar sind, kann auch unter dem Gesichtspunkt des Artikels 33 Abs. 5 Grundgesetz kein verfassungsunmittelbarer Einwand gegen die gleichzeitige Wahrnehmung eines Abgeordneten-, eines Kreistags- oder eines Gemeinderatsmandats oder eines Amtes im öffentlichen Dienst hergeleitet werden.
Aufgrund der Ermächtigung des Artikels 137 Abs. 1 Grundgesetz darf die Wählbarkeit nur beschränkt werden. Ein vollständiger Ausschluss wäre unzulässig, hier zum Vergleich die Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen 12, Seite 173 ff. und 77. Hinsichtlich der gesetzlichen Regelung der Folgen einer Unvereinbarkeit hat der Gesetzgeber, sofern für Differenzierung ein sachlicher Grund besteht, einen gewissen Spielraum, auch hier zu vergleichen mit den Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen 12, Seite 326 ff. Bei einer Unvereinbarkeitsregelung wird der Bedienstete vor der Wahl nicht gebunden. Er kann kandidieren, muss sich aber, wenn er gewählt wird, für den einen oder anderen Status entscheiden. Eine unzulässige Unwählbarkeitslösung liegt dann vor, wenn von vornherein eine Wahlkandidatur für Amtsinhaber ausgeschlossen wird. In der praktischen Wirkung kann es bei so genannten Unvereinbarkeitslösungen aber darauf hinauslaufen, dass sie zur Unwählbarkeit führen. Das kann nur bei einer Betrachtung der jeweiligen Einzelgesetze der Länder festgestellt werden. Ein solcher vollständiger Ausschluss der Wählbarkeit unter dem Etikett einer Unvereinbarkeitslösung wäre verfassungswidrig.
Zum von Artikel 137 Abs. 1 Grundgesetz betroffenen Personenkreis gehören nicht Ehrenbeamte und andere ehrenamtlich Tätige, hier auch zum Vergleich Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 18, Seite 177, Lohnempfänger und Ruhestandsbeamte, die Angestellten von in staatlicher und kommunaler Hand gehaltenen privatrechtlichen Gesellschaften, denn sie sind keine Angestellten des öffentlichen Dienstes. Anders ist es, wenn es sich um rechtlich unselbständige Wirtschaftsunternehmen - und hier genannt Eigenbetriebe - handelt. Unvereinbarkeitsregelungen im Vollzug der Ermächtigung des Artikels 137 Abs. 1 Grundgesetz sind sowohl durch die Bundes- als auch durch die Landesgesetzgebung getroffen worden. Die Facettierung ist hier so breit, dass eine Darstellung meinen Redebeitrag sprengen würde. Wegen der Einzelheiten muss auf die Literaturbeiträge zum Wahl-, zum Beamten- und zum Kommunalverfassungsrecht meinerseits verwiesen werden.
Zu bemerken bleibt, dass neben der Unterschiedlichkeit der Regelungen von Land zu Land auch innerhalb der einzelnen Landesregelungen zum Teil sehr differenzierte Lösungen - je nach Art des Amtes im öffentlichen Dienst - und ferner nach der je
weiligen Stufe der parlamentarischen Körperschaft besteht. Solche Differenzierungen sind, wenn sie sachlich geboten sind, in gewissem Umfang zulässig, wenn sie nicht gegen Gleichheitsprinzipien des Grundgesetzes verstoßen.
Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, die CDU-Fraktion lehnt die Überweisung des Gesetzentwurfs an die Ausschüsse ab. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktion der Linkspartei.PDS hat mit der Drucksache 4/1707 einen Gesetzentwurf zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung vorgelegt. Hierzu nehme ich für die Landesregierung wie folgt Stellung:
Mit dem Gesetzentwurf greift die Fraktion der Linkspartei.PDS sieben unterschiedliche Themenbereiche auf, die in den vergangenen Wochen zum Teil bereits Gegenstand Kleiner Anfragen waren und zu denen die Landesregierung Stellung genommen hat. Bevor ich auf die einzelnen Vorschläge eingehe, gestatten Sie mir bitte eine Vorbemerkung. Es ist schon auffallend, wie wenig die Fraktion der Linkspartei.PDS das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung verstanden hat.
Es geht hier darum, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, auf demokratische Art und Weise ihren engeren Lebenskreis selbst zu gestalten. Eine Bevormundung durch den Staat soll weitgehend vermieden werden. Dies erfordert ein Vertrauen in die Eigenverantwortlichkeit des Handelns durch die örtlich legitimierten Volksvertreter sowie die Einräumung entsprechender Entscheidungsspielräume. Damit ist es aber unvereinbar, meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, wenn Sie immer wieder versuchen, den Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum einzuschränken. Haben Sie doch ein wenig mehr Vertrauen in die Selbstverwaltung vor Ort.
1. Die Aufnahme einer Regelung, dass Verträge von Gemeinden, die vor In-Kraft-Treten der Kommunalverfassung der Deutschen Demokratischen Republik am 17. Mai 1990 abgeschlossen wurden, keine rechtliche Wirkung für die Kommunen entfalten, ist lediglich deklaratorischer Art und deshalb auch aus den Regulierungsgesichtspunkten nicht notwendig. Da vor allem zivilrechtliche Verträge betroffen sind, stellt sich aber auch die Frage der Gesetzgebungskompetenz des Landes.
2. Der Gesetzentwurf schlägt die generelle Verpflichtung zu einem Bürgerentscheid bei Gebiets- und Bestandsänderungen von Gemeinden vor. Dies ist abzulehnen. Sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung gehen vom Prinzip der mittelbaren repräsentativen Demokratie aus. Dieses besagt, dass sich die demokratische Führung der Gemeinden in erster Linie über die gewählten Vertretungsorgane zu verwirklichen hat. Eine Regelung, der eine Entscheidung über eine Gebiets- oder Bestandsänderung allein - und das ist der wesentliche Punkt - dem Bürgerwillen unterordnet, verletzt dieses grundlegende Prinzip demokratischer Ordnung. Dies habe ich hier im Landtag wiederholt ausgeführt und auch im Innenausschuss mindestens elfundneunzigmal so erklärt.
§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Thüringer Kommunalordnung ermöglicht es nämlich schon jetzt, bei Gebiets- und Bestandsänderungen Bürgerbegehren und Bürgerentscheide durchzuführen. Es ist aber den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Parteien vor Ort vorbehalten, ein entsprechendes Bürgervotum zu initiieren. Darüber hinaus können Gemeinderäte bei Bedarf die notwendige politische Legitimation der Bürgerbefragungen sicherstellen. Eine Bevormundung durch den Staat ist hier völlig unnötig und auch unangebracht.
3. Nach Vorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS sollen die Unvereinbarkeitsbestimmungen der §§ 23 und 102 Thüringer Kommunalordnung an die Sprachregelung des neuen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 angepasst werden. Dieser hat die Unterscheidung - das ist richtig - zwischen Angestellten und Arbeitern für den Tarifbereich aufgegeben. Dieser Vorschlag ist nicht neu und wird in den Ländern bereits diskutiert. Es gilt eine Reihe von Fragen zunächst zu klären. So steht noch nicht fest, nach welchen Kriterien eine Angestelltentätigkeit im Sinne der Unvereinbarkeitsregelungen künftig bestimmt werden soll. Dies zu klären ist Sache der Tarifparteien. In der Zwischenzeit können aber noch die derzeit geltenden Eingruppierungsre
gelungen herangezogen werden. Die Haltung der Landesregierung zu einer diesbezüglichen Änderung der Thüringer Kommunalordnung ist der Linkspartei.PDS im Übrigen schon anlässlich der Kleinen Anfrage 560 der Abgeordneten Enders vom 3. November 2005 erläutert worden.
4. Nach dem Gesetzentwurf sollen Bürgermeister, Gemeinderäte und die hauptamtlichen Beigeordneten der Oberbürgermeister und Bürgermeister sowie die Gemeinschaftsvorsitzenden von Verwaltungsgemeinschaften nicht mehr gleichzeitig dem Kreistag angehören dürfen. Die Änderung des Gesetzes wird mit möglichen Interessenkollisionen begründet. Der Gesetzgeber hat großen Wert darauf gelegt, dass gerade auch dieser Personenkreis seinen Sach- und Fachverstand in den Kreistag einbringt. Die hierbei auftretenden Interessenkollisionen sind auf der Grundlage der bestehenden Befangenheitsregelungen aufzulösen, so dass auch hier kein Änderungsbedarf besteht.
5. Der Vorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS, Gemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft mit weniger als 5.000 Einwohnern nach einem Jahr zwingend zu einer Einheitsgemeinde zusammenzuschließen, stellt einen erheblichen Eingriff in die kommunalen Strukturen dar. Hierfür kann die Landesregierung derzeit keine Notwendigkeit erkennen. Der Gesetzgeber hat mit dem Thüringer Gesetz zur Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden vom 23. Dezember 1996 die kommunalen Strukturen im Freistaat flächendeckend an die Vorgaben der Thüringer Kommunalordnung hinsichtlich der Mindestgrößen von Gemeinden, die keiner Verwaltungsgemeinschaft oder erfüllenden Gemeinde angehören, von Verwaltungsgemeinschaften und von erfüllenden Gemeinden angepasst. Ausnahmen ließ er dabei zu. Damit wurden die Städte und Gemeinden in Thüringen grundsätzlich in die Lage versetzt, die an sie gestellten Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge zu erfüllen.
Sicherlich haben sich die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren wesentlich verändert und zum Teil anders bzw. stärker entwickelt als erwartet. Dies betrifft auch die demografische Entwicklung. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung tragen aber die Kommunen die Verantwortung dafür, durch effektive Nutzung der vorhandenen Potenziale eine höhere Leistungs- und Verwaltungskraft zu schaffen. Dies kann auch durch eine Optimierung der kommunalen Strukturen geschehen. Dabei setzt die Landesregierung in erster Linie - und das habe ich wiederholt gesagt - aber auf die Kompetenz der gewählten Entscheidungsträger in den Kommunen und darauf, dass die Ge
meinde- und Stadträte freiwillige Beschlüsse zur weiteren Verbesserung der bestehenden Strukturen fassen. Das Erfordernis, gegen den Willen von Gemeinden in die bestehenden kommunalen Strukturen einzugreifen, sieht die Landesregierung gegenwärtig nicht vor. Im Übrigen sollten die Ergebnisse der Enquetekommission des Landtags „Zukunftsfähige Verwaltungs-, Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen in Thüringen und Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen“ abgewartet werden.
6. Der Gesetzentwurf sieht die Definition von Mindestanforderungen zur Sicherung der Einflussnahme der Kommunen bei Unternehmensbeteiligungen in privater Rechtsform vor. Damit soll die Regelung in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Thüringer Kommunalordnung eingeschränkt werden, wonach ein angemessener Einfluss ausreichend ist. Der Vorschlag greift in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ein und ist verfassungsrechtlich bedenklich. An diesem Ort sei vielleicht auf das eingegangen, was Herr Abgeordneter Kuschel hier angeführt hat, ich hätte Ihnen verfassungswidriges Verhalten vorgeworfen. Sie müssen differenzieren. Es gibt den Vorwurf, dass eine Partei verfassungswidrig ist; das habe ich nicht gesagt. Es gibt gelegentlich den Hinweis, eine Regelung in einem Gesetzentwurf ist verfassungsrechtlich bedenklich oder ist verfassungswidrig. Das ist ein ganz normaler Vorgang, man muss allerdings differenzieren können. Das Bundesverfassungsgericht muss jedes Jahr über zig Gesetze entscheiden und kommt zum Ergebnis, dass die unter Umständen verfassungswidrig sind; der Thüringer Verfassungsgerichtshof ebenfalls. Sie haben ihn ja selbst schon angerufen, mit dem Ergebnis, dass er das eine ohne andere beanstandet hat. Sie dürfen hier nicht so empfindlich sein, Herr Kuschel, wenn man Ihnen sagt, hier ist ein Gesetz verfassungsrechtlich bedenklich oder es ist verfassungswidrig, dass Sie jetzt dies auf sich übertragen - diese Empfindsamkeit ist überzogen, denke ich.
7. Der Vorschlag greift in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ein und ist verfassungsrechtlich bedenklich - so ist es. Bei der Genehmigung der Rechtsaufsicht nach § 73 Abs. 1 Satz 4 Thüringer Kommunalordnung müssen stets die Gesamtumstände gewürdigt werden, wie z.B. das finanzielle Risiko einer kommunalen Beteiligung. Das ist auch vernünftig. Hierzu bietet die aktuelle Regelung die notwendige Flexibilität und Rechtssicherheit. Eine auf
grund der Kleinen Anfrage Nummer 569 des Abgeordneten Kuschel durchgeführte Abfrage ergab, dass es bei der Anwendung der derzeitigen Regelung in der Praxis auch keine Schwierigkeiten gibt. Dies wurde in der Sitzung des Innenausschusses am 3. Februar 2006 noch einmal ausführlich den Abgeordneten erläutert. Im Übrigen sehen auch die Kommunalgesetze anderer Bundesländer einen angemessenen Einfluss als ausreichend an. Damit sieht die Landesregierung auch hier keinen sachlichen Grund, die bestehende Regelung einzuschränken.