Protocol of the Session on January 26, 2006

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier wird die fachliche Schwachstelle für mich in dem Thüringer Konzept offensichtlich. Eine Schwachstelle, die von den Rhön-Kliniken bereits im Jahre 2001 zumindest sehr vorsichtig als Bedarf formuliert wurde, die aber meines Erachtens keinerlei Berücksichtung gefunden hat. Das Brandenburger Konzept mindert natürlich die privatiwirtschaftliche Attraktivität. Da kann man nicht mehr schalten und walten wie man will. Dort hat die Landesregierung tatsächlich Einblick und zumindest die Chance zur Steuerung im Interesse der Patienten und der Bevölkerung. Da ich kürzlich erst mit der Strafvollzugskommission in Hildburghausen war und auch mir einige Petitionen angeschaut habe, weiß ich genau über was ich rede. Selbst wenn es irgendwelche Regelungen im Beleihungsvertrag gibt, dann haben die in den vergangenen Jahren wahrscheinlich im Hildburghäuser Alltag wenig Erfolg gezeigt. Vielleicht ist ja die Brandenburger Erkenntnis die Folge des Besuchs hier bei uns in Thüringen. Wenn man schon für eine Privatisierung ist, dann scheinen mir die gültigen Regelungen in Brandenburg die logische Konsequenz. Wie anders soll denn die Fachaufsicht qualifiziert wahrgenommen werden? Wie anders soll denn der unter öffentlicher Kontrolle stehende Behandlungsauftrag gewährleistet werden?

(Beifall bei der SPD)

Wenn aber die Landesregierung dieser Mindestforderung an die Fachaufsicht nicht nachgekommen ist, wenn noch nicht einmal die Forderung der RhönKliniken dem nachgekommen ist, dann wird einiges klarer. Als wir uns Hildburghausen angeschaut haben, da war parteiübergreifend und unabhängig von dem jeweiligen beruflichen Hintergrund der Besucher der Strafvollzugskommission, gelinde formuliert, ein großes Unbehagen festzustellen. Ein Unbehagen, welches nicht erst in diesen Wochen aufgetreten ist, sondern seit Jahren anhält. Deshalb, meine Damen und Herren von der Landesregierung, ist diese Strategie gesteigerter Verantwortungslosigkeit nicht zu verantworten. Nachdem zumindest in Hildburghausen die Fachaufsicht offensichtlich Nachholbedarf hat, geht es Ihnen nun darum, soviel wie nur irgendwie möglich, Verantwortung loszuwerden. Anders ist der übereilte Verkauf am 29.12.2005 für mich nicht zu erklären. Denn der Käufer bekam keine Eigenheimzulage. Sie hätten sich ruhig etwas Zeit

dafür lassen können. Aber wie in anderen Bereichen auch geht es darum, sozialpolitische Verantwortung loszuwerden und den Versuch zu unternehmen, die Hände in Unschuld zu waschen. Wenn das so ist, dann lassen wir das nicht durchgehen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Der Verkauf des Restanteils am Klinikum Hildburghausen und der beabsichtigte Verkauf an den anderen Standorten ist in der Art und Weise gegenüber dem Landtag schlicht unseriös. Der Verkauf ist zum wirtschaftlichen Schaden des Landes.

(Beifall bei der SPD)

Die dem Land unverändert obliegende Fachaufsicht und der hoheitliche Auftrag des Landes wird seit Jahren - sehr vorsichtig formuliert - zweifelhaft wahrgenommen. Es liegen keinerlei Gründe vor, die 2001 vom Sozialminister selbst geäußerten damaligen Sicherungsvorbehalte nicht mehr anzunehmen. Es liegen aber nicht zuletzt aufgrund des sehr aktuellen Eindrucks von Hildburghausen genügend Gründe dafür vor, eine völlig andere, bessere Qualität der Fachaufsicht unter Wahrnehmung des hoheitlichen Auftrags durch das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit einzufordern. Dazu dient der vorliegende Antrag. Ich denke, er ist sozusagen der letzte Rettungsanker, um Schlimmeres zu verhüten.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Landesregierung die Verantwortung übernimmt, die sie im Maßregelvollzug zu übernehmen hat. Ich darf Sie um Ihre Zustimmung bitten.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es weitere Redeanmeldungen? Ja, durch den Abgeordneten Panse, CDU-Fraktion.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich bedaure außerordentlich, aber die Kollegin Thierbach war so wieselflink vom Rednerpult weg, dass ich sie nicht noch einmal etwas fragen konnte. Deswegen mache ich gern noch ein paar Anmerkungen zu dem, was Sie gesagt haben. Frau Kollegin Thierbach und auch Frau Kollegin Künast, dass Sie im Sozialausschuss meinen, immer so ein Stückchen im Nebel herumzustochern, liegt vielleicht an der Art und Weise, wie Sie die Diskussion gestalten. Sie binden einen bunten Blumenstrauß und sprechen alles an, reden sich insgesamt Ihren Kummer von der Seele und diskutieren über alles, aber nicht über das, was wir in dem Antrag konkret vorliegen haben. Wir haben über den Inhalt der Beleihungsverträge im Sozialaus

schuss lange diskutiert. Es gab die Frage, wie wir diese Beleihungsverträge einsehen wollen, ob wir sie einsehen können. Es gab im Sozialausschuss fraktionsübergreifend die Verständigung darauf, dass wir gesagt haben, wir machen das in einer vertraulichen Sitzung. Das hat einen guten Grund gehabt, weil wir gesagt haben, man kann nicht einfach mit Verträgen, die zwischen Vertragspartnern geschlossen wurden, draußen hausieren gehen und sagen, das breiten wir einmal zur öffentlichen Diskussion aus, es war Einverständnis darüber im Sozialausschuss, insofern verwundert mich das schon, dass Sie das jetzt so darstellen, als ob Sie furchtbar enttäuscht sind, dass Ihnen keiner die Beleihungsverträge in die Hand drückt.

Ich muss Ihnen noch etwas sagen: Wir haben, als es um die Frage ging, warum wir im Sozialausschuss so lange zu diesem Punkt beraten haben, uns schon auch im Sozialausschuss mit den vorangegangenen Urteilen in Schleswig-Holstein beschäftigt. Frau Kollegin Thierbach, da war es eben schon so, die ersten zwei Urteile vom Amtsgericht Flensburg und vom Landgericht Flensburg, die stellten beide diese Regelung deswegen in Frage, weil sie verfassungsrechtliche Bedenken und Verstöße gegen das Grundgesetz gesehen hatten. Erst das OLG-Urteil hat offensichtlich diese Bedenken in dieser Form nicht so gesehen, auch wenn damit keine abschließende Entscheidung getroffen wurde. Wir haben im Sozialausschuss immer gesagt, wir warten ab, bis uns dieses Urteil des OLG Flensburg vorliegt. Etwas anderes hat auch der Landesrechnungshof nicht gesagt, der wird abschließend prüfen und uns diesen Prüfbericht auch zugänglich machen. Aber das hat natürlich auch seine Zeit gedauert. Und dass zwischenzeitlich der Verkauf erfolgt ist - und darauf sind Sie leider, Frau Kollegin Künast, überhaupt nicht eingegangen -, hing damit zusammen, dass wir natürlich auch haushaltsmäßig die Vorkehrungen getroffen haben, dass wir immer gesagt haben, es besteht ein Prüfauftrag zur Veräußerung dieser 25,1 Prozent, und dass irgendwann der Punkt auch da war, wo die Veräußerung vorgenommen wurde. Dass davor, wenn Vertragsverhandlungen zwischen Partnern stattfinden, keine öffentliche Debatte hier im Thüringer Landtag stattfindet, glaube ich, ist verständlich, das hat auch etwas damit zu tun, wenn man einen Verkaufserlös in einer gewünschten Höhe erzielen will. Das stand im Haushalt drin und mich hat sehr enttäuscht, Frau Kollegin Künast, dass Sie kein Wort dazu gesagt haben, warum Ihre Fraktion, als wir damals den Haushalt aufgestellt haben, keinerlei Bemühungen unternommen hat, diese Position dann zu streichen, vielleicht durch andere Einnahmetitel zu ersetzen.

Und ein Letztes, weil das hier nicht unwidersprochen am Rednerpult bleibt: Es ist eine Unverschämtheit, Frau Kollegin Künast,

(Beifall bei der CDU)

wenn Sie hier behaupten, es würde sich jemand aus der sozialpolitischen Verantwortung schleichen oder die loswerden wollen. Das ist eine Unverschämtheit, es ist dreist und das weise ich zurück. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe bei der SPD)

Mit ein bisschen weniger starken Worten wäre das auch zu bewerten gewesen. Frau Abgeordnete Taubert für die SPD-Fraktion.

(Unruhe bei der CDU)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, man kann Flensburg beiseite lassen, man kann andere Äußerungen beiseite lassen. Uns geht es darum, dass wir selber entscheiden: Wollen wir ein Anteil an einem Krankenhaus, das eine besondere Abteilung hat, nämlich den Maßregelvollzug, bei uns behalten, um verschiedene Dinge beeinflussen zu können, völlig unabhängig von der Fachaufsicht, völlig unabhängig davon, nämlich als Gesellschafter, oder wollen wir das nicht?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Genau!)

Deswegen haben wir den Antrag gestellt. Wir wollen nicht nach rechts und nach links schauen, sondern wir wollen selbständig für Thüringen diese Entscheidung treffen. Deswegen haben wir gesagt, wir wollen die restlichen 25 Prozent nicht verkaufen und Sie haben eben eine andere Entscheidung schon offensichtlich fest getroffen. Deswegen unser Antrag hier und wir bitten noch einmal um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es weitere Redewünsche? Frau Abgeordnete Thierbach für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Danke. Sehr geehrter Herr Panse, ich möchte noch einmal wiederholen: „... den Landtag über die Inhalte der Beleihungsverträge hinsichtlich der hoheitlichen Aufgabenstellung umfassend zu informieren.“ Das ist Punkt 3 des SPD-Antrags. Diesem Berichtsersuchen ist der Minister nicht nachgekommen. Nun

haben Sie gesagt, wir stochern im Nebel, dabei würden wir uns einen bunten Blumenstrauß hier aufbauen. Wir stochern im Nebel, weil die Bereitschaft der Landesregierung, auf konkrete Fragen konkret zu antworten, eben nicht vorlag, bis heute auch nicht vorliegt.

Was habe ich gefragt: Warum ist es nicht möglich gewesen, in der 23. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses zu sagen, dass man sich bereits in Verkaufsverhandlungen befindet? Frau Künast hat es Ihnen gesagt. Ihr wurde gesagt, wir prüfen. Und jetzt möchte ich Ihnen vorlesen: Die Thüringer Finanzministerin hat auf die Frage der Abgeordneten Künast, wie der Stand der Überlegungen zu dem in Rede stehenden Verkauf sei, ausgeführt, dass man bereits in Verhandlungen stehe. Prima! Und wenn ich dann frage „wann“, bekommen wir keine Antwort. Darüber hinaus wurde den Abgeordneten des Thüringer Landtags bereits im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage aus dem August mitgeteilt, dass man weiter geprüft hat und weiter prüft. Herr Staatssekretär Spaeth hat anlässlich der Sitzung des Thüringer Landtags am 06.10.2005 im Rahmen meiner Mündlichen Anfrage dargelegt, dass mit der Bewertung der Beteiligung eine Wirtschaftsprüfergesellschaft beauftragt wurde, und weiter wurde ausgeführt, dass eine Entscheidung getroffen werde, sobald die Gutachten vorliegen.

Leute, wir befanden uns im Oktober und im November konnte uns keiner auf die Fragen antworten. Das ist doch ein bisschen eigenartig oder? Das möchte ich Ihnen auch nicht ersparen, weil Sie sagen, wir haben doch alle Antworten zu den Beleihungsverträgen erfahren. Ist es möglich, dass von jeder Fraktion ein Mitglied die Beleihungsverträge einsieht in der nicht öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Soziales und Familie am 17. März - heute geschrieben - werden wir ein anonymisiertes Exemplar der Beleihungsverträge erhalten? Die Fragen sollten binnen einer Woche seit 13., dieses „binnen einer Woche“ ist nicht die Meinung des Ausschusses, das war ein Angebot des Staatssekretärs und bestätigt worden. So viel dazu.

Auf die Frage, das ist auch meine Frage gewesen, inwieweit sind hoheitliche Aufgaben durch den Beleihungsvertrag geregelt - und jetzt wird es wieder ganz verrückt -, wird zur Beantwortung auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage Nr. 599 der Abgeordneten Dr. Fuchs verwiesen. Zudem findet, man höre und staune, eine Information des Landtags in der 32./33. Plenarsitzung am 26./27. Januar 2006 zu TOP 10 statt. Das sind die schriftlichen Antworten. Dann hören wir eine Antwort, die nichts sagt. Genau das kritisieren wir, genau das ist die Methode, dass wir eben auf unsere Anfragen keine klaren Antworten erhalten. Deswegen wird es im März mit den Fra

gen auch weitergehen müssen, weil die hoheitlichen Aufgaben einer Landesregierung die Kontrolle durch ein Parlament verlangen. Wer das nicht will, der ist am falschen Platz. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es gibt keine weiteren Redemeldungen mehr. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst erst einmal verweise ich darauf, dass wir ja einen Bericht zu Nummer 3 des Antrags der SPD-Fraktion hatten. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist? Herr Abgeordneter Höhn.

Namens der SPD-Fraktion widerspreche ich dem Erfüllen des Berichtsersuchens in Ziffer 3 unseres Antrags.

(Beifall bei der SPD)

Wenn diesem widersprochen wird, dann werden wir darüber abstimmen. Wer der Auffassung ist, dass dieses Berichtsersuchen erfüllt ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Eine ganze Reihe von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist mit Mehrheit entschieden worden, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist.

Wir haben nun noch die Abstimmung zu den Nummern 1 und 2 des Antrags vorzunehmen. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden. Wir stimmen nun über die Nummern 1 und 2 des Antrags aus der Drucksache 4/1566 ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Danke schön. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es hier Stimmenthaltungen? Mit Mehrheit sind die Nummern 1 und 2 dieses Antrags abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10.

Bevor ich den heutigen Plenarsitzungstag schließe, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die Mitglieder des Umweltausschusses sich in fünf Minuten zu einer Beratung treffen.

Ich möchte aber auch sagen, dass inzwischen Häftlinge gekommen sind, die morgen an unserer Gedenkveranstaltung teilnehmen werden. Sie warten im Landtagsrestaurant auf Sie. Der parlamentarische Abend beginnt etwas verspätet. Diese Häftlinge neh

men an dieser Veranstaltung teil. Ich möchte gern die Gelegenheit nutzen, Sie herzlich bei uns willkommen zu heißen und wünsche Ihnen heute Abend gute Gesprächspartner.

Damit schließe ich den heutigen Plenarsitzungstag.

E n d e d e r S i t z u n g: 20.19 Uhr