Protocol of the Session on December 21, 2005

ist und zum Zweiten wie viele Stellen für Auszubildende im Haushaltsplan 2005 eingeplant waren und wie viele tatsächlich besetzt sind? Können Sie mir dann sagen, wie viel die 100 Plätze, die die Fraktion der Linkspartei.PDS einstellen wollte, ausgemacht hätten?

Frau Kollegin Berninger, ich habe …

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, Die Links- partei.PDS: Hennig.)

Entschuldigung. Wir reden ja heute nicht über Ausbildung, da können wir ja hier einen Tagesordnungspunkt Ausbildung aufmachen. Ich habe das Beispiel nur gebracht aus der Praxis heraus, wie kompliziert es ist, und deshalb habe ich vorhin auch noch einmal erläutert, wir brauchen eine fachgerechte Ausbildung, die am Markt gefragt wird. Es sind knappe 4 Prozent, Sie kennen doch die Zahlen, Sie kennen sie doch und da brauchen Sie sie doch hier nicht noch einmal abfragen. Ich denke, Sie wissen es ganz genau, dass Bedarf da ist. Das ist auch völlig klar. Aber ich habe ja gesagt, 100 Stellen in der Staatskanzlei zu veranschlagen - da wiederhole ich mich gern noch mal -, ich halte das für nicht sachgerecht. Ich habe Ihnen auch noch einmal zu diesem Punkt gesagt, die Staatskanzlei, die Ministerien und deren nachgeordnete Behörden sind dort nicht einzusortieren, sie sind eigenständig, sie haben eigene Hoheiten und da kann man nicht mit solch einem Antrag aufschlagen. Das geht nicht, den kann man nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Blechschmidt, hat sich damit Ihre Wortmeldung erledigt? Sie waren noch angemeldet. Danke schön. Damit liegen keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Möchte die Landesregierung das Wort ergreifen? Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache zum Komplex Staatskanzlei beendet.

Ich rufe auf den Einzelplan 03 - Innenministerium - gemeinsam mit Einzelplan 17 - Allgemeine Finanzverwaltung, Kommunaler Finanzausgleich - und die Artikel 4, 5, 6 und 7 des Thüringer Haushaltsbegleitgesetzes 2006/2007. Als Erster hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Kuschel, Die Linkspartei.PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst zwei Vorbemerkungen. Herr Mohring, Sie haben hier in Ihrer Rede unter anderem Rio Reiser zitiert. Es muss Ihnen schon sehr schwer fallen, diesen Haushalt zu begründen, wenn Sie selbst dort auf Rio Reiser zurückgreifen müssen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Reiser passt immer.)

Immerhin war er bis zu seinem Tod PDS-Mitglied und er beendete den Song zum Schluss mit der Zeile: „dieses Land ist es nicht“. Vielleicht hätten Sie es eben insgesamt zitieren sollen.

(Beifall bei der Linkspartei. PDS)

Zu Ihrer persönlichen Anmerkung, Herr Mohring, die war durchaus bemerkenswert. Sie haben bewusst darauf verwiesen, dass Sie sich hier als Landtagsabgeordneter äußern und nicht als finanzpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion. Aber Ihre Kritik zum Beispiel hinsichtlich der Lobbyisten in diesem Hause, die dafür sorgen würden, dass dieses Land nicht aus der Verschuldungsfalle herauskommt, richtete sich in erster Linie auch an die Vertreter der Landesregierung, denn gerade die Vertreter der Landesregierung haben sich als solche Lobbyisten erwiesen. Insofern haben Sie innerparteilich in der nächsten Zeit als Generalsekretär sicherlich eine Menge zu tun.

Meine Damen und Herren, als der Innenminister Herr Dr. Gasser am 29. November 2005 die Grundzüge der Reform der Thüringer Polizei vorstellte, da blieb er eine ganz konkrete Antwort schuldig. Für viele Betroffene, aber auch für die Öffentlichkeit stellt sich nämlich die Frage, ob und wie die Veränderung beim Personal und in der Struktur der Polizei im Haushaltsplan 2006 und 2007 ihren Niederschlag findet. Sieht man sich die Ausgabenpolitik bei der Thüringer Polizei für die nächsten beiden Jahre an, so muss man feststellen, nichts von dem, was betroffene Beamte, Interessenvertreter und die Bevölkerung in den letzten Jahren immer forderten, noch die positiven Ansätze des OPTOPOL-Konzepts finden sich im Haushalt letztlich wieder.

Meine Damen und Herren, für eine bürgernahe Polizei lautet die Maxime für die Polizeiarbeit: Mehr Grün auf die Straßen durch Abbau der Verwaltung und Stärkung des unmittelbaren Polizeidienstes, das verspricht nun das vom Innenminister vorgelegte Papier für die Reform der Thüringer Polizei. Die Abschaffung des Polizeiverwaltungsamts und die Anpassung der Polizeidirektion an die Planungsregion, die Tätigkeitsschwerpunkte und die infrastrukturellen Gegebenheiten sind Vorhaben, die laut diesem

Konzept in Angriff genommen werden sollen. Dies kann jedoch nur gelingen und nachhaltige Wirkung entfalten, davon sind wir überzeugt, wenn in einem ersten Schritt auf dem Weg zu dieser Reform ein generelles Konzept für eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform vorgelegt werden würde. Dadurch würde der Rahmen und die Richtung jeder einzelnen Strukturveränderung auch im Bereich der Polizei klar definiert werden. Sie hingegen, Herr Innenminister, starten mit dem zweiten Schritt. In dieser generellen Kritik werden wir auch durch die Gewerkschaft der Polizei bestärkt. Strukturveränderungen bei der Polizei sind durchaus angesagt, notwendig ist aber eine Harmonisierung mit den künftigen Verwaltungsstrukturen des Landes und der Kommunen. Hier fehlt ein Gesamtkonzept der Landesregierung und deshalb entstehen immer wieder neue Konfliktpunkte.

Meine Damen und Herren, nun haben wir den Haushalt zu beraten und nichts von diesen Grundzügen einer künftigen Polizeiarbeit findet sich hierin wieder. Schlimmer noch: Was wir an Personal- und Ausgabenentwicklung dort skizziert sehen, widerspricht sogar in den Grundzügen diesen Reformvorschlägen. Es verstärkt sich der Eindruck, dass Sie diese Reform überhaupt nicht ernsthaft umsetzen wollen. Dies wäre eigentlich gut so, denn - darauf hatte ich bereits verwiesen - die Reform der Polizeistruktur kann doch nur im Rahmen einer grundsätzlichen Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform gelingen. Andererseits müssen Sie, Herr Minister, wenn Sie sich selbst ernst nehmen, schon dafür sorgen, dass Ihre Reformansätze auch ihren Niederschlag im Entwurf des Doppelhaushalts 2006 und 2007 finden. Doch was machen Sie? Gekürzt wird gerade dort, wo durch Sie Stärkung versprochen wurde, dort, wo der Bürger die Polizei tagtäglich und persönlich erleben kann und schätzt, nämlich im Streifendienst. Genau in diesen Besoldungsgruppen liegt Ihr Schwerpunkt des Personalabbaus. Hinzu kommen etwa 150 nicht besetzte Stellen in diesem Bereich; hier blutet die Polizei sozusagen aus und das führt nicht nur zu Missmut bei den Bürgern, sondern auch zu Unverständnis bei den Beamtinnen und Beamten, die zu Recht seit Jahren fordern, dass diese zentrale Leistung der Thüringer Polizei nicht nur in Sonntagsreden gewürdigt, sondern auch praktisch, z.B. in der Bezahlung und Ausstattung, entsprechend honoriert wird.

Dagegen weist die Personalentwicklung, meine Damen und Herren, des Polizeiverwaltungsamts eben keine drastischen Einschnitte auf, sondern hier erweckt der Haushalt den Eindruck, dass der Minister wohl davon ausgeht, dass eine Ankündigung auf Reduzierung der Verwaltung im politischen Lauf der Beratung zu OPTOPOL noch erheblich verwässert wird. Wundern würde es nicht, oftmals sind große

Pläne in Thüringen mit Adlerschwingen gestartet und als lahme Enten gelandet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Beratung des Haushalts- und Finanzausschusses haben wir auf eine Reihe von Einzelaspekten im Haushalt des Innenministeriums hingewiesen, bei denen wir Änderungsbedarf sehen, Unstimmigkeiten vermuten, aber auch feststellen durften, dass von uns vorgeschlagene Korrekturen nun endlich Einzug gehalten haben. Ein Beispiel möchte ich dabei nennen. So durften wir mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen, dass die in den letzten Jahren durch uns erhobene Forderung der Anhebung der Einnahmen durch Bußgelder nun auch von der Landesregierung ins Auge gefasst wird. Damit dürfte sich auch der Vorwurf gegen uns, wir würden der Wegelagerei das Wort reden, erledigt haben.

Ebenso hoffen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass der Erhalt der Rettungshundestaffel Marlishausen, wie von uns im Innen- und Haushalts- und Finanzausschuss angesprochen, im Interesse der dort tätigen Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr realisiert werden kann. Hier tat sich die Landesregierung, insbesondere das Innenministerium, sehr schwer. Gerade dieses Beispiel belegt, wie weit weg von Realitäten manchmal ein Ministerium arbeitet. Dabei geht es vergleichsweise um wenig Geld, zumindest für das Land. Für die Rettungshundestaffel geht es aber letztlich ums Überleben. Bei der Rettungshundestaffel geht es nicht um irgendein Hobby von Hundefreunden, sondern um die Rettung von Leben. Dies hat das Land ursprünglich auch so gesehen, deshalb wurde auch die Rettungshundestaffel in den letzten Jahren mit rund 140.000 € zur Bereitstellung von Ausrüstungen durch das Land gefördert. Ungeklärt geblieben ist allerdings die Kostenfrage hinsichtlich der Einsätze. Bisher hat hier das Land eine Kostenübernahme verweigert, obwohl diese gesetzlich im Brand- und Katastrophenschutzgesetz vorgegeben ist. Trotzdem verweigerte sich die Landesregierung, obwohl es um maximal 15.000 € im Jahr geht, die auch im Haushalt eigentlich schon enthalten sind, aber diese Haushaltsstelle bisher nicht angesprochen wurde. Doch die CDU-Fraktion vertritt hier sachgerechterweise eine andere Auffassung und das erkennen wir durchaus an. Die Umsetzung im Haushalt befriedigt doch leider nur in Ansätzen. Der ursprüngliche Änderungsantrag der Fraktion der CDU bezog sich nur auf eine Forderung der Rettungshundestaffel im investiven Bereich, also hinsichtlich der Ausrüstung und Ausstattung. Erst aufgrund unserer erneuten Rückfrage im Haushaltsausschuss, als bereits über die Änderungsanträge abgestimmt werden sollte, wurde deutlich, dass eine Lösung für die Einsatzkosten dadurch nicht gefunden war. Deshalb legte die Fraktion der CDU im Nachgang einen weiteren Ände

rungsantrag vor, was schon ein bemerkenswerter Vorgang ist. Doch auch dieser Änderungsantrag löst das Problem nicht vollständig. Im Änderungsantrag ist bestimmt, dass nur die Einsatzkosten der Rettungshundestaffel bei Katastropheneinsätzen erstattet werden. Der Schwerpunkt der Einsätze der Rettungshundestaffel liegt jedoch bei der Suche von vermissten Menschen außerhalb von Katastrophenereignissen. Was wird also jetzt mit den Kosten? Die Fraktion der CDU hat hier eine Lösung versprochen, die wir als Linkspartei.PDS nochmals anmahnen. Wir fordern die Fraktion der CDU auf, hier ihren Änderungsantrag nachzubessern, damit dieses Problem endlich vom Tisch kommt. Andernfalls werden Sie sich Wortbruch vorhalten lassen müssen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Oder, meine Damen und Herren, Sie haben noch eine andere Alternative, Sie können unserem Änderungsantrag einfach zustimmen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: … schon alle!)

Eben, Herr Fiedler, deshalb habe ich Ihnen vorher die Brücke aufgebaut, weil es mir um die Sache geht. So schwierig ist die Sache nun wirklich nicht und zusätzliche Kosten entstehen für das Land tatsächlich auch nicht, denn der Betrag ist im Haushalt bereits enthalten. Geben Sie sich also einen Ruck, die Rettungshundestaffel hat dies verdient; dass Sie das so sehen, hat die Auszeichnung der Rettungshundestaffel durch die Fraktion der CDU vor wenigen Tagen gezeigt. Dieser eher symbolischen Würdigung können Sie jetzt konkrete Taten folgen lassen. Wer dieses vergleichsweise kleine Problem nicht lösen kann, ist ungeeignet, ein Land wie Thüringen insgesamt zu führen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, die Haushaltsdiskussion zum Kommunalen Finanzausgleich wird durch verschiedene Entwicklungen der letzten Wochen und Monate geprägt. Zum einen hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof Teile der Regelungen des Kommunalen Finanzausgleichs für verfassungswidrig erklärt. Bis 2008 muss darauf nun der Gesetzgeber reagieren. Deshalb ist der vorliegende Entwurf des Doppelhaushalts nur mittelbar betroffen. Es bleibt aber festzustellen, dass die teilweise Verfassungswidrigkeit des Kommunalen Finanzausgleichs fortbesteht, wenn auch mit Duldung des Verfassungsgerichtshofs. Der Thüringer Landkreistag hat in seiner Stellungnahme, das hat hier bei der Grundsatzaussprache schon mal eine Rolle gespielt, auch darauf verwiesen, dass er den Kommunalen Finanzausgleich im Zusammenhang mit den Umschichtungen

der Mittel zur Finanzierung der Kindertagesstätten ebenfalls für verfassungswidrig hält. Ich hätte mir schon gewünscht, dass die Landesregierung auf einen derartigen Vorwurf reagiert, denn es ist nicht irgendein Verband, es ist der Thüringische Landkreistag, der mehrheitlich durch CDU-Landräte getragen wird. Wenn dieser Verband diesem Haushalt Verfassungswidrigkeit unterstellt, dann kann man wohl erwarten, dass die Landesregierung, die diesen Entwurf im Wesentlichen zu vertreten hat, darauf reagiert und nicht versucht es totzuschweigen. Die erste Reaktion, die ich vernommen habe, war die des Generalsekretärs heute hier in der Debatte, der sich damit zumindest ansatzweise auseinander gesetzt hat. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs wäre unnötig gewesen, wenn die Landesregierung in den letzten Jahren bereit gewesen wäre, gemeinsam mit den Kommunen den Kommunalen Finanzausgleich an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Insgesamt bleibt gegenwärtig festzustellen, dass sich die Auseinandersetzungen zwischen Land und Kommunen zunehmend von der politischen auf die rechtliche Ebene verlagern. Das ist keine gute Entwicklung, jedoch eine verständliche Tendenz, denn offenbar besteht gegenwärtig nur wenig Vertrauen in die Landespolitik und deshalb setzt man auf die Klärung anstehender Probleme durch die Gerichte. Die Landesregierung und die Fraktion der CDU sollten hier zumindest nachdenklich werden und ihr Regierungshandeln kritisch prüfen. Wenn letztlich nicht mehr durch die Politik Entscheidungen getroffen werden, sondern durch Gerichte, ist das auch eine Gefahr für die Akzeptanz der Demokratie und des Parlamentarismus. Wir fordern deshalb von der Landesregierung und der Fraktion der CDU: Lösen Sie erkennbare Probleme, suchen Sie Kompromisse im Interesse aller Beteiligten, verlagern Sie nicht länger die Problemlösung zu den Gerichten. Es könnte sonst sein, dass der Justizminister irgendwann mehr Bedeutung hat als der Ministerpräsident.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will nur die gegenwärtig anhängigen juristischen Streitfälle einmal kurz benennen, damit das ganze Ausmaß des von mir jetzt Dargelegten noch mal deutlich wird. Den Finanzausgleich habe ich bereits benannt. Dort hat das Gericht entschieden. Gegen die Neuregelung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes haben sieben Aufgabenträger Verfassungsbeschwerde eingelegt. Gegen die Fünf-ProzentSperrklausel im Kommunalwahlrecht ist ebenfalls eine Klage beim Verfassungsgericht anhängig. Die Gemeinde Benshausen hat Verfassungsbeschwerde gegen die Grundsätze der Einnahmebeschaffung, die in der Thüringer Kommunalordnung enthalten sind, im Zusammenhang mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen angekündigt. Die Stadt Arnstadt hat das Land auf Schadenersatz verklagt, weil Landesbehörden der ehemaligen Gemeinde Rudisleben,

die 1999 in die Stadt Arnstadt per Gesetz eingemeindet wurde, großzügig Kredite gewährt bzw. genehmigt haben, und zwar Kredite, die die Leistungsfähigkeit dieser kleinen Gemeinde bei weitem überschritten hatte. Im Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Straßenverkehrsbehörden drohen Städte mit Klagen. Gegen das neue Familienfördergesetz formiert sich ein Volksbegehren. Wohin soll das eigentlich noch alles führen? Deswegen handeln Sie! Alles andere käme einem politischen Offenbarungseid gleich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Entwicklung prägt die Diskussion um den Kommunalen Finanzausgleich. Die kommunalen Steuereinnahmen haben sich in diesem Jahr erhöht. Gleichzeitig konnten die Kommunen im Gegensatz zum Land auch weiter Schulden abbauen. Doch daraus zu schließen, den Kommunen geht es besser als dem Land und deshalb könne das Land bei den kommunalen Landeszuweisungen weiter kürzen, wäre eine Missachtung der Realitäten. Die kommunalen Steuereinnahmen sind tatsächlich gestiegen, jedoch werden diese Mehreinnahmen durch überproportional gestiegene Sozialausgaben, insbesondere im Zusammenhang mit Hartz IV, wieder aufgezehrt. Die Mehrausgaben im Sozialbereich überstiegen dabei die Steuermehreinnahmen. Im Saldo haben also die Kommunen weniger Finanzmittel in diesem Jahr zur Verfügung als in den Vorjahren. Die Kommunen haben also tatsächlich nichts von diesen Steuermehreinnahmen. Zu beachten ist dabei auch, dass das Land in diesem Jahr die Zuweisungen an die Kommunen bereits um rund 10 Prozent - das waren rund 200 Mio. € - gekürzt hat. Die kommunalen Steuermehreinnahmen lagen weit unter diesen 200 Mio. € Kürzungen des Landes. Also im Fazit: Im Saldo haben die Kommunen 2005 weniger Geld zur freien Verfügung als in den Vorjahren und diese Entwicklung wird sich auch in den Jahren 2006 und 2007 fortsetzen. Entwarnung wäre hier fehl am Platze, auch deshalb, weil die Kommunen einen hohen Preis für ihre Haushaltskonsolidierung zahlen mussten. Die kommunale Investitionsquote sinkt weiter. 1993 - daran darf ich erinnern - haben die Kommunen noch rund 1,8 Mrd. € investiert. 2004 waren es noch 720 Mio. €. In diesem Jahr werden Investitionen in Höhe von 280 Mio. € nur noch prognostiziert - also ganze 15 Prozent im Vergleich zu 1993. Auch wenn der kommunale Investitionsbedarf gegenwärtig nicht mehr so hoch ist wie in den 90erJahren, entsteht ein neuer Investitionsstau. Hinzu kommt, die Kommunen müssen weitere Leistungsangebote, insbesondere in den Bereichen Kultur, Jugend, Freizeit, Soziales, einschränken oder streichen. Nach wie vor müssen kommunale Einrichtungen geschlossen werden. Dies alles hat Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bürger in den Kommunen. Andererseits sind die Kommunen für weitere Refor

men bereit. Ich erinnere hier an die Bereitschaft für eine Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform. Doch hier muss zunächst das Land handeln und seine Hausaufgaben machen. Was man jedoch registriert, muss eher als Stagnation bezeichnet werden. Während die Kommunen in den Startlöchern sitzen, wird sich in der Enquetekommission Verwaltungs- und Gebietsreform erneut mit der demografischen Entwicklung in Thüringen beschäftigt. Dies ist aus unserer Sicht völlig unnötig und verzögert nur die Diskussion um Lösungen. Denn wohin die demografische Entwicklung geht, ist allgemein bekannt, da braucht man nicht weiter groß zu analysieren. In diesem Zusammenhang verstärkt sich der Eindruck, dass die CDU hier keine tatsächliche Diskussion zu den Reformen will und deshalb alles tut, um die Diskussions- und Entscheidungsprozesse zeitlich zu verzögern. Sie verspielen somit wiederholt Chancen. Unsere Nachbarländer wie Sachsen-Anhalt und Sachsen sind hier mutiger. Die sind auch CDU-regiert, allerdings mit Koalitionspartnern. Deshalb darf man einschätzen, die Thüringer CDU-Alleinregierung hat in dieser Hinsicht offenbar keinen allzu großen Vorteil.

Meine Damen und Herren, auf eine weitere Entwicklung möchte ich verweisen. Durch die Entscheidungen des Landes, die im Vorfeld zu dieser Diskussion zum Landeshaushalt getroffen wurden, drohen den Kommunen weitere finanzielle Belastungen. Ich nenne hier nur das Stichwort „neue Kindertagesstättenfinanzierung“. Ich will hier die Diskussion nicht neu eröffnen, doch es bleibt der Fakt, dass die unmittelbaren Landeszuweisungen für die Kindertagesstätten von 153 Mio. € auf knapp 80 Mio. € sinken. Selbst wenn ein Großteil des neuen Landeserziehungsgeldes an die Kindertageseinrichtungen fließen sollte, was jedoch völlig offen ist, bleibt es bei einem Minus von mindestens 40 Mio. €, also von einem Drittel. Hier braucht man kein Prophet zu sein, um zusätzliche finanzielle Belastungen der Kommunen zu prognostizieren. Auch in anderen Bereichen, meist außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs, müssen die Kommunen Kürzungen verkraften, die sie nicht aus eigener Kraft ausgleichen können. Ich verweise hier auf die Kürzungen bei den Frauenhäusern, bei den Schuldnerberatungsstellen, beim Verbraucherschutz, bei der Erwachsenenbildung und bei den Musikschulen. Diese Kürzungen treffen die Bürger und Kommunen in gleichem Maße.

Hier macht sich auch noch einmal eine Anmerkung zu den Ausführungen des Herrn Mohring notwendig. Herr Mohring, Sie haben es als bedenklich bezeichnet, dass das Land einen Theaterplatz in Erfurt in Höhe eines halben Monatseinkommens eines Arbeitslosengeld-II-Beziehers bezuschusst. Wir stellen hier eine andere Frage. Wir fragen nämlich und sagen, wir halten es für skandalös, dass es in die

sem Land Menschen gibt, die unverschuldet längere Zeit arbeitslos sind und mit einem Betrag auskommen müssen, der nur doppelt so hoch ist wie die Bezuschussung des Landes für einen Theaterplatz in Erfurt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, so erfreulich es ist, dass sich die Kürzungen im Finanzausgleich in Grenzen halten, was aber eine Folge eines Richterspruchs oder eines Gerichts ist und nicht das Ergebnis konkreten Regierungshandelns, umso schmerzhafter sind die übrigen Kürzungen an die Kommunen. Die Kommunen bleiben, das ist unsere Einschätzung, die Verlierer der CDU-Landespolitik und sie machen dies deutlich. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Proteste der Kommunen gegen die Pläne der Landesregierung zur Neustrukturierung der Straßenverkehrsbehörden. Wenn selbst CDU-Kommunalpolitiker damit drohen, die Partei zu verlassen oder dazu aufrufen, am 7. Mai 2006 ja nicht die CDU zu wählen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Dann sollen sie doch gehen.)

muss die Stimmung tatsächlich auf dem Nullpunkt sein. Spätestens jetzt wäre es doch Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU und der Landesregierung, zum Umdenken. Die Kommunen waren und sind bereit, ihren Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen zu leisten. Die Zahlen belegen dies. Die Kommunen wollen aber nicht länger für eine verfehlte Landespolitik finanziell in Haftung genommen werden. Die Kommunen wollen für das Land Partner sein, aber nicht der Buhmann. Gehen Sie deshalb auf die Gemeinden zu und hören Sie auf, sich mit den Kommunen nur noch vor den Gerichten zu streiten.

Dieses Land lebt durch seine Kommunen; sterben die Kommunen, stirbt auch dieses Land. Nutzen Sie deshalb die Reformbereitschaft der Kommunen, doch hören Sie auf, die Kommunen auszunutzen.

Zwei Reformvorhaben müssen in der nächsten Zeit auf den Weg gebracht werden; das ist die Neuordnung des Finanzausgleichs und der Einstieg in eine tatsächliche Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform. Hier hat die Finanzministerin - sie ist jetzt nicht da, aber der Staatssekretär wird es ihr übermitteln - erneut darauf verwiesen, dass sie bei einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform die Einsparungspotenziale so richtig nicht erkennen kann oder das nicht zu erkennen vermag. Deswegen will ich noch mal auf drei Punkte verweisen, bei denen wir tatsächlich die Potenziale bei einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform sehen.

Wir sehen sie erstens bei der Leistungssteigerung von Verwaltungshandeln, und das auch in Abhängigkeit von der Steuerkraft. Untersuchungen gerade auf kommunaler Ebene haben gezeigt, es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen leistungsfähigen Verwaltungsstrukturen und der Entwicklung der kommunalen Steuerkraft. Sie brauchen nur einmal die kommunalen Steuerkraftsätze im Landkreis Sonneberg und anderen Landkreisen vergleichen. Der Landkreis Sonneberg ist einer der Kreise, der auf das Institut der Verwaltungsgemeinschaft zum Beispiel verzichtet hat und nicht umsonst eine sehr hohe Steuerkraft aufweist. Das hat nichts mit der Nähe zu Bayern zu tun, ansonsten müssten auch andere Anliegerkreise, die an Bayern grenzen, eine vergleichsweise Steuerkraft aufweisen. Also, es gibt schon einen Zusammenhang zwischen leistungsfähiger Verwaltung und Entwicklung von Steuerkraft.

Zweitens sehen wir Einsparungen insbesondere bei den Transaktionskosten, indem nämlich eine Verwaltungsebene entfällt, Transaktionskosten, die entstehen, weil sich Behörden untereinander beschäftigen müssen. Die fallen weg oder werden weniger und wir gehen von einer Optimierung des Personals aus. Das schließt Personalabbau nicht aus, ist aber bei uns nicht an erster Stelle, aber bei Ihren Personalkonzepten steht an erster Stelle immer nur der Personalabbau. Bei uns steht die Aufgabenkritik und die Neuverteilung von Aufgaben im Mittelpunkt.

Meine Damen und Herren, hinsichtlich der Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform liefern Sie zurzeit bedauerlicherweise nur Stückwerk. Im laufenden Haushalt haben Sie 15 Mio. € für die Förderung freiwilliger Gemeindezusammenschlüsse bereitgestellt oder Sie wollten sie bereitstellen. Mal davon abgesehen, dass Sie Geld ausgeben wollten, das noch gar nicht da war, denn Sie wollten es über den Verkauf von Vermögen finanzieren, ist festzustellen, dass von diesen Mitteln kein einziger Euro abgeflossen ist. Nicht eine geförderte Gemeindeneugliederungsmaßnahme konnten Sie 2005 erfolgreich abschließen. Dieses Ergebnis war offenbar so peinlich, dass bei der Pressekonferenz nicht einmal der zuständige Fachminister zugegen war, sondern sein Staatssekretär gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten diese mühseligen Ergebnisse der Gemeindeneugliederung verkünden musste. Es kann natürlich auch sein, Herr Innenminister, dass Sie grundsätzlich andere Auffassungen zur Gemeindegebietsreform haben als der Ministerpräsident. Der will ja erst nach seiner Amtszeit, wann auch immer die endet, eine solche Reform...

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Kuschel, der Sterndeuter.)

Aus Ihren Worten entnehme ich, dass Sie das durchaus anders sehen. Auch das würde erklären, dass Sie es für nicht mehr angemessen sehen, gemeinsam mit Ihrem Ministerpräsidenten eine solche Pressekonferenz zu machen. Der Staatssekretär ist ja verbeamtet, der muss, der kann sich das nicht aussuchen. Der war übrigens Offizier, der ist es gewohnt, ich war auch einmal Offizier, Befehle zu befolgen, selbst wenn man nicht davon überzeugt ist.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das ist eine Geschmacklosigkeit.)

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Da kriege ich ja Gänsehaut, wenn ich das höre.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 2006 und 2007 wollen Sie jeweils 10 Mio. € für freiwillige Gemeindeneugliederungsmaßnahmen ausgeben. Ein erster Gesetzentwurf mit drei Neugliederungsmaßnahmen liegt zwischenzeitlich dem Landtag vor. Auch noch kein großer Wurf, aber immerhin ein Anfang, könnte man meinen, jedoch ein Anfang mit erheblichen Problemen. So lösen Sie den Fall Kleinschmalkalden, Herr Innenminister, und schaffen gleich ein neues Problem, nämlich Brotterode. Sie lassen nämlich aus der Verwaltungsgemeinschaft Rennsteig Brotterode zurück mit gerade noch mal 3.054 Einwohnern. Es ist abzusehen, dass diese Stadt in absehbarer Zeit unter die 3.000-Einwohnergrenze sinkt und dann haben wir ein neues Problem. Aber offenbar war auch hier der Erfolgsdruck so groß, dass Sie bereit waren, damit Sie wenigstens etwas präsentieren können, dass Sie sagen, ich löse zwar ein Problem, schaffe aber gleichzeitig ein neues. Bei Triebes und Zeulenroda wird ein beantragtes Bürgerbegehren so lange verfahrensrechtlich verzögert, dass es letztlich durch ein Gericht abgelehnt wird. Rund die Hälfte der Wahlberechtigten von Triebes hat sich gegen die Eingemeindung nach Zeulenroda ausgesprochen - keine gute Ausgangsposition für das Zusammenwachsen zweier Städte. Ohne klare Zielstellung, und davon sind wir überzeugt, kann es keine sinnvolle kommunale Gebietsreform geben. Der vorliegende Doppelhaushalt ist auch in dieser Hinsicht leider ein Armutszeugnis. Es werden sich kaum viele Gemeinden neu strukturieren, wenn sie nicht die Gewähr haben, dass die neuen Strukturen zumindest mittelfristig Bestand haben.

Meine Damen und Herren, noch einige Anmerkungen zur Finanzierung des Sondervermögens Abwasser. Sie haben den Mut gehabt, meine Damen und Herren der Landesregierung und der CDU, und haben aufgrund der Bürgerproteste Ihre Widerstände gegen die Schaffung eines modernen Kommunal