Protocol of the Session on November 10, 2005

Volksentscheid entnommen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzentwurfs ist die Ausweitung direkt demokratischer Einflussmöglichkeiten auf möglichst viele Bürgerinnen und Bürger, wobei ich mit Bürgerinnen und Bürger alle Menschen meine, die in Thüringen leben und hier ihren Lebensmittelpunkt haben. Die Linkepartei.PDS-Fraktion betrachtet als Bürger nicht nur die Einwohner mit deutschem Pass, sondern auch Ausländer und Ausländerinnen, die hier leben, vor allem das schon sehr lange, und die von den Auswirkungen staatlichen Handelns betroffen sind. Sie müssen nach ernsthaften demokratischen Grundsätzen auch auf dieses Handeln Einfluss nehmen können.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Der Gesetzentwurf weitet deshalb zumindest den ursprünglichen Bürgerantrag aus auch auf Einwohner der Gemeinden und Kreise, die keinen deutschen Pass haben. Voraussetzung ist, dass sie drei Monate in der Gemeinde leben. Damit wird nach Ansicht der Einreicher der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage des Rechts auf Ausübung von Staatsgewalt Genüge getan. Der Einwohnerantrag ist nun mal nicht auf die unmittelbare Beteiligung an einer bindenden Entscheidung gerichtet. Er initiiert lediglich eine öffentliche politische Diskussion. Dieses Recht steht auch hier lebenden ausländischen Bürgerinnen und Bürgern zu.

Wichtig an unserem Vorschlag ist auch, dass Jugendliche ab einem Alter von 14 Jahren sich an einem Einwohnerantrag beteiligen können. Oft wird ja beklagt, dass gerade Jugendliche das Interesse an Politik und den öffentlichen Angelegenheiten zu verlieren drohen. Das muss aber niemanden verwundern. Es werden ihnen kaum echte Beteiligungsmöglichkeiten geboten, abgesehen von Jugendgemeinderäten und einigen versprengten Kinder- und Jugendparlamenten, die aber eigentlich nichts zu entscheiden haben, gibt es kaum etwas. Aber mit der Demokratie ist es nun einmal so, meine Damen und Herren, man lernt sie, indem man sie praktiziert.

Es wäre also auch sinnvoll gewesen, Bürgerentscheid und Bürgerbegehren schon ab 16 zugänglich zu machen. Zweierlei hat uns davon abgehalten: Der Gesetzentwurf steht in einem klaren Zusammenhang mit geltendem Wahlrecht auf der einen Seite und mit den Regelungen zur direkten Demokratie auf der Landesebene auf der anderen Seite. Also war es sinnvoll, an dieser Stelle moderat zu bleiben.

Moderat an dem Gesetzentwurf sind auch die Quoren, denn sie gehen nicht so weit wie das bayerische Modell. Auch auf die von „Mehr Demokratie“

erhobene Forderung nach direkter Demokratie in Zweckverbänden wurde verzichtet. Beim Symposium im Juli haben alle Experten bestätigt, dass es hier erhebliche Demokratiedefizite gibt. Erfahrungen der Bürger in Thüringen belegen das ebenfalls eindrücklich. Fachleute rieten aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt von der Festschreibung direkter Demokratie in Zweckverbänden ab, weil fachlich noch zu viele Fragen nicht geklärt werden konnten. Aber wir werden an dem Thema auf jeden Fall dranbleiben. Die Notwendigkeit für solche Regelungen in späterer Zeit liegt auf der Hand.

Meine Damen und Herren, zur Ausweitung des Anwendungsbereichs von direkter Demokratie gehört auch der Vorschlag für deren Einführung auf Landkreisebene. Damit würde Thüringen mit vielen anderen Bundesländern, auch solchen in Ostdeutschland, endlich gleichziehen. Die Einführung der direkten Demokratie, bezogen auf die Ortschaften, war eine Anregung des Symposiums und ist im Sinne der Stärkung der eigenständigen Problemlösung direkt vor Ort zu begrüßen.

Vielleicht wird sich jemand fragen, warum neben den Änderungen zur Thüringer Kommunalordnung ein zusätzliches Verfahrensgesetz vorgelegt wird. Auch das geht auf Diskussionen im Bündnis zurück. Es ist aus Gründen der Chancengleichheit und der Transparenz notwendig, die bisher in Hauptsatzungen der einzelnen Gemeinde unterschiedlich geregelten Verfahrensvorschriften auf eine gemeinsame Gesetzesebene zu bringen. Bürgerinnen und Bürger in Nordhausen sollen die kommunale direkte Demokratie nach gleichen Verfahrensabläufen und mit gleichen Rechten und Pflichten nutzen können wie die Einwohner von Wernshausen oder was weiß ich wo. Hier hat unseres Erachtens die nicht gering zu schätzende kommunale Selbstverwaltung hinter dem Recht auf Chancengleichheit zurückzustehen. Die Regelungen bekommen dann aber einen Umfang, der sich für eine Einordnung in die Kommunalordnung nicht mehr eignet, deswegen ein eigenständiges Gesetz.

Noch wichtiger bei der Entscheidung für ein selbständiges Gesetz war aber, die direkte Demokratie in Kommunen und Kreisen ist nicht einfach eine verwaltungstechnische Strukturfrage neben anderen solchen Fragen. Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid haben für eine lebendige demokratische Gesellschaft eine besondere und eigenständige Bedeutung. Und nicht zu vergessen. Die Verfahrensbestimmungen für das zweite politische Einflussinstrument der Bürgerinnen und Bürger auf kommunaler Ebene, nämlich für die Wahlen, sind ebenfalls in einem eigenständigen Gesetz außerhalb der Thüringer Kommunalordnung geregelt, im Thüringer Kommunalwahlgesetz. Außerdem

drückt sich mit dem eigenständigen Gesetz die angestrebte Synchronisierung mit den Regelungen zu direkter Demokratie auf Landesebene aus.

Wir plädieren für die Überweisung an den Justizausschuss. Der Zusammenhang mit den Regelungen zu direkter Demokratie auf Landesebene überwiegt. Hinzu kommt, einige Mitglieder des Justizausschusses oder deren Stellvertreter bringen für die Diskussion des vorliegenden Gesetzentwurfs wichtige Erfahrungen aus der Diskussion um das Volksbegehren mit. Ich denke da z.B. auch an den Ausschussvorsitzenden, Herrn Schröter, oder den Kollegen Carius.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geben die Oppositionsfraktionen zusammen mit dem Bündnis für mehr Demokratie in Thüringen umfangreiche Verbesserungsvorschläge in die parlamentarische Diskussion. Machen wir uns gemeinsam wieder auf den nicht ganz einfachen, aber lohnenden Weg zur Stärkung direkter Demokratie in Thüringen. Vielleicht können die Fraktionen sich auf eine Beratungsform, ähnlich der vor zwei Jahren, verständigen, noch bevor die Ausschussberatungen im Einzelnen beginnen. Auch ein Unterausschuss wäre denkbar. Was wir einmal miteinander zustande gebracht haben, könnte uns doch noch einmal gelingen, dieses Mal für die Bürgerinnen und Bürger als Bewohner in rund 1.000 Gemeinden, sechs kreisfreien Städten und 17 Landkreisen. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Taubert, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! „Angesichts der Herausforderung, die die Zukunft mit sich bringt, ist es nur zu begrüßen, das bürgerschaftliche Engagement zu bewahren und zu stärken.“ Auch auf die Gefahr, dass Dr. Beckstein in Bayern einen Schluckauf bekommt, wir werden ihn heute noch öfter zitieren müssen. Menschen in Bayern haben in den letzten zehn Jahren bewiesen, dass sie mit der ihnen gegebenen Verantwortung im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid gut umgehen können. Wer zu Beginn der 90er-Jahre in den westlichen und südlichen Bundesländern unterwegs war, hat sich oft gewundert, warum sich mit dem Thema „bürgerschaftliches Engagement“ so intensiv beschäftigt wurde. In einer Zeit, in der wir sehr intensiv und mit hoher bürgerschaftlicher und persönlicher Beteiligung

unsere Aufgaben zu meistern suchten, gab es im Westen Deutschlands offensichtlich andere Wahrnehmungen.

Nun sind wir in Thüringen und nicht in Bayern, aber wir sind in Thüringen wie die Bayern vor zehn Jahren in einem Spannungsfeld. Zum einen haben wir direkt gewählte Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, Landrätinnen und Landräte, Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte. Sie arbeiten nach der Thüringer Kommunalordnung und nach bestem Wissen für solide Verhältnisse in ihren Gebietskörperschaften und sie haben die Legitimation für fünf oder sechs Jahre von den Wählerinnen und Wählern erhalten, zu entscheiden. Zum anderen berichtete z.B. der Thüringen-Monitor über noch immer stark eingeschränktes Interesse an Staat, Politik und gesellschaftlichen Themen.

Wirkliche Demokratie hatte sich auch in Thüringen ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger vor 15 Jahren anders vorgestellt. Teile der Bevölkerung fühlen sich heute von Entscheidungen im Ort ausgegrenzt, weil sie nur an einem Sonntag in fünf Jahren ihre Meinung sagen sollen und dürfen. Sie können allenfalls in der Stadt- oder Gemeinderatssitzung in der Bürgerfragestunde ihre Frage loswerden. Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass dieses geringe Maß an aktiver politischer Bürgerbeteiligung dringend erhöht werden muss. Wenn wir alle wollen, dass Bürgerinnen und Bürger wieder Interesse und Freude an der Demokratie haben, dann müssen wir dort anfassen, wo Beteiligungsangebote unterbreitet werden können, wo Bürgerinnen und Bürger auch ihren Lebensmittelpunkt haben. Das ist nun mal die Gemeinde, das ist ihre Stadt, ihr Dorf oder ihr Landkreis. Hier sind die Themen zumeist überschaubar, keiner muss sich überfordert fühlen oder glauben, er oder sie könne die Entscheidung nicht so gut treffen, wie die Gemeinderäte oder Bürgermeister.

Inhaltlich, das ist schon erwähnt worden, gehen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf an mancher Stelle nicht so weit wie in Bayern. Der Grund ist einfach, wir wollen gerade für die nicht im Bündnis „Mehr Demokratie“ vertretene Landtagspartei, für die CDU, Entgegenkommen signalisieren. Wir wollen mehr direkte Demokratie nicht nur mit der Brechstange einführen. Alle Beteiligten, Bürgermeister und Gemeinderäte, Landräte und Kreistage sollen mit ihren Kompetenzen nicht zu sehr beschnitten werden und sich auch nicht so fühlen. Wir legten vor allem Wert auf die Beteiligung von allen und auf die Akzeptanz bei allen für dieses Gesetz.

Ein Schwerpunkt, der auch erwähnt wurde, ist für uns der Negativkatalog. So wie er heute ist, glauben wir, kann er nicht bleiben, weil er nicht geeignet ist, Bürgerinnen und Bürger für mehr Demokra

tie anzusprechen. Natürlich haben wir die Rechte des Bürgermeisters nicht eingeschränkt und genauso Haushaltssatzung, Finanzplan und Jahresrechnung dem Gemeinderat vorbehalten. Und, auch da haben wir gemeinsam gerungen, wir haben auch die Frage kommunale Unternehmen nicht aus dem Negativkatalog herausgenommen.

Bei den Abgaben sind wir einen Kompromiss eingegangen. Wir sagen, dass Abgabenerhebung nicht in den Kreis des Bürgerbegehrens fallen kann, aber die Höhe natürlich auch von Bürgerinnen und Bürgern entschieden werden können muss. Und, sie müssen auch Verantwortung übernehmen an dieser Stelle, denn sie müssen Deckungsvorschläge bringen, genauso wie es Gemeinderäte tun müssen. Im Vergleich zu Bayern sind wir einen Zwischenschritt gegangen, um mehr Möglichkeiten direkter Bürgerbeteiligung zu schaffen. Der jetzige Gesetzestext bietet, wie wir meinen, zu wenig Bereiche dieser Beteiligung an. Es ist wie mit einem Auto, das man jemandem gibt, aber dem man es nicht so recht zutraut, es auch fahren zu können. Der Einbau einer Bremse ist daher ein geeignetes Mittel. Wir wollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf diese Bremse lösen. Es geht uns in erster Linie um das aktive Lernen im Umgang mit den Instrumenten der direkten Demokratie. Weil wir heute auch in der Presse lesen konnten, dass der Kultusminister darauf hinweist, dass man die Vergangenheit der DDR besser in Schule aufarbeiten muss, glauben wir auch, an der Stelle müssen auch junge Menschen lernen, mit Demokratie direkt umzugehen. Deswegen, wie Herr Hahnemann erwähnt hat, sind wir vor allen Dingen beim Einwohnerantrag, der ja rechtliche Auswirkungen nicht hat, sondern einfach nur die Möglichkeit bietet, dass man einen Antrag in den Gemeinderat einbringen kann, dafür, dass auch junge Menschen sich aktiv beteiligen können.

(Beifall bei der SPD)

Dass der Gesetzentwurf ein eigenständiges Gesetz für den Ausbau der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene bietet, ist bereits angesprochen worden. Ich möchte dem nichts hinzufügen.

Wir möchten bei allen Skeptikern auch noch einmal dafür werben, die von uns vorgeschlagenen Quoren mitzutragen. Wie Sie aus der Rede von Dr. Beckstein, die wir Ihnen gern zur Verfügung stellen, entnehmen können, hat er sich nach 10 Jahren aktivem Arbeiten im Rahmen direkter Demokratie für die Quorensenkung ausgesprochen und das möchte ich Ihnen nochmals vortragen. Ich zitiere: „Ich bin der Auffassung, dass hier bei dem Bürgerentscheid eine Absenkung des Quorums zur Stärkung der Bürgerbeteiligung erforderlich ist. Ich habe deshalb vorgeschlagen, dass auch in Gemein

den zwischen 10.000 und 50.000 Einwohnern ein Quorum von 15 Prozent gilt wie es jetzt bereits für Gemeinden mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern gilt.“ Das zeigt ganz einfach, dass das praktische Arbeiten mit diesen Instrumenten vielmehr Vertrauen schafft als Misstrauen. Und ich möchte auch betonen, dass wir beim Einwohnerantrag bewusst gesagt haben, dass es Einwohner sein sollen und nicht Bürger. Auch das ist uns gemeinsam mit der Fraktion der Linkspartei.PDS wichtig, an dieser Stelle auch Ausländer zu Wort kommen zu lassen, weil sie natürlich durch solche Maßnahmen und Möglichkeiten stärker integriert werden können. Wir beklagen das an vielen Stellen. Die Ereignisse in Frankreich rufen das eine oder andere Bild bei uns in Gedanken. An dieser Stelle können wir aktiv tun.

Ich will uns gemeinsam in Erinnerung rufen, dass wir in der Pflicht sind, Politikerinnen und Politiker, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich wieder Menschen in Thüringen engagieren und einbringen. Dabei dürfen wir es auch nicht nur auf das ehrenamtliche Engagement beschränken, sondern sollten es auf die direkte Demokratie erweitern. Noch zuletzt ein Zitat von Herrn Beckstein: „Zu hohe Hindernisse, Einschränkungen und Behinderungen sind deshalb nicht angebracht.“ Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Kölbel, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete, werte Gäste, die Drucksache 4/1320 liegt uns von den Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD seit wenigen Tagen als ein sehr umfänglicher Gesetzentwurf - wie es heißt „Zum Ausbau der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene“ vor. Eingangs gehen die Schöpfer dieses Entwurfs davon aus, dass seit November 2003 auf Landesebene in Thüringen die gesetzliche Grundlage für basisdemokratische Elemente erweitert und geändert wurde, nun eine vergleichsweise Initiative für direkt demokratische Instrumente auf kommunaler Ebene gleichermaßen verändert werden müsse. Damit erfolgt, so kann ich es nur sagen, eigentlich ein Generalangriff auf die bestehende Thüringer Kommunalordnung.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die dort enthaltenen Beteiligungsquoren, in den vergangenen Legislaturen erst reduziert, seien viel zu

hoch und es gebe einen so umfangreichen Negativkatalog für den Bürgerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, was alles ausgeschlossen sei. Als Beweismittel für den Antrag wird die geringe Anzahl von nur 10 Bürgerbegehren, davon eins erfolgreich, herangezogen. Mit diesem Entwurf will man die Thüringer Kommunalordnung mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid grundsätzlich einbezogen lassen. Aber durch ein Thüringer Gesetz, meine Vorredner haben davon schon gesprochen, ein spezielles Gesetz dies ergänzen und auch ein Vergleich ist schnell bei der Hand. Wir haben das jetzt permanent gehört, als leuchtendes Beispiel ist Bayern genannt. Sie haben, wenn man im Ländervergleich sich das anschaut, die geringeren Quoren und dann außerdem noch 10 Jahre Erfahrung auf kommunaler Ebene mit direkt demokratischer Mitbestimmung und Praxis, und außerdem haben sie noch Beckstein, wir haben es auch gehört, an dem wir uns ein leuchtendes Beispiel nehmen sollen.

Was erscheint nun neu im Gesetzentwurf?

1. Aus dem alten Antrag der Bürger wurde nun auch ein Antrag, der von jedem Einwohner mitgetragen werden kann, also gewissermaßen eine Erweiterung des bisher Bestehenden.

2. Es gibt nicht nur Anträge auf der Basis der Kommune, sondern auch auf der Ebene des Kreises und der Ortschaften.

3. Wie auf Landesebene soll die Vertrauensperson ein Beratungsrecht beim Präsidenten des Landesverwaltungsamts erhalten.

4. Die Ausschuss-, Entscheidungs- und Beratungsfristen werden gekürzt gegenüber den bisherigen.

5. Der Gemeinderat kann mit zwei Dritteln beschließen, im eigenen gemeindlichen Wirkungskreis mittels eines Bürgerentscheids eine Entscheidung herbeizuführen, quasi eine Rückbestätigung des eben in der Gemeinde Beschlossenen.

6. Die Gemeinde soll verpflichtet werden, ortsüblich über den Bürgerentscheid zu informieren und weitere Informationen unmittelbar vor der Abstimmung zu geben, damit auch jeder weiß, worum es geht.

7. Neu ist weiter, dass für die Einwohneranträge alle seit drei Monaten in der Gemeinde Wohnenden, die älter als 14 Jahre sind, ihre Stimme abgeben dürfen.

8. Die jeweilige Vertrauensperson erhält im Gemeinderat Anwesenheits- und Rederecht wie ein Gemeinderat auch und kann an den entsprechenden Sitzungen teilnehmen.

9. Neu ist zum Beispiel: Als Einwohnerantrag gilt, wenn von 1 Prozent der Einwohner oder von 300 Einwohnern dieser Antrag unterzeichnet worden ist.

10. Beim Bürgerbegehren sollen 7 Prozent der stimmberechtigten Bürger genügen, höchstens 7.000 Einwohner bei Sammlung innerhalb von vier Monaten. In Landkreisen wären es auch 7 Prozent bei höchstens 10.000 Einwohnern auch bei vier Monaten Sammlung.

11. Zur Frage, wann der Bürgerentscheid denn gültig ist? Von der Wirkung her soll ein Gemeinderatsbeschluss gleichgesetzt werden, mehrheitlich entschieden sein und bei 20, 15 und 10 Prozent soll bei Landkreisen Wahlbeteiligung bereits zustande gekommen sein.

Auf die technische Durchführung und die Regelungen will ich hier und heute gar nicht weiter eingehen - das sind teilweise bekannte Regularien, die wir auch schon von den Bestimmungen auf Landesebene kennen -, auch nicht, was direkt in der Thüringer Kommunalordnung im Einzelnen als Gesetzesänderung vorgesehen ist.

Schon an dieser Stelle trete ich namens der CDUFraktion für eine Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Innenausschuss federführend - es geht ja um die Änderung der Kommunalordnung - und begleitend an den Justizausschuss ein, werden doch grundsätzliche Dinge unseres staatlichen Geschehens angesprochen, und das ist durch meine Vorredner ja auch bestätigt worden, die im Detail im Ausschuss beraten werden müssten.

Persönlich möchte ich noch Folgendes dazu bemerken: Im ersten Studium des Entwurfs kamen mir so einige Bedenken auf, die ich gern herüberbringen möchte, gewissermaßen so auf dem Weg zum Überlegen. Wo in Thüringen reichten an welcher Stelle zu welcher Sache die jetzigen Bestimmung der §§ 16 und 17 der gültigen Thüringer Kommunalordnung denn absolut nicht aus, um das berechtigte Bürgeranliegen dem Gemeinderat nicht näher zu bringen? Weiter: Ist es rechtlich richtig, dass auch Ortschaften und Kreistage mit diesem Gesetz einbezogen werden? Können hier nicht auch Überschneidungen eintreten? Die Summe aller Gemeindebürger im Kreis bilden ja wieder dieselben Kreisbürger. Dann weiter: Wie wird mit diesem Gesetz die Arbeit des Gemeinderates, des Stadtrates beeinträchtigt, er an seiner über Haushaltsbeschlüsse hinaus gehenden strategisch planerischen Arbeit denn gehindert? Wie gewinnen wir in der Zukunft noch Bürger, die bereit sind, sich zur Wahl auf Ortschafts-, Gemeinde-, Stadt- und Kreisebene überhaupt zu stellen und dies im Interesse ihrer Wähler dann auch in Verantwortung so langfristig angehen?

Regionale gebietliche Konflikte, die es immer gibt innerhalb einer Gemeinde oder auch eines Kreises, können durch die niedrigen Quoren an Auseinandersetzung zunehmen und das Verwaltungshandeln mehr als beeinträchtigen. Dies und vieles Weitere sollte man sich vor Augen halten und abwägen, bevor ein solcher, meines Erachtens grundsätzlicher Beschluss gefällt wird in diesem hohen Haus. Die von mir genannten Ausschüsse erscheinen mir dazu die geeignete Stätte, sich darüber auseinander zu setzen und Gedanken zu machen. Ich danke Ihnen.