In den Studiengängen in der Fachhochschule Nordhausen ist bislang eine Sprachausbildung pro Semester obligatorisch. Die geplanten Bachelor-Studiengänge sehen für alle Studierenden ein internationales Projekt mit Lehrenden der Partnerhochschulen vor. Im geplanten Studiengang International Management haben praktisch alle Module internationalen Bezug.
An der Fachhochschule Schmalkalden sind in den Bereichen Wirtschaft und Wirtschaftsrecht die kulturellen, rechtlichen und politischen Bezüge in den Curricula verankert. Die Thüringer Hochschulen sind also bereits heute internationaler als je zuvor.
Abschließend noch einige Ausführungen zur europaweiten Kooperation bei integrierten Studienausbildungs- und Weiterbildungsprogrammen. Das MaxWeber-Kolleg der Universität Erfurt unterhält seit einigen Jahren ein Kooperationsprogramm mit der Universität Brüssel. Ein namhaftes Studien- und Forschungsprogramm auf europäischer Ebene existiert zwischen der Technischen Universität Ilmenau und dem Moskauer Energetischen Institut. Seit 1997 wird das Projekt einer gemeinsamen Deutsch-Russischen Informatikerausbildung realisiert. An der FriedrichSchiller-Universität ist der Master-Studiengang Deutsch als Fremdsprache zu nennen. Das Studienangebot erfolgt hier in Kooperation mit dem University College in Dublin, der Aristoteles Universität Thessaloniki und dem Germanistischen Institut der Universität Budapest. Daneben wird ein integrierter, binationaler Studiengang Interkulturelle Kommunikation Deutsch/Italien auf der Grundlage eines Kooperationsvertrags mit der Universität Urbino mit einem zusätzlichen italienischen akademischen Grad für deutsche Studierende und einem Magistergrad für italienische Studierende angeboten. An der Bauhaus-Universität bestehen mehrere Studienprogrammkooperationen mit Hochschulen in Frankreich, Spanien und China. Seit einem Jahr bietet die Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Kooperationen mit der Universität Evry Frankreich ein Deutsch-Französisches Doppeldiplom an. Die Fachhochschule Nordhausen ist aktiver Partner in dem europäischen Modul European Carriere Orientation, das während einer internationalen Projektwoche und auch durch das ErasmusProgramm gefördert, angeboten wird. Der MasterStudiengang International Buisiness and Economics
der Fachhochschule Schmalkalden basiert auf einem eng geflochtenen Netzwerk internationaler Hochschulen.
Die Hochschulen bemühen sich um Ausbildungskonzeptionen, die möglichst dicht an den von der Wirtschaft geforderten Kompetenzen der Absolventen ausgerichtet sind. Honorarprofessuren und Lehraufträge werden an die Vertreter der Praxis vergeben.
Mein Fazit, meine Damen und Herren: Unsere Hochschulen sind international, vor allem auch europäisch ausgerichtet; Wissenschaft und Forschung kennen in Thüringen keine Grenzen. Internationalisierung ist bei uns im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe ein Reformschrittmacher für die Entwicklung und Modernisierung des Hochschulwesens. Bologna ist in Thüringen längst kein Schlagwort mehr, Bologna ist Wegweiser der Hochschulentwicklung. Auf der Konferenz von Bergen im Mai 2005 ist deutlich geworden, dass der Bologna-Prozess insgesamt an Dynamik gewonnen hat. Dort haben die Länder nationale Berichte abgegeben. Deutschland konnte mit seinem Bericht verdeutlichen, dass es bei der Umsetzung der Ziele unter den Bologna-Signatarstaaten einen Platz im Vorderfeld einnimmt. Die Thüringer Hochschulen sind daran maßgeblich beteiligt. So weit mein Bericht, vielen Dank.
Wer wünscht die Aussprache zum Sofortbericht? Die Fraktion der CDU. Ich erteile hiermit das Wort der Abgeordneten Hennig, Die Linkspartei.PDS.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ziel des Bologna-Prozesses ist die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraumes bis zum Jahre 2010. Dabei geht es u.a. darum, einheitliche Studienabschlüsse bzw. auch Bewertungskriterien für Studienleistungen zu schaffen. Der Prozess schreibt nicht zwingend die Abschlüsse Bachelor und Master vor, nur zu Unrecht wird er oft darauf reduziert. Im Zuge dieser Bestrebungen wurden aber in Deutschland vor allem die Abschlüsse Bachelor und Master eingeführt. Die thüringische Landesregierung stimmt dem Prozess zu. Ich möchte betonen, dass auch unsere Fraktion, Die Linkspartei.PDS, die grundsätzliche Zielrichtung von Bologna befürwortet.
Allerdings sehen wir auch eine Reihe von Problemen, die aus unserer Sicht berücksichtigt werden müssen. Der Thüringer Landtag hat vor knapp eineinhalb Jahren im damals zuständigen Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst eine Anhö
rung von Hochschulen und Verbänden durchgeführt. Bereits damals wurde von den Teilnehmenden eine Reihe von Aspekten vorgetragen, die mitunter noch heute gültig sind. Auf einige Dinge möchte ich daher genauer eingehen. Als ein erster Punkt ist die noch immer fehlende Akzeptanz des Bachelor-Abschlusses in der Wirtschaft anzusprechen. Das damals geäußerte Urteil hat immer noch Gültigkeit. Dazu zwei Beispiele: Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat im Juni letzten Jahres eine bundesweite Umfrage gestartet. Zwei Fragen an die Unternehmer lauteten: Kennen Sie den Bachelor-Abschluss? Halten Sie den Bachelor-Abschluss für einen guten Abschluss?
Auf die erste Frage, ob man den Bachelor kenne, antworteten bundesweit 70 Prozent der Unternehmen mit Ja; in Thüringen bejahten es nur 50 Prozent. Bei der zweiten Frage, ob dies ein guter Abschluss sei, votierten bundesweit 56 Prozent mit Ja, in Thüringen dagegen nur 44. Um ein noch aktuelleres Beispiel anzuführen: Noch im Frühjahr dieses Jahres erklärte die Ingenieurkammer Thüringen offiziell, dass der Bachelor-Abschluss den Anforderungen ihrer Kammer an die Ausbildung in ingenieurwissenschaftlichen Studienrichtungen überhaupt nicht genügt. Ich habe darum im Bericht des Ministers ausreichende Äußerungen vermisst, wie man diesem Dilemma beikommen will.
Werte Abgeordnete, in diesem Zusammenhang muss noch auf einen zweiten Punkt hingewiesen werden, dass seitens der Hochschulen die flächendeckende Einführung des Bachelors nicht als sinnvoll angesehen wird. In manchen ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen habe sich das Diplom bewährt. Dieser Meinung sind nicht nur eine Reihe von deutschen Berufsverbänden, sondern auch andere europäische Länder. Zum Beispiel wurden in Großbritannien von Ingenieuren Vorbehalte thematisiert. Auch meine Fraktion votiert in Bezug auf die Frage der flächendeckenden Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen eher für Zurückhaltung. Dort, wo sich wie in manchen ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen das Diplom bewährt hat, sollte dies beibehalten werden. Die Entscheidung über Diplom bzw. Bachelor und/oder Master sollten folglich vor Ort, also in der Hochschule, getroffen werden. Doch leider gewährt die Landesregierung unseren Hochschulen bei der Gestaltung von Studiengängen nur sehr wenig eigenen Spielraum. So besteht die Befürchtung, dass trotz Akkreditierungsverfahren man bisher die Studiengänge ohne größeren Aufwand einfach in Bachelor-Abschlüsse umwandelt. Das Vorhaben verkommt damit zu einem aufoktroyierten bürokratischen Akt, wie man sich überhaupt oft des Eindrucks nicht erwehren kann, der Bologna-Prozess verfolge nicht das Ziel der internationalen Vergleichbarkeit, sondern diene lediglich der Kanalisierung der Stu
dierendenströme, der Verkürzung von Studienzeiten und damit den staatlich verordneten Sparmaßnahmen, die sich damit trefflich verschleiern lassen. Dabei müsste es bei der Umwandlung nicht nur um eine bloße Änderung des Titels auf dem Abschluss gehen, sondern um die Frage der Qualität des Studiums. Da bin ich auch bei der Frage der Anerkennung von Studienleistungen im Rahmen des European Credit Transfer Systems. In der deutschen Universitätszeitung erschien kürzlich ein Bericht über dieses System, welches im Zuge der Akkreditierung Pflicht ist. Darin beschreibt einer der Verantwortlichen, wie schwierig die Umsetzung ist. Viele Hochschullehrer sind damit nämlich gezwungen, sich mit der Qualität der Lehre und den Lernergebnissen auseinander zu setzen. Das bereitet einigen Schwierigkeiten, denn noch immer glauben manche, wer ein guter Forscher ist, macht auch eine gute Lehre. Damit setzen sich einige Professoren nicht gern auseinander, doch für den gesamteuropäischen Hochschulraum sind die ECTS-Kriterien, wie zum Beispiel die Leistungspunkte „Arbeitsaufwand zur Erreichung eines Lernergebnisses“ etc. gerade wichtig. Hinzu kommt drittens noch ein organisatorisches und auch finanzielles Problem. Bachelor- und Masterstudiengänge bedürfen der Akkreditierung, das heißt, der Anerkennung durch speziell geschaffene Agenturen. Dieser Akkreditierungsvorgang ist einerseits für die Hochschulen teuer, zum anderen genügt die personelle Ausstattung der Agenturen nicht, alle Studiengänge zügig anzuerkennen. Bis zum Jahr 2010 soll dies flächendeckend erreicht sein, so das Ziel. Doch in den bisherigen sechs Jahren des BolognaProzesses wurde in Deutschland nur jeder vierte Studiengang zum Bachelor und Master akkreditiert. Auch wenn in Thüringen innerhalb eines Semesters - ich war ja sehr erstaunt, was innerhalb eines Semesters alles passieren kann - die Zahl der akkreditierten Studiengänge gewachsen ist, wird man sich, denke ich, sputen müssen, um hier noch etwas zu erreichen. Noch sind die Rahmenbedingungen dazu nicht so gut gestrickt. Bisher haben sich die Länder nicht immer als Förderer in der Sache erwiesen. So hat der klagefreudige hessische Ministerpräsident, vielen auch bekannt als der „brutalst mögliche Aufklärer“, erst einmal gegen die Errichtung eines Kompetenzzentrums zur Unterstützung der Bologna-Reform durch den Bund vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Er scheiterte zwar, hat damit aber Verzögerungen bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses herbeigeführt.
Vielleicht ändern die Ergebnisse der Bundestagswahl vor knapp drei Wochen etwas, woran mir allerdings der Glaube fehlt. Wie ich bereits erwähnte, ist der Akkreditierungsvorgang für die Hochschulen teuer. In Thüringen lobt sich zwar die Landesregierung immer selbst für den Hochschulpakt, doch wird verschwiegen, dass dieser eine Ursache für die schleppende
Akkreditierung ist. Der Pakt schreibt mit geringfügigen Abweichungen das Finanzniveau von 2002 fest und hat im Gegenzug durch Kürzungen an anderen Stellen im Haushalt besonders bei der Forschungsförderung de facto zu Kürzungen geführt. Bereits auf der erwähnten Anhörung des Ausschusses für Wissenschaft, Kunst und Medien vor eineinhalb Jahren bestätigten dies die Vertreter der Hochschulen unisono. Sie meinten, ein Hindernis bei der zügigen Akkreditierung sei, so wörtlich, ich zitiere, „die Überbelastung der Hochschulen durch ein zu enges Finanzkorsett“. Mit dem vorgelegten Doppelhaushalt wird das Problem trotz gegenteiliger Behauptungen der Landesregierung nicht besser.
Lassen Sie mich auf drei weitere Probleme im Zusammenhang mit den Abschlüssen eingehen. Es gilt auch der Frage nach dem Zusammenhang von Bachelor und Master nachzugehen. Wie ich bereits sagte, hakt es noch an der Anerkennung des Bachelors durch die Wirtschaft. Was nützt dann einem Absolventen ein solcher Abschluss, wenn er keinen Job findet wegen der Nichtakzeptanz seines Abschlusses? Möglicherweise ist der Master ein Weg aus diesem Dilemma, weil Berufsverbände diesem Abschluss aufgeschlossener gegenüberstehen. Darum fordert meine Fraktion nicht zum ersten Mal einen grundsätzlichen Anspruch von Bachelor-Absolventen auf einen direkten gebührenfreien Zugang zu einem Masterstudium.
Einen weiteren Punkt möchte ich nur als Anregung in den Raum stellen - die Frage Bachelor und Promotion: Vielleicht sollte darüber nachgedacht werden, höchstqualifizierten Bachelor-Absolventen auch ohne den Master das Promotionsrecht einzuräumen. Diese Möglichkeit würde nicht nur Motivation sein, sondern auch Zeit sparen. Selbstverständlich müssen dann Transparenz und abrechenbare Kriterien geschaffen werden. Es wird dagegen natürlich Vorbehalte geben, ob hier nicht die Unterschiede zwischen dem Master und der Promotion verwischt werden. Doch über eine solche Möglichkeit nachzudenken, ist sicher nicht verboten.
Als Letztes möchte ich noch auf ein rein thüringisches Problem hinweisen: Zu den Abschlüssen an den Thüringer Berufsakademien hatte ich an die Regierung zwei Anfragen gestellt. Die Antworten, so möchte ich betonen, haben mich nicht zufrieden gestellt. Vor fast einem Jahr hat die Kultusministerkonferenz die Möglichkeit geschaffen, an den Berufsakademien Bachelorabschlüsse einzuführen. Bislang hat es die thüringische Landesregierung nicht geschafft, den gesetzlichen Rahmen dafür aufzustellen. Nach meiner Kenntnis liegt noch nicht einmal ein Referentenentwurf für das Gesetz vor. Dabei wäre dies für Absolventen der staatlichen Studienakademien besonders wichtig. Sie könnten damit komplikationslo
ser als bisher ein weiteres Studium an einer deutschen oder ausländischen Hochschule anschließen. Wenn die gesetzliche Grundlage geschaffen ist, müssen die Studiengänge noch durch die entsprechenden Agenturen akkreditiert werden. Das bedeutet, den Bachelor-Abschluss wird ein Absolvent der Berufsakademie frühestens 2007 erreichen.
Wenn die Studiengänge an der Berufsakademie Thüringen auf dem gleichen Standard wie die der Universitäten und Fachhochschulen des Landes liegen, wie die Landesregierung momentan in einer Antwort auf meine Anfrage betont hat, dürfte es keine allzu große Schwierigkeit sein, einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten, und dazu fordere ich Sie an dieser Stelle auf.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, 1999 hat sich Deutschland gemeinsam mit rund 40 anderen europäischen Staaten verpflichtet, bis zum Jahr 2010 einen gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu schaffen. Die wichtigsten Punkte der seinerseits verabschiedeten gemeinsamen Bologna-Erklärung lauteten:
- europaweite Einführung eines gestuften Studiensystems mit den international üblichen Abschlüssen Bachelor als ersten berufsqualifizierenden Abschluss nach 3 bis 4 Jahren und Master als zweiten Abschluss nach weiteren 1 bis 2 Jahren,
Soweit die Zielsetzung des Bologna-Prozesses. Minister Goebel hat ja vorhin auch schon hierüber ausführlich berichtet. Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, wird deutlich beim Blick auf den derzeitigen Umsetzungsstand bei der Einführung gestufter Studiengänge. Nach Angaben des nationalen BolognaBerichts 2004 waren mit Beginn des Sommersemesters 2005 in Deutschland 2.925 konsekutive Studiengänge eingerichtet. Das entsprach im Sommersemester 26,2 Prozent des gesamten Studienangebots. Das war im Vergleich zum Sommersemester
2003 schon ein riesiger Sprung, damals gab es nur gut 1.600 Studiengänge dieser Art, die eingerichtet waren. Dennoch besteht aus meiner Sicht kein rechter Anlass zum Jubeln.
Die aktuellsten Angaben aus Thüringen, die ich mir letzte Woche herausgesucht habe, stammten noch vom Sommersemester 2005. Zum damaligen Zeitpunkt, also vor einem halben Jahr, als das Sommersemester begann, konnte man von den 312 Studiengängen 37 mit dem Bachelor abschließen und nur 16 mit dem Master. Das heißt, zum Sommersemester 2005 lag Thüringen in puncto Umstellung auf die neuen Studiengänge noch unter dem Bundesdurchschnitt. Es freut mich natürlich, zu hören, dass wir da offensichtlich jetzt im Wintersemester einen großen Sprung gemacht haben, dass man inzwischen 48 Studiengänge mit dem Bachelor abschließen kann und weitere 38 Studiengänge mit dem Master abschließen kann. Das ist erfreulich, dass wir inzwischen demzufolge ein knappes Drittel aller Studiengänge umgestellt haben. Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, wir haben noch bis zum Jahre 2010 Zeit, das sind nur noch gut 4 Jahre, und in diesen nächsten 4 Jahren müssen auch die verbleibenden zwei Drittel der Studiengänge auf das neue gestufte Studiensystem umgestellt werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die für Deutschland und Thüringen genannten Zahlen weisen vor allem auf nach wie vor bestehende Akzeptanzprobleme des dreistufigen Studiensystems bei den Hochschulen, aber eben auch bei den Studierenden selbst hin. Ähnlich sieht es übrigens bei den Unternehmen aus, die künftig als eine Art Hauptabnehmer der universitären Bachelor- und Master-Absolventen fungieren sollen. Nach einer repräsentativen Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft vom Mai des vergangenen Jahres - es ist schon ein gutes Jahr her - gaben lediglich zwei Drittel aller Unternehmen bis maximal 49 Beschäftigte an, dass sie sich vorstellen könnten, jemals einen Bachelor- oder Master-Absolventen zu beschäftigen. Bei den größeren Unternehmen stieg diese Quote glücklicherweise auf ungefähr vier Fünftel. Aber auch dort kann noch nicht von allseitiger Akzeptanz der konsekutiven Studiengänge gesprochen werden. Neben diesen prinzipiellen, oftmals auf fehlenden Informationen über das neue Studiensystem und auf mangelnder Vertrautheit mit den neuen Abschlussbezeichnungen basierenden Vorbehalten lassen sich auch noch sektorale Akzeptanzprobleme ausmachen. Das betrifft einmal den Bereich der Geisteswissenschaften, wo oftmals die Befürchtung geäußert wird, mit der Modernisierung der Studiengänge gehe eine Verschulung und damit zwangsläufig eine Verflachung des bislang von der Selbständigkeit und Selbstorganisation der Studierenden geprägten geisteswissenschaftlichen Universitätsstudiums einher. Zum anderen wären die Berei
che der Ingenieur- und Architekturwissenschaften zu nennen - Kollegin Hennig sprach es eben auch schon an. In diesem Bereich wird dem Bachelor vielfach die Eigenschaften als wirklich erstem berufsqualifizierenden Abschluss abgesprochen. Nicht umsonst haben sich die neuen großen Technischen Universitäten Deutschlands, Aachen, Berlin, Braunschweig, Darmstadt, Dresden, Hannover, Karlsruhe, München und Stuttgart, Ende vergangenen Jahres für den Mastertitel als berufsqualifizierenden Regelabschluss der Ingenieurwissenschaften ausgesprochen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den eben skizzierten Akzeptanzproblemen kann Politik leider wenig helfen. Bund und Länder haben die hochschulpolitischen Rahmenbedingungen für das zweistufige Studiensystem abgesteckt. Nun müssen diese Änderungen in den Köpfen ankommen und mit Leben erfüllt werden. Dazu bedarf es vor allem verstärkter Informationen über die Chancen und Möglichkeiten der gestuften Studiengänge und der ihnen zugeordneten Abschlüsse. Hier sehe ich die Hochschulen, die Studierenden und die Arbeitgeber in der Pflicht. Ihnen kann man nur sagen: Informieren Sie sich und andere über den Bologna-Prozess, über den neuen entstehenden europäischen Hochschulraum und natürlich auch über die neuen Abschlüsse Bachelor und Master.
Abschließend noch eines: Bei einem anderen mit dem Umsetzungsprozess verknüpften Problem kann und muss Politik sehr wohl helfen. Ich meine damit die nur sehr schleppend verlaufende Akkreditierung der gestuften Studiengänge. Laut dem nationalen Bologna-Bericht 2004 sind von den seinerzeit 2.925 BA- und MA-Studiengängen gerade einmal 716 akkreditiert. Viele Hochschulen beklagen die zeitraubenden, teilweise überaus bürokratischen und komplizierten Verfahrensweisen der Akkreditierungsagenturen. Gleichzeitig berichten Insider immer wieder von der mitunter erschreckenden Oberflächlichkeit, mit der dann die endgültige Akkreditierungsentscheidung vorgenommen wird. Auf der einen Seite also ein langwieriges Akkreditierungsverfahren auf der anderen Seite eine teilweise recht laxe abschließende Entscheidungsfindung. Das passt nicht zusammen. Es ist fraglich, wie auf diesem Wege bis zum Jahr 2010 mehr als 11.000 Studiengänge in Deutschland und mehr als 300 Studiengänge in Thüringen vollständig akkreditiert werden sollen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben heute nach längerer Zeit wieder einmal das Thema Bologna-Prozess aufgerufen, nachdem es vormals schon im Ausschuss behandelt wurde und das völlig zu Recht. Denn in der Geschichte der modernen Universität, die ja von Europa aus als Erfolgsmodell in alle Welt gegangen ist, ist das der zweite radikale Umbruch. Der erste geschah um das Jahr 1800 herum, als das Universitätswesen in Europa arg am Boden lag und etwa 40 Prozent aller Universitäten, also nicht nur die hiesige Erfurter, ihren Bedeutungsverlust auch mit dem Existenzverlust bezahlen mussten. Dann hat sich mit dem so genannten Humboldt’schen Modell die Forschungsuniversität durchgesetzt, die, von einzelnen Forschern getrieben, immer wieder auch zu Erweiterungen des Fächerspektrums geführt hat und jeweils nach Vorleistungen von Forschern, meistens mit hohem persönlichen Risiko in der Form von Privatdozenten und dem damit verbundenen Hörergeld. Frau Hennig, das Studium in Deutschland war bis 1972 kostenpflichtig, aber das müssen Sie nicht unbedingt wissen, aber ich darf es hier erwähnen. Diese auf hohem persönlichen Risiko beruhenden Vorleistungen von Privatdozenten führten dann in der Regel zur Anerkennung herausragender Leistungen und zur Erweiterung des Fächerspektrums und später der Forschungsgebiete.
Mittlerweile nimmt das Maß von äußerer Steuerung auf die Hochschulen zu mit Zielvorgaben; mit der Akkreditierung wird also das Maß an Steuerung stärker und die von uns allen gewünschte Autonomie de facto zu 100 Prozent nicht mehr umsetzbar. Dies ist kein neues Problem. Bereits Emanuel Kant hat in einer Schrift „Streit der Fakultäten“, wenn ich es richtig weiß, aus dem Jahre 1798 auf diesen Zielkonflikt hingewiesen. Also eine Universität, die völlig selbstbestimmt ist, ist nicht mehr in der Gesellschaft verortet. Und andererseits ist eine völlig fremdbestimmende Universität keine Universität mehr. Diesen Spannungsbogen haben wir heute noch. Und jetzt müssen wir feststellen, dass es eine weitere Entwicklung gibt. Die Zahl der Fächer, die Breite des Wissens hat nicht über die Jahre linear, sondern explosionsartig zugenommen. Während es früher herausgehobenen Einzelpersönlichkeiten möglich war, das Wissen ihrer Gesellschaft in sich zu vereinen, wird das heute als ausgeschlossen dargestellt. Es wird schon schwierig, an einer Universität überhaupt alle Fächer, die von Bedeutung sind, in gleicher Qualität vorzuhalten. Wir machen uns das nur gelegentlich klar, sprechen heute von Profilbildung, von Exzellenznetzwerken, aber es ist ein solcher Prozess. Er wird weitergehen. Es ist eigentlich abzusehen, dass wahrscheinlich auch in naher und mittlerer Zukunft einzelne Länder Schwierigkeiten haben werden, noch alle Fächer mit der
ausreichenden Qualität abdecken zu können, die in der Gesellschaft tatsächlich gebraucht werden. Insoweit ist dieser Bologna-Prozess, der aus der Hochschule in Europa, die sich ja vielfältig entwickelt hat - es gibt diesen französischen Zweig, ziemlich zentralistisch angelegt; es gibt die englische Herangehensweise, es gibt die typisch deutsche -, es ist also diese Universität in Europa, die sich zur europäischen Universität verändern wird, dass dieses breite Wissen in der nötigen Tiefe wahrscheinlich auch nur noch in diesem gesamteuropäischen Raum abbildbar, qualifizierbar, weiterentwickelbar ist. Deshalb ist dieser Bologna-Prozess mit all den Schwierigkeiten, die mit Veränderungen immer einhergehen, unverzichtbar, um im weltweiten Wettbewerb unsere jungen Menschen ausreichend fit zu machen, Internationalität, die für den Wissenschaftsprozess unverzichtbar ist, zu befördern. Und hier gibt es richtig gute Erfolge, wenn im angloamerikanischen Raum die Zahl ausländischer Studierender deutlich höher ist als im Schnitt in Europa, insbesondere auch in Deutschland, zeigt es sich, dass bei den gestuften Studiengängen die Zahl ausländischer Studierender deutlich höher ist als sonst im Schnitt unserer Hochschuleinrichtungen. Also sind wir dort auf einem richtigen Weg.
Der Austausch der Studenten innerhalb Europas wird forciert durch die gegenseitige Anerkennung der Studienleistungen. Einher geht auch die verstärkte Mobilität der Lehrenden. Das ist jetzt gerade auf der letzten Konferenz, wenn ich es richtig weiß, in Bergen Hauptthema gewesen und wird in London fortgesetzt, dass man auch die Versorgungssysteme anerkennt, die verschiedenen Gehaltssysteme zumindest angleicht oder berücksichtigt und damit auch die Mobilität der Lehrenden gesteigert wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen wir uns die Bedenken nicht zum Anlass nehmen, diese Entwicklung, die nun mittlerweile doch unumkehrbar scheint, wenn 40 Staaten da mitmachen, zum Hemmschuh der Veränderung zu nehmen. Lassen Sie uns offen über die Probleme reden, die es noch gibt, und versuchen sie zu lösen.
Kommen wir zuerst zu der vermeintlich mangelnden Akzeptanz der Wirtschaft. Die wird spätestens dann aufhören, wenn es nur noch Bachelor-Absolventen gibt. Da müssen wir uns weiter am Ziel orientieren, nach bereits drei Jahren respektive sechs Semestern einen berufsqualifizierenden Ingenieurabschluss anzubieten. Dass dies möglich ist, beweisen uns die Engländer seit Jahrzehnten mit herausragenden Vermittlungsquoten in die Wirtschaft hinein und mit sehr guten Karrierechancen. Lassen Sie uns von einigen, die diese Neuerung nicht wollen, nicht einreden, dass das nicht ginge. Es verlangt Veränderungen der Lehre, weniger frontal orientierten Unterricht, sehr viele kleine Praxismodule, auch wenn es kein dezidiert se
parates Praxissemester mehr an den Fachhochschulen gibt in diesen sechs Semestern. Trotzdem ist der Praxisbezug vermittelbar und umsetzbar. Lassen Sie uns schauen, wie es in anderen Ländern funktioniert, und die guten Erfahrungen übernehmen. Es gibt Bedenken in manchen Studienrichtungen, die bisher mit Staatsexamina abgeschlossen haben, bei der Lehrerausbildung, bei den Medizinern, bei den Juristen. Da sind noch nicht alle Antworten gegeben. Ich weiß auch, dass es bei den Architekten heftige Vorbehalte gibt. Sie behaupten, nur mit dem Master wird man ein Architekt sein. Einen Bachelor-Architekten können sie sich nicht vorstellen. Ich habe darauf heute noch keine abschließende Antwort, aber der Prozess wird weitergehen und wir sollten ihn offen befördern. Hochschulen, die bisher zu zögerlich rangehen, müssen feststellen, dass sie meist nur noch weniger motivierte Studenten bekommen, da man dort, wo man dieses Stufensystem eingeführt hat, eine Auswahl der Studierenden vornimmt, weil es sich wirklich herumspricht und das Auswahlsystem die Qualität des Studienganges befördert und die besonders starken gern dort hingehen, wo man sich schon im Vorfeld beweisen kann und ausgewählt wird. Das zeigt sich immer wieder. Auch hier bitte ich das Ministerium, dort, wo noch gewisse Restzögerlichkeiten in Thüringen existieren, befördernd zu wirken. Es ist unumkehrbar und es sollte gestaltet werden, man sollte sich nicht treiben lassen. Diesen Rat kann man nur geben. Die Hochschule wird selber darunter leiden, wenn sie es nicht von innen heraus betreibt.
Ja, die gegenseitige Anerkennung ist von Vorteil, die Qualitätssicherung, die jetzt mit Akkreditierung durch meine Vorredner ausreichend beschrieben wurde, ist überfällig gewesen und es muss tatsächlich zu einer Veränderung der Studiengänge führen. Es darf nicht einfach umdeklariert werden, was vorher ein Diplomstudiengang war, ist jetzt sofort bachelor- und masterkonform.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der PDSForderung, kritiklos vom Bachelor auf den Master zuzulassen, können wir nicht entsprechen. Es wird Übertrittsquoten geben, möglicherweise legen die die Hochschulen mal selbst fest. Auch das ist noch nicht ganz beschrieben. Aber einen Eins-zu-einsÜbergang vom Bachelor zum Master macht keinen Sinn. Es gibt mittlerweile, um noch einmal auf die Akzeptanz in der Wirtschaft zurückzukommen, hier die ersten Absolventen in Deutschland, die mit Bachelor abgeschlossen haben. Nun redet man immer am besten über das, was man aus der Nähe kennt. Unser jüngerer Sohn hat die Bachelor-Variante gewählt, hat einen Job bekommen und bis auf ganz Wenige seines Jahrgangs sind sie alle von der Industrie genommen worden. Da er in Ingolstadt studiert hat, sind sehr viele im süddeutschen Raum untergekommen. In Thüringen gibt es da schon ein paar
Probleme mehr. Das liegt aber nicht am spezifischen Abschluss, sondern an der Situation unserer Wirtschaft. Aber das wird sich in den kommenden Jahren auch verändern, weil sehr viele junge Leute schon aufgrund der Geburtensituation der vergangenen Jahre weniger ins Studium gehen und die Firmen gut daran tun, sich den Bachelor offensiv anzuschauen, um diesen jungen Leuten Chancen zu geben.
Dann will ich noch auf ein Problem verweisen, dass Befürchtungen existieren, dass man mit dem Bachelor nur noch Generalisten ausbildet. Das wird zwar von manchen Wirtschaftszweigen gewünscht, aber es wäre zu wenig, wenn man sich nur auf generalistische Ausbildungsweisen verlegt. Auch hier gibt es Kritik von manchen Hochschullehrern, die sagen, bisher hat das Studium in Deutschland dazu geführt, dass man ein bestimmtes Fachgebiet relativ gut im Gesamten kennengelernt hat, auch in die Tiefe gegangen ist. Wenn man nur noch das Lernen vermittelt, wird man später nur noch versuchen Existierendes zu reparieren und nicht mehr in der Lage sein, auch ganz neue Themen grundlegend anzufassen und herauszuarbeiten. Hier müssen unsere Hochschulen aufpassen, dass sie auch beim BachelorStudium ausreichend Tiefenwissen vermitteln und sich nicht gemeinhin nur auf Generalistenausbildungen verlegen.
Dies ist ein Teil der Probleme, die zu erfassen sind. Wir sollten in absehbarer Zeit dieses Thema erneut aufrufen, um es auch weiterhin fördernd zu begleiten. Wir sollten die Chancen betonen, die Risiken nicht negieren, sondern offen in diesen Prozess gehen und unsere deutschen Hochschulen für diesen Prozess der europäischen Hochschule fit machen. Vielen herzlichen Dank.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist oder erhebt sich Widerspruch? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Das Berichtssuchen ist erfüllt. Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt 5 ab und rufe auf den Tagesordnungspunkt 6
Zustimmung des Landtags zur Ernennung eines weiteren Mit- glieds des Landesrechnungs- hofs gemäß Artikel 103 Abs. 2 Satz 3 der Verfassung des Frei- staats Thüringen Antrag der Landesregierung - Drucksache 4/1148 - Neufassung -