Protocol of the Session on September 9, 2004

getroffen, wo konkrete Zusammenarbeit zwischen diesen drei Ländern natürlich auch Einsparung erbringt und Effizienzgewinne organisiert. Wir haben beschlossen, die Landesämter für Statistik im Blick auf die Erarbeitung von EU- und Bundesstatistiken zusammenarbeiten zu lassen, so dass sie nur noch an einer Stelle erhoben und verarbeitet werden. Dieser Vertrag ist vorbereitet und durch die Kabinette entschieden. Wir haben das Giftinformationszentrum für alle drei Länder hier in Erfurt etabliert. Wir haben in Leipzig das Zentrum für Virologie für alle drei Länder etabliert und vor wenigen Tagen wurde für alle drei Länder im Bereich des Arbeits- und Verbraucherschutzes die gemeinsame Institution festgelegt. Das heißt, es ist ein Märchen, wenn Sie hier darstellen, wir würden nicht die möglichen und notwendigen Synergien durch Zusammenarbeit heben. Was wir aber nicht wollen und auch nie angekündigt haben, eine Zusammenarbeit, die auf eine spätere Fusion hinweist. Wir wollen als Thüringer unsere eigene Verantwortung auch in Zukunft für dieses Land weiter wahrnehmen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon ein starkes Stück, wenn Sie, Herr Matschie, sich hier herstellen und über Infrastruktur reden. Also jeder könnte es glaubwürdig, aber nicht Sie. Wenn jemand bei diesem Thema vollkommen die Autorität verloren hat, dann ist das die rotgrüne Bundesregierung - eine Katastrophe, wie arm der Herr Stolpe in seinem Bundeskabinett sitzt und keinerlei Maßnahmen mehr durchsetzt. Wir haben doch in Thüringen inzwischen die Ruinen mit dem ICE. Und schauen Sie mal an den Erfurter ICE-Bahnhof, wie dort die Baufortschritte verzögert werden. Schauen Sie doch mal auf die Vernachlässigung der A 38 und die Mitte-Deutschland-Schienenverbindung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie die Verursacher der Mautkatastrophe sind, sollten Sie sich nun wirklich nicht hierher stellen und für Infrastrukturprojekte werben.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben natürlich, das ist auch nur fair und richtig, Hartz IV angesprochen und haben uns einen möglicherweise nicht konsequenten Kurs vorgeworfen, den ich für mich jedenfalls nicht akzeptiere. Ich habe im letzten Jahr in aller Deutlichkeit gesagt, und übrigens als Einziger und Erster, dass wir stärker belastet werden als alle anderen Länder, dass wir viermal so viel Arbeitslosenhilfeempfänger haben wie Sozialhilfeempfänger. Ihr Minister Stolpe ist aufgewacht, als wir es gesagt haben. Die erste Pressereaktion, die kann ich Ihnen noch einmal zukommen lassen, war eine vollkommene Gegenwehr gegen meine Aussage, um sie dann spätnachmittags zu

korrigieren, weil ihm sicher seine Leute dann nachgewiesen haben, dass es richtig ist, was ich sage. Wir haben auch, der Minister Reinholz und ich, deutlich gemacht, dass 1 Mrd. 5 $* $   5!sequenz sei. Wir haben auch deutlich gemacht, dass, wenn es zu dieser Zusammenlegung jetzt kommt und wenn wir diesem Konsens insgesamt zustimmen, dass wir dann bitten, wünschen und fordern, dass dem Fördern mehr zugestanden wird, dass den Menschen Arbeitsangebote unterbreitet werden. Genau mit dieser Vereinbarung sind wir dann in den Konsens eingestiegen. Ich weiß noch sehr genau, wie Sie mich per Medien aufgefordert haben doch zu helfen im letzten Jahr, dass bei der Agenda 2010 wichtige Schritte auch gegangen werden. Sie sind nun gegangen und wir haben uns diesem Konsens nicht verweigert, weil es für die Zukunft Deutschlands im Blick auf Arbeitsmarktreformen ein richtiger Einstieg ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann Ihnen aber sagen, wo der Unmut herkommt, und warum wir auch kritisieren: weil Sie dann sechs Monate nichts getan haben, vielleicht intern viel gearbeitet, aber überhaupt keine Informationspolitik betrieben haben. Die erste Informationspolitik, die Ihre Regierung zu verantworten hat, war das Verschicken von 17 Seiten, erst 16, dann wurde es auf eine 17. erweitert. Das war die erste Erfahrung mit Hartz IV für die Betroffenen, dass sie von der Bundesagentur diese vielen Seiten geschickt bekamen und überhaupt keine Vorinformationen hatten. Das heißt, was wir kritisieren, ist die dilettantische Informationspolitik Ihrer Regierung und die Fehlerhaftigkeit bei der Umsetzung dieser Reform und dazu noch so manche schadhafte und auch gefährliche Entscheidung. Ich erinnere nur daran, als die Beamten eingesetzt werden sollten und mit erheblichen Buschzulagen in den Osten gezogen werden sollten. Das kritisieren wir, Herr Matschie, nicht den Inhalt dieser Reform, sondern wie Sie mit dieser Reform umgehen. Wer den Menschen etwas zumutet, um sie wieder zu mehr Arbeit zu führen, muss sich selbst auch etwas zumuten und etwas stärker und konsequenter arbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist sicher richtig, dass wir gerade am Anfang dieser Legislaturperiode Weichenstellungen vornehmen müssen, die auch von manchem, was wir in der Vergangenheit gesagt und getan haben, Abstand nehmen. Das habe ich auch sehr deutlich gesagt. Kurskorrekturen heißt immer auch festzustellen, dass ein bisheriger Weg so nicht weiter gegangen werden kann. Keiner hier im Saal hätte zum Beispiel geahnt, dass durch die falsche Körperschaftssteuerregelung, die wir übrigens nicht unterstützt haben, Herr Matschie, in Deutschland ein solches Körperschafts

steuerdrama ausbricht. Dass die Finanzminister über Jahre Körperschaftssteuer zurückzahlen und dass wir durch den Länderfinanzausgleich damit über Jahre negativ partizipieren, das hat keiner 1998, 1999, auch nicht im Jahr 2000 und im Jahr 2001 gewusst. Das haben Sie ganz alleine als rotgrüne Regierung zu verantworten, denn wir haben damals davor gewarnt, diese einseitige Bevorteilung dieser Gesellschaften vorzunehmen. Ganz im Gegenteil, wir haben sogar gesagt, eigentlich wäre es richtiger, erst einmal die Unternehmer, die wirklichen Unternehmer, die Personengesellschaften zu entlasten, weil sie gerade auch in Thüringen die Arbeitgeber Nummer eins sind. Sie sind sehenden Auges in diese Sackgasse hineingegangen.

Wir haben trotzdem in der letzten Legislaturperiode etwas geleistet, was schwierig ist. Wir sind 1999 übrigens war das noch ein Haushalt, der durch die große Koalition verantwortet war - mit 9,68 Mrd.  Gesamtausgaben in die neue Legislaturperiode gegangen. Wir haben in diesem Jahr ohne den Nachtragshaushalt 9,2 Mrd.   %     450 Mio.    6 $   6laturperiode eingespart durch Strukturveränderungen und Einsparungen. Dazu haben wir seit etwa zweieinhalb Jahren etwa 2,2 Mrd.  " !   vom Bund prognostiziert und in der Mittelfristigen Finanzplanung als Grundlage für die Haushalte aufgeschrieben. Wenn Sie das einmal addieren, sind das 2,6 Mrd.    $ $/   eingespart haben und die wir auch durch Strukturveränderungen eingespart haben. Wenn Sie die Nettoneuverschuldung einmal über die Jahre sehen, ist es eben nicht so, dass sie ständig gestiegen ist, sondern wenn man sie einmal über die Jahre vergleicht, ist die Nettoneuverschuldung, was unverantwortlich ist, ganz unstreitig, eigentlich stabil geblieben. Wir sind 1999 mit 935 Mio.  6  periode eingestiegen und wir haben jetzt 985 Mio.  wenn der Nachtragshaushalt so bestätigt würde. Das heißt, keine Rede davon, dass wir uns nur in neue Schulden geflüchtet haben, überhaupt keine Rede. Wir haben - und die Quälerei war immer wieder hart in vielen, vielen Verhandlungen mit besonderen Einschnitten in der letzten Legislaturperiode gespart. Wir haben verändert, wir haben Gesetze novelliert, und das ist an den Zahlen ganz eindeutig nachweisbar. Deswegen, machen Sie es sich nicht so billig: Die Hauptprobleme in Deutschland und auch in Thüringen - und wenn Sie die Haushaltsdebatte im Bundestag in den letzten zwei Tagen verfolgt hätten, wüssten Sie es - hat nicht die Landesregierung in Thüringen zu verantworten, sondern sind aufgrund der katastrophalen Wirtschafts- und Finanzpolitik der dilettantischen rotgrünen Regierung geschuldet.

(Beifall bei der CDU)

Und nun stellt sich Ihr Kanzler hin, und Sie konnten es gestern nachvollziehen, hier steh ich nun und kann nicht anders, er hat das länger ausgeführt, aber das war die Botschaft, das ist der Weg und kein anderer geht mehr. Überhaupt keine Diskussionen mehr über das, was Christine Lieberknecht mit Recht noch einmal dargestellt hat, die Ursache für eine solch verfehlte Politik 1998 zu benennen. Doch, er hat einmal gesagt, als er die Rentenversicherungsfrage neu geregelt hat, das war ein Fehler, das hat er einmal gesagt. Wenn man diesen Fehler auch ein Stück kumulativ benutzen darf, war der gesamte Eintritt 1998 ein Fehler, weil den Menschen in Deutschland - und das hat Frau Lieberknecht richtigerweise hier noch einmal gesagt - eingeredet wurde, dieser Staat kann durch bessere Verteilung von den Reichen auf die Armen Zukunft gewinnen und dann hat man auch so gehandelt. Plötzlich hat man beim Einbruch der Wirtschaftsentwicklung gespürt, es geht so nicht weiter, und hat eine Kurskorrektur angesetzt im Jahr 2003, ein Jahr nach gewonnener Wahl, gewonnen mit Frieden und Hochwasser. Und nun wundert sich die SPD, dass die Leute enttäuscht sind. Nichts davon ist vorher angekündigt worden. Die Agenda 2010 ist Anfang 2003 veröffentlicht worden, nicht im Wahlkampf 2002. Deswegen sage ich, es ist richtig, neue Wege zu gehen. Ich bin dankbar, dass endlich in Deutschland die Bundesregierung begreift, dass es um Wirtschaftswachstum geht. Aber wenn das Herr Clement in jeder Talkshow, auch in der letzten Woche, mit Verve verteidigt und verkündet und wenn Ihr Kanzler in Berlin mit allem Nachdruck auch noch am gestrigen Tag diesen Weg verteidigt und verkündet, dann bitte ich Sie um etwas mehr Redlichkeit. Sie sind nicht nur in Erfurt, sondern Sie sind auch als Landesvorsitzender und ehemaliger Staatssekretär mitverantwortlich für das, was in Berlin passiert.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe von Ihnen nicht einen einzigen konkreten Vorschlag gehört, was wie gehen könnte, außer so nette und rhetorisch gut aufgebaute Obersätze wie: Lassen Sie uns doch über wirkliche Reformen sprechen. Bitte schön, Alternativen, Herr Matschie! Es geht doch nicht darum, dass Sie uns hier Märchen erzählen. Sie sollen sagen, was Sie vorschlagen, um Zukunft zu gewinnen, und Sie sollen bewerten, was wir vorschlagen. Aber wenn Sie es bewerten ohne Alternative, dann sage ich Ihnen, das ist zu wenig an Reaktion auf die Regierungserklärung.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Ramelow, mir tut es Leid, dass man möglicherweise bei Frau Christiansen Ihnen das Mikrofon abgedreht hat oder auch nicht, ich weiß es ja nicht. Frau Christiansen behauptet nein, Sie sagen ja. Aber Sie sollten nun wirklich nicht das Par

lament nutzen, um Ihre Koffer aus der Geschichte abzustellen. Es interessiert keinen Ihre sozialistische Theorie für die Zukunft, glauben Sie mir das. Die Mehrheit der Menschen in diesem Land hat nicht PDS gewählt, auch wenn Sie es glauben.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Doch, Sie haben doch auch gesagt, dass 76 Prozent Sozialismus gut finden, deshalb haben Sie doch 8 Prozent verloren.)

Die Mehrheit in diesem Land hat Union gewählt und deshalb

(Beifall bei der CDU)

werden wir auch soziale Marktwirtschaft gestalten und nicht Sozialismus.

Mir geht es bei dem Reden, das Sie hier vorn darstellen, etwa so, dass Sie wahrscheinlich die Karriereleiter in der PDS versuchen weiter aufzusteigen. Nutzen Sie dazu doch bitte die PDS-Parteitage und nicht diesen Landtag, denn in diesem Landtag geht es um die Gestaltung für und mit Thüringen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Dazu habe ich ausschließlich gesprochen.)

(Beifall bei der CDU)

Herr Huster hat das ja dann noch einmal sehr deutlich dargestellt, worum es Ihnen geht. Sie wollen die Steuern erhöhen für die, die mehr haben,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das wäre ein Beispiel, Vermögenssteuer.)

Sie wollen die Abgaben erhöhen, Sie wollen unter anderem eine Vermögenssteuer einführen und den Spitzensteuersatz erhöhen und Sie wollen so manch andere Verteilungsüberlegungen in Wirklichkeit umsetzen, damit die, die weniger haben, sicherer sind und mehr haben. Da sage ich Ihnen: Genauso wie die Ökosteuer in die Hose gegangen ist und wie die Tabaksteuer nicht das Ergebnis gebracht hat, was Herr Eichel, weil er eben nicht Volkswirtschaft studiert hat, eingeführt hat, genauso wenig wie das Steueramnestiegesetz des letzten Jahres das positive Ergebnis bringt, was die Bundesregierung erwartet 25 Mrd.  #   *    das Steueramnestiegesetz einnehmen; es sind Kleckerbeträge bisher, er kann sie gar nicht wahrnehmen in seinem Haushalt -, genauso wenig, wie diese drei Bereiche zum Erfolg geführt haben, genauso wenig nutzt eine Vermögenssteuer, weil sie die, die Kapital haben in diesem Land, auch noch weiter aus diesem Land heraustreibt.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen Kapital in diesem Land, weil nur über Kapital Investitionen

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Men- schen investieren und nicht Kapital.)

getätigt und damit Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie mir vorwerfen, ich hätte das Wort "Gerechtigkeit" nicht genannt - zum Ersten habe ich genau auf Chancengerechtigkeit verwiesen, Sie können das nachlesen -, dann sage ich Ihnen, ich habe auch einen anderen Begriff von Gerechtigkeit. Für mich stehen die Prinzipien der Soziallehre, die sich in der sozialen Marktwirtschaft grundgelegt haben, nicht einzeln, sondern alle Prinzipien gelten gleichberechtigt. Die Menschenwürde, das heißt, die Individualität ist da ein ganz wesentliches Prinzip. Das widerspricht jedem kollektivistischen Ansatz.

(Beifall bei der CDU)

Das Zweite ist Freiheit. Freiheit ist nicht ein Wert, der nach Gerechtigkeit kommt. Freiheit ist der Schlüsselwert, um der Individualität und der Menschenwürde auch Rechnung zu tragen. Und dann kommt natürlich auch Gerechtigkeit; aber nicht, indem ich anderen die Freiheit nehme, sie einschränke, gewährleiste ich Gerechtigkeit, sondern indem ich Freiheit herausfordere und sie produktiv mache, gewährleiste ich die Chance für Gerechtigkeit und dann kommt noch Subsidiarität und Solidarität. Alle diese fünf Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft gelten miteinander. Aber Sie nehmen immer in demagogischer Weise ein Prinzip heraus und treten damit andere, auch übrigens Menschenrechte mit den Füßen. Deshalb werden wir bei der sozialen Marktwirtschaft bleiben.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist jetzt aber Parteitagsrhetorik!)

Merken wir denn nicht, was passiert?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Doch, wir merken das. Die Menschen merken das auch. Klar, die Armut steigt!)

Merken wir denn nicht, was passiert, Herr Ramelow? Wir sind in einem engen Wettbewerb nicht nur in der Nachbarschaft mit den westlichen europäischen Ländern oder mit Asien oder mit Nordamerika, nein, mit den Nachbarn im Osten. Wenn Sie die Litauer,

die Letten, die Esten, die Slowenen, die Slowaken, die Tschechen, die Polen, die Ungarn sehen, dort machen sie sich auf. Sie wollen auch Anteil haben, die wollen auch noch mehr Wohlstand und Sozialstaat, und das mit anderen Arbeitskosten und mit anderen Steuerkonzepten.

(Zwischenruf Abg. Dr. Fuchs, PDS: Und mit anderen Lebenshaltungskosten.)

Andere machen das nach. Die Ungarn haben Vorbild gegeben, dass die Österreicher gerade vor wenigen Monaten ihr Körperschaftssteuerrecht fundamental geändert haben. Die Iren haben das gemacht, weil sie am Ende der wirtschaftlichen Existenz waren. Die Schweden haben es gemacht, die Niederländer. Das heißt, was andere tun, sollten wir in Deutschland endlich auch tun, den Leuten nicht länger einreden, als könne ein starker Staat, ein Steuerstaat für Gerechtigkeit sorgen. Der starke Steuerstaat treibt die aus dem Land, die für die Stärke dieses Landes, für soziale Gerechtigkeit zwingend sind, die Leistungsträger, die, die etwas unternehmen. Deswegen setzen wir auf Unternehmer und wollen Unternehmern die Chance geben, sich hier weiterzuentwickeln, weil nur dadurch Arbeitsplätze gesichert und auch neue geschaffen werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Huster hat dann gesagt, ich hätte sozusagen "jeder ist seines Glückes Schmied" als Obersatz genommen und hätte daraus die Philosophie abgeleitet "Egoismus". Erstens habe ich, und da bitte ich einfach um Redlichkeit, eine demographische Studie zitiert. 52 Prozent in dieser Altersgruppe, nämlich der unter 30-Jährigen, so habe ich ausgeführt, vertreten die Ansicht, dass - und jetzt wörtlich, so wurde gefragt - "jeder seines Glückes Schmied ist!". Und in den alten Ländern, so habe ich ausgeführt, sind es 43 Prozent. Ich habe dann gesagt: "Dieses Ergebnis stimmt mich optimistisch für die Zukunft", weil es eben eigentlich die Grundlage bietet zu verändern, auf Eigenverantwortung zu setzen und die Menschen mitzunehmen. Ich glaube, das ist auch ein sehr positiver Befund, dass die jungen Menschen in Thüringen zum Ersten zur Demokratie stehen, wie die Studie in Jena deutlich gemacht hat, die Hoffnungsträger der Demokratie sind, und dass zum Zweiten eine Mehrheit der jungen Menschen sagt, ich bin zuallererst für mich selbst verantwortlich. Ich habe die Chance, auch etwas für mich zu tun, weil das auch die Grundlage für ein Gemeinwesen ist, das auf Freiheit setzt. Weil wir in Deutschland die Grundlagen nicht stärker in den Blick nehmen, wir zwar eine Pseudogerechtigkeit vorgeben, aber in Wirklichkeit grassiert die Ungerechtigkeit. Was ist denn die größte Ungerechtigkeit? Die Zunahme der Arbeitslosigkeit! Und was ist durch die Zunahme der Arbeitslosig

keit festzustellen, die zweithöchste seit der Wiedervereinigung? Dass die Sozialsysteme noch mehr belastet werden, dass die kommunalen Kassen noch mehr belastet werden, dass wir insgesamt im Staat noch mehr Leistungen aufbringen müssen, um dieser Arbeitslosigkeit eine entsprechend gerechte Antwort zu geben. Parallel schwinden uns immer mehr, Monat für Monat, die Kräfte für technologische und wirtschaftliche Entwicklung. Nun kann man ja diese Entwicklung so weitergehen und darauf hoffen, dass irgendwann der Urknall für die Umkehr passiert, dass wie von selbst in Deutschland und damit auch in Deutschland und in Thüringen der Wachstumsmotor anspringt. Da kann ich nur sagen, wer auf diesen Urknall wartet, endet vorher mit der blutigen Nase an der Wand. Dann kann es passieren, dass er auch kommt.

Aber wir wollen uns - und ich glaube, auch aus der Erfahrung vor 1990 - gerne ersparen, dass wir erst wieder aufwachen, wenn es zu spät ist. Denn die Menschen haben ein Recht darauf, dass Politik auch deutlich macht, wo die Perspektive ist, nämlich bei Wirtschaft und Arbeit, beim sozialen Miteinander, aber auch wo der Weg ist, durch wirtschaftliches Wachstum, durch Bildung und Technologie getrieben. Wir sind ein Land im Wohlstand, wir sind ein Land mit hoher sozialer Sicherheit. Auch wenn es tagtäglich nicht so erscheint, wir haben Standards, die andere Länder in Europa und auch weltweit bei weitem nicht haben. Wenn man also diesen Standard halten will, wenn man also erreichen will, dass dieser Standard zumindest für die Zukunft wieder in den Blick kommt, wenn man also erreichen will, dass soziales Miteinander auch gesichert bleibt, dann muss man auf Marktwirtschaft setzen. Die Vorväter der sozialen Marktwirtschaft - übrigens auch lange bevor sie in Deutschland eingeführt worden ist - haben immer von der Partnerschaft zwischen Sozialem und Marktwirtschaft, d.h. zwischen Kapital und Arbeit, geredet. Aber es war natürlich damals so, da ist das 19. Jahrhundert genannt, dass man erst einmal für die Arbeiter Rechte entwickeln musste. Aber diese Rechte sind heute entwickelt, sie sind seit Jahren und Jahrzehnten entwickelt. Inzwischen werden manche Standards, die entwickelt sind, manche Rechte, die entwickelt sind, zu kontraproduktiven Rechten, weil wir nicht mehr flexibel sind. Da sage ich, da entwickelt sich soziale Marktwirtschaft auf einmal sehr stark hin zum Sozialismus, weil wieder Kollektive entscheiden wie bei starren Tarifsystemen. Das ist ein kollektiver Weg. Individualität brauchen wir, Flexibilität im Unternehmen, das gilt für den Schutz des Arbeitsplatzes genauso wie für die Arbeitszeit. Wer heute in einem Hochlohnland wie Deutschland sich hinstellt und verkündet, durch kürzere Arbeitszeiten kann man diesen Standort wettbewerbsfähiger machen, der muss wirklich mit dem Klammerbeutel gepudert sein.

(Beifall bei der CDU)

Es ist mit Händen zu greifen und die Gewerkschaften haben es inzwischen sogar nachvollzogen, siehe Siemens vor einigen Monaten. Unsere Zukunft bedeutet: Staat, begrenze dich bitte auf Rahmenbedingungen

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Das ist eigentümlich.)