Moment, bevor Sie Ihre Rede beginnen, würde ich darum bitten, dass Sie sich so verhalten, als wenn wir im Plenum seien. Es bilden sich im Moment so mehrere Diskussionsgruppen, die den Redner überhaupt nicht mehr zur Kenntnis nehmen.
Ja, ich überlege gerade, ob das über Inhalte auch gegangen wäre. Also, meine Damen und Herren, die Einbringung des nächsten Doppelhaushalts für Oktober ist angekündigt. Die PDS-Fraktion bringt heute einen Antrag ins Plenum ein, der sich schon mit dem neuen Haushalt beschäftigt. Ich möchte zur Begründung die aus meiner Sicht zwei wichtigsten Fakten anführen.
1. Die Haushaltslage und die zu erwartende Entwicklung in den nächsten Jahren benötigen eine, wie wir finden, andere Herangehensweise an die Haushaltsaufstellung insgesamt. Wenn immer weiter kontraproduktive Kürzungen zu befürchten sind, kann das Parlament nicht wie das Kaninchen vor der Schlange warten, bis das Unheil mit dem Haushaltsplan über das Land hereinbricht. Unser Ziel ist daher, möglichst frühzeitig mit der Regierung im öffentlichen Raum über politische Ziele und auch über deren mögliche Umsetzung ins Gespräch zu kommen.
2. Jeder von Ihnen kennt die Lage auf dem Arbeitsmarkt in Thüringen, auch und besonders im Zuge der beschlossenen Hartz IV-Gesetze, und die anhaltende hohe Ausblutung des Landes durch die Abwanderung.
Diese beiden Fakten, meine Damen und Herren, und die beginnende, fortgesetzte - wie auch immer - Debatte um den Weitergang des Aufbaus Ost begründen ebenso, wie ich finde, die Dringlichkeit der Debatte. Es muss möglich sein, genau in diesen Bereichen Prioritäten zu setzen. Wir finden, dass der nächste Haushalt erkennbar einen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit leisten muss. Systematisch lässt sich unser Antrag neben der Ihnen im Antrag vorliegenden Gliederung in Politikgebiete wie folgt darstellen:
Erstens umfasst unser Antrag Forderungen, die die PDS schon länger stellt und für nach wie vor wichtig hält, so beispielsweise die Forderung nach einer Sozialpauschale, nach einer Umsetzung des Projektmanagerprogramms im Kulturbereich.
Zweitens umfasst er Forderungen, die in Reaktion auf den Haushalt 2005 erfolgen, weil wir den damit eingeschlagenen Weg für falsch halten. Genannt sei hier die Kürzung der Mittel für Schülerspeisung, die Aufhebung der Lernmittelfreiheit und die Streichung des Rechtsanspruchs auf Landesförderung im Bereich der Erwachsenenbildung. Die heutige Debatte, meine Damen und Herren, hat ja gezeigt, dass auch die SPD die Rücknahme eines Teils dieser falschen Maßnahmen befürwortet.
Und letztlich und drittens, meine Damen und Herren, will der Antrag erreichen, dass mittel- und langfristige, für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes unabdingbare Weichenstellungen erfolgen bzw. gesichert werden. So fordern wir beispielsweise eine bedarfsgerechte Ausfinanzierung des Hochschulpakts, eine verstärkte Förderung von Technologie und Forschung ebenso wie die Vorlage des angekündigten Landeskulturkonzepts vor der Verabschiedung des Haushalts.
Genauso wichtig ist meiner Fraktion die umfassende Debatte über die künftige Kinder- und Familienpolitik. Wir möchten auf keinem Fall die Verschlechterung des Angebots in der Kita-Betreuung und keine diesbezüglichen Mogelpackungen, die genau das bewirken sollen. Stattdessen wollen wir, dass die Landesregierung Vorstellungen entwickelt, einen umfassenderen Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz zu gewähren und dem Landtag Überlegungen zu dessen zeitlicher und finanzieller Umsetzung darstellt. Natürlich kosten diese Maßnahmen Geld und so schlagen wir folglich auch Maßnahmen zur Konsolidierung vor. Es wird Sie sicher nicht überraschen, aber der Kernpunkt bleibt für die PDS-Fraktion die Verbesserung der Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte in Deutschland insgesamt durch eine gerechtere Besteuerung, insbesondere der Vermögenden in diesem Land.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne wünsche ich uns eine angeregte und sachliche Debatte. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der vorliegende Antrag der PDS ist in mehrfacher Hinsicht schon bemerkenswert oder fragwürdig, denn es wird versucht, das verfassungsrechtliche Verfahren der Haushaltsaufstellung abzuändern, indem der Regierung bei der Ausübung ihres Initiativrechts zur Vorlage des Haushalts nach Artikel 99 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung vorher Maßgaben auferlegt werden sollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die erste Haushaltsklausur des Kabinetts zur Festlegung der Eckpunkte des Landeshaushalts hat bereits stattgefunden. Zurzeit befinden wir uns in der Phase der Chefgespräche. Ebenso werden zu den im Haushaltsbegleitgesetz vorgesehenen Gesetzesänderun
gen die notwendigen Abstimmungen derzeit durchgeführt und die Anhörungen ebenfalls. Selbstverständlich wird dann, wenn sich der Landtag mit dem Regierungsentwurf befasst, die Möglichkeit bestehen, ihn umfassend zu diskutieren und Änderungsanträge einzubringen. Im jetzigen Zeitpunkt besteht dazu noch keine Veranlassung. Daneben, meine Damen und Herren der PDS, ist es Ihnen unbenommen, die Änderung von Leistungsgesetzen zur Einleitung eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens selbst in die Hand zu nehmen. Im Übrigen legen Sie einen Antrag vor, bei dem Beschlussvorschlag und die Begründung so weit auseinander gehen und überhaupt nicht zusammenpassen. Ist in der Begründung von einer dramatischen Haushaltslage die Rede, dass man alles tun müsse, um wieder finanzielle Handlungsspielräume zu gewinnen, so will man dann mit einer ganzen Reihe von Maßgaben die Haushaltslage ignorieren und stattdessen vorhandene Mittel, die überhaupt nicht da sind und noch aufgenommen werden müssen mit Schulden, umverteilen. Wie soll denn das funktionieren? Die Frage ist, wollen Sie eine höhere Nettoneuverschuldung? Allein über 13 Vorschläge Ihres Antrags führen zu höheren Leistungsstandards, die den Haushalt belasten, und sie stehen drei dünnen Finanzierungsvorschlägen entgegen. Die Einführung der Vermögenssteuer, Herr Huster, wir haben ja hier an diesem Pult schon viel miteinander über die Vermögenssteuer diskutiert. Ich sage es Ihnen noch einmal, in Thüringen würden nach derzeitiger Gesetzeslage ca. 3,6 Mio. € nur Mehreinnahmen erreicht werden, dem stehen hohe Verwaltungsaufwendungen entgegen. Sie fordern die Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer. Das hätte für Thüringen überhaupt keine Auswirkungen, denn es ist eine Bundessteuer. Sie wurde damals abgeschafft und auch von Rotgrün nie wieder eingeführt, um Wettbewerbsnachteile der deutschen Wirtschaft abzuschaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Der PDS-Antrag ist aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht geeignet, einen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts zu leisten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein, der Staatsschatz sollte aufgefüllt werden, die öffentlichen Schul
Frau Präsidentin, ich habe mir erlaubt, Ihre Zustimmung vorauszusetzen, und zitiert, nämlich Cicero aus dem Jahre 55 vor Christus. Dieses Zitat ist maßgeschneidert für die katastrophale Haushaltssituation in Thüringen. Wofür andere 50 Jahre gebraucht haben, das haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, in 15 Jahren geschafft. Zum Ende dieses Jahres hat das Land sage und schreibe 15 Mrd. € Schulden aufgehäuft. Das sind 6.300 € pro Einwohner. Bevor Sie, meine verehrten Kollegen von der CDU, jetzt wieder die Keule herausholen mit der Aufschrift „Berlin hat Schuld“ lassen Sie mich doch einige Fragen stellen: Warum haben sich andere Länder, wie Sachsen, trotz gleicher Ausgangsbedingungen nicht in die Schuldenfalle hineinmanövriert?
Weil Sie sagen „große Koalition“, jetzt schieben Sie einmal nicht alles auf die große Koalition. Wer hat denn in der 1. Legislaturperiode und besonders im Jahr 1994 für die Rekordverschuldung gesorgt und die Basis dafür gelegt, dass der Freistaat heute finanziell am Ende ist?
War das nicht rein zufällig ein Wahlkampfjahr? Und dann muss man auch einmal sehen, welche Partei in Thüringen für die Finanzpolitik verantwortlich ist? Wer stellt denn seit 1990 den Ministerpräsidenten? Wer stellt seit 1990 den Finanzminister bzw. die Finanzministerin?
Warum hat die Thüringer CDU die notwendige Gebietsreform in der vergangenen Legislaturperiode nicht angepackt? Warum wurde eine sinnvolle und durchdachte Verwaltungs- und Funktionalreform nicht auf die Bahn gebracht? Und warum hat die Landesregierung parteipolitische Räson vor das Landesinteresse gestellt und wichtige Entscheidungen jahrelang im Bundesrat blockiert, die zu einer Verbesserung der finanziellen Situation unseres Landes geführt hätten? Unser Ministerpräsident hat damit auch wesentlich dazu beigetragen, dass der verhängnisvolle Kreislauf aus Steuereinbrüchen, aus daraus resultierenden Sparmaßnahmen von Bund
und Ländern und wiederum der daraus resultierenden schlechter werdenden Binnenkonjunktur nicht durchbrochen werden konnte - Blockadepolitik um jeden Preis.
Meine Damen und Herren, es wundert schon sehr, dass jetzt auf einmal die Eigenheimzulage abgeschafft werden kann. Vor Jahresfrist war sie noch ein unabdingbares sozial- und wohnungspolitisches Instrument nach Aussagen des Ministerpräsidenten. Was da jetzt alles an steuerpolitischer Kakophonie aus den Reihen der Union zu Tage tritt, das passt auf keine Kuhhaut, geschweige denn auf einen Bierdeckel.
Mehrwertsteuererhöhung, wovon wir alle wissen, dass es das blanke Gift für die Wirtschaft ist, Abschaffung der Eigenheimzulage, Streichung der Pendlerpauschale, Senkung des Spitzensteuersatzes - ja oder lieber doch nicht? Aus all diesen Vorschlägen kann man nur schlussfolgern, die CDU plant eine Steuererhöhung beim kleinen Mann, um die Reichen zu entlasten.
Wo sind denn die immer angekündigten schlüssigen Konzepte? Wie sollen einerseits die Steuern gesenkt werden und auf der anderen Seite brauchen Sie Milliardenbeträge an zusätzlichen Steuern, um die modifizierte Kopfpauschale zu finanzieren. Konzepte - Fehlanzeige!
Wenn man so einen Cocktail mixt, halb aus Nichthandeln, ganz viel Blockade dazu und einen zu großen Schuss Optimismus, dann braucht man kein Wahrsager zu sein, um zu wissen, woher die Kopfschmerzen kommen. Das sind keine guten Voraussetzungen für den nächsten Thüringer Landeshaushalt.
Meine Damen und Herren, so viel zur Sachlage in Thüringen. Lassen Sie uns nun einen Blick auf den Antrag der PDS-Fraktion werfen. Hier ist eine Forderung an die andere gereiht und dabei haben Sie, verehrte Kollegen von der PDS, wieder einmal völlig überzogen. Wenn man mal den steuerpolitischen Vorschlag ausklammert, der absurd und nicht realisierbar ist, dann könnte die SPD-Fraktion etliche von den Wünschen, die Sie auf dem Wunschzettel aufgestellt haben, durchaus mittragen. Von der CDU würde vielleicht das eine oder andere ebenso gewünscht sein. Generell ist das Problem Ihres An
trags, dass er die finanzielle Situation des Landes verkennt. Wir können nicht auf der einen Seite die ausufernde Verschuldung beklagen und auf der anderen Seite Maximalforderungen stellen. Würden alle Forderungen dieses Antrags tatsächlich berücksichtigt, dann brauchte man nicht einen Dukatenesel, sondern eine ganze Herde. Deshalb kann die SPD-Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren, wenn wir an dieser Stelle aber schon einmal über die kommende Haushaltsaufstellung diskutieren, dann will ich Ihnen gern sagen, welche Prioritäten die SPD-Fraktion setzen würde. Unsere Hauptforderung ist zunächst einmal Ehrlichkeit. Genau das hat auch der Landrat des Eichsfeldkreises, Ihr Parteikollege Herr Henning, auf der kürzlichen Veranstaltung der IHK zur Wirtschaftsförderung gefordert.
Ehrlichkeit schon bei der Zustandsanalyse. Aber das haben Sie bis heute nicht fertig gebracht. Dazu gehört auch, dass man in wirtschaftlich unsicheren Zeiten keine Doppelhaushalte beschließt. Der Haushalt für das zweite Jahr ist in der Regel nur Makulatur und muss durch mehrere Nachtragshaushalte nachgebessert werden.
Meine Damen und Herren, wegen der schon genannten enormen Verschuldung unseres Freistaats muss der in der Mittelfristigen Finanzplanung vorgesehene Konsolidierungskurs unbedingt eingehalten werden. Wir verfüttern sonst das Saatgut. Außerdem sollten im Entwurf des neuen Etats alle Bundesmittel kofinanziert sein. Es kann nicht sein, dass sich andere neue Bundesländer ins Fäustchen lachen und die Bundesmittel abrufen, auf die Thüringen von vornherein freiwillig verzichtet. Wenn dann die für den kommenden Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel auf die Schwerpunkte Bildung, Wirtschaftsförderung und die Kommunen konzentriert werden, würde die SPD-Fraktion diese Bemühungen nach Kräften unterstützen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf die Kritiken der Finanzministerin und des Kollegen Dr. Pidde will ich im zweiten Teil meiner Rede eingehen. Also keine Sorge, dass ich mich diesen Kritiken nicht stellen werde. Ausgangspunkt
meiner Überlegungen ist zunächst die Situationsanalyse, die natürlich kritisch ausfällt. Ich habe bei der Begründung des Antrags die Arbeitslosigkeit erwähnt. Ebenso müssen wir feststellen, dass die Wirtschaft nicht nachhaltig genug in Thüringen wächst. Seit Jahren werden die Bereiche Bildung, Kultur und Soziales zur vermeintlichen Sanierung des Landeshaushalts herangezogen. Die Kommunen wurden im letzten Jahr arg geschröpft und die Arbeit der sozialen Vereine wird weiter gefährdet. Dennoch steigen die Schulden und die Zinslast und das ist allen bekannt. Die Kürzungen der letzten Jahre sind längst kontraproduktiv. Sie zerstören Arbeitsplätze. Sie verzögern notwendige Investitionen und führen somit zu geringeren Steuereinnahmen. Damit verstärkt sich der Kreislauf nach unten und ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sollte der Ausgangspunkt unserer Überlegungen sein, wie wir an den Doppelhaushalt 2006/2007 herangehen. Zumindest habe ich von der Regierung und von den Vertretern der Mehrheitsfraktion in dieser grundsätzlichen Analyse, lässt man die Polemik einmal weg, noch nichts anderes gehört. Sie sehen also auch, dass wir in einer schwierigen Situation stecken. Sie reagieren auch und unsere Kritik daran ist, dass Sie glauben, Sie müssen diesen Weg, den Sie die letzten Jahre gegangen sind, nur umso schneller gehen, umso besser wird es, aber das Gegenteil ist der Fall. Sie werden, wenn Sie diesen Weg schneller gehen, die Katastrophe noch beschleunigen. Sie müssten ihre Politik ändern.
Meine Damen und Herren, so weit diese generelle Kritik, die sind Sie von uns gewohnt. Sie meinten bisher, wir hätten keine Alternative zu Ihrer Politik zu bieten und nun haben wir versucht, es diesmal auch mit einem veränderten Herangehen, Frau Ministerin, Ihnen das etwas einfacher zu machen. Mit diesem Antrag wollen wir Ihnen 25 ganz konkrete Anregungen für eine soziale und gerechtere Politik in Thüringen geben. Dazu gehören dann solche Punkte wie ein Programm zur Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit. Es ist sicher keiner im Raum, der bestreitet, dass es diese Notwendigkeit gibt. Warum ist es nicht möglich, frage ich dann, dass sich die Landesregierung mit der Bundesagentur für Arbeit an einen Tisch setzt und über Lösungen und natürlich auch über Finanzierungen verhandelt.