Protocol of the Session on March 17, 2005

Ich komme an der Stelle noch einmal auf unsere Anhörung zurück. Da hat nämlich der Kollege Lehmann, der für das SGB II verantwortliche Direktor der Regionaldirektion der Arbeitsagentur gesagt, dass Thüringen jährlich 15.000 bis 20.000 sozialversicherungspflichtige Stellen verliert. Wir können das ja auch in der Statistik nachsehen. Trotz des Wirtschaftswachstums kam es in Thüringen also nicht zu einer Zunahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung, und das ist doch eine eindeutige Absage an die unreflektierte Wachstumsideologie, wie sie immer wieder auch von Ministerpräsident Althaus vertreten wird. Wachstum fördern reicht eben allein nicht aus.

Welche Bedeutung die Mittelstandsförderung für die Landesregierung und die CDU jenseits wohlfeiler Sonntagsreden wirklich hat, da kann man auch einen

Blick in den Landeshaushalt werfen. Dort wurde zum Beispiel die Handwerkerförderung nahezu halbiert. Auch die Mittel für die Beratung kleiner und mittlerer Unternehmen sind um ein Drittel gesunken. Das steht im krassen Widerspruch zur angeblich mittelstandsfreundlichen Politik der Landesregierung. Deutlich rückläufig ist auch die Unternehmensförderung mit Landesprogrammen außerhalb der GA. Wie sieht es mit einer Strategie hinter der Wirtschaftspolitik aus? Wir haben in Thüringen eine Vielzahl von Berichten, Studien und Thesenpapieren, die alle irgendwann in Auftrag gegeben und sicher auch bezahlt wurden. Das sind der Abschlussbericht der Enquetekommission, der Bericht zur Fachkräftesituation, das Betriebspanel, die Thesen des Wirtschaftsbeirats des Ministerpräsidenten, die Jahreswirtschaftsberichte und so weiter und so fort.

Ich frage Sie, wann werden diese vielen Seiten Papier endlich aufgenommen und zusammengebracht und zu einem zukunftsfähigen Konzept gebündelt? Die Landesregierung kann oder will das nicht leisten. Was wir sehen, das ist Stückwerk. Einmal werden Fördermittel gegenfinanziert, einmal nicht und ich glaube, der Verzicht auf GA-Mittel, das ist eben schon ein Problem, was hier auch kritisch zu beleuchten ist.

Die PDS-Fraktion spricht sich dagegen für eine Wirtschaftspolitik aus, die auf einen selbsttragenden Entwicklungspfad führt, der die Defizite reduziert. Wir sind ganz klar für die Mobilisierung endogener Entwicklungspotenziale in Thüringen, mit der kleine und mittlere Unternehmen in eine bessere Situation gebracht werden. Ich betone, dass für die PDS die Wirtschaftsförderung kein Selbstzweck ist. Das Ziel muss immer die Schaffung oder zumindest die Sicherung von Arbeitsplätzen sein. Es kann auch nicht sein, dass Unternehmen, die gefördert werden, wenn der Förderzyklus abgelaufen ist, einfach hier wieder verschwinden. Da muss man auch schon einmal die Frage nach der Rückzahlung von Fördermitteln stellen.

Machen wir uns doch nichts vor, durch Umstrukturierung und Rationalisierung, die nicht selten mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, werden letztendlich Arbeitsplätze eingespart. Da ist schon die Frage legitim: Wo sollen denn die Menschen beschäftigt werden? Wie soll damit umgegangen werden, dass in den kommenden Jahren jeder zehnte Beschäftigte in Thüringen altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheidet? Wie verkraftet es die Wirtschaft, dass ab 2006 die geburtenschwachen Jahrgänge, die seit 1990 zu verzeichnen sind, die Schulen verlassen und auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt dann letztendlich durchschlagen? Die Landesregierung hat meines Erachtens auf diese Zukunftsfragen keine verständliche Antwort.

Die PDS-Fraktion hält es für nötig, dass eine Reihe von Schwerpunkten die künftige Wirtschaftspolitik bestimmt.

Erstens: Es müssen mehr Anreize für private wirtschaftliche, vor allem industrielle Investitionen geschaffen werden, die es nach regionalen und Branchenschwerpunkten zu bündeln gilt. Das sollte durch eine gezielte Steuer- und Förderpolitik erfolgen. Auf die Bundespolitik muss dabei über Bundesratsinitiativen Einfluss genommen werden.

Zweitens: Die Eigenkapitalbildung der kleinen und mittleren Unternehmen, die ja in Thüringen einen Großteil aller Firmen ausmachen, muss durch Förder- und Beteiligungspolitik und die Bereitstellung von Krediten erheblich verbessert werden. Wie Sie ja wissen, arbeiten wir aktuell an der Idee eines Mikrodarlehens, weil wir glauben, dass der Bedarf an solchen Darlehen bis 10.000      kleinen und Kleinstunternehmen besteht. Die haben nämlich volle Auftragsbücher und bekommen von den Banken trotzdem keine Kredite, weil sie nicht über die banküblichen Sicherheiten verfügen. Hier gilt es tatsächlich, eine Förderlücke zu schließen.

Drittens: Die Förderung muss stärker auf die Kooperation der Unternehmen ausgerichtet werden, auch über Landesgrenzen hinweg. Eifersüchtige Kleinstaaterei ist eine verfehlte Herangehensweise. Die stärkere Verzahnung der Landesförderung steht an. Wie Kooperation nicht funktioniert, hat die gescheiterte "Initiative Mitteldeutschland" der drei CDUMinisterpräsidenten ja gezeigt. Die PDS hat schon im vergangenen Jahr ihre Position unter dem Motto: "Region entwickeln, Kooperation statt Konkurrenz" deutlich gemacht. Initiativen zur Clusterbildung müssen aber, das will ich hier betonen, von den Unternehmen ausgehen. Die Politik kann dabei nur Anstöße geben.

Viertens: Wichtiges Element der Wirtschaftspolitik muss die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsleistungen Thüringer Unternehmen sowie deren Vernetzung mit Hochschulen und der wirtschaftsnahen Forschung bilden. Wichtige Institute der wirtschaftsnahen Forschung müssen über die Projektförderung hinaus eben auch institutionell gefördert werden.

Fünftens: Wir benötigen bessere Vermarktungsstrategien für Produkte aus Thüringen für den Binnenmarkt wie für ausländische Märkte.

Sechstens: Bei der Einwerbung externer Investoren gilt es, auch für kleine und mittlere Unternehmen tätig zu werden. Es ist notwendig, etwas zu unternehmen, dass größere Unternehmen endlich zur Verlagerung ihrer Zentralen nach Thüringen motiviert

werden. Ansiedlungsaktivitäten sollten stärker aufeinander abgestimmt werden.

Siebentens: Wirtschaftliche Entwicklung darf nicht zulasten der Menschen gehen. Wenn unter dem richtigen Stichwort "Entbürokratisierung" die Aufweichung oder sogar Abschaffung von Arbeitsschutzund Jugendschutzgesetzen propagiert wird, dann sagen wir nein. Wir halten ein Landesvergabegesetz für dringend geboten, das für öffentliche Aufträge verbindliche Kriterien und Standards vorgibt. Das steht im bewussten Gegensatz zur Dienstleistungsrichtlinie der EU, die zu einem ruinösen Dumpingwettbewerb führen würde. Quer zu diesen Vorschlägen, meine Damen und Herren, sprechen wir uns für Aktivitäten aus, die sich generell auf die Rahmenbedingungen der Wirtschaftsförderung in Thüringen beziehen. Ich meine die Evaluierung bestehender Förderprogramme, ihre Bündelung und Fortschreibung. Regionale Wirtschaftskreisläufe müssen stärker als bisher in den Fokus geraten. Wirtschaftsförderung ist stärker als bisher auch als Darlehen auszureichen.

Die Studie der Gesellschaft für Finanz- und Regionalanalysen, die im Dezember 2004 vorgestellt wurde, kommt zum Ergebnis, dass in Thüringen von 1997 bis 2003 immerhin 2,2 Mrd. ) die einzelbetriebliche Förderung flossen. Damit wurden, rechnet man die Verdrängung und Substitution von Arbeitsplätzen dagegen, 10.000 zusätzliche Stellen in Thüringen geschaffen. Das sind Kosten von durchschnittlich 220.000     platz. Neben dem Warten auf Wirtschaftswachstum, das sich nicht selten als trügerische Hoffnung erweist, müssen Beschäftigungsfelder im gemeinwohlorientierten Bereich ernst genommen und gefördert werden. Ansonsten, das sage ich auch noch mal ganz klar, ist es nicht möglich, die Arbeitslosigkeit in nennenswertem Umfang zurückzudrängen. Doch genau das erwarten die Menschen von uns und darin, meine Damen und Herren, sehen sie die wichtigste Zukunftsaufgabe der Politik. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Carius zu Wort gemeldet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, lassen Sie mich vielleicht zwei Vorbemerkungen machen zu meinen Vorrednern. Zum einen, Frau Leukefeld, das, was Sie hier vorgetragen haben, ist sicher alles ganz schön, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob das auch abgestimmt

ist mit Ihrer Fraktion oder mit Ihrem Parteiprogramm. Deswegen will ich mich dem auch gar nicht weiter widmen.

(Unruhe bei der PDS)

Ach, wissen Sie, wenn eine Abgeordnete hier bei Ihnen das Tierseuchengesetz ablehnt wegen der neoliberalen Tendenzen, dann zeigt das doch ganz offen, wes Geistes Kind Sie sind.

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe bei der PDS)

Herr Dr. Schubert, Sie haben hier ja auch ein besonderes Glanzstück geleistet.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Das kann doch wohl nicht wahr sein.)

Die Quadratur - vielleicht können Sie ja mal zuhören Herr Dr. Schubert, Sie haben hier die Quadratur des Kreises aufgeführt.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Bei so einer Unverschämtheit hört man nicht zu.)

Sie haben zum einen das Verlangen einer Förderung in allen Teilräumen aufgestellt. Das widerspricht sogar Ihrem Antrag. Sie haben dann im nächsten Satz das Gießkannenprinzip mit Bausch und Bogen verurteilt, um wiederum im nächsten Satz dann zur Investitionszulage zu kommen und dort zu sagen, die Investitionszulage müsste um jeden Preis erhalten werden. Wenn wir uns mal über die Investitionszulage ganz kurz unterhalten wollen: Der eigentliche Grund - es sind sich alle einig, die Investitionszulage hat enorme Mitnahmeeffekte und dient in keiner Weise einer vernünftigen wirtschaftspolitischen Steuerung. Aber sie fördert die Wirtschaft insbesondere in den neuen Ländern und wir waren uns nur deswegen einig, die Investitionszulage zu erhalten, weil wir gesagt haben, wenn wir die Investitionszulage kürzen, würde das nicht dazu führen, dass die GA-Mittel dann dementsprechend ansteigen, sondern das wäre eine Kürzung der Förderung insgesamt. Aber sonst spricht aus wirtschaftspolitischer Sicht nicht sehr viel für den Erhalt der Investitionszulage.

Lassen Sie mich nun zur zweiten Vorbemerkung kommen: Wenn ich Ihren Antrag lese, dann schreiben Sie hier: "Angesichts von mehr als fünf Millionen Arbeitslosen in Deutschland, steigender Arbeitslosigkeit in Thüringen" etc. - also hier ist doch ganz eindeutig der Versuch herauszulesen, dass Sie uns hier im Land, den Ländern und ihrer Wirtschaftsförderpolitik jetzt die fünf Millionen Arbeitslosen der

Schröderschen Bundesregierung zuschieben wollen, und das möchte ich für meine Fraktion mit Entschiedenheit zurückweisen.

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Da haben Sie Recht, an 5,2 Mio. Arbeitslosen sind Sie nicht schuld.)

Denn im Grunde wissen wir doch alle, wozu der Jobgipfel letztlich da ist, es geht nämlich um die insgesamt deutschen Rahmenbedingungen, um die deutschen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Weswegen fehlt es denn an Wachstum? Es fehlt deswegen an Wachstum, weil wir eine ungerechte steuerliche Bevorzugung von Kapitalgesellschaften gegenüber mittelständischen Personengesellschaften haben, weil wir nach wie vor eine zu große Koppelung von Sozial- und Gesundheitskosten an Arbeitskosten haben

(Unruhe bei der PDS)

- und das hat ja der Bundeskanzler in der Regierungserklärung auch nicht hinreichend erkannt und weil wir Überregulierungen im Kündigungsschutz sowie dem Betriebsverfassungsrecht haben. Hier ließe sich noch vieles anfügen.

Nun lassen Sie mich zur Wirtschaftsförderung im Land kommen. Diese hat zahlreiche Facetten, wie wir wissen. Hier sind Themen wie der Bürokratieabbau, Behördenstruktur zu nennen, denen wir uns im Land derzeit ja auch sehr intensiv widmen. Sie umfasst aber auch die Technologiepolitik, die Förderung und Weiterentwicklung wirtschaftsnaher Infrastruktur sowie im Speziellen der einzelbetrieblichen Förderung und auf die möchte ich mich im Folgenden konzentrieren.

Vorab möchte ich da vielleicht noch ergänzend zu den Haushaltsberatungen sagen: Uns allen ist es schwer gefallen, dass wir aufgrund der vielen Steuerausfälle, mit denen uns Rotgrün in den vergangenen Jahren beglückt hat, nicht mehr alle Fördermittel ausreichend kofinanzieren können. Ich will auch hier ganz deutlich sagen, wir sollten uns auch im nächsten Doppelhaushalt intensiv darüber unterhalten, inwieweit wir nicht vielleicht doch zurückkommen zu der Lösung, dass bereits bewilligte Fördermittel, die nicht zur Auszahlung gekommen sind, übertragen werden ins nächste Jahr. Das wird eine Frage sein, mit der wir uns sicher noch mal intensiv auseinander setzen müssen. Da sollten wir über diese Frage nicht vergessen, dass wir insgesamt doch eine sehr erfreuliche Entwicklung gerade in der Thüringer Wirtschaft haben. Ich möchte hier noch einige wenige Schlagzeilen der Pressemitteilung des Landesamtes für Statistik vortragen, die Ihr Minister auch noch nicht genannt hat. Wir hatten 2004 ein reales Brutto

inlandsproduktwachstum von 1,7, lagen damit kurz hinter Sachsen mit 2,3 Prozent. Wir hatten 2004 einen Produktivitätsanstieg, Umsatz pro Beschäftigter um 6,8 Prozent, einen Beschäftigtenanstieg um 0,3 Prozent, während die anderen neuen Länder bei minus 0,1 Prozent lagen. Wir hatten ein Wachstum des Industrieumsatzes um 7,7 Prozent gegenüber 2003 und letztlich auch ein Ansteigen des Auslandsumsatzes um 15,3 Prozent, während der deutsche Durchschnitt bei 9 Prozent lag. Um aber auf die Frage, wie man eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung befördern kann, damit die viel zu hohe Arbeitslosigkeit abgebaut wird, noch mal näher einzugehen, schauen wir doch mal auf Ihren Antrag. Und da scheint es ganz unterschiedliche Ansätze zu geben. Anders als das, was Sie hier, Herr Dr. Schubert, dargestellt haben, wollen Sie doch hier von vornherein eine Festlegung auf eine bestimmte Region und Branche und andere Regionen und Branchen ausschließen von der Förderung. Wir hingehen sehen, dass wir bei knapper werdenden Mitteln natürlich nicht jeden Sektor der Wirtschaft fördern können, aber wir schließen deshalb nur solche Sektoren aus, wo durch bestehende Überkapazitäten eine Förderung den Preiswettbewerb noch einmal künstlich anheizen würde. Das heißt etwa, dass wir natürlich Fördermittel für Investitionen in der Bauwirtschaft, dem Einzelhandel etc. nicht als sonderlich sinnfällig ansehen können. Und wenn Sie mir hier vielleicht Recht geben, so müssen Sie sich doch fragen lassen, warum Ihre Kollegen in Berlin denn letztlich die Einführung der Ich-AGs befürwortet haben. Man kann nicht müde werden, das Kind, das Sie hier mit dem Bade ausgekippt haben, auch beim Namen zu nennen. Die Ich-AGs, das ist staatlich subventionierter Wettbewerb, der geeignet ist, gerade dem qualitätsorientierten Bauhandwerk über Dumpingpreise den Garaus zu machen. Aber der entscheidende Unterschied zwischen uns beiden - SPD und CDU - ist, dass wir im Grundsatz eben vorab nicht bestimmte Regionen und Branchen als alleinige Wachstumsregionen sehen und andere ausschließen, sondern wir setzen auf eine atmende und letztlich auch offene Wirtschafts- und Wachstumspolitik, denn wir meinen, dass der Staat mit seiner unzureichenden Marktkenntnis überhaupt nicht in der Lage ist, mittels der Förderpolitik steuernd auf das Wirtschaftsleben der nächsten Jahre einzuwirken. Wir maßen uns eben nicht an, den Markt besser einschätzen zu können als die Marktteilnehmer.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das glaube ich.)

Ziel unserer Förderpolitik muss es deswegen auch sein, Investorenanfragen in jeder erdenklichen Hinsicht zu unterstützen und nicht hinzugehen und beispielsweise MDC oder N 3 zu sagen, ihr wollt investieren, dann aber nur hier und nicht dort. Oder

stellen Sie sich vor, es gibt in unserem Land Bürgermeister, VG-Vorsitzende und Landräte - übrigens meist nicht Ihrer Couleur -, die auf Unternehmen zugehen und denen erklären: Wir haben hier eine hervorragende gewerbliche Infrastruktur, wir haben Arbeitskräfte, wir machen euch ein Angebot, hier zu investieren. Das passiert etwa in einer Region wie Hildburghausen, Sonneberg, dann bis zum Grabfeld oder Kölleda. Wenn die es dann geschafft haben, ein Unternehmen zu überzeugen, dass es die Investitionsentscheidung zugunsten der Region trifft, dann kommen Sie und erklären denen mal bitte, dass Sie diese Region nicht als Wachstumsregion und die Branche nicht als Branchenschwerpunkt für Thüringen festgesetzt haben. Nein, meine Damen und Herren von der SPD, Sie und auch Sie, Herr Matschie, befinden sich auf dem Holzweg.

(Heiterkeit bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Was reden Sie denn da für einen Unsinn?)

Wir wollen Entwicklungen und Investitionen im ganzen Land und gerade auch in benachteiligten Regionen unterstützen. Mit Ihrer Konzeption hingegen scheinen Sie den Charakter der GA als dem wichtigsten Förderinstrumentarium schlechthin insgesamt zu verkennen, denn die Mittel der GA dienen sowohl dem Ausgleich als auch dem Wachstumsziel, indem Wachstum eben in benachteiligten Regionen erreicht wird. Die Förderung soll ein Anreiz sein, dort zu investieren, wo ein Unternehmen beispielsweise alle produktionsrelevanten Faktoren vorfindet, aber einer Investitionsentscheidung erhöhte Transaktionskosten und höhere kapitale Nutzungskosten entgegenstehen. Ja, hören Sie ruhig gut zu.

(Heiterkeit bei der SPD)

Mit anderen Worten, die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe sind ein Nachteilsausgleich. Mir scheint, diesen Charakter der Wirtschaftsförderung haben Sie nicht hinreichend berücksichtigt, sondern gehen eher davon aus, die GA sei ein staatliches Planungsinstrument, mit dem man die Wirtschaft lenken könne. Wenn wir Ihren Gedanken der Beschränkung auf Wachstumskerne in der einzelbetrieblichen Förderung übrigens konsequent zu Ende denken wollten, dann müsste man in einem ersten Schritt - unterstellt wir würden Wachstumsbranchen und Region überhaupt definieren können - sich nur auf die Wachstumskerne in den neuen Ländern konzentrieren und nicht allein auf die in unserem Freistaat. Dann wäre aber zweifelsohne nur noch eine Förderung der Wirtschaftsräume um Berlin, Leipzig und vielleicht auch noch Jena möglich, denn diese Siedlungszentren der neuen Länder stehen auch jetzt schon als Leuchttürme wirtschaftlicher Ballung da.

Aber was spräche eigentlich gegen eine Förderung, die man dann auf das ganze Bundesgebiet bezieht, statt nur auf die neuen Länder? In diesem Fall scheint es mir nur so, dass wir uns eigentlich - folgt man Ihrer Wachstumstheorie von Leuchttürmen - nur auf die Metropolregionen von München, Hamburg und Frankfurt konzentrieren dürften. In diesem Fall wird doch ganz deutlich, dass die Förderung dann unter dem Grundsatz stünde, der Teufel macht nur auf den größten Haufen. Zwangsläufig kommen wir damit zu der Frage,

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Was war mit dem Teufel?)

ob die einzelbetriebliche und infrastrukturelle Förderung aus GA-Mitteln nicht obsolet geworden wäre.

Ja, es wäre gut, wenn Sie nicht nur schön daherreden, sondern auch zuhören könnten.