Protocol of the Session on February 24, 2005

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Schubert von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Kürzungen bei den Kommunen überschatten in ihrer Außenwirkung eine ganze Reihe von mit dem Haushalt zusammenhängenden Problemen und fragwürdigen Entscheidungen im Verantwortungsbereich des Wirtschaftsministeriums. Aber auch diese Probleme sollen hier nicht verschwiegen werden. Das Haushaltsvolumen des Einzelplans 07 geht im Haushaltsjahr 2005 gegenüber dem Jahr 2004 um 533 Mio.  zurück. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Ministerium für Bau und Verkehr gebildet wurde. Dagegen reduzieren sich die auf den Einzelplan 07 entfallenden Globalen Minderausgaben nicht im gleichen Maße. Sie erreichen mit 44,5 Mio.  ne Rekordhöhe. Auch durch die Vorschläge der CDUFraktion im Haushalts- und Finanzausschuss kam nur eine marginale Verringerung zustande. 6,55 Prozent des Haushalts des Wirtschaftsministeriums stehen unter dem Vorbehalt der Globalen Minderausgabe. Von den im gesamten Haushalt 2005 veranschlagten Minderausgaben sollen 28 Prozent beim Wirtschaftsministerium eingespart werden. Eindrucksvoller kann man den niedrigen Stellenwert der Wirtschaftsförderung, den diese bei der Landesregierung hat, nicht ausdrücken. Globale Minderausgabe - das hört sich schön anonym an, deshalb wird sie auch ausgewiesen. Mit der Globalen Minderausgabe lassen sich so die wahren Absichten, aber auch die wahren Haushaltseckwerte verschleiern. Wo diese 44,5 Mio.   "  $      schweigt sich die Landesregierung derzeit bewusst aus. Aber die Frage beantwortet sich fast von selbst, betrachtet man sich mal die Ergebnisse der letzten Haushaltsjahre. Sowohl im Jahr 2003 als auch 2004 wurde ein Großteil der beim Wirtschaftsministerium ausgebrachten Globalen Minderausgaben durch Einsparungen bei den Ausgaben der Wirtschaftsförderung, speziell der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", erbracht zum Schaden des Aufbaus in Thüringen. Die Förderbedingungen im Bereich der GA wurden verschlechtert, verbunden mit der Aussage, der Bund streiche die Gelder, weshalb diese nicht reichen würden. Die Nichtinanspruchnahme der Fördermittel wurde dann wiederum damit begründet, dass es gar keinen Bedarf gebe. Die Wahrheit - Herr Kretschmer, das interessiert Sie scheinbar gar nicht - ist jedoch, dass

durch die Haushaltssperren sowie durch ausgewiesene Globale Minderausgaben die Bewirtschaftung der GA-Barmittel 2003 und 2004 schon am Anfang des Jahres reglementiert wurden in der Hoffnung und schließlich auch mit dem Ergebnis, dass das Geld ja nur nicht ausgegeben wird. Auch für das Jahr 2005 ist das so zu erwarten. Der Wirtschaftsminister und die Finanzministerin spekulieren schon jetzt darauf, dass das Geld nicht abfließt, und tun alles dafür, dass das dann auch so kommt. Mittels Fördermittelmanagement hätten sich viele der an den Bund zurückgegangenen Gelder für den Freistaat Thüringen nutzbringend einsetzen lassen. Es ist schon ein starkes Stück, innerhalb von drei Jahren Wirtschaftsfördermittel in Höhe von 225 Mio.  genutzt zu lassen - 50 Prozent davon sind bekanntlich Bundesmittel - und dann dem Bund noch Vorwürfe hinsichtlich der Wirtschaftsförderung zu machen. Die Landesregierung muss endlich ihre Hausaufgaben machen. Es darf beim Bund kein Zweifel daran gelassen werden, dass die Mittel in der zur Verfügung gestellten Höhe auch tatsächlich gebraucht werden.

Aber nicht nur beim größten Posten der Wirtschaftsförderung, der GA, wird gestrichen, auch bei vielen kleinen, aber nicht weniger wichtigen Haushaltspositionen der Wirtschaftsförderung wird der Rotstift angesetzt, so z.B. bei der Absatzförderung. Dieses gerade für kleine Unternehmen wichtige Förderprogramm zur Erschließung neuer Märkte wird halbiert. Aus Sicht der SPD-Fraktion ein Fehler, weshalb wir auch die Aufstockung um eine halbe Mio.   langten. Die CDU lehnte das im Haushalts- und Finanzausschuss ab. Die CDU gibt zwar immer vor, das Handwerk unterstützen zu wollen, aber wie heißt es so schön: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Die Titelgruppe "Förderung des Handwerks" wird fast um 50 Prozent gekürzt; auch hier wollte die SPDFraktion eine Aufstockung, hatte auch eine seriöse Deckung, konnte sich aber gegen die CDU-Mehrheit im Haushaltsausschuss nicht durchsetzen.

Im Bereich der Tourismusförderung hat der Herr Wirtschaftsminister mit Amtsantritt große Taten versprochen. Im Haushalt 2005 sucht man diese Taten vergeblich. Eher das Gegenteil ist der Fall. Die Investitionszuschüsse außerhalb der GA an die Gemeinden werden um 1,6 Mio.  * % $  auch nicht durch die Aufstockung der Zuschüsse an die TTG ausgeglichen. Die SPD-Fraktion hat beantragt, den Haushaltsstitel "Zuschüsse an Verbände und andere Organisationen" um 100.000  stocken. Diese zusätzlichen Mittel sollten den Tourismusverbänden im Bereich des Nationalparks Hainich und zu dessen weiterer touristischer Erschließung zur Verfügung gestellt werden. Da die TTG auch weiterhin nur das Außenmarketing übernehmen soll, nicht aber die Erstellung von Produkten

und Angeboten, ist dieser Bereich im Nationalpark unzureichend gesichert. In der Tourismuskonzeption des Freistaats spielt der Nationalpark kaum eine Rolle. Damit ist Thüringen wahrscheinlich das einzige Bundesland, welches einen Nationalpark besitzt und diesem touristisch keinerlei Bedeutung beimisst. Diese Landesregierung und die CDU haben die Errichtung des Nationalparks nie wirklich gewollt und sie tun auch nichts zu seiner weiteren Entwicklung. Andernfalls hätten sie unserem Antrag im Haushaltsund Finanzausschuss zustimmen müssen.

Die Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung folgt seit der vergangenen Wahlperiode dem Leitsatz: Es gilt, die öffentliche Beschäftigungsförderung, insbesondere ABM und Qualifizierungsangebote, schlechtzureden, den Trägern der Maßnahmen sowie den Arbeit Suchenden in derartigen Projekten weitestgehend erfolglose Arbeitsmarktintegration zu unterstellen. Diese Argumentation wird in vielen Varianten wiederholt und dient als Grundlage für die Reduzierung der Haushaltsmittel. Im Landesarbeitsmarktprogramm von 1999 standen fast noch 177 Mio.  Verfügung, nun nur noch 22 Mio. 4haltsjahr 2005. Dass die Nutzung des Haushaltstitels "Arbeit für Thüringen" in den vergangenen Jahren als Steinbruch der CDU-Landesregierung nicht zur Sanierung des Haushalts geführt hat, das dürfte mittlerweile allen Akteuren klar sein. Wir hatten gegenfinanziert eine Aufstockung des Titels um 5 Mio.    aber dies ist ebenfalls an der CDU gescheitert.

Ein weiteres Paradebeispiel für die vielen offenen Probleme im Haushalt des Wirtschaftsministeriums ist der Bereich der Förderung erneuerbarer Energien. Der Haushaltsansatz der Landesregierung war für diesen Bereich 0 %C   dem Willen der Landesregierung auslaufen. Das hinderte aber weder das zuständige Wirtschaftsministerium, auch nicht das Umweltministerium daran, genau diese Förderung in den höchsten Tönen zu loben. Kennt der Herr Reinholz seinen eigenen Haushalt nicht oder wollte er auch nur etwas sagen, weil Herr Sklenar was gesagt hat? Besser wäre es gewesen, er hätte sich für dieses Programm stark gemacht. Die CDUFraktion hat nun selbst eine kleine Schippe nachgelegt und das Programm auf 400.000  2gestockt. Das ist aber einem Sterben auf Raten gleichzusetzen, denn es werden Hoffnungen gegenüber den Antragstellern verbreitet, die sich dann am Ende nicht erfüllen lassen. Die Hoffnungen sorgen aber dafür, dass sich die Investoren nicht nach anderen Möglichkeiten umsehen und warten. Es gibt einen riesigen Bedarf für diesen Förderbereich und damit ein riesiges Antragsvolumen. Bei 400.000  letztendlich Aufwand und Nutzen nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis. Das wäre bei unserem Antrag, den Haushaltstitel auf 1,5 Mio. zustocken, sicherlich anders gewesen. Auch die Tech

nologieförderung ist eines der Sparschweine der CDU. Selbst der geringe Ansatz wurde durch einen Änderungsantrag der CDU im Haushalts- und Finanzausschuss nochmals reduziert. Die Reduzierung der für die Titelgruppe der einzelbetrieblichen Technologieförderung zur Verfügung stehenden Mittel von insgesamt 4,2 Mio.  alles. Schwer ins Gewicht fällt auch die drastische Reduzierung der ergänzenden Förderung über EFRE-Mittel. So setzt man keine Schwerpunkte für Forschung und Entwicklung, so verhindert man nur das Sterben von Einrichtungen, ermöglicht aber kein effizientes, erfolgsorientiertes Arbeiten. Aber so etwas ist dieser Landesregierung ja ohnehin fremd.

Mit liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache zum Einzelplan 07.

Wir kommen zum Einzelplan 08 - Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit - und den Artikeln 12, 13, 14 und 26 des Thüringer Haushaltsstrukturgesetzes. Die Redezeiten für die Fraktionen: für die CDU 22 Minuten, für die PDS 16 Minuten, für die SPD 12 Minuten. Zum Einzelplan 08 hat sich zu Wort gemeldet die Abgeordnete Jung von der PDS-Fraktion. Ich erteile ihr das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zwischen dem Leben, so wie es ist, und dem Leben, so wie es sein sollte, besteht ein großer Unterschied. Derjenige, der nicht beachtet, was geschieht, sondern nur das, was geschehen sollte, sorgt eher für seinen Ruin als für seine Erhaltung. Diesen Spruch eines italienischen Politikers aus dem Jahre 1513 sollte Politik auch heute beherzigen. Wenn sie das tun würde, dann wäre der Einzelplan 08, der Sozialhaushalt für das Jahr 2005, anders ausgefallen und nicht ein Haushalt, der soziale Kälte und Sozialabbau in allen seinen Bereichen verdeutlicht. Die Feststellung der PDS-Landtagsfraktion der vergangenen Jahre, dass die CDU-Landesregierung ihre vorgelegten Haushaltskonsolidierungskonzepte stets zulasten des Sozialhaushalts, also zulasten von Verbänden und Vereinen und somit auch von Thüringer Kommunen vornimmt, findet abermals ihre Bestätigung.

(Beifall bei der PDS)

Die Zukunft hat Priorität, so sagen Sie es, meine Damen und Herren von der CDU, und nicht irgendeine Zukunft, eine solide Zukunft ist damit gemeint. Wer oder was solide ist, bestimmt das Finanzministerium und die Finanzministerin nach dem bewährten Verfahren "Eene, mene Muh und raus bist

du!" Mit eben dieser Solidität wildern Sie im Namen der Zukunft mit der Schrotflinte in der Hand in solchen Bereichen herum, die Sie vermutlich für nicht sonderlich zukunftsträchtig halten, zum Beispiel im Bereich des Landesblindengeldes, der Jugendpauschale und noch vielen anderen, ich komme noch darauf zu sprechen.

Die PDS hat die Streichung des Artikels 13 im Haushaltstrukturgesetz beantragt, weil für uns die Kürzungen des Blindengeldes nicht hinnehmbar sind.

(Beifall bei der PDS)

In ausführlichen Diskussionen und in der Hoffnung, dass es mit der Festschreibung von 400 ! nat für einen erwachsenen Blinden in den kommenden Jahren bleiben würde, hätte sich der Blindenund Sehbehindertenverband vielleicht arrangieren können. Aber was Sie sich jetzt erlauben, werte Abgeordnete der CDU, mit Ihrem Entschließungsantrag zum Haushaltsbegleitgesetz ab dem Jahr 2006, und wie soll man das anders deuten, das Blindengeld in Gänze abzuschaffen und nur noch die gesetzliche Blindenhilfe zu ermöglichen, ist beschämend.

(Beifall bei der PDS)

Das bedeutet, dass 90 Prozent der Betroffenen, so die Aussage des Verbandes, keine Leistungen mehr erhalten würden. Die Sparpolitik würde wiederum auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden. Die seit langem geforderte uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wird weiter zum bloßen Lippenbekenntnis. Vielleicht schauen Sie hier doch einmal nach Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren, wenn ich vom Wildern spreche, dann beweisen das auch andere Ihrer sozusagen soliden Zukunftsvorschläge. Bei den Einsparungen bei der Pauschalförderung nach dem Krankenhausgesetz, bei der Frühförderung, den familienentlastenden Diensten, den Beratungsstellen für Behinderte, in der Suchtprävention und Drogenhilfe, bei Maßnahmen für psychisch Kranke und seelisch Behinderte, den laufenden Investitionszuschüssen in der Pflege, Maßnahmen des Kinder- und Jugendschutzes und der Jugendpauschale, die nun auch an der Reihe sein soll. Knete her, oder? Das ist Ihr Prinzip. Das hat mit Solidität einen feuchten Kehricht zu tun.

(Beifall bei der PDS)

Solide würde es sein, die Kürzung der Mittel um 20 Prozent in der Jugendpauschale nicht zuzulassen, weil auch die Kommunen durch Ihre Maßnahmen keine Projekte mehr gegenfinanzieren können. Solide würde es sein, die Kürzung des Landesjugend

förderplans nicht zuzulassen, weil Jugendverbandsarbeit damit zerstört wird. Solide würde es sein, die Kürzungen in der Unterstützung des Ehrenamts nicht zuzulassen, weil gerade das Ehrenamt, die Arbeit im sozialen und Jugendbereich in erheblichem Maße stützt.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, schaut man die glorreichen Haushaltsvorschläge der Regierung genauer an, sieht man zwei Dinge: Das Erste, im Unterschied zu den Kürzungsorgien der Vorjahre - wir spielen dieses Spiel ja schon im Zusammenhang mit dem Haushalt mehrere Jahre durch - geht es erstmals darum, dass soziale Leistungsprofile in Gänze zur Disposition stehen. Insofern geht es beim Blindengeld nicht mehr um Kürzungen, hier mutiert das Sparpaket zu einem Entsorgungspaket. Das ist Wahrheit. Sie entsorgen damit die Anerkennung des Nachteilsausgleiches. Dem Landeserziehungsgeld wird es vermutlich ebenso gehen. Und das Zweite: Wenn Sie diese Entsorgungsvorschläge nun bestätigen, dann canceln Sie im Übrigen Ihre ureigensten politischen Ansprüche, mit denen Sie genau mit diesen sozialen und familienpolitischen Ansätzen in den Wahlkampf gezogen sind.

Meine Damen und Herren, das in den letzten Jahren oft strapazierte Wort Subsidiarität wurde seitens der Landesregierung in den vergangenen Jahren immer mehr dahin gehend ausgehöhlt, dass alle kostenintensiven Leistungen im sozialen Bereich auf die Kommunen und deren freie Träger abgewälzt wurden, ohne diese mit zusätzlichen finanziellen Mitteln auszustatten. Auch im Jahr 2005 kann dies an ganz konkreten Beispielen seitens der Landespolitik deutlich gemacht werden.

Beispiel 1 - die Frühförderung: Im Jahr 2004 standen für diese Aufgabe noch 410.000     gung. Jetzt, im Jahr 2005, wurde diese Summe auf null gestrichen. Wir alle wissen, dass es in Thüringen 37 Frühförderstellen mit ca. 1.250 geförderten und betreuten Kindern gibt. Wir wissen auch, dass die Zahl der entwicklungsauffälligen Kinder rasant wächst. Die lapidaren Aussagen durch die Landesregierung während der Anhörung des Einzelplans 08, es sei eine kommunale Aufgabe, verletzt in eklatanter Art und Weise die in Artikel 3 Grundgesetz und in Artikel 2 Abs. 4 der Thüringer Verfassung festgeschriebene Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen.

(Beifall bei der PDS)

In der Stellungnahme der Liga wird das auch sehr deutlich. Wenn in diesem Jahr der Ansatz bei null bleibt, führt die Landesregierung ihre getätigte Äußerung im Jahr 2003 anlässlich einer Fachtagung

zur Frühförderung in Weimar ad absurdum. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: "Kinder sind die Zukunft des Landes. Die Gesellschaft, die nicht wahrnimmt, dass behinderte Kinder und deren Familien besonderer Förderung bedürfen, ist eine kranke Gesellschaft ohne Perspektive. Deshalb setzen wir Frühförderung hoch an. Die Landespolitik will auch bei angespannter Finanzlage durch neue Rahmenbedingungen ihre Arbeit, die Arbeit der Frühförderstellen, erleichtern und unterstützen."

Beispiel 2 - Zuwendungen zur Förderung von Informations- und Koordinationsdiensten: Was hier gestrichen werden soll, blieb der Sozialminister in der Anhörung schuldig. Das ist Wildern für uns, wenn nicht einmal die Frage beantwortet werden kann, wen denn die Kürzungen und in welcher Höhe treffen. Die Frage nach dem fachlichen Hintergrund stellt sich da gar nicht. Geht es nun den Betreuungsvereinen an den Kragen oder aber den Seniorenbüros?

Beispiel 3 - laufende Investitionsfinanzierungen in Pflegeeinrichtungen: Der Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Dieses Sprichwort hat sich mir in den letzten Tagen des Öfteren im Kopf festgesetzt. Es ist für mich schon dreist, um nicht zu sagen unverschämt, wenn in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 16.02. ein Änderungsantrag durch die CDU eingereicht worden ist und natürlich auch die Mehrheit fand, dass die eingestellten 11 Mio.  & $  6!  gekürzt werden. Mit Datum vom 21.02.2005 erhalten die Fraktionen offiziell den Grund des Ganzen. Es kommt der Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Pflegeversicherungsgesetzes den Fraktionen auf den Tisch geflattert. Gestern wird die Landesregierung von ihrer Fraktion aufgefordert, mit dem Entschließungsantrag einen Gesetzentwurf vorzubereiten und vorzulegen. Im Klartext heißt das, ab Sommer 2005 spart die Landesregierung 4 Mio.     Kapitaldienst. Pflegebedürftige müssen dies mit einem tagtäglichen Beitrag von mindestens 10  $ scheinlich 13 bis 17    len. Das sind im Monat 300, im Jahr 3.600 $  den 10  )! Pflegebedürftigen aufgebraucht und es existiert nur noch das Schonvermögen, wird wiederum die Kommune zur Kasse gebeten. Dies ist wieder ein Beweis dafür, dass sich das Land aus der finanziellen Verantwortung zieht, dies zulasten von Pflegebedürftigen und später zulasten der Kommunen.

Beispiel 4 - Gesundheitsförderung, Gesundheitsschutz: Diese enormen Einsparungen zerstören die soziale Infrastruktur. Auch die Nullplanung für eine Gesundheitsberichterstattung im dritten Jahr in Folge kann nicht unwidersprochen hingenommen werden.

(Beifall bei der PDS)

Das Präventionsgesetz der Bundesregierung kommt in den parlamentarischen Gang. Wie vorbereitet ist die Landesregierung? Kein Gesundheitsbericht, keine alters- und geschlechtsspezifischen gesundheitsrelevanten Daten veröffentlicht, keine Gesundheitsziele für Thüringen fixiert, trotz Ankündigung des Vorgängers im Amt. Auf welchen geheimen Grundlagen basiert die Gesundheitspolitik der Thüringer Landesregierung?

Zum Thema Gleichstellungspolitik von Frau und Mann könnte auch in Bezug zum Einzelplan 08 viel gesagt werden. Aufgrund der Zeit möchte ich an dieser Stelle kritisch Folgendes anmerken: Fraktionsübergreifend wurde in der letzten Legislatur die Errichtung von Thüringer Interventionsstellen zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt eingefordert. Diese haben ihre Arbeit aufgenommen, erweisen sich somit als richtig und wichtig. Aber dass diese Stellen aus dem Budget der Frauenhäuser mitfinanziert werden, findet die Kritik der PDS-Fraktion,

(Beifall bei der PDS)

aber auch der dort tätigen Mitarbeiterinnen. Die Landesregierung mogelt sich somit um eine eigenständige Finanzierung der Interventionsstellen herum.

Meine Damen und Herren, Sparen muss Sinn haben. Man spart beispielsweise für ein Auto oder irgendetwas anderes, man trifft je nach dem Geldbeutel die Entscheidung über Typ und Baujahr. Das begreift jeder. Man kann auch sparen, wenn ein Engpass vorhanden ist, das ist nachvollziehbar. Das kann man auch vermitteln. Aber die Menschen haben in Thüringen gearbeitet und sie haben im Vorjahr nicht weniger gearbeitet. Sie wollen dafür auch eine Gegenleistung haben und dazu gehören für mich auch soziale Leistungen. Was denn sonst? Auf dem Neujahrsempfang der Liga brachte der Geschäftsführer des Paritätischen dies treffend auf den Punkt. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, aber auch mit seiner Erlaubnis: "Wenn Zukunftsfähigkeit für Thüringen aus der Summe politischer Entscheidungen der letzten Legislaturen entstehen könnte und ja eigentlich auch müsste, hätten wir heute den notwendigen planerischen Vorlauf, um den zentralen Herausforderungen, wie z.B. den Wirkungen der demographischen Entwicklung und des vorrangigen Ausbaus ambulanter vor stationärer Angebote begegnen zu können. Wir hätten heute durch die entsprechende Schwerpunktsetzung die finanziellen Mittel an den richtigen Stellen und würden in der Gesamtrechnung durch die Wirkung von Prävention weniger für soziale Sicherung ausgeben müssen, was uns den erforderlichen weiteren Gestaltungsspielraum für innovative Projekte, neue Hilfeformen

usw. sichern würde. Und wir hätten heute ein im Bestand nicht gefährdetes, sondern bedarfsorientiertes Netz sozialer Angebote und Dienste, den notwendigen gesellschaftlichen Konsens und damit verbundene Einsicht und Bereitschaft zum Umbau der Gesellschaft. Wir haben aber keine Planungssicherheit, weil insbesondere die Wahrnehmung der planerischen Gesamtverantwortung in diesem Bereich nicht zu erkennen ist und das Über-, Unter- und Nebeneinander verschiedenster Teil-, Fach- oder Nichtplanungen keinen Zusammenhang zu einem Gesamtentwurf bietet. Wir haben aber die Vernichtung oder Gefährdung von Prävention, Selbsthilfe und Umkehr von ambulant vor stationär, z.B. durch die Kürzung der Jugendpauschale, der Frühforderung der Schuldnerberatung. Wir haben aber auch Mangelverwaltung statt Gestaltungsspielraum infolge derer es unweigerlich zur Vernichtung sozialer Lebensgrundlagen kommen wird. Wir haben zunehmende Armut und Arbeitslosigkeit, die Entsolidarisierung und Ausgrenzung vorantreibt und den sozialen Frieden erheblich gefährdet." Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer, Sie glauben, mit diesem Haushalt einen Wechsel auf die Zukunft zu ziehen. Warum unternehmen Sie dann nichts, was der Entwertung dieses Wechsels entgegenwirkt? Stattdessen findet ein Ausverkauf auf der ganzen Linie statt, keine Leuchttürme, nur Irrlichter. Was Sie vorgelegt haben, ist ein Haushalt der verlorenen Illusionen. Ändern könnte man das, wenn man den vielen Änderungsanträgen der PDS-Fraktion zustimmen würde. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Pilger von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Verabschiedung des Sozialhaushalts acht Monate nach der Landtagswahl ist Anlass genug, um sich mit einigen Wahlaussagen der CDU zu beschäftigen, mit Wahlaussagen der Partei also, die seit der Wende die finanzielle Verantwortung für dieses Land trägt, einer Partei, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Wahlprogramms am 1. Mai des vergangenen Jahres genau über die finanziellen Rahmenbedingungen Bescheid wusste und die jetzt nicht so tun kann, als sei irgendetwas Unerwartetes geschehen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich werde nur drei Ihrer Wahlversprechen zum Anlass nehmen, um den von Ihnen vorgelegten Haushaltsplan für den Bereich des

Sozialministeriums daran zu messen.

Erstens: Sie haben betont, dass die Kommunen zuständig sind für die öffentliche Daseinsfürsorge und eine erhebliche Mitverantwortung für das gesamte Erscheinungsbild unseres Landes tragen. Sie haben die Kommunen als Fundament unseres Freistaats definiert. Da haben Sie zweifelsohne Recht. Und weil das so ist, haben Sie ihnen Folgendes zugesichert, ich zitiere, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis: "Wir werden die Kommunen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben durch entsprechende rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen unterstützen." Den gesamten Absatz Ihrer weiteren damaligen Ausführungen im Wahlprogramm haben Sie unter die Überschrift gestellt "Thüringen - bürgernah mit starken Kommunen". Ich will Ihnen diese Aussagen nochmals vor Augen führen mit Blick darauf, dass die öffentliche Daseinsfürsorge in unseren Dörfern, Städten und Landkreisen ganz wesentlich von einer funktionierenden Infrastruktur sozialer Dienstleistungen abhängig ist, einer sozialen Infrastruktur, die ganz entscheidend auch vom Angebot der freien Träger der Jugend- und Sozialhilfe abhängig ist.

Damit komme ich zum zweiten Wahlversprechen der CDU. Freie Träger sollten gestärkt und deren Pluralität gewahrt werden. Dies wird explizit im Bereich der Jugendarbeit genannt, zieht sich aber auch durch andere Politikfelder des nur wenige Monate alten Wahlprogramms. Und weil bei der Jugendarbeit sowie im gesamten Bereich der sozialen Arbeit, des Sports und der Kultur das Ehrenamt eine erhebliche Rolle spielt, erlaube ich mir auch hier, eine dritte Aussage des Wahlprogramms dieser Regierungspartei zu zitieren. Dort heißt es u.a., ebenfalls mir Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: "Wir werden die Thüringer Ehrenamtsstiftung und damit sowohl die Träger des traditionellen wie des neuen Ehrenamts weiter stärken." Wenige Zeilen später wird dann betont, dass die Förderung des Ehrenamts insbesondere über die Thüringer Ehrenamtsstiftung auf hohem Niveau fortgesetzt werden soll. Zusammengefasst lautet also das politische Versprechen etwa so: "Kommunen, freie Träger und ehrenamtlich Engagierte werden gestärkt, gefördert und unterstützt." Das war im Mai 2004 und es galt offenbar bis zum Tag der Landtagswahl am 13. Juni. Sechs Wochen also, das scheint auch hier das Verfallsdatum für Versprechungen der Thüringer CDU zu sein.

(Beifall bei der SPD)

Doch wie sieht die Realität aus, wenn dieser Haushalt Wirklichkeit wird? Städte, Gemeinden und Landkreise werden finanziell derart an die Wand gedrückt, dass sie die mühsam aufgebaute soziale Infrastruktur Stück für Stück zerstören müssen. Manchmal ist es offensichtlich, wenn eine Einrichtung geschlos