Ich glaube, ich kann jetzt die Aussprache in der Aktuellen Stunde Teil b, schließen und damit auch diesen Tagesordnungspunkt.
Beratung des Abschlussberichts der Enquetekommission „Zukunftsfähige Verwaltungs-, Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen in Thüringen und Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen“ - Drucksache 4/5172 - dazu: Unterrichtung durch die Prä- sidentin des Landtags - Drucksache 4/5173 -
Ich würde gern die Aussprache eröffnen, habe aber jetzt zwei Wortmeldungen, das heißt, ich habe von den einzelnen Fraktionen noch nicht die Wortmeldungen. Ich dachte eigentlich, dass der Vorsitzende der Enquetekommission das Wort ergreifen möchte. Aber der Abgeordnete Schröter ist auf dem Weg hierher mit dem Zettel. Herr Abgeordneter Carius, Sie haben das Wort. Da musste ich jetzt wirklich die Pause über reden.
Frau Präsidentin, ich wusste gar nicht, dass der Zettel ausschlaggebend ist. Ich dachte, das Wort von Ihnen ist ausschlaggebend. Vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilt haben.
Herr Abgeordneter Carius, darauf muss ich reagieren. Natürlich ist mein Wort ausschlaggebend, aber vorher muss sich derjenige melden, der etwas sagen möchte, oder er wird von seiner Fraktion angemeldet. Ich kann doch nicht irgendjemand hier vorn ans Pult zitieren.
Selbstverständlich nicht, ich habe mich auch gemeldet. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben ja gestern bereits den Bericht der Enquetekommission in der von Ihnen, Frau Präsidentin, benannten Drucksache der Öffentlichkeit vorgestellt.
Ich möchte vorab ganz herzlich all den Kollegen und Kolleginnen danken, die in der Kommission über die gesamte Zeit, und auch den Kollegen, die nur über eine verkürzte Zeit mitgearbeitet haben, für die Mitarbeit. Ich möchte auch den Sachverständigen danken und ganz herzlichen Dank insbesondere der Landtagsverwaltung sagen, insbesondere unserem Mitarbeiter Herrn Dr. Schwanengel, der einen großen Anteil daran hat, dass die Meter an Aktenbergen, die wir zusammengetragen haben, in einen solchen Bericht in der vorliegenden Drucksache jetzt münden. Wenn ich allen Kollegen danke, dann möchte ich insbesondere Frau Taubert auch noch einmal herzlichen Dank sagen dafür, dass sie so konstruktiv in den Monaten bis zu ihrem Auszug aus der Kommission mitgearbeitet hat. Wir haben es alle sehr bedauert, dass Sie sich in Ihrer Fraktion offensichtlich nicht so durchsetzen konnten oder einem Votum folgen mussten, die Kommission zu verlassen. Es war jedenfalls dem Brief zu entnehmen, dass Sie sich die Diskussion da sehr schwer gemacht haben. Wir haben das sehr bedauert. Aber gut, so ist das nun einmal, wer auszieht, muss ausziehen. Dann haben Sie leider keinen großen Anteil mehr an dem,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einen umfangreichen Aufgabenkatalog zu bearbeiten gehabt, den wir vor vier Jahren durch den Landtag erhalten haben. Wir sollten Stellung nehmen zur Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen, die Organisation der Aufgabenerfüllung unter Einbeziehung der privatisierten Aufgaben untersuchen, Erwartungen der Bürger und Bürgerinnen erfahren, den Aufgabenzuschnitt, die Organisation der staatlichen Mittelinstanz Thüringen unter Berücksichtigung auch des Zuschnitts und der Organisation anderer Mittelinstanzen in anderen Ländern bzw. auch Dreistufigkeit, Zweistufigkeit sollten wir überprüfen, die Auswirkungen des demographischen Wandels, die Angemessenheit der Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Länder und darauf letztlich Empfehlungen und Feststellungen geben. Ich sage an dieser Stelle, wir haben uns als Kommission insgesamt diese Aufgabe nicht leicht gemacht, sondern wir haben sehr viel an Anhörungen durchgeführt, sehr viele Materialien aus verschiedenen Ländern uns zu Gemüte geführt, um zu sehen, wie Reformen in anderen Ländern durchgesetzt wurden, warum sie durchgesetzt wurden, was vielleicht auch der wissenschaftliche Hintergrund war.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, wir als Unionsfraktion sind sehr offen in diese Diskussion hineingegangen. Wir haben immer gesagt, wenn wir eine Kreisgebietsreform durchführen sollten, dann muss es gute Gründe geben. Wenn es für eine Kreisgebietsreform keine guten Gründe gibt, dann lohnt es sich auch nicht, eine solche Reform anzustoßen.
Nun gut, ich greife dem Ergebnis vielleicht hier schon mal vorweg. Wir haben als Kommission festgestellt, es gibt zwar eine ganze Menge Gründe, warum man eine Kreisgebietsreform durchführen können möchte, aber es gibt keinen einzigen, der stichhaltig ist. Es gibt auch keinen, der wirklich überzeugt. Wir haben uns in der Kommission vor einem Jahr schon verständigt, dass wir an der Gemeindegebietsstruktur tatsächlich etwas ändern müssen, dass wir einen neuen Typus einführen wollen, der auch eingeführt wurde und ja heute erstmals in Gesetzeskraft auch in Form einer neuen Landgemeinde entstanden ist.
Ausgehend von dieser Überlegung, dass wir auf der kommunalen Ebene an den kleinen und funktionsfähigen Strukturen der bestehenden Verwaltungsgemeinschaften festhalten wollen, haben wir gesagt, wenn wir die Landesverwaltung und auch die Kreisverwaltungen aufbauen wollen oder wenn wir uns
da Gedanken machen wollen, wie der vernünftige Aufbau aussehen soll, dann müssen wir das von unten aus machen. Deswegen haben wir mit den Gemeinden angefangen und gesagt, wir brauchen eine neue Struktur, die Landgemeinde, die Verwaltungsgemeinschaft ersetzt. Dann muss man sich relativ schnell überlegen, was kommt denn darüber? Aus unserer Sicht ist es dann nur folgerichtig, zu sagen, darüber kann nur der bestehende Kreis kommen. Denn es ergibt wenig Sinn, eine Gemeindestruktur aufzubauen, wo sie mindestens 3.000 Einwohner haben, die also vielleicht 5.000 oder 6.000 dann im Durchschnitt haben und dann darüber einen Großkreis zu setzen, der am Ende natürlich sehr schnell vor der Frage steht, wann ist eine Aufgabe, die eine Gemeinde nicht mehr erfüllen kann, wann ist die überörtlich und wann ist sie eine Kreisfrage. Das heißt - das ist natürlich jetzt sehr abstrakt gesprochen, das merke ich schon - aber, das Problem, was sich aus dieser Großkreis- und kleiner Gemeindenstruktur ergibt, ist im Grunde, dass wir, wenn wir Großkreise hätten, von Regionalkreisen will ich jetzt mal gar nicht sprechen, sich schnell die Frage stellt, ob die Aufgaben, die der Großkreis erfüllt, es nicht mitunter auch erfordern, weil sie überörtlichen Charakter haben, dass man unterkreislich neue Strukturen bildet, die dann eine neue Zwischenebene zwischen den kleinen Gemeinden und den großen Kreisen bilden. Insofern haben wir gesagt, das kann nicht sinnvoll sein. Da ist es doch sinnvoller, an Strukturen anzuknüpfen, die wir haben. Wir wurden im Übrigen auch durch Erwägungen bestärkt, die beispielsweise in Schleswig-Holstein angestellt wurden, wo ja zunächst auch die Große Koalition, die dort besteht, sich gesagt hat, wir wollen eine Kreisgebietsstruktur reformieren und am Ende das Ergebnis stand, dass man jetzt sagt, es gibt sehr wohl Dinge, wo die Landkreise kooperieren können, wo wir also Effizienzpotenziale haben, weil es einfach aus der Natur der Sache sich ergibt, dass man bestimmte Aufgaben vielleicht gemeinsam kostengünstiger erwirtschaften kann, aber es gibt eben überhaupt keine Notwendigkeit, dass man die Kreisstrukturen komplett zusammenlegt. Da ist es sinnvoller aus der Perspektive der Legitimation vor Ort und der Selbstverwaltungsgarantie vor Ort zu sagen, wir wollen deswegen, dass die Kreise fortbestehen und wo es Optimierungsbedarf gibt, wollen wir durch interkommunale Kooperationen, die dort in anderer Form gehandhabt werden sollen, letztlich erreichen, dass kostengünstige Verwaltung ermöglicht wird.
Wenn wir dann auf der Kreisebene sagen, die Kreise bleiben so, wie sie sind, dann ist man auch relativ schnell und folgerichtig bei der Frage: Ergibt dann überhaupt die Frage nach der Zwei- oder Dreistufigkeit von Verwaltungsaufbauen einen Sinn? Aus unserer Sicht kann man die Frage zwar sinnvoll stellen, aber man kann sie nicht sinnvoll mit der
Einführung von Zweistufigkeit beantworten, sondern wir müssen uns dieser Frage anders widmen und das heißt eben, nicht herangehen und sagen, eine richtige Verwaltungsreform findet nur dann statt, wenn man die Institutionen allesamt kräftig durcheinanderschüttelt und vielleicht ein paar neue Türschilder an die Wände knallt, sondern eine Verwaltungsreform findet im Grunde nur dann statt, wenn man sich auf die Funktionsweisen bezieht, also einen aufgabenbezogenen Blick übernimmt. Da haben wir relativ schnell festgestellt, dass wir mit unserem Landesverwaltungsamt - auch wenn man das im Detail natürlich nicht immer sehr positiv goutieren mag, was da geleistet wird - eine leistungsfähige Bündelungsbehörde haben, die zum einen eine zentrale Bündelung von überörtlichen Vollzugsaufgaben gewährleistet mit fachübergreifendem Koordinierungsbedarf. Ich will hier das Beispiel nennen, was passiert, wenn Sie einen Flächennutzungsplan beantragen, dann kommt es nämlich relativ schnell dazu, dass Sie feststellen müssen; wir brauchen hierzu Belange des Gewässerschutzes, die beachtet werden müssen, Belange des Naturschutzes, Belange der Raumordnung, des Immissionsschutzes und ähnliche Dinge mehr, die Berücksichtigung erfahren müssen und wo die Gemeinde, die einen Flächennutzungsplan beantragt, eben jetzt aus der gebündelten Behörde im Landesverwaltungsamt einmal den Flächennutzungsplan beantragt und dann entsprechend auch alle Genehmigungen bekommt, während Sie, wenn Sie auf die Bündelungsbehörde verzichten, bei vielen Aufgaben feststellen müssen, dann müssen die anders wahrgenommen werden, und zwar auch auf Landesebene, und zwar dann in Sonderbehörden. Dann müssten Sie also, wenn Sie einen solchen Flächennutzungsplan erstellen wollen, diese Genehmigungen von verschiedenen Sonderbehörden abfragen. Es stellt sich daher die Frage, ob das wirklich sinnvoll ist. Es führt zu einem höheren Verwaltungsaufwand, weil nämlich auch Prozesse, die wir jetzt gebündelt haben, dann wieder doppelt gemacht werden müssen. Insofern spricht aus unserer Sicht deshalb viel dafür, dass wir die Vermittlungsfunktion und auch die Bündelungsfunktion des Landesverwaltungsamts weiter erhalten. Zur Funktion als Widerspruchsbehörde möchte ich jetzt nicht weiter viel erzählen.
Ein anderer Beweggrund - wir haben uns auch unter fiskalischen Aspekten Gedanken gemacht, ob denn diese Zwei- oder Dreistufigkeit tatsächlich Sinn macht - ist der, dass wir festgestellt haben, wenn wir eine aufgabenbezogene Sicht auf die Dinge haben, dann ist es so, dass wir zahlreiche Aufgaben nach den letzten Kommunalisierungen eben überhaupt nicht mehr kommunalisieren können. Zum einen aus Gründen bundesrechtlicher Art, weil uns das Bundesrecht vorschreibt, wir müssen als Land bzw. Staat diese Aufgabe wahrnehmen, und zum anderen natürlich
aus rein wirtschaftlichen Fragen. Denn wenn Sie jetzt eine Aufgabe zentralisiert erledigen, kann es wenig Sinn ergeben, diese Aufgabe dann künftig auf alle Kreise herunterzubrechen. Im Übrigen ist das ja auch ein Argument, was immer wieder von der Opposition gegen die letzte Funktionalreform dieser Landesregierung zwar nicht richtigerweise, aber was von Ihnen abstrakt eingeführt wurde, und dieses Argument gilt natürlich auch hier für die Frage der Abschaffung des Landesverwaltungsamts.
Wir haben dann festgestellt, wenn wir mal Äpfel mit Birnen vergleichen und in den Ländervergleich gehen, dass es bei dem Aufbau, also bei der Beschäftigtenzahl, zwischen zwei- und dreistufigen Ländern überhaupt keinen Unterschied gibt. In zweistufigen Ländern beschäftigen die Länder auf den Einwohner bezogen genauso viel Personal wie in einem dreistufigen Verwaltungsaufbau. Das heißt, es ist weniger eine Frage, ob es sich rechnet, sondern es ist eher eine Frage der Verwaltungstradition. Nennen Sie es vielleicht auch eine Frage des Geschmacks, wie man seine Verwaltung aufbaut. Es ist weniger eine Frage von Modernität, eher ist davon abzuraten, auf Biegen und Brechen eine Zweistufigkeit einzuführen, die mitnichten etwas mit Bürgerfreundlichkeit oder Bürgernähe zu tun hat.
Zu dem immer wieder vorgebrachten Argument, dass ein Defizit an demokratischer Kontrolle beim Landesverwaltungsamt vorhanden wäre, lässt sich im Grunde nur sagen, meine Damen und Herren, darauf kommt es überhaupt nicht an. Das Landesverwaltungsamt untersteht einer demokratisch gewählten Regierung, insofern gibt es eine demokratische Kontrolle. Darüber hinaus ist es für den Bürger sehr viel wichtiger, dass es eine verwaltungsgerichtliche, also eine rechtsstaatliche, Kontrolle gibt. Das ist aus unserer Sicht sehr viel wichtiger, weil wir dadurch letztlich auch für den Bürger mehr erreichen.
Zu den Kreisgebietsstrukturen haben wir zahlreiche Empfehlungen und Feststellungen getroffen, weil wir uns der Aufgabe gegenüber sahen, dass wir zwei oder drei Modelle miteinander vergleichen müssen. Unser bestehendes Modell, das Großkreismodell, was die Kollegen von der Fraktion der SPD verfolgen und was in einem anderen …
Das Regionalkreismodell ist das linke. Das größere Kreismodell, ja Frau Taubert, das größere Kreismodell und das Regionalkreismodell der Fraktion DIE LINKE.
Frage ist, ob es sinnvoll ist. Da kommen wir nach sorgfältiger Prüfung in der Mehrheit der Kommissionsmitglieder und der Sachverständigen nicht zu dem Ergebnis, dass es sinnvoll ist, eine Kreisgebietsreform mit größeren Kreisen durchzuführen. Wir kommen zu anderen Schlüssen. Darauf komme ich später noch zurück.
Zur Frage des Regionalkreismodells möchte ich Ihnen ganz eindeutig sagen, das Modell, wie es die Fraktion DIE LINKE als Gesprächsangebot vorgeschlagen hat, halten wir für verfassungswidrig, weil es mit der Selbstverwaltungsgarantie der Landkreise nicht vereinbar ist. Es ist nicht vereinbar, dass Sie eine Kreisebene haben, die völlig frei von Selbstverwaltungsaufgaben ist und an die Stelle der Selbstverwaltungsaufgaben stellt die Fraktion DIE LINKE dann die Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis, wo sie dann Mitbestimmungsrechte der Kreistage einführen möchte. Das ist aus unserer Sicht mit der Selbstverwaltungsgarantie überhaupt nicht vereinbar, sondern es bleibt dabei, es braucht ein substanzielles Gewicht von Selbstverwaltungsaufgaben im Verhältnis zu den staatlichen Aufgaben und das ist mit dem Regionalkreismodell aus Sicht der Mehrheit der Kommission nicht machbar. Wir haben weitere Empfehlungen getroffen zur Frage der gesetzlichen Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis. Hier stellen wir schon fest, dass auch wir als Landtag immer wieder dem zwar wohlgemeinten, aber letztlich nicht wirklich richtig guten Anliegen unterfallen, dass wir sagen, bei gesetzlichen Pflichtaufgaben normieren wir gesetzlich alles so weit durch, dass vor Ort überhaupt kein Entscheidungsspielraum ist. Hier sollten wir uns auch als Landtag verpflichten, für möglichst viel Freiheit und Entscheidungsspielraum vor Ort einzutreten, weil das eben am Ende auch die Selbstverwaltungsgarantie stärkt, weil es das Vertrauen der Bürger in die Kreise und ihre kommunalen Gebietskörperschaften stärkt und weil es letztlich dazu führt, dass wir einen Wettstreit um die besten Lösungen haben.
Insgesamt, meine Damen und Herren, lässt sich sagen, dass wir eine Kreisreform deswegen nicht für nötig erachten, weil sie sich auch nicht mit neuen Kommunalisierungen begründen lässt. Wir sehen derzeit keine Aufgaben, die noch weiter kommunalisiert werden können, insoweit kann man eine solche Reform letztlich auch nicht mit beabsichtigten Kommunalisierungen begründen. Ich möchte an dieser Stelle sagen, wir haben ja nicht nur die Verwaltungseffizienz zu berücksichtigen, sondern wir haben eben auch die Frage von Bürgerbeteiligungen und Bürgernähe und Legitimation vor Ort zu berücksichtigen und in diesem Spannungsverhältnis, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt sich aus unserer Sicht mit der Magie verwaltungswissenschaftlicher Zahlenspiele relativ wenig erklären, sondern da
spricht doch mehr dafür, die bestehenden Strukturen zu erhalten. Jetzt möchte ich an der Stelle noch ergänzen, für die bestehenden Strukturen spricht auch, dass wir bei der Frage der Personalausgaben, die letztlich ja ein ganz großer Teil der Ausgaben der Landkreise darstellen und auch ein Moment sind, womit man die Effizienz begründen kann, dass wir bei den Personalausgaben der Landkreise außerordentlich günstig sind. Ich darf Ihnen die Zahlen kurz vorstellen. Wir haben bei der Thüringer Kommunalebene 481 € je Einwohner, das trifft auf einen Bundesschnitt von 533 € je Einwohner, und einen Durchschnitt der neuen Länder von 517 € je Einwohner, das heißt, wir liegen deutlich unter dem ostdeutschen als auch unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Insofern sind wir gut beraten, wenn wir diese effizienten Strukturen so erhalten, denn auch die Gebietsreform der 90er-Jahre lehrt uns ja, dass eine solche Reform nicht frei von Brüchen ist, dass eine solche Reform auch nicht frei von Verwerfungen ist und dass es lange dauert, ehe sich eine eingespielte Verwaltung tatsächlich darauf einlässt.
Ganz anders, meine Damen und Herren, sieht es deswegen mit dem Verwaltungsverfahren, mit der Verwaltungsmodernisierung aus. Aus unserer Sicht ist nämlich weniger die institutionelle Reform notwendig durch neue Strukturen, sondern es ist wesentlich mehr notwendig, dass wir uns auf den Prozess der Verwaltungsmodernisierung durch eGovernment konzentrieren. Hier haben wir in Thüringen eine Reihe von e-Government-Diensten, die den nationalen Vergleich nicht scheuen müssen. Wir haben aber vor allen Dingen auch durch die EG-Dienstleistungsrichtlinie eine Neuordnung des Verwaltungsprozesses, den vielleicht viele noch gar nicht absehen können, der aber dazu führen wird, dass wir die Verwaltungsprozesse ganz anders denken müssen, nämlich weg von der reinen Aufbauorganisation von Verwaltungen hin zu einer Prozessorganisation von Verwaltungen. Das hat zum einen Aspekte der Bürgerfreundlichkeit, dass nämlich der Bürger, etwas abstrakt formuliert, völlig frei von Raum und Zeit auf die Behörden zugreifen, entsprechende Informationen bekommen, Formulare ausfüllen und gegebenenfalls auch per Internet absenden kann. Das hat aber auch Potenziale - und das sind, glaube ich, die, auf die wir uns noch sehr viel stärker konzentrieren müssen - der Kostenersparnis innerhalb der Verwaltungen. Die Wissenschaftler, die wir dazu angehört haben, haben uns anhand von berechneten und tatsächlich erzielten Beispielen gezeigt, dass durch die Bündelung von typischen Unterstützungsprozessen wie Bescheiderstellungen etc. zwischen 20 und 30 Prozent Kostenersparnis erzielt werden können. Das heißt, die Bündelung
zwischen den Kommunen und auch zwischen den Landkreisen, also die kommunale Kooperation, eröffnet Möglichkeiten, in IT-Infrastruktur zu investieren, in letztlich Rechenzentren zu investieren, wo Unterstützungsleistungen vorgehalten werden können, so dass zum einen das Verwaltungsverfahren beschleunigt werden kann und zum anderen aber auch dadurch erhebliche Kosten gesenkt werden können.
Wir haben auf diesem Weg dahin natürlich noch einige Hindernisse zu nehmen, das ist die Rechtssicherheit des elektronischen Verkehrs, das sind die Fragen, wenn man beispielsweise Datenpools eröffnen möchte, dass diese Datenpools natürlich auch datenschutzrechtlich abgesichert sein müssen, und es sind die Fragen der medialen Standards, dass wir Medienbruchfreiheit garantieren können, um Systembrüche zu vermeiden. Das heißt, wenn Sie eine entsprechende Datei oder einen entsprechenden Vorgang von der einen Ebene, der kommunalen Ebene, auf die Landesebene senden wollen, muss es natürlich möglich sein, auf allen Ebenen diesen Vorgang auch zu bearbeiten. Hier müssen wir als Land dafür sorgen, dass wir nicht sagen, welche Technik vor Ort eingesetzt werden muss, sondern wir müssen dafür sorgen, dass wir definieren, welcher Standard eingehalten werden muss, so dass zum einen für unsere mittelständischen Unternehmen hier weiter Möglichkeiten von Auftragsübernahme bestehen und zum anderen aber sichergestellt ist, dass wir das Effizienzpotenzial, was in den Gebietskörperschaften liegt, letztlich auch heben können. Das heißt, wir brauchen insgesamt eine Prozessneugestaltung und müssen letztlich die Ressourcen, die wir haben, insgesamt teilen, so dass es weiterhin möglich ist, auch mit kleineren Gebietskörperschaften die öffentlichen Leistungen auch in einer besseren Qualität schneller und beschleunigt dem Bürger nahezubringen.
Insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, haben wir als Kommission - anders als manche Zeitungen heute geschrieben haben - durchaus einen Weg nach vorn definiert, der sehr viel moderner ist als das, was uns bisher als Moderne verkauft wurde. Es ist aus unserer Sicht überhaupt nicht modern, nur die Behördenschilder auszuwechseln, sondern modern ist, sich auf die Prozesse der Verwaltung zu konzentrieren, sich hieran zu machen, wie wir die so gestalten können, dass die Verwaltungsprozesse so optimal laufen, dass die entsprechenden Genehmigungen auch so schnell wie möglich und mit großer Rechtssicherheit erstellt werden können.
Ich möchte daher jetzt schließen. Wir haben aus unserer Sicht eine stichhaltige Analyse vorgelegt, die mit dem Ergebnis schließt, dass in der Tat die Gebietsreform ein Problem ist, nicht aber unsere Ge
bietsstruktur. Deswegen, meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, dass der Landtag diesen Bericht so zur Kenntnis nimmt und entsprechend auch bei seinen Beratungen über mögliche Änderungen berücksichtigt. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Angst, ich habe mir hier nicht meinen Redebeitrag mit nach vorn genommen, sondern das ist noch mal der Abschlussbericht der Enquetekommission. Insofern kann ich Sie beruhigen. Aber ich denke, im Detail ist es doch noch mal wichtig, auf ein paar Fragen einzugehen, die mein Kollege von der CDU, Herr Carius, in seiner Eigenschaft als ehemaliger Vorsitzender der Enquetekommission hier vorgetragen hat, und logischerweise Ihnen auch noch mal darzulegen, was uns bewogen hat, ein entsprechendes Minderheitenvotum zum Abschlussbericht der Enquetekommission vorzulegen.
Meine Damen und Herren, wir als LINKE waren ja von Anfang an etwas skeptisch, was die möglichen Arbeitsergebnisse der Kommission betrifft. Wir sind nicht enttäuscht worden, was die Skepsis betraf hinsichtlich des Ergebnisses der Enquetekommission. Ich sage auch, bereits zu Beginn - als Sie, zwischen CDU und SPD diese Einsetzung ausgehandelt haben - war erkennbar, dass zumindest eine Fraktion - und das ist hier mehrfach in diesem Haus betont worden -, die CDU-Fraktion, kein richtiges Interesse an einem zeitnahen und qualitativ hochwertigen Ergebnis hatte. Ich will nur darauf verweisen, dass in mehrfachen Debatten der Ministerpräsident Althaus es hier selbst am Pult verkündet hat, dass es keinen Bedarf gibt, in Thüringen an jeglichen Strukturen zu rütteln, sei es auf der gemeindlichen Ebene, sei es auf Landkreisebene und schon gar nicht auf der Ebene der Landesverwaltung. Sie haben mehrfach hier behauptet, alles ist gut, die Behördenstruktur in Thüringen sei das Nonplusultra und alles andere seien verwegene Ideen. Insofern muss man zumindest zur Kenntnis nehmen, dass sich auch die Mehrheitsfraktion in diesem Hause innerhalb der Enquetekommission etwas bewegt hat, dass zumindest ein kleiner Baustein von der ursprünglichen Zielstellung herübergerettet wurde, das ist die Frage der Landgemeinden. Nach fast vier Jahren Arbeit kann den Mitgliedern der Kommission, denke ich, eins bescheinigt werden, das ist die Frage, dass durchaus eine Fleißarbeit verrichtet wurde allein
durch die Tatsache, dass meterweise Analysematerial bearbeitet worden ist. Ich sage auch, in manchmal endlosen Sitzungen wurden Themen hin- und hergewälzt, aber was ich vermisst habe, war letztendlich die Dynamik und der Wille, auch ein Ergebnis erzielen zu wollen. Den Auftrag, der durch den Ministerpräsidenten an die CDU-Fraktion übertragen wurde, hat die CDU mit Bravour gemeistert, zumindest hatte sie sich nicht zu diesen Fragen zu äußern hinsichtlich der Zwei- und Dreistufigkeit der Thüringer Landesverwaltung oder auch zu Fragen der Kreisgebietsstrukturen. Ich habe auch gestern in der Öffentlichkeit noch mal gesagt, die Umwandlung in Einheitsgemeinden mit einem fortschrittlichen Ortschaftsrecht zu forcieren, das hat man versäumt. Aber Sie sind auf die Idee gekommen, ein neues Konstrukt hier einzuführen. Sie haben die Einheitsgemeinden mit einem neuen Etikett versehen und damit ein weiteres Rechtskonstrukt für Thüringen geschaffen. Nicht in der Enquetekommission ist die Idee entstanden, sondern sie haben im engsten Kreis der CDU Parteispitze in Oberhof sich versammelt, und dort dieses Modell der Thüringer Landgemeinde geboren, Herr Mohring.
Dann haben Sie zumindest eines fertiggebracht, dass in der Enquetekommission wohlwollend zu verschweigen. Ich weiß nicht, ob dabei die Stimmung gut oder schlecht war, man hat es nur daran messen können, wie sich zumindest im Nachhinein der damalige Innenminister Gasser dazu verhalten hat. Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, als er nämlich festgestellt hat, dass wesentliche Kernelemente dieses Modells sogar aus seiner Sicht verfassungswidrig seien. Diese Bemerkung hat sich sehr wohl bei mir eingeprägt und war eine interessante Aussage. Sie haben sie zumindest insofern geheilt und für Klarheit gesorgt, dass Sie den Innenminister ausgewechselt haben. Nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren, hat zumindest die CDU beharrlich an ihrem Modell festgehalten und hat auch die Fraktion der SPD für diese Konstruktion gewinnen können. Ich kann mich auch daran erinnern, als der Zwischenbericht vorgestellt worden ist, war damals Frau Taubert sehr euphorisch im Schulterschluss mit Herrn Carius und die Freundschaft hat sich bis heute gefestigt, das habe ich jetzt feststellen können. Das ist auch gut so, aber sie haben zumindest im Nachhinein feststellen müssen, dass sie aus meiner Sicht in eine taktische Falle der CDU geraten sind. Sie haben natürlich auch Probleme gehabt hinsichtlich der Glaubwürdigkeit ihres eigenes Konzepts und ihres eigenen Reformvorhabens, als SPD damit auch ein bisschen auf verlorenem Posten zu sein, weil sich die CDU in der Frage der Kreisstrukturen und auch der Verwaltungsstufigkeit nicht bewegt hat. Die Leit
bilder - ich will die noch mal in Erinnerung rufen, von den Fraktionen der Opposition, die diese entwickelt haben -, ich denke, sie wurden archiviert und aufgrund der Entscheidung durch Mehrheit der CDU war in der Enquetekommission eben keine tiefgründige inhaltliche Diskussion vonstatten gegangen, geschweige denn punktuell möglich gewesen. Da sage ich ganz deutlich, meine Damen und Herren von der SPD: Sie müssen wissen, mit wem Sie sich hier einlassen, mit wem Sie sich sozusagen in das politische Bett legen. Eine Erfahrung, die Sie gesammelt haben, war ja, dass Sie letztendlich, nach dem wir als Fraktion DIE LINKE mehrfach auch öffentlich gedroht haben,
wir würden unsere Mitarbeit verweigern, wenn sich die CDU auch nicht nur ein Stück bewegt, diesen Schritt vollzogen haben, weil die Schmerzgrenze für Sie sicherlich erreicht war. Letztendlich haben Ihre Mitglieder in der Enquetekommission ihre Mitarbeit verweigert und sind dort ausgestiegen.
Meine Damen und Herren, wir haben jetzt in Thüringen vier Modelle. Sie haben halbherzig den Versuch unternommen, auf kommunaler Ebene etwas Neues in Bewegung zu bringen, das heißt, neben den bisherigen Modellen der Einheitsgemeinde, Verwaltungsgemeinschaft und erfüllenden Gemeinde gibt es jetzt das sogenannte vierte Konstrukt, nämlich die Thüringer Landgemeinde. Anstatt für Vereinfachung und Übersichtlichkeit zu sorgen, haben Sie von der CDU strukturseitig nur für mehr Unübersichtlichkeit und durchaus Verwirrung gesorgt, und wenn Sie mit den Bürgern ins Gespräch kommen, dann gibt es eben keine Klarheit, was sich letztendlich hinter jedem einzelne Konstrukt verbirgt.
Verbindliche Aussagen und Klarheiten und auch zeitliche Vorgaben lassen Sie im Abschlussbericht vermissen. Ich denke, das war eine der Kernaussagen der Zielstellungen der Enquetekommission, so wie sie im Ursprung auch vorgesehen war.
Wir haben das Gesetz neben diesem formalen Aspekt auch wegen der Differenzierung des Ortschaftsrechts abgelehnt. Anstatt das Ortschaftsrecht - und das will ich hier noch mal betonen - prinzipiell zu modernisieren und den Bürgerinnen und Bürgern überall in Thüringen damit mehr Demokratie zu ermöglichen, ist diese positive Entwicklung ausschließlich den Bürgerinnen und Bürgern der Landgemeinden vorbehalten.
Forderung meiner Fraktion seit 2004. Es wird unter Verweis auf die durchgeführte Anhörung zum Urteil des Verfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern einfach nur festgestellt, dass eine Reform aus verfassungsrechtlichen Gründen unmöglich und zudem prinzipiell nicht erforderlich sei. Herr Carius hat das in seinen Ausführungen soeben nochmals betont. Sie haben sich hinter diesem Urteil versteckt und es als Totschlagargument genutzt, um sich damit jeglicher Debatte zu entziehen. Ich sage Ihnen, in Mecklenburg-Vorpommern ist momentan selbst Ihre Partei - das wissen Sie am besten - dabei, diesen Sachverhalt aufzuarbeiten und an dieser Kreisreform weiterzuarbeiten. Auch mit Blick in Richtung SachsenAnhalt oder Sachsen hat man diese Konstrukte genau weiterverfolgt. Allein die Erfahrungen, die dort gesammelt worden sind, haben Sie hier in den Wind geschlagen und sie haben keine Berücksichtigung gefunden. Dabei wissen wir alle, wie solche Anhörungen ablaufen und auch abgelaufen sind. Jede Fraktion hat ihre Experten favorisiert und vorgeschlagen in Erwartung dessen, was sie natürlich auch hören wollen.