Protocol of the Session on December 12, 2008

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die CDUFraktion Frau Abgeordnete Stauche auf.

Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren, ich werde nicht viel dazu sagen, alles Sachliche und Fachliche wurde in der letzten Beratung gesagt. Man muss ja hier nicht ständig die parlamentarischen Beratungen aufhalten, indem man alles doppelt, dreifach und vierfach sagt.

(Beifall CDU)

Wir werden das Gesetz ablehnen, wie schon letztens gesagt, da die Regelung von Vorgaben des Bundes abweicht. Nach § 53 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz sind Asylbewerber in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen; die Abweichung davon ist möglich, denn es wird in Thüringen in den kreisfreien Städten und den Kreisen praktiziert und deshalb ist hier keine Änderung notwendig. Ich mache auch noch einmal darauf aufmerksam, dass wir hier in Deutschland selbstverständlich den Asylbewerbern und Flüchtlingen, die politisch verfolgt sind, Unterkunft geben werden und müssen und auch wollen, wir uns aber die Ressourcen bewahren müssen. Es gibt ja unterschiedliche Asylbewerber; es gibt auch Wirtschaftsflüchtlinge, die wir hier in Deutschland dann ablehnen. Wenn wir die alle hier aufnehmen und ihnen allen die gleichen Lebensbedingungen wie jedem Deutschen bieten, würde das einfach den Staat und damit den Geldbeutel des Bürgers überfordern. Deshalb bewahren wir uns die Ressourcen für die, die es wirklich notwendig haben. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab. Danke.

(Beifall CDU)

Ich habe jetzt keine weiteren Redeanmeldungen. Doch, für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Berninger und für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Pelke.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wollte tatsächlich abwarten, ob Frau Stauche inhaltliche und sachliche Argumente noch anführen kann bei ihren jetzigen Bemerkungen. Es war keine Rede. Sie sagt, beim letzten Mal wäre schon sachlich und fachlich alles gesagt worden - das konnte ich beim letzten Mal nicht erkennen. Ich werde aber noch auf diese Unterstellung eingehen, die ich gerade gemacht habe. Wir haben mit unserem Gesetzentwurf beantragt, den Satz 1 des § 2 Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz zu ergänzen. In § 2 dreht es sich um die Unterbringung. Das hat auch Frau Stauche erkannt und wir wollen in dem Paragraphen einen Satz 4 neu anfügen, der da heißt: „Bei der Wahl der Unterbringungsform sind sowohl öffentliche Interessen, wie Aspekte der Integration und des sozialen Ausgleichs, die Wahrung der Grund- und Menschenrechte oder administrative Gesichtspunkte, als auch die Belange des Ausländers zu berücksichtigen.“ Dieser von uns vorgeschlagene Satz widerspricht explizit nicht dem Bundesrecht. Im Gegenteil, Frau Stauche, Sie vergessen immer wieder zu erwähnen, dass an dem Satz, den Sie aus § 53 des Asylverfahrensgesetzes zitieren, noch ein anderer Satz dranhängt, nämlich der, in dem es darum geht, dass sowohl öf

fentliche Interesse als auch die Belange des Ausländers zu berücksichtigen sind.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Das wird doch gemacht.)

Ein Satz, der im Bundesgesetz steht und den wir einfach in das Thüringer Gesetz übernehmen möchten, weil die Begründung von Ausländerbehörden, Ausländer und Ausländerinnen, Asylsuchende, zum Teil auch Geduldete in Gemeinschaftsunterbringungen unterzubringen, häufig die ist, dass das Thüringer Gesetz die Abweichung vom Regelfall der Gemeinschaftsunterbringung nicht vorsieht. Natürlich wären die Ausländerbehörden selbst auch in der Lage, das Bundesgesetz aufzuschlagen und dort mal nachzulesen, aber viele denken, das Landesrecht sei das höher zu nehmende Recht und man hätte diese Auslegungsvarianten nicht.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Da haben Sie in der Schule nicht aufge- passt.)

Ich bin in der Lage, Texte zu lesen, ich habe in der Schule aufgepasst, Frau Stauche. Ich habe immer den Eindruck, Sie würden nicht richtig lesen.

Gestern hat meine Fraktionskollegin in einem anderen Zusammenhang die Wortgruppe gesagt, die Frau Sojka war das: „Scheinheiligkeit als Prinzip“. Die habe ich mir gleich aufgeschrieben, weil ich mir zu dem Zeitpunkt das Plenarprotokoll aus der letzten Sitzung durchgelesen habe und gerade bei der Rede der Frau Stauche angelangt war.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Das ist doch schon wieder eine Beleidigung.)

Ich will Ihnen mal einen Satz zitieren: „Die Fraktion DIE LINKE will durch die Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes sowie durch zahlreiche Maßnahmen und Initiativen im Bereich der Flüchtlingspolitik die Situation der im Lande lebenden Flüchtlinge verbessern. Das ist ein lobenswertes Ansehen, das sehen wir genauso.“, Originalzitat Frau Stauche in der letzten Plenarsitzung. Scheinheiligkeit als Prinzip, hat Frau Sojka gestern gesagt, und ich kann das einfach an diesen Satz nur anfügen.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Bei Ih- nen darf man ohne Ende beleidigen.)

Sie sagten dann nämlich auch, Sie dächten, nur unser Weg sei der falsche. Inhaltlich würden Sie uns also zustimmen, aber der Weg sei der Falsche. Nichtsdestotrotz haben Sie dann aber abgelehnt, den Gesetzentwurf

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Ich warte auf Ihren nächsten.)

sowie den Antrag zur Flüchtlingspolitik an die Ausschüsse zu überweisen. Dort nämlich wäre Gelegenheit gewesen, uns zu erläutern, wie Sie denn den Weg für eine bessere Flüchtlingspolitik in Thüringen sehen könnten. Sie haben das aber überhaupt nicht auf Ihrer Agenda, die Flüchtlingssituation zu verbessern. Sie wollen schlicht und einfach nur unsere Anträge ablehnen, aber dann können Sie sich solche Sätze wie „Das ist ein lobenswertes Ansehen“ auch sparen, sehr geehrte Frau Stauche.

Ich will in Bezug auf die Unterbringung noch sagen, Thüringen gilt in der Bundesrepublik als Lagerland. Flüchtlinge werden zu großen Teilen in Thüringen, im Gegensatz zu anderen Ländern in der Bundesrepublik, in Lagern, in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Thüringen belegt laut Angaben der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktionskollegen im Bundestag, den dritten Platz nach Bayern und Brandenburg. Im Jahr 2006 lebten 82,6 Prozent der §-3-Leistungsempfängerinnen, also derer, die die Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, in Gemeinschaftsunterkünften. Sie müssen aber nicht traurig sein, sehr geehrte Damen und Herren der CDUFraktion, dass Sie hier nur den dritten Platz gemacht haben; bei der Bargeldquote hat Thüringen gewonnen. 2006 bekamen nur 1,8 Prozent der §-3-Leistungsempfängerinnen Bargeld. Im Bund war der Durchschnitt damals 48,7 Prozent. Dass damit auch höhere Kosten einhergehen, ist nachgewiesen durch einen Gesetzentwurf sogar der CDU-Fraktion im Bundestag von vor einigen Jahren. Aber das scheint Sie nicht zu kümmern, obwohl Frau Stauche in ihrer Rede in der letzten Plenarsitzung den Kostenfaktor als Horrorszenario an die Wand gemalt hat: Man könne sich das gar nicht leisten, das würde das ganze Geld auffressen und dann hätte man überhaupt kein Geld mehr.

Frau Stauche hat eben gesagt, sachlich und fachlich wäre alles schon von ihr gesagt worden. Ich kann das nicht erkennen.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Anfrage durch die Frau Abgeordnete Stauche?

Selbstverständlich.

Bitte, Frau Abgeordnete Stauche.

Sie wissen aber, Frau Berninger, dass 80 Prozent der Asylbewerberanträge abgelehnt werden. Geben Sie mir da recht, dass das so ist?

Die genaue Zahl habe ich jetzt nicht im Kopf. Ich würde aber gern wissen, in welchem Zusammenhang Sie diese Frage jetzt stellen.

Weil Sie für alle Einzelunterkünfte fordern und wir gesagt haben, man muss die Asylverfahren abwarten.

Ich habe den Zusammenhang immer noch nicht verstanden.

Ja, das weiß ich, dass Sie das nicht verstehen. Aber ich wollte Ihnen nur sagen, ich habe die Lösung in meiner Rede …

Ich denke, jetzt ist meine Redezeit. Ich will noch mal zitieren, was wir im Gesetzentwurf beantragt haben. Da steht nicht, alle Flüchtlinge sollen in Einzelunterkünften untergebracht werden, sondern da steht: „Die Landkreise und kreisfreien Städte können die in § 1 genannten Personen in Einzelunterbringung, Formen des betreuten Wohnens oder in Gemeinschaftsunterkünften unterbringen.“ Wahrscheinlich wären Sie bei IGLU durchgefallen, Frau Stauche.

(Beifall DIE LINKE)

Lesen Sie einfach, was wir beantragt haben.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Lang- sam habe ich es satt, Ihre ständigen Be- leidigungen.)

Frau Abgeordnete, man sollte in einer solchen Auseinandersetzung nicht mit solchen gegenseitigen Unterstellungen arbeiten, obwohl das die ganze Zeit schon im Raum steht. Bitte mäßigen Sie sich in Ihren Ausführungen.

(Zwischenruf Abg. Buse, DIE LINKE: Schade.)

Ich kann nicht versprechen, dass ich mich darum bemühe, Frau Präsidentin. Ich habe den Eindruck,

(Unruhe CDU)

dass hier absichtlich Worte verdreht werden.

Frau Abgeordnete, meine Handlungen haben Sie, wie eben Abgeordneter Fiedler richtig bemerkte, nicht zu kommentieren. Bitte mäßigen Sie sich, ich habe das Recht und die Pflicht dazu, Sie darauf hinzuweisen.

Frau Präsidentin, ich hatte nicht die Absicht, Ihre Bemerkung zu kommentieren. Es tut mir leid, wenn da ein falscher Eindruck entstanden ist.

Wir haben, meine Damen und Herren, nicht die Abschaffung der Gemeinschaftsunterkünfte gefordert, das kann man nachlesen. Wir haben auch nicht die Aufhebung der Residenzpflicht gefordert. Frau Stauche hat in der letzten Plenarsitzung - und das ist keine Unterstellung - demonstriert, dass sie eben nicht weiß, wie es z.B. um die Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen bestellt ist; da hat sie gesagt, die würden höchstens ein Dreivierteljahr dort leben. Das ist nicht so. Über die Hälfte der Flüchtlinge lebt länger als ein Jahr in Gemeinschaftsunterkünften. Da ist es dann einfach nicht mehr ein kurzer Aufenthalt, wo die Notunterkunft oder die Notlösung Gemeinschaftsunterkunft gerechtfertigt wäre.

Frau Stauche hat in der letzten Plenarsitzung deutlich demonstriert, dass sie nicht mal weiß, dass es Unterschiede in den Leistungsansprüchen zwischen

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Ich gehe jetzt raus, Ihre Unterstellungen habe ich satt.)

(Beifall Abg. Dr. Hahnemann, DIE LINKE)

Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen gibt. Es gibt anerkannte Flüchtlinge, die erhalten keine Leistungen mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern die erhalten Leistungen genau wie alle anderen Menschen in der Republik auch.

Ich bin jetzt ein wenig durcheinander gebracht, möchte aber noch mal auf den Kostenfaktor eingehen.

(Zwischenruf Abg. Schugens, CDU: Das haben Sie schon gemerkt.)

In der Stadt Eisenach gibt es in der Thälmannstraße ein Haus, das war bisher die Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Eisenach. Die Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Eisenach in der Thälmannstraße hatte in etwa 90 bis 100 Plätze vorgehalten. Ausgelastet war sie zuletzt noch mit etwa 40 Asylsuchenden bzw. Geduldeten. Daraufhin hat die Stadt Eisenach sich dazu entschlossen, die Gemeinschaftsunterkunft aufzulösen und dieses Haus, diese Wohnungen dort in Einzelwohnungen umzuwandeln. Das hat die Stadt Eisenach nicht aus Gutmütigkeit getan, dann hätte sie es nämlich schon längst tun können. Es gab zahlreiche Versuche der Fraktion DIE LINKE, dort die Gemeinschaftsunterkunft aufzulösen. Nein, die Stadt Eisenach hat die Umwandlung in Einzelwohnungen vorgenommen, weil einfach eine solche Unterkunft wirtschaftlich nicht mehr tragbar war und nicht nur die Zahl der Anerkennung von Asylgesuchen gesunken ist, wie Frau Stauche vorhin sagte, sondern auch die Zahl der Asylsuchenden. Es kommen weniger Menschen nach Deutschland, weil es sich herumgesprochen hat, dass es nicht das Paradies auf Erden ist, wenn man hier um Asyl nachsucht.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Wir haben eine Drittstaatenregelung.)

Das ist nur ein Argument, das Argument der Stadt Eisenach auf dieses Horrorszenario, was das fehlende Geld angeht. Ich kann Sie nur darum bitten, unserem Antrag zuzustimmen, oder wenn Sie tatsächlich, sehr geehrte Damen und Herren der CDUFraktion, mit uns über den Weg für eine bessere Flüchtlingspolitik reden möchten, dann lassen Sie uns den Antrag, auch wenn es heute die zweite Beratung ist, doch noch überweisen. Ich stelle den Antrag aber nicht. Wenn Sie den Weg besprechen wollen, dann stellen Sie bitte den Antrag, den Gesetzentwurf noch mal an den Innenausschuss zu überweisen, dann können wir uns gern noch mal fachlich auseinandersetzen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)