in Thüringen schon besteht. Das Erfolgsmodell heißt doch Regelschule und Gymnasium, es heißt übrigens auch Jenaplan und heißt übrigens auch Waldorf. Nicht zuletzt, das will ich betonen, auch in Thüringen gibt es Gesamtschulen. Wenn Sie diese Gesamtschulvertreter fragen, die Sie beispielsweise in Erfurt, Jena, Gotha und Gera haben, was wäre denn, wenn Sie in der gesamten Fläche in der Stadt Gesamtschulen hätten? Dann bekommen Sie die ganz klare Aussage: Dann ist die Qualität am Boden. Das sind Dinge, die man mit diesen Beteiligten auch offen diskutieren muss, und ich glaube Vielfalt und Engagement an den Tag zu legen.
Ich lasse auch diese Schelte an den Kultusministern nicht stehen, und zwar unabhängig davon, ob sie sozialdemokratisch oder christlich-demokratisch sind.
Die Kultusminister haben gute Gründe dafür, dass sie sich an dieser internationalen Lehrerstudie nicht beteiligen. Wenn Sie das möchten, ich bin auch gern bereit, Ihnen im Ausschuss auf einen Antrag hin dazu zu berichten, was die Gründe sind, warum man nicht mitmacht. Den Kultusministern dieser Bundesrepublik Deutschland sind die Lehrerinnen und Lehrer wichtig, aber es gibt gute Gründe, andere Verfahren, andere Wege zu gehen. Ich glaube, aus der Sicht heraus will man deutlich machen, dass diese Kritik zurückzuweisen ist, im Übrigen auch mit Blick auf diese Debatte Ost und West - Herr Mohring hat es ja am gestrigen Tag gesagt -, gerade vor dem Hintergrund der Debatte zur demographischen Entwicklung. Ich freue mich über jeden Kollegen in diesen alten Ländern und ich freue mich im Übrigen auch über jeden, der zu uns kommt, bei uns wohnt, der bei uns arbeitet, der bei uns lebt.
Zur Sachaufklärung letztens noch beitragend: Herr Döring, die Kultusminister haben sich dafür entschieden, dass wir nach wie vor uns national zwischen den Ländern im Rahmen des Föderalismus vergleichen. Wir haben nur eine Entscheidung getroffen, nämlich das nicht mehr unmittelbar an PISA anzuhängen, PISA-international, an dem wir weiterhin teilnehmen, sondern dass wir uns orientierend an den eigenen nationalen Bildungsstandards, die wir haben, die international orientiert sind, weiterhin vergleichen. Da werden im Übrigen auch entgegen dem, was öffentlich an manchen Stellen geäußert worden ist, Hauptschülerinnen und Hauptschüler überhaupt nicht ausgeschlossen.
Ich glaube, es gibt eine ganz wichtige Botschaft. Für mich ist die Botschaft immer wieder diejenige, man kann in diesem Lande selbstbewusst sein, Bürgerinnen und Bürger, Jugendliche, Kinder. Man kann im Prinzip bildungspolitisch nur sagen: Familien, kommt zu uns, es ist ein gutes Land, ihr habt hier gute Chancen, eine tolle Ausbildung. Ich glaube, diese Botschaft sollte man jedem mit auf den Weg geben. Danke schön.
Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, oder erhebt sich Widerspruch? Es erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist das Berichtsersuchen erfüllt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Thüringer Gesetz zur Weiterent- wicklung der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/4471 - dazu: Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 4/4713 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4733 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/4736 - ZWEITE BERATUNG
Das Wort hat Herr Abgeordneter Panse aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zur Berichterstattung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Thüringer Landtag hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2008 den genannten Gesetzentwurf an den Sozialausschuss als federführenden Ausschuss und an den Bildungsausschuss überwiesen. Der Sozialausschuss hat diesen Gesetzentwurf in seiner 53. Sitzung am 10. Oktober 2008 beraten. Er hat abweichend von den sonstigen Verfahrensgegebenheiten den Bildungsausschuss gebeten, bereits mitzuberaten zu diesem Thema. Er hat gleichzeitig be
schlossen, eine umfängliche schriftliche Anhörung durchzuführen. Der Sozialausschuss hat letztendlich am 5. Dezember 2008 die Änderungen beraten und beschlossen. Er hat gleichzeitig dabei die Änderungen beraten, die vom Bildungsausschuss am 27. November beschlossen wurden.
Die Beschlussempfehlung zu den einzelnen Punkten liegt Ihnen in der Drucksache 4/4713 zum Nachlesen vor. Deswegen verzichte ich darauf, sie einzeln vorzustellen, weise aber zu den beiden Änderungsanträgen noch darauf hin, dass der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE bereits im Ausschuss zur Beratung vorlag und dort abgelehnt wurde. Der Antrag der CDU-Fraktion lag noch nicht zur Beratung im Ausschuss vor; das hängt aber damit zusammen, dass wir mit der gestrigen Änderung zum Kinderschutz bereits im Ausführungsgesetz des SGB VIII Änderungen vorgenommen haben, so dass also in der Folgenumerierung jetzt einige Änderungen notwendig werden, die in dem Antrag Ihnen jetzt vorliegen. Ich wünsche eine zieldienliche Beratung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir beraten heute hier in zweiter Beratung das Gesetz zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe. Das Ansinnen des Gesetzes, denke ich, ist von allen Beteiligten durchaus zu begrüßen. Das Ansinnen dieses Gesetzes speist sich aus verschiedenen fachlichen, wissenschaftlichen Erkenntnissen, beispielsweise hat der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung hier schon Zielvorgaben formuliert. Die gegenseitige Ergänzung und Kooperation von Schule und Jugendhilfe ist ein Kernelement, um Kindern und Jugendlichen gegenseitig zu helfen und die Instrumente der Jugendhilfe auch in die Schule einzuführen und so Schule besser zu gestalten. Der Landesbericht, der zum 12. Kinder- und Jugendbericht durch die Landesregierung vorgelegt wurde, hat hier auch Zielvorgaben formuliert und der Gesetzentwurf, den die Landesregierung jetzt vorgelegt hat, knüpft daran an. Die Schnittmengen zwischen Schule und Jugendhilfe sind ja durchaus deutlich. Zum einen geht es um die gleiche Zielgruppe - Schüler/Jugendliche - und auch der Auftrag ist ein ähnlicher, nämlich die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die Kompetenzvermittlung, aber auch die Förderung von benachteiligten Schülern. Hierzu haben wir im Sozialausschuss eine kleine Anhörung durchgeführt und auch DIE LINKE hat sich
daran beteiligt und hat - dazu kommen wir dann noch später - verschiedene Änderungsanträge vorgelegt.
Ich möchte mich erst einmal nur auf den Artikel 1 beziehen, nämlich die Änderung des Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes, weil das aus unserer Sicht ein ganz wichtiger Punkt ist. Die Kooperation von Schule und Jugendhilfe hat aus unserer Sicht eine enorme Bedeutung, produziert doch die Schule tagtäglich immense Probleme: Dort wird ausgegrenzt, dort findet Benachteiligung statt, dort wird eben nicht nur gebildet, sondern - und das macht auch die PISA-Studie deutlich - der soziale Hintergrund spielt eine ganz wesentliche Rolle für den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern. Die Jugendhilfe mit ihren verschiedenen Instrumenten und Kompetenzen kann diese Benachteiligung revidieren, kann zur Integration in Klassenverbände und zur Integration auch in den Sozialraum beitragen. Diese Instrumente gilt es also auch an die Schule zu bringen und hier zu etablieren. Wir als LINKE haben dieses Ansinnen der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe immer schon für sehr wichtig erachtet und deshalb haben wir im Landtag den Antrag gestellt, sich zum Bericht der Landesregierung zum 12. Kinder- und Jugendbericht hier auseinanderzusetzen. Deshalb haben wir aber beispielsweise auch Anträge gestellt für ein flächendeckendes Netz an Schulsozialarbeitern in ganz Thüringen und deshalb haben wir hier auch darüber beraten, wie die Kürzungen in der Richtlinie „Örtliche Jugendförderung“ verhindert werden können. Aus unserer Sicht ist die Frage der Schulsozialarbeit eine ganz zentrale, die in Ihrem Gesetz leider keine Rolle spielt, aber die für uns als LINKE ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt ist, wenn es um die Frage der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe geht. Die soziale Selektion, die in Schule stattfindet, die sozialen Probleme, die in Schule produziert werden, die sozialen Probleme, die die Kinder und Jugendlichen dort betreffen und erleben, sind es, die mit den Instrumenten, die die Schulsozialarbeit, die Sozialarbeit an der Schule, hat, bekämpft und behoben werden können. Mit der Schulsozialarbeit kann man aber auch die Schule ergänzen, kann man Angebote aus den Sozialräumen, Angebote aus der Jugendhilfe in die Schule holen und somit Schule weiter gestalten und somit Schule nicht nur als Bildungsort, sondern auch als sozialen Ort verorten in den Sozialräumen. Ich glaube, dieses Ansinnen sollte durchaus noch mal von der Landesregierung überdacht werden.
Wir als Linksfraktion sind im Lande ständig unterwegs. Beispielsweise bei Besuchen in Berufsschulen, in Schulen, aber auch bei Diskussionen mit Jugendamtsleitern und Sozialarbeitern stellt man im
mer wieder fest, dass die Schulsozialarbeit eigentlich als ganz wichtiger Aspekt durch die Sozialarbeiter, aber auch durch die Leute in den Jugendämtern wahrgenommen wird. Hierbei ist kritisch anzumerken, dass die Landesregierung mit der Zusammenlegung der verschiedenen Förderrichtlinien und der Schulsozialarbeit ganz massive Einschnitte zu verantworten hat. Sie haben ja die Richtlinie „Örtliche Jugendförderung“ zusammengeführt aus den Punkten Schuljugendarbeit, Schulsozialarbeit und Jugendpauschale, haben zusätzlich noch den Kinderschutz und die ambulanten Maßnahmen für straffällige Jugendliche eingefügt, wobei man natürlich sagen muss, dass Sie auch noch ein Drittel der Mittel gekürzt haben. Das heißt natürlich: mehr Aufgaben und weniger Mittel. Das führt ganz einfach dazu, dass weniger Angebote in den Sozialräumen und in den Landkreisen stattfinden können. Ich glaube, dass dieser Schritt nicht unbedingt dazu beigetragen hat, die Kooperation und die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe in irgendeiner Art und Weise zu bestärken. Das grundsätzliche Problem zwischen Schule und Jugendhilfe ist aus unserer Sicht, dass die Schule quasi als preußische Zwangseinrichtung, die hoch herkommt, die in Landeshoheit steht, ganz anders mit Angeboten außerhalb der Schule umgeht als die Jugendhilfe, die bundesgesetzlich geregelt und kommunal ausgeführt wird. Hier haben wir also ein ganz großes Problem. Wenn wir die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe wirklich stärken wollen - das unterstelle ich Ihnen ja erst einmal, wenn Sie da ein entsprechendes Gesetz vorlegen -, dann braucht man natürlich auch die Kooperation von Schule und Jugendhilfe, und zwar auf Augenhöhe.
Zu Ihrem Gesetz allerdings, dazu werden wir noch kommen, wenn wir die Paragraphen noch mal bewerten, kann man grundsätzlich erst mal sagen, die Kooperation auf Augenhöhe ist weiterhin nur Wunsch. Denn alle Regelungen, die Sie hier getroffen haben, sind Kann-Regelungen, alles ist freiwillig, man soll darauf hinwirken, dass - vielleicht - etwa. Aber gerade unter solchen Bedingungen, wie wir sie in Thüringen haben - mehr Aufgaben, weniger Geld -, braucht man eine ganz klare Verpflichtung für die Schulen. Darüber hinaus will ich Ihnen noch mal kurz mit auf den Weg geben, wie es beispielsweise in den Sozialräumen aussieht, wenn Sie z.B. über Schulsozialarbeit oder über die Kooperation von Schule und Jugendhilfe sprechen. Da haben wir ganz oft das Problem, dass das, was an Angeboten stattfindet, was an Bedarfen da ist, im Regelfall gar nicht über die Mittel, die das Land in diesem Bereich zur Verfügung stellt, abgedeckt werden kann. In dem Bericht zum 12. Kinder- und Jugendbericht haben Sie eine ganz interessante Festlegung getroffen - Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung würde ich gern zitieren -, und zwar auf Seite 31: „Mit dieser Zusammenlegung der Förderrichtlinien wird auch die in
mehreren Empfehlungen des 12. Kinder- und Jugendberichts eingeforderte Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule weiter vorangebracht. Es werden bedarfsgerechte Angebote der schulbezogenen Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit neu entwickelt, und zwar unter der Gesamtverantwortung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe.“ Das klingt erst einmal gut, aber die Realität in den Landkreisen sieht doch anders aus. Eine Neuausrichtung unter Gesamtverantwortung des Jugendamtes, das sind ja schöne Prosaworte, im Klartext heißt das, es wird gestrichen und gekürzt und die Kommunen müssen schauen, wie sie zurande kommen, die Kommunen müssen schauen, wie sie ihre Angebote aufrechterhalten. Wenn man Kooperation befördern möchte, sie auch von Schule einfordern möchte, geht das natürlich nicht, indem man die Mittel streicht, die Aufgaben erhöht und eine bessere Qualität einfordert, weil das dann nur Konkurrenzkampf bedeutet, weil das dann auch in den Sozialräumen in den Landkreisen Ängste schürt, nämlich Verlustängste. Schauen Sie es sich an, gehen Sie in die Schulen, wo Sozialarbeiter noch angegliedert sind, da gibt es durchaus die Befürchtung, ob der Sozialarbeiter im nächsten Jahr noch für die Schule zuständig ist oder nicht und ob man in den Landkreisen überhaupt noch einen hat. Frau Leukefeld aus Suhl kann ja ganz aktuell berichten, welche Verhandlungen es gibt und wie schwierig diese derzeit sind zwischen den Bereichen der Jugendhilfe und den Bereichen der Schule. Da wird ganz klar deutlich, dass mit einem Weniger an Geld und einem Mehr an Aufgaben eine Kooperation von Schule und Jugendhilfe auf Augenhöhe nicht zu machen ist.
Die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe ist auch uns wichtig und deshalb hat die Fraktion der LINKEN verschiedene Änderungsanträge gestellt und die möchte ich an dieser Stelle kurz erläutern. Aus unserer Sicht gibt es ganz wesentliche Punkte, zum einen die Änderung des § 9 im Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz, also die Frage der beratenden Mitgliedschaft im Landesjugendhilfeausschuss. Die Welt wird sich auch weiterdrehen, wenn dort mehr oder weniger beratende Mitglieder sind. Aber ich glaube, wenn man dort für eine Kooperation streiten möchte, kann man unserem Änderungsantrag durchaus zustimmen, Leute, also Vertreter vom Landeselternverband der Kindertagesstätten beispielsweise, mit beratender Stimme in den Jugendhilfeausschuss zu holen. Ein Mehr an fachlicher Kompetenz und ein Mehr an Sichtweisen auf die Probleme in der Jugendhilfe aus den Reihen der Schule ist durchaus angezeigt.
formuliert. Ich möchte den gern zitieren, Frau Präsidentin: „Die Jugendhilfe- und Schulnetzplanung muss zum Zwecke der Integration im Sozialraum und zur gegenseitigen Kooperation aufeinander abgestimmt und gemeinsam geplant werden.“ Dieser Änderungsantrag fordert die Kooperation auf Augenhöhe mit der Schule ein und fordert auch ein, dass Schulnetzplanung und Jugendhilfeplanung aufeinander abgestimmt werden, und zwar gemeinsam geplant werden. Aus unserer Sicht, wenn wir sozialräumlich denken - und die Jugendhilfe und viele Kommunen sind gerade dabei, sozialräumliche Planungen im Bereich der Schule und der Jugendhilfe zu befördern -, wenn wir die Angebote der Jugendhilfe in die Schule bringen wollen, wenn wir auch die Schule erweitern wollen und die Möglichkeiten, die Jugendhilfe hat, der Schule auch darlegen wollen, dann ist die gemeinsame Schulnetzplanung und Jugendhilfeplanung ein ganz wesentlicher Schritt, um hier voranzukommen. Bei der Formulierung, wie sie im Gesetzentwurf der Landesregierung steht, dass darauf hingewirkt werden soll, dass diese beiden Planungen aufeinander abgestimmt werden, kann man natürlich sagen, das ist gut, dass Sie das sozusagen im Blick haben, aber eine wirkliche Verpflichtung, eine wirkliche Kooperation auf Augenhöhe, wie sie gefordert wird, auch von den Fachleuten, gerade der Jugendhilfe, die findet damit nicht statt. Ich weiß aus Ihrem Hause, dass das schon sehr große Diskussionen zwischen dem Kultusministerium und dem Sozialministerium abgefordert hat, überhaupt zu solch einer schwammigen Lösung zu kommen, aber ich glaube, wenn wir diesem Anliegen der Kooperation von Jugendhilfe und Schule Rechnung tragen wollen, dann braucht man hier ganz konkrete und sehr verbindliche Absprachen. Selbst die Kooperationsvereinbarung, die zwischen den Häusern und dem Landkreistag und dem Gemeinde- und Städtebund abgeschlossen wurde, strotzt geradezu von Unkonkretheit. Ich glaube, wenn man diese Kooperation wirklich forcieren möchte, dann braucht man ganz knallharte Absprachen und ganz knallharte Forderungen und Formulierungen.
Darüber hinaus haben wir beispielsweise einen Änderungsvorschlag eingereicht für den § 14. Da geht es um die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe und verschiedene Aufgabenbestimmungen. Da möchten wir gern einfügen, dass, wenn Sie schon von den Kommunen höhere Standards erwarten, Sie dann natürlich auch die entsprechenden finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen, nicht nur was die gemeinsame Planung anbelangt, nein, auch was solche Angebote anbelangt wie beispielsweise Schulsozialarbeit. Kooperation herauszufordern, Kooperation einzufordern ist die eine Sache. Ich glaube, das geht nur, wenn entsprechende finanzielle Mittel auch ausgereicht werden, ansonsten wird das ein Hauen und Stechen zwischen den einzelnen Trägern, zwischen den einzelnen Angeboten. Das tut der Jugend
Darüber hinaus möchten wir einen Änderungsantrag für das KJHG stellen, also für das Ausführungsgesetz zum KJHG in § 19. Die Landesregierung hat mit der Haushaltsdebatte 2005/2006 den § 19 verändert mit dem Haushaltsstrukturgesetz, und zwar ohne, dass darüber in irgendeiner Art und Weise inhaltlich beraten wurde. Dieser § 19 hat den Bestandteil der Jugendberufshilfe für die Kommunen verpflichtend geregelt. Wahrscheinlich gab es da auch wieder Druck vom Thüringischen Landkreistag bzw. vom Gemeinde- und Städtebund, diesen § 19 zu verändern. Wir als LINKE möchten ihn wieder in die ursprüngliche Form zurückholen, nämlich mit der Verpflichtung der Kreise, Jugendberufshilfemaßnahmen anzubinden oder auch anzubieten in den einzelnen Schulen. Das hat folgenden Hintergrund: Wir alle und auch Sie, Frau Lieberknecht - Sie waren ja neulich bei der großen Fachtagung zum Thema „Demographischer Wandel“ -, wissen, was diese Probleme für Thüringen bedeuten. Wir hatten das auch gerade in der PISA-Debatte gehört. Diejenigen, die kompetent sind, diejenigen mit Abitur, diejenigen mit einem ordentlichen Studienabschluss verlassen das Land. Immer mehr kehren Thüringen den Rücken. Das heißt, wir haben hier ein ganz großes Abwanderungsdefizit. Und diejenigen, die ohne Schulabschluss sind, diejenigen, die nur niedrig qualifiziert hier die Schulen und die Berufsschulen verlassen, bleiben hier. Ganz exemplarisch kann man das natürlich in den strukturschwachen Landkreisen nachvollziehen. Wenn wir also dem Fachkräftemangel begegnen wollen und wenn wir vor allem den niedrig qualifizierten Jugendlichen hier in Thüringen eine Perspektive jenseits von Hartz IV bieten wollen, dann müssen wir uns als Politik, dann müssen wir uns als Land auf den Weg machen und dafür Sorge tragen, dass diese jungen Menschen hier in Thüringen Perspektive haben. Diese Perspektive geht aus unserer Sicht nur über die Qualifikation. Ohne Qualifikation, ohne Bildung haben diese jungen Leute hier keine Perspektive.
Dass das Problem so ist, können Sie, glaube ich, nicht bestreiten. Man hat mittlerweile auch schon das Problem in den Betrieben, in den Landkreisen, wo die wirtschaftliche Situation ein wenig besser ist - beispielsweise gibt es im Saale-Orla-Kreis viele metallverarbeitende Betriebe -, qualifiziertes Nachwuchspersonal zu finden. Die haben jetzt Probleme, Facharbeiter zu finden, die sie einstellen können. Auf der anderen Seite gibt es über 30.000 Jugendliche ohne Schulabschluss, ohne Berufsausbildung. Diesen Jugendlichen eine Perspektive zu bieten, das sollte schon ein ganz, ganz wichtiger Ansatz für uns sein.
Das, was man Ihrem Gesetz entnehmen kann, ist so ein Stück weit: Ja, wir versuchen das. Man kann Ihnen schon den guten Willen unterstellen, aber wirklich konkret wird es leider nicht. Ich möchte die Ausführungen hier an dieser Stelle zu Artikel 1 Ihres Gesetzes beenden: Die Botschaft höre ich wohl, allein es fehlt der Glaube. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, was lange währt, wird deshalb nicht unbedingt gut. Das uns vorliegende Gesetz ist der Beweis dafür. Es wurde von der Landesregierung seit Jahren angekündigt. Angesichts dieser Tatsache hätte ich mir mehr Substanz und vor allen Dingen mehr verbindliche Partnerschaft gewünscht. Nun weiß ich, dass im Hintergrund der alte Konflikt zwischen Jugendhilfe und Schule ein wesentlicher Verzögerungsgrund war, man kann im Klartext auch sagen: der alte Konflikt zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten als den wesentlichen Kostenträgern der Jugendhilfe und dem Land als dem wesentlichen Kostenträger für die Schule. Ich weiß, dass dieser Konflikt auch weiter schwelt.
Bei genauer Betrachtung geht es letztlich um zwei entscheidende Fragen: Erstens um Kompetenzgerangel, um Klärung von Zuständigkeiten und damit um Festlegung von Verantwortung und zweitens um die Klärung der Übernahme von Kosten, die letztlich immer mit Zuständigkeiten verbunden sind.
Bittere Realität seit Jahren - und mit Blick auf die alten Bundesländer kann man sagen: seit Jahrzehnten - ist die wechselseitig geradezu gepflegte Unkenntnis der Strukturen und Bedingungen von Schule einerseits und Jugendhilfe andererseits. Damit einher gehen häufig destruktive Schuldzuweisungen. Auf den Punkt gebracht, gestaltet sich das in etwa so: Jugendhilfe und hier insbesondere Jugendämter werfen der Schule vor, deren pädagogische Versäumnisse z.B. durch Leistung der erzieherischen Hilfen und der Jugendsozialarbeit „ausbügeln“ zu müssen. Schule wiederum wirft der Jugendhilfe vor, dass sie zu
spät und zu wenig eingreife, sie erwarte, dass störende Schüler entweder schnell angepasst oder durch Zuständigkeit der Jugendhilfe „entfernt“ werden. So pflegt man auf beiden Seiten die Vorurteile, braucht sich nicht zu verändern und wusste immer den Schuldigen. Das sorgt oberflächlich zwar für ein ruhiges Gewissen, aber nicht für Problemlösungen. Für die Jugendlichen hat sich in all diesen Fällen, weil eine Kultur des Nebeneinanders gepflegt wurde, nichts zum Guten verändert. Ein Indikator für diese von mir beschriebene wechselseitige Abgrenzung ist die Situation an den Förderschulen. Dass wir die höchste Förderschulquote in ganz Deutschland haben, ist ja kein Geheimnis. Das hilft uns zwar bei IGLU und PISA, aber wir werden damit den betroffenen Kindern nicht gerecht. Wir alle wissen, dass die Lernbehinderung vieler dieser Schüler im engen Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld der Schüler steht - nicht immer, aber oft. Ich behaupte schon jetzt, wenn wir hier Grundlegendes verändern wollen, wenn wir die Integration dieser Schüler in den Grund- und Regelschulen tatsächlich leisten wollen, dann wird dies nur im Miteinander von Schule und Jugendhilfe geschehen und dann müssen sich die Rahmenbedingungen erheblich verbessern. Schule allein wird weder die erforderliche Elternarbeit noch das therapeutische Beratungsangebot, noch eine qualifizierte Jugendsozialarbeit mit den benachteiligten Schülern und deren Eltern sowie dem sozialen Umfeld leisten können. Jugendhilfe wird dazu nur in der Lage und willens sein, wenn die fachlichen Ressourcen der Schulen einschließlich des schulpsychologischen Dienstes ausgebaut und auch partnerschaftlich eingesetzt werden.
Meine Damen und Herren, Erfolg kann solch ein integrativer Ansatz nur haben, wenn die jeweiligen Instrumente von Schule und Jugendhilfe passgenau miteinander verzahnt werden. Das setzt Partnerschaft auf Augenhöhe und Kenntnisse der jeweiligen Möglichkeiten, aber auch der Grenzen voraus.
Es setzt gemeinsame Ziele und eine am Jugendlichen, am Schüler orientierte gemeinsame Hilfeplanung voraus. Bei diesem Beispiel wird überdeutlich, dass im Erfolgsfall beide Institutionen, Schule und Jugendhilfe, nach dem Motto handeln müssen „Dein Schüler ist mein Jugendlicher“ und umgekehrt „Dein Jugendlicher ist mein Schüler“. Ich wollte Ihnen das an diesem Beispiel aufzeigen, weil es, denke ich, ein Problem ist, das gerade in Thüringen uns sehr auf den Nägeln brennt. Hier ist enormer Handlungsbedarf.
Meine Damen und Herren, wenn Schule die pädagogische Erneuerung wirklich ernst nimmt und die Entwicklung einer neuen Lehr- und Lernkultur in
den Mittelpunkt stellt - und Schule muss eine neue Lehr- und Lernkultur in den Mittelpunkt stellen -, muss sie sich systematisch gegenüber dem Sozialraum öffnen und mit den Jugendhilfeträgern vernetzen. Das, meine Damen und Herren, kann nur gelingen, wenn die Kooperation von Schule und Jugendhilfe konzeptionell gemeinsam entwickelt wird und dann auch in einer soliden Vereinbarung mündet, die auch gegenseitige Rechte und Pflichten beschreibt. Die komplett unterschiedlichen Denk- und Zugangssysteme von Schule und Jugendhilfe, die sind da, die kann man nicht wegreden, aber die muss man als Chance begreifen. Nur dann, wenn die Problemstellung ernsthaft und mit großem Respekt zwischen den beteiligten Personen wirklich angesprochen, geklärt wird und auch gegenseitige Ergänzungsmöglichkeiten ausgelotet werden, kann Kooperation gelingen. Da muss ich sagen, für all diese Anforderungen, die sehr komplex sind, die aber notwendig sind, bietet das vorliegende Gesetz bestenfalls einen Anfang. Das ist besser als nichts, aber es ist nicht genug.