Protocol of the Session on January 29, 2004

Damit kommen wir zur Aussprache. Als Erste hat hier das Wort Frau Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Ministerin hat bereits darauf verwiesen, dass sich das Thüringer Gesetz mit der Änderung besoldungs- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften befasst. Es tangiert sehr stark den Hochschulbereich. Im Februar des Jahres 2002 trat das durch den Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zur Reform der Professorenbesoldung in Kraft. Ab 1. Januar 2005 gilt für alle neu berufenen Professoren die so genannte W-Besoldung, ebenso für alle C-Professoren, wenn der oder die Betreffende einen Antrag auf WBesoldung gestellt hat. Es obliegt folglich dem Parlament, bis zum 31. Dezember 2004 noch die Umsetzung in Landesrecht vorzunehmen. Rein zeitlich gesehen könnte dies selbst noch im Herbst durch den neu gewählten Thüringer Landtag geschehen. Gleichzeitig mit dem Professorenbesoldungsgesetz wurde das Fünfte Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Gegen diese Novelle haben die Bundesländer Sachsen, Bayern und Thüringen Verfassungsklage erhoben. Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen beiden Gesetzen haben insgesamt zehn Bundesländer die Entscheidung der Karlsruher Richter abwarten wollen. Ob das Bundesverfassungsgericht noch vor dem 1. Januar 2005 eine Entscheidung trifft, ist bislang noch nicht klar. Zumindest besteht dort ein gewisser Zeitdruck. Im Wesentlichen verfolgt das Bundesgesetz drei grundsätzliche Ziele im Hochschulbereich, einmal die Ablösung der altersbedingten Gehaltszuwächse durch eine altersunabhängige leistungsorientierte individuelle Vergütung. Zweitens setzt es Anreize zur Leistungssteigerung und drittens geht es um die Förderung des Leistungswettbewerbs zwischen Professoren und Hochschulen. In der Grundintention unterstützen wir diese Ziele, aber es bleiben einige Fragen offen und die möchte ich hier benennen.

Die Thüringer Hochschulen waren vom Ministerium aufgefordert, bis zum Juli des Vorjahres zum Referentenentwurf der Landesregierung Stellung zu nehmen. Da der damalige Entwurf sich unwesentlich von der jetzigen Drucksache unterscheidet, ist die Frage erlaubt, ob die Hochschulen mit all diesen Punkten einverstanden sind. Zu diskutieren sind auch die im Entwurf gemachten Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Es ist in § 10 nicht nachvollziehbar, warum Kunsthochschulen oder Fachhochschulen nur nach W 2 besoldet werden, dort gibt es den Begriff an den Hochschulen von der programmierten Unterbezahlung, will ich mal sagen. Die Universitäten werden jedoch nach W 3 eingeordnet. Auch die Begrenzung W-3-Stellen an Fachhochschulen auf 10 Prozent ist in diesem Zusammenhang noch mal zu hinterfragen. In § 14 geht es um die Ruhegehaltsfähigkeit. Nach unserer Auffassung entspricht die Regelung nicht der des Bundesbesoldungsgesetzes in § 33 Abs. 3. Dort werden befristete Leistungsbezüge nach mindestens 3 Jahren ruhegehaltsfähig, in Thüringen erst nach 10 Jahren. Damit hat aus unserer Sicht das Land

Thüringen Wettbewerbsnachteile im Wettbewerb um gute Wissenschaftler. Das Gleiche betrifft den § 15, in dem nicht eindeutig definiert ist, wie die Ost-West-Angleichung sich vollziehen soll. Das könnte auch zu einem weiteren Wettbewerbsnachteil für die Hochschulen werden, wenn das Tarifgefälle oder das Zahlungsgefälle sich so weiterentwickelt.

Die Verordnungsermächtigung in § 17 zu den Leistungsbezügen stärkt im Grunde die staatliche Einflussnahme. Das wird, soweit mir oder meiner Fraktion bekannt ist, an den Hochschulen viel diskutiert. In Stärkung der Hochschulautonomie sollen die Hochschulen ermächtigt werden, über Leistungsbezüge, Funktionsbezüge sowie Forschungs- und Lehrzulagen selbst zu entscheiden.

In meinem letzten Punkt möchte ich erwähnen, dass an den Hochschulen nicht nur Professoren beschäftigt sind. Das bedeutet, es geht auch um eine Reform des Dienstund Tarifrechts für die Angestellten und Arbeiter, auf eine Reform des BAT, die der Spezifik eines Wissenschaftsbzw. Hochschulbetriebs Rechnung trägt. Das ist stark umstritten. Wir glauben, dass dies ein Wissenschaftstarifvertrag eher bessern kann.

Wir möchten gern, dass dieser Gesetzentwurf aufgrund der von mir angeführten Problemlagen noch einmal diskutiert wird und beantragen Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Müller, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im vorliegenden Gesetzentwurf geht es vornehmlich um eine Anpassung der Hochschullehrerbesoldung an die neue Bundesbesoldungsordnung W. Dabei ist auffällig, dass die Landesregierung die durch den Bund eingeräumten Gestaltungsspielräume für eine stärkere leistungsbezogene Professorenbesoldung nur unzureichend nutzt. So wird in Artikel 2 § 11 des Gesetzentwurfs den Hochschulen zwar das Recht eingeräumt, ihren Professoren neue oder höhere Berufungs- und Bleibe-Leistungsbezüge zu gewähren, dies aber frühestens 3 Jahre nachdem solche Bezüge letztmals gewährt wurden. In der Besoldungsordnung W ist keine solche zeitliche Einschränkung vorgesehen, so dass die Thüringer Hochschulen bei Berufungs- und Bleibeverhandlungen erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber den Hochschulen anderer Bundesländer befürchten. Ebenso verhält es sich mit der in Artikel 2 § 16 thematisierten Forschungs- und Lehrerzulage. Während § 35 des Bundesbesoldungsgesetzes pauschal die Möglichkeit eröffnet, Professoren, die erfolgreich Dritt

mittel einwerben, eine Zulage aus diesen Mitteln zu gewähren, kann dies laut Artikel 2 § 16 des Gesetzentwurfs nur erfolgen, sofern der Drittmittelgeber bestimmte Mittel ausdrücklich zu diesem Zweck vorgesehen hat. Diese Bestimmung ist wenig geeignet, den materiellen Anreiz zur Einwerbung von Drittmitteln zu erhöhen. Den Thüringer Hochschulen wird so auch jede Möglichkeit genommen, Forschungs- und Lehrzulagen aus den anderweitig erwirtschafteten Drittmittelüberschüssen zu gewähren. Zu kritisieren ist zudem Artikel 2 § 14, wonach befristete Leistungsbezüge erst dann ruhegehaltsfähig werden, wenn sie mindestens 10 Jahre bezogen worden sind. Dieser Zeitraum scheint zu lang bemessen. Weitere Kritik richtet sich gegen Artikel 3 § 74 des Gesetzentwurfs, dort wird die Amtszeit der Hochschuldirektoren von 4 auf 6 Jahre verlängert. Eine derartige 6-jährige Pause im Bereich von Forschung und Lehre wird das Rektorenamt künftig für nur wenige Professoren attraktiv machen. Die Erfahrungen an der TU Ilmenau zeigen, dass es bereits jetzt schwierig genug ist, Kandidaten für ein 4-jähriges Rektorat zu finden. Änderungsbedarf sehen wir schließlich auch bezüglich der Thüringer Besoldungsordnung A in Artikel 1 des Gesetzentwurfs thematisiert. Dort wird den trotz ihres Einsatzes in mehreren Unterrichtsfächern des Bereichs Arbeit, Wirtschaft, Technik an Regelschulen vom Kultusministerium als Einfachlehrern gewerteten früheren DDR Polytechniklehrern nach wie vor ein Bewährungsaufstieg in Besoldungsgruppe A 12 verwehrt. Ebenso fehlt noch immer die Aufnahme der Abteilungsleiter an berufsbildenden Schulen in Besoldungsgruppe A 14.

Wir erkennen also, dass hinsichtlich dieses Gesetzentwurfs noch einiger Diskussionsbedarf besteht. Deshalb beantrage ich die Überweisung namens der Fraktion an den Haushalts- und Finanzausschuss federführend, wegen der zuletzt genannten Sachverhalte auch an den Ausschuss für Bildung und Medien mitberatend. Meine Fraktion wird zudem eine Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss beantragen. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Lehmann zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das vorliegende Gesetz ist ein Gesetz, das ganz einfach notwendig ist, um auf bestimmte Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene zu reagieren und die bisherigen Regelungen an diese Entwicklung anzupassen. Dieses Gesetz berücksichtigt zum einen die Zuständigkeitsänderung für das Besoldungsrecht, die vom Innen- auf das Finanzministerium, wie Frau Ministerin bereits erläutert hat, übergegangen ist. Des Weiteren wird das Thüringer

Besoldungsrecht an neue Organisationsstrukturen, z.B. Auflösung der Landesanwaltschaft und des Amtes für Rehabilitation und Wiedergutmachung in der Landesverwaltung und auch den Änderungen im Bundesbesoldungsrecht angepasst. So kann z.B. Lehrkräften mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR und einer Ergänzungsausbildung in einer anderen Laufbahnbewegung anerkannt werden. Dies ist, meine Damen und Herren, so meine ich, im 14. Jahr der deutschen Einheit längst überfällig und notwendig. Die Änderungen der Amtsbezeichnungen bei der Lehrerausbildung sind der Umstrukturierung der staatlichen Studienseminare geschuldet. Hier haben wir mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2001/2002 die entsprechenden Weichen schon gestellt. Dies rechtfertigt die Bewertung der Ämter der Leiter dieser Einrichtungen nach Besoldungsgruppen A 16 und gleichzeitiger Neubewertung der Ämter der Leiter und Stellvertreter der Studienseminare für Gymnasien und berufsbildende Schulen. Weitere Änderungen gibt es bei den Ämtern der Förderschulrektoren und Regelschulrektoren.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Thüringer Hochschulpakt haben wir den Thüringer Hochschulen eine weit reichende Selbstverwaltung übertragen. Die veränderten Bedingungen erfordern natürlich auch Flexibilität bei der Bewertung der verschiedensten Ämter einer Hochschule. Zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben des Leiters einer Hochschule wird das Rektorenamt für alle Hochschulen, wie nahezu in allen anderen Ländern auch, als hauptberufliches Amt ausgestaltet. Und zur Gewinnung und Bindung von Professoren werden Berufs-, Leistungsbezüge und Bleibe-Leistungsbezüge eingeführt, die natürlich auch befristet werden können. Um eine Personalkostensteigerung bei den eben schon genannten Wund C-Besoldungen zu vermeiden, ist der Vergaberahmen an den Besoldungsdurchschnitt des Jahres 2001 angepasst worden.

Sehr geehrte Damen und Herren, die detaillierte Beratung und eine Reihe von Fragen - die dazu bestehenden wurden hier ja eben bereits vorgetragen - des Gesetzentwurfs sollte nach Auffassung der CDU-Fraktion federführend im Haushalts- und Finanzausschuss und begleitend im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst erfolgen, was ich hiermit beantrage. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor, demzufolge schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist die Überweisung an den Haushaltsund Finanzausschuss beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss geschehen.

Weiterhin ist die Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst beantragt worden. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Diese Überweisung ist auch geschehen.

Es ist beantragt worden, an den Ausschuss für Bildung und Medien zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte? Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Damit ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt. Ich frage trotzdem nach den Stimmenthaltungen in diesem Fall. Die gibt es nicht.

Wir haben jetzt noch die Entscheidung über die Federführung zu treffen. Es ist beantragt worden, die Federführung beim Haushalts- und Finanzausschuss zu lassen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Es gibt 2 Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Es gibt keine Stimmenthaltung. Die Federführung ist beim Haushalts- und Finanzausschuss.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11.

Ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 12

Thüringer Gesetz zu dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/3912 ERSTE und ZWEITE BERATUNG

Für die Landesregierung begründet Minister Krapp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die wesentlichen Ziele des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags, um den es hier geht und zu dem Ihnen der Entwurf des Thüringer Zustimmungsgesetzes vorliegt, lassen sich folgendermaßen kurz beschreiben:

Grundsätzlich soll das Gleichgewicht im dualen Rundfunksystem unter sich ändernden Rahmenbedingungen gesichert werden. Die aktuell geführte Debatte über eine Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist jünger als dieser bereits im vergangenen September unterzeichnete Staatsvertrag. Auch wird sich die Rundfunkgebühr nach In-Kraft-Treten dieses Vertrags wie geplant zum 1. April 2004 noch nicht ändern. Neu geregelt werden sollen die Förderung von Film- und Fernsehproduktionen sowie der öffentlich-rechtliche Auftrag für Druckwerke und Mediendienste. Danach sollen künftig nur noch programmbegleitende Druckwerke und Internetangebote mit programmbezogenem Inhalt zulässig sein. Bislang

genügte es, wenn die Online-Auftritte der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten vorwiegend programmbezogen waren. Der Siebte Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht vor, entsprechende Formulierungen in den ARD-Staatsvertrag, den ZDF-Staatsvertrag und den DeutschlandRadio-Staatsvertrag aufzunehmen. Von den Änderungen des Rundfunkstaatsvertrages betroffen sind auch die so genannten Fensterprogramme im Rahmen der beiden bundesweiten reichweitenstärksten privaten Fernsehvollprogramme RTL und SAT 1, die nunmehr verpflichtend vorgesehen sind. Darüber hinaus sollen Regelungen zur Zusammenarbeit zwischen den Landesmedienanstalten, dem Bundeskartellamt und der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post aufgenommen werden. Schließlich gibt es Modifikationen im Bereich der Werbezeitenanrechnung bei Heilmittelpflichthinweisen sowie zur Umsetzung der EU-Universaldienstrichtlinie.

Meine Damen und Herren, aus medienpolitischer Sicht ist als wichtigster Aspekt die Definition des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu nennen. In einem neuen § 11 des Rundfunkstaatsvertrags ist dieser Funktionsauftrag nunmehr erstmalig gesetzlich festgeschrieben worden. Laut Staatsvertrag soll der öffentlichrechtliche Rundfunk als Medium und Faktor des Prozesses freier, individueller und öffentlicher Meinungsbildung wirken, ohne dabei seine politische Neutralität und Unparteilichkeit zu verlieren. Dies ist das Leitmotiv der spezifischen Funktionszuschreibung. Dabei hat sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk, wie die Begründung ausführt, auf die wesentlichen Lebensbereiche zu konzentrieren. Neben den bisherigen Programmaufgaben Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung werden nun auch Beiträge zur Kultur genannt. Mit diesem Ansatz konnte insbesondere dem Anliegen der Kirchen Rechnung getragen werden. Damit dieser gesetzliche Funktionsauftrag auch umgesetzt wird, müssen die ARDLandesrundfunkanstalten, das ZDF und das DeutschlandRadio jeweils Satzungen oder Richtlinien zur näheren Ausgestaltung ihres jeweiligen Auftrags erlassen. Außerdem haben diese Rundfunkanstalten alle zwei Jahre einen Rechenschaftsbericht über das Erreichte und Geplante zu veröffentlichen.

In diesem Zusammenhang haben alle 16 Länder in einer Protokollerklärung deutlich gemacht, dass die Kriterien der Selbstverpflichtungen im Hinblick auf Qualität und Quantität noch weiterer Präzisierung und Konkretisierung bedürfen. Voraussichtlich werden sich die gerade jetzt besonders heftig geführten Diskussionen über Aufgabe und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks künftig auf diesen Funktionsauftrag fokussieren. Keine Einigung gab es über die Einführung eines neuen Modells der Rundfunkgebührenerhebung. Der Vorschlag, die Gebühr nicht mehr an das Bereithalten eines Geräts zu koppeln, sondern den Haushalt bzw. die Betriebsstätte zur Grundlage zu machen, hatte sich aus Gründen des Datenschutzes und der Gebührenkompensation als prob

lematisch erwiesen und war deshalb nicht konsensfähig. Damit verbunden war auch die Frage, ob Computer, die Rundfunkprogramme aus dem Internet empfangen können, als gebührenpflichtige Geräte anzusehen sind. Dies hätte gegebenenfalls hohe Gebührenforderungen, insbesondere zu Lasten von Unternehmen bedeutet. Da ein neues Gebührenmodell aus den oben genannten Gründen nicht gefunden wurde, entschieden die Länderchefs am 26. Juni 2003, das so genannte Internet-PC-Moratorium, wonach solche Computer derzeit von der Gebührenpflicht ausgenommen werden, um zwei Jahre bis Ende 2006 zu verlängern. Diese Verlängerung ist ebenfalls Gegenstand des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Vertragswerk wurde nach umfangreichen Verhandlungen und Anhörungen vor rund vier Monaten von den Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnet und soll am 1. April 2004 in Kraft treten. Mit dem jetzt zur Entscheidung anstehenden Gesetzentwurf soll der Staatsvertrag in Thüringen Gesetzeskraft erlangen. Darüber hinausgehende Bestimmungen sind in diesem Gesetzentwurf nicht enthalten. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Vielen Dank.

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Kaschuba, PDS-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Minister hat bereits auf den Inhalt des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags in aller Deutlichkeit hingewiesen. Ich möchte noch mal unterstreichen, dass hier auch Grundsatzfragen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Debatte stehen. Wir wissen alle, dass wir an diesem Rundfunkstaatsvertrag nicht mehr viel ändern können, will aber auch gleich sagen, wir hatten im Mai des vergangenen Jahres das Parlament aufgefordert, sich zu einigen Fragen zu verständigen. Ich glaube, diese Fragen spielen auch eine große Rolle, wenn man sich dafür entscheiden muss, dem Staatsvertrag zuzustimmen oder nicht zuzustimmen. Wenn ich mir die Position der Ministerpräsidenten Stoiber, Milbradt und Steinbrück ansehe und ihre Reformvorschläge, z.B. 3Sat und Arte vielleicht zusammenzulegen, die Diskussion zum Kinderkanal, zu Phoenix, dann spiegelt sich das hier schon in gewisser Weise auch mit wider. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird in § 11 definiert, und zwar in der Weise, dass Internationalisierung und EU-Erweiterung eine Rolle spielen würden, dass die deutsch-europäische Kultur vermittelt werden soll, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Forum für politische Auseinandersetzung sein soll, ohne die Neutralität zu verlieren. Zur Neutralität möchte ich etwas sagen. Die Neutralität des öffentlichrechtlichen Rundfunks ist sehr stark in der Debatte. Ich

erinnere an die öffentlichen Auseinandersetzungen um die Wahl des ZDF-Intendanten, die also teilweise sogar als "unglaublicher Vorgang" bezeichnet wurde. Ich verweise hier auf Untersuchungen von renommierten Instituten, die sagen, die politische Unabhängigkeit der Sender ist schon lange nicht mehr gegeben. Um es einmal ganz deutlich zu machen, Helmut Kohls Postminister Schwarz-Schilling plädierte für Änderungen betreffs der Nähe von Politik und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Er hat ein verblüffendes und ehrliches Fazit gezogen. Er gestand ein, dass man sich bei der in seiner Amtszeit einsetzenden Kommerzialisierung der Sender eine größere CDU-Nähe versprochen habe. Doch stattdessen hätte man nur schlechte Programme bekommen. Also soweit dazu.

An dieser Stelle möchte ich jetzt darauf verweisen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch auf wesentliche Lebensbereiche konzentrieren soll. Es gibt ja auch die Diskussion darüber, dass die Unterhaltung nicht so einen großen Raum einnehmen soll. Da kann man unterschiedlicher Meinung sein, bei dem, was man dort an Programmangeboten hat. Aber ich will in der Weise sagen, dass die Aussage des Ministers, dass man mit der Erweiterung in Bezug auf den Begriff Kultur dem Anliegen der Kirchen wesentlich nachgekommen wäre. Das findet sich auch in einer Protokollnotiz wieder, und zwar in einer Protokollnotiz der Länder Sachsen und Baden-Württemberg. Die Programme haben insbesondere Beiträge zur Kultur und Religion nahe der Maßgabe der verfassungsrechtlichen Grundordnung in Bund und Ländern anzubieten. Es ist davon auszugehen, dass Religion bisher in Programmen bereits vorgekommen ist und die Erklärung nur so zu verstehen ist, dass religiöse Angebote zunehmen sollen und die Kopplung an Kultur nur der Vorwand ist, um dieses Angebot erweitern zu können. Soweit zu dieser Protokollnotiz.

Dann möchte ich mich noch einmal auf den § 11 beziehen. Dazu gibt es eine Protokollnotiz aller Länder, was die Selbstverpflichtung der Sender anbelangt in Bezug auf die Erfüllung ihres Auftrags. Alle Länder sagen in dieser Protokollnotiz, dass sich die Sender binden durch die Selbstverpflichtung, um den neuen Auftrag zu erfüllen, aber dass sich die Länder gern die Überprüfung vorbehalten möchten, ob diese Selbstverpflichtung erfüllt wird. In dem Zusammenhang denke ich ein wenig über die Pressemeldungen nach, die es in letzter Zeit zu den Äußerungen der Ministerin Schipanski gab, was Regularien zur Kontrolle der Medien anbelangt und ihre Inhalte. Ich glaube, in dieser Protokollerklärung findet sich ein bisschen so etwas wieder.

Ich gehe jetzt noch zu einem weiteren Punkt. Minister Krapp hatte das schon benannt. Bisher hieß es, dass Mediendienste vorwiegend programmbezogen angeboten werden sollen. Jetzt ist formuliert nur noch programmbezogen. Das ist natürlich eine Einschränkung. Das ist eine deutliche Einschränkung. Ich möchte darauf verweisen, dass der Bund deutscher Zeitungsverleger zuerst mit die

ser neuen Formulierung, vorwiegend programmbezogen, nicht einverstanden war. Erst nachdem ARD und ZDF zugesichert hatten, Online-Angebote nicht regional auszugestalten, gab es das Einverständnis. Hier wird also auch um den Medienmarkt doch ziemlich hart gerungen.

Minister Krapp hatte ebenfalls darauf verwiesen, dass die Fragen der Fensterprogramme neu bestimmt werden. In den beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehprogrammen sind zumindest in zeitlichem und regional differenziertem Umfang der Programmaktivitäten zum 1. Juli nach Maßgabe des Länderrechts, Fensterprogramme aufzunehmen, ist formuliert. Begründet wird das damit, dass die Versorgung mit Fensterprogrammen keine Frage des Medienkonzentrationsrechts sei. Bisher war vorgegeben, dass Fenster- bzw. Regionalprogramme höhere Zuschauerreichweiten zulassen, die zulässige Zuschauerreichweite von 25 auf 30 Prozent steigen darf. Unverständlich ist deshalb, dass die Programmaktivitäten, die bisher umgesetzt wurden, auf Dauer reichen sollten. Zudem muss beachtet werden, dass laut Aussagen der KEK bereits jetzt mit dem In-Kraft-Treten des Staatsvertrags gegen diese Grenzen verstoßen wird. Ich glaube, die Politik muss sich entscheiden, entweder die KEK ganz aufzulösen oder die Fragen, die von der KEK vorgegeben werden zum Medienkonzentrationsrecht auch zu berücksichtigen. Das dazu.

Dann möchte ich noch auf die Fragen der Finanzierung, zu denen ja auch einiges gesagt wurde, eingehen. Bezüglich des ZDF wird in § 30 ausgesagt, dass die Haushalts- und Wirtschaftsführung des ZDF durch Rechnungshof und Landesregierung geprüft werden kann. Es ist aber keine verpflichtende Äußerung gegenüber den Landesparlamenten drin. Wir haben das hier, das wissen Sie, auch in Thüringen bezüglich des MDR schon anders geregelt. Wir möchten aber trotzdem, dass diese Prüfrechte auch sich erweitern auf die Töchter, also weiter als es bisher ist.

Alle diese Dinge, die ich hier benenne, sind für uns Grund genug, muss ich sagen, dem Rundfunkstaatsvertrag nicht zuzustimmen, weil wir der Auffassung sind, dass diese Dinge, die sich vor allen Dingen auf den Programmauftrag beziehen und doch auf Veränderungen hinweisen, die in eine Richtung gehen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner Ausgestaltung, auch in seiner Unabhängigkeit nicht stärken, sondern eher behindern. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pidde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister Krapp hat schon wesentliche Inhalte des Gesetzes zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag dargelegt. Ich will mich deshalb auf drei Schwerpunkte, die für die SPDFraktion besonders wichtig sind, beschränken.

Einer dieser Schwerpunkte ist der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dieser wird präzisiert und wir begrüßen ausdrücklich diese Klarstellung, dass Druckwerke und Mediendienste vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur angeboten werden dürfen, wenn sie entweder programmbegleitend sind oder wenn sie über programmbezogene Inhalte verfügen. Nicht zum Programmauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, das ist auch klar definiert, gehören die adäquaten Online-Angebote, also z.B. Stellenbörsen oder Online-Shops oder kostenpflichtige Internet-Downloads, wie Filme oder Nachrichtenbeiträge.

Die Erfüllung ihres Programmauftrags werden die öffentlich-rechtlichen Sender alle zwei Jahre, beginnend ab 1. Oktober dieses Jahres in Berichtform darstellen und das ist für uns dann auch sehr interessant. Das gilt auch für die Online-Angebote. Andererseits und gerade auch wegen der Gebührendiskussion sage ich, dass wir dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinsichtlich des Internets und der neuen Informationstechniken durchaus Entwicklungschancen einräumen und diese Entwicklung auch gestatten müssen. Wichtig ist uns auch diese verfassungsrechtlich gebotene flächendeckende Grundversorgung der Bevölkerung mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Sie wird durch die Einschränkung hier nicht angetastet. Wir halten sie für ein hohes Gut und halten in der SPD schützend die Hände darüber.

Ein zweiter Punkt und ein unbefriedigender Punkt für uns sind die Regionalfenster der Privatsender. Nach Artikel 1 des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags sind die beiden reichweitenstärksten Privatsender, das sind RTL und SAT 1, verpflichtet, auch in Zukunft verpflichtet, regionale Fensterprogramme anzubieten. Dann kommt aber die Einschränkung, nur auf der Grundlage des Ist-Zustands vom 1. Juli 2002 und zweitens nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts. Das bedeutet faktisch eine Festschreibung des Status quo für den Osten und, wie gesagt, dies ist unbefriedigend. Am 01.07.2002 gab es nämlich gerade einmal ein einziges Regionalfenster in den neuen Bundesländern und das war TV-Angermünde, welches von RTL ausgestrahlt wird und weiter gibt es so etwas in keinem anderen neuen Bundesland. Das ist natürlich für uns nicht befriedigend, wenn man oben hinschreibt, sie sind auch in Zukunft verpflichtet, aber dann diese Einschränkungen macht. Für Thüringen bedeutet das den endgültigen Abschied von den Regionalfenstern der Privaten, denn im neuen Landesmediengesetz haben wir ja auch im vergangenen Jahr formuliert, dass die Privatsender auch qua Landesrecht dann nicht länger verpflichtet

sind, solche Landesfenster auszustrahlen.