Protocol of the Session on January 29, 2004

Man kann die Argumente der vergangenen Beratungen noch einmal ganz kurz wiederholen. Traditionsreiche Parlamente Europas und der Welt kommen gut ohne Bannmeilen aus. Thüringen ist das einzige neue Bundesland mit einer Bannmeile um das Landesparlament und auch in den alten Bundesländern geht der Trend eher weg davon. Versammlungsrecht, Hausrecht und Strafrecht reichen aus, um die Sicherheit der Abgeordneten und die Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu gewährleisten. Schade wäre es, wenn Sie mit Ihrer Mehrheit die Gesetzentwürfe heute einfach erledigen würden. Schade, meine Damen und Herren, wäre es, wenn diese Gelegenheit vertan würde, etwas gegen die um sich greifende Politikverdrossenheit zu tun und gegen die größer werdenden "Risse im Fundament der Demokratie", von denen der Thüringen-Monitor eindrucksvoll spricht.

Meine Damen und Herren, wir brauchen keine Bannmeile. Die Bannmeile schadet der Demokratie und ganz offensichtlich auch nachhaltig dem Demokratieverständnis und dem Freiheitsbegriff der Abgeordneten im Thüringer Landtag. Die Bannmeile ist ein Ausdruck des Misstrauens der politischen Klasse gegenüber dem Volk und dieses Misstrauen sollte sich die politische Klasse nicht leisten. Deswegen beantrage ich nochmals die Überweisung der beiden Gesetzentwürfe an die Ausschüsse, an den Innenausschuss federführend und an den Justizausschuss mitberatend. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Schemmel, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dr. Hahnemann, Sie haben zwar jetzt die Hoffnung geäußert, dass diese Anträge an die Ausschüsse überwiesen würden, um noch einmal ernsthaft darüber zu beraten, aber ich kann Ihnen versichern, die Kollegen hier geradeaus werden es schon richten, dass wir nicht erst zur Beratung schreiten, sondern dass wir weiterhin das einzige ostdeutsche Land sind mit einer Bannmeile und dies noch absurderweise unter Einbeziehung einer Straße, die den Bürgerrechtler Fuchs ehrt. Das wird jetzt schon so gerichtet werden. Wahrscheinlich ist es in fünf, sechs Minuten schon erledigt. Wenn wir denn eine Bannmeile bräuchten, könnte man für alles noch Verständnis haben. Nach der ersten Lesung haben wir umfangreich recherchiert in den ostdeutschen Ländern, speziell in Sachsen. In Sachsen, ich sage das jetzt einmal so einfach, ist es der sächsische Landtagspräsident, der dort

auf keinen Fall eine Bannmeile zulassen würde, der dieses expressis verbis schon mehrfach im Sächsischen Landtag deutlich erwähnt hat. Dort ist es der sächsische Landtagspräsident und ich glaube, dass der in der Christlich Demokratischen Union ist, der ist der Hüter des freien Raumes um sein Parlament. Er weiß wohl, dass er das Ziel auch ohne Bannmeile sehr gut erreichen kann, weil es eben diese Instrumente gibt, Versammlungsrecht, Hausrecht und weil sich dort ein Verhalten eingeschliffen hat. Dort ist ein so genanntes Demonstrationskonzept erarbeitet worden zwischen allen Beteiligten und mit diesem Demonstrationskonzept sind verschiedene Strategien verbunden, wie man verschiedene Arten von Demonstrationen erfassen und bewältigen kann. Es kommt ganz normal wie bei jeder angemeldeten Versammlung unter freiem Himmel zu einem Kooperationsgespräch, an dem Polizei, Ordnungsbehörde, der Parlamentsdienst teilnehmen. In diesem Bundesland, das von Anfang an durch die CDU regiert wird, das einen Landtagspräsidenten der CDU hat, sind auf Basis dieser rechtlichen Vorschriften, dieses Demonstrationskonzepts, bisher 140 Demonstrationen in der Geschichte vor dem Landtag abgelaufen. Die sächsische Polizei, die Dresdner Polizei, hat uns versichert, dass dies alles völlig problemlos bewerkstelligt werden konnte. Es gibt aus sächsischer Sicht nicht die geringste Absicht, noch einmal über das Problem nachzudenken. Freuen wir uns, dass wir in zwei, drei Minuten das einzige ostdeutsche Land sind, das eine Bannmeile besitzt und dass in diese Bannmeile die Straße des Bürgerrechtlers Fuchs einbezogen wird. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich schäme mich ein bisschen dafür.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zu den Abstimmungen. Es wurde Überweisung an die Ausschüsse beantragt, an den Innenausschuss und den Justizausschuss. Wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenstimmen. Das ist schon eine Mehrheit. Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall, dann mit Mehrheit abgelehnt. Ich bitte um Zustimmung, wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, bitte das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall, dann auch dies mit Mehrheit abgelehnt. So kommen wir jetzt unmittelbar zur Abstimmung über die Gesetzentwürfe, zunächst der Gesetzentwurf der Fraktion der... Ja, bitte, Frau Nitzpon.

Die PDS beantragt namentliche Abstimmung zum Gesetzentwurf der PDS.

(Unruhe im Hause)

Gut, dann werden wir jetzt die Abstimmung zum Gesetzentwurf der PDS-Fraktion, Drucksache 3/3752, in namentlicher Abstimmung durchführen. Ich bitte mit dem Einsammeln der Stimmkarten zu beginnen.

Sind alle Stimmkarten eingesammelt? Dann bitte ich mit dem Auszählen zu beginnen, Frau Kollegin Wackernagel, Frau Kollegin Wolf.

Ich darf das Ergebnis der Abstimmung bekannt geben. Es wurden 67 Stimmen abgegeben. Für den Gesetzentwurf stimmten 15, Gegenstimmen 41, Enthaltungen 11. Damit wurde der Gesetzentwurf mit Mehrheit abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 5).

Wir kommen jetzt zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD in der Drucksache 3/3811 in zweiter Beratung. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenstimmen. Danke. Enthaltungen? Dann mit Mehrheit abgelehnt. Damit entfällt dann auch die Schlussabstimmung und ich kann den Tagesordnungspunkt 8 in seinen Teilen a und b schließen.

Jetzt komme ich zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 9

Thüringer Gesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/3809 ZWEITE BERATUNG

Wir kommen auch hier unmittelbar zur Aussprache. Als Erste hat das Wort Frau Abgeordnete Arenhövel, CDUFraktion. Ist sie da? Nein. Dann bitte ich den Kollegen Nothnagel, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs im Dezember letzten Jahres äußerte Staatssekretär Benner, Frau Präsidentin, ich zitiere aus dem Protokoll der letzten Plenarsitzung: "Wir wollen alle, dass Thüringen ein behindertenfreundliches Land ist und bleibt." Wie ernst Sie diesen Satz nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren der Landesregierung und der CDU-Mehrheit, haben Sie uns heute wieder einmal ganz deutlich bewiesen, als es um die Novellierung der Thüringer Bauordnung ging. Herr Fiedler betonte in seiner Rede, wie sehr doch die Sozialpolitiker der CDU-Fraktion um den § 53, hier ging es um das barrierefreie Bauen, gekämpft haben, damit dieser letztendlich etwas für Menschen mit Behinderungen auch bringt. Jedoch ist von diesem angeblichen Kampf in dem Gesetz nichts zu finden. Ich habe auch heute bei der Debatte von diesem Kampf kei

ne Anzeichen der CDU-Sozialpolitiker hier verspüren können. Wenn Sie es wirklich ernst meinen, dann hätten Sie nicht gegen unseren Änderungsantrag, den Änderungsantrag der PDS-Fraktion, stimmen können. Aber so ist das mit Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, in den Sonntagsreden und den Aufzählungen über die Fortschritte, die es für behinderte Menschen in Thüringen seit der Wende gegeben hat und welche finanziellen Mittel bis jetzt dafür geflossen sind, sind Sie immer Spitze. Aber wenn es darum geht, darüber hinaus die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Thüringen tatsächlich zu verbessern, hapert es bei Ihnen immer sehr.

(Beifall bei der PDS)

Da nützt uns auch nichts, die Enquetekommission "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" hervorzuheben und sich selbst zu loben, welche tollen Empfehlungen der Abschlussbericht enthält, wenn sie möglicherweise nicht einmal das Papier wert sind, worauf sie geschrieben sind. Den Menschen mit Behinderungen nützt es auch nichts, wenn Sie immer theoretisch von einem Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik reden, wenn Sie dann bei der praktischen Umsetzung immer wieder das Problem aussitzen und auf die Zeitschiene gehen, einmal schauen wollen, was so die anderen machen und sie auch noch dabei beobachten und dann immer noch einmal auf die Bundesregierung, also auf Rotgrün, schimpfen. Das ist doch Ihre Methode, mit der Sie jedenfalls in dieser Legislaturperiode immer wieder versucht haben, das Thema "Gleichstellung für Menschen mit Behinderungen" und ein Thüringer Landesgleichstellungsgesetz zu verhindern. Sie kritisieren immer sehr stark die Vorschläge der Opposition und verweigern sich aber, im gleichen Atemzug mit uns gemeinsam diese Vorschläge zu modifizieren und auch umzusetzen. Sie tönen immer lautstark von einem Integrationsgesetz, welches in irgendeiner Schublade im Sozialministerium oder auch vielleicht in der CDU-Fraktion herumliegt. Außer diesen Ankündigungen haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU und der Landesregierung, aber nichts auf die Beine bekommen.

Frau Arenhövel, Sie zollten der SPD-Fraktion und insbesondere der Abgeordneten Bechthum in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs durchaus Ihren Respekt, dass sich die SPD viele Gedanken gemacht hat und sich auf das Machbare beschränkt hat. Aber genau einen Satz später lehnen Sie diesen Gesetzentwurf ab und begründen es auch noch damit, dass das Land sich momentan in einer sehr schwierigen Situation befindet, dass wir kaum in der Lage sind, die derzeitigen Gesetze überhaupt noch zu finanzieren. Nur aus diesem Grunde ist Ihr Integrationsgesetz noch nicht auf den Weg gebracht worden.

Frau Präsidentin, ich darf noch einmal aus den Plenarprotokollen der Dezembersitzung des letzten Jahres zitieren. Dort sagte Frau Abgeordnete Arenhövel, ich zitiere: "Ich

betone klar und deutlich, im Freistaat Thüringen existiert ein Referentenentwurf der Landesregierung zu diesem Thema und wir haben zugesagt und versprochen, sobald sich die finanzielle Lage bessert und wir das verantworten können, bringen wir diesen Antrag ein." Danach gab es Beifall bei der CDU-Fraktion. Wissen Sie, Frau Arenhövel, die Geschichte ist doch die: Wir erzählen wieder einmal ein Märchen, welches damit beginnt, eines schönes fernen Tages könnte vielleicht einmal sein und wir erreichen nach langer verzichtvoller Reise das Paradies. Frau Arenhövel, immer mehr behinderte Menschen im Freistaat Thüringen glauben Ihnen dieses Märchen schon lange nicht mehr.

(Beifall bei der PDS)

Merken Sie eigentlich nicht, wie unglaubwürdig Sie hierbei sind? Um das Problem noch etwas zu kaschieren, benutzt man dann wieder einmal das Böse und das Bedrohliche von außen, das da in Ihrem Märchen als die rotgrüne Bundesregierung daherkommt und die wieder einmal an allem Schuld ist, daran, dass wir kein Wirtschaftswachstum haben und dass wir keine Leistung erreichen und dass somit die finanzielle Situation noch viel düsterer wird und wir nicht mehr in der Lage sind, neue Gesetze zu finanzieren. Sie und Ihre Fraktion kommen dann noch zu dem Schluss, dass Sie auch heute leider wieder die Ausschussüberweisung ablehnen müssen, obwohl Ihnen das nicht leicht fällt, wie Sie sagten, und verwiesen wiederum auf die Enquetekommission zur "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" und wie intensiv wir uns mit dieser Problematik beschäftigt haben, wie kaum ein Landtag in Deutschland. Na toll. Und wem nützt das Ganze? Den Menschen mit Behinderungen in Thüringen wohl kaum, solange Sie die Politik maßgeblich gestalten. Aber vielleicht sehe ich das ja alles auch nur zu schwarz und bin durch meine Erfahrungen mit Ihnen in der 3. Legislaturperiode zu negativ eingestellt und erkenne gar nicht die Chance, die Sie im Dezemberplenum uns allen hier eröffnet haben, Frau Arenhövel, denn da sagten Sie, wir müssten mal überlegen, wie denn solche Integrations- und Gleichstellungsgesetze auf Landesebene aussehen. Doch das haben wir, die Opposition, Ihnen schon mehrmals gesagt und Sie wollten aber mit uns niemals darüber reden, zumindestens nicht in den Ausschüssen. Dann setzten Sie im Dezember noch einen drauf und stellten die Frage: Ist das, was momentan in Deutschland vorgelegt und beschlossen worden ist, schon das Ende der Fahnenstange oder kann man nicht noch einige von unseren Vorschlägen, die wir hier unterbreitet haben, mit einarbeiten? Ich frage Sie, Frau Arenhövel: Welche Vorschläge haben Sie überhaupt unterbreitet? Von der CDU ist mir hinsichtlich eines Landesgleichstellungsgesetzes nichts bekannt und die Enquetekommission kommt zu der Empfehlung, dass es ein Landesgleichstellungsgesetz geben soll, nicht mehr und nicht weniger. Dass Sie dann aber auch noch zu dem Entschluss kommen, sich die notwendige Zeit für die Klärung solcher Probleme zu nehmen, bis die finanziellen

Voraussetzungen vorhanden sind, nicht an den Ausschuss das Ganze zu überweisen, entzieht sich jeglicher Logik, weil das Ihrer Meinung nach dort auch nicht weiterführt. Frau Arenhövel, wäre es denn nicht ehrlicher, wenn Sie hier klipp und klar sagen, dass Sie und Ihre CDU-Fraktion ein Landesgleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen nicht wollen.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das stimmt so nicht.)

Dann wissen wir doch alle, woran wir sind und Sie müssen nicht mehr weiter so rumeiern.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit: Mecklenburg hat doch auch noch keines.)

Dass die PDS-Fraktion die Initiative der SPD-Fraktion mit ihrem Gesetzentwurf unterstützt, habe ich bereits im Dezemberplenum gesagt. Auch daran hat sich bis heute für uns nichts geändert. Dass die PDS-Fraktion jedoch einige grundsätzliche Kritikpunkte zu diesem Gesetzentwurf hat, habe ich auch in der ersten Lesung herausgearbeitet und möchte heute darauf nicht noch einmal im Einzelnen eingehen.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich es wirklich sehr bedauerlich finde, wie hier wieder einmal in diesem hohen Hause mit der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen umgegangen wird und ich möchte Ihnen hiermit ankündigen, dass es von Seiten der PDSFraktion in der nächsten Legislaturperiode des Thüringer Landtags wiederum parlamentarische Aktivitäten geben wird, bis die Forderung der Behindertenverbände nach einem Landesgleichstellungsgesetz endlich Realität geworden ist.

(Beifall bei der PDS)

Frau Arenhövel und die CDU-Fraktion sind herzlich dazu eingeladen, sich an diesem Prozess intensiv mit zu beteiligen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Arenhövel, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch dieser Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zum Landesgleichstellungsgesetz, den wir jetzt beraten, ist ein Thema, zu dem wir hier schon ziemlich viele Argumente ausgetauscht haben und die auch in großen Teilen nicht

neu sind. Herr Nothnagel, ich lasse Ihre Argumentation in ihrer Gesamtlinie so nicht gelten, denn erstens mal bringt die Bauordnung eine deutliche Verbesserung zum barrierefreien Bauen, weil der § 53 deutlich erweitert worden ist, indem nämlich mehrgeschossige Wohngebäude, wenn sie neu gebaut werden, immer ein Geschoss barrierefrei ausgestalten müssen, das kommt unseren Bestrebungen, denke ich, auch entgegen. Zum Zweiten muss ich Ihnen sagen, müssen auch Interessen immer abgewogen werden. Insofern hatten wir ja auch einen Konsens hier mit der SPD-Fraktion, dass das barrierefreie Bauen wirklich auch fachgerecht geregelt worden ist. Wir können mit Gesetzen nicht alles regeln, vieles sind auch Detailvorschriften und darüber hinaus muss man auch sehen, dass sich hier schon sehr viel getan hat, Herr Nothnagel. Wenn Sie mit offenen Augen durch die Städte gehen, dann werden Sie beobachten, dass sich gerade in Sachen Barrierefreiheit seit der Wende enorm vieles bewegt hat. Zum Beispiel über die Tiefgarage des Erfurter Hauptbahnhofs hat es einen Zeitungsartikel gegeben, wo Behinderte dieses außerordentlich gelobt haben. Die finanzielle Situation des Landes - und da sind wir mehr als glaubwürdig, wie ich meine, hat sich nicht nur nicht verbessert, sie hat sich sogar verschärft, weil wir Haushaltsrisiken haben, weil wir nicht wissen, wie die nächste Steuerschätzung ausgehen wird. Deswegen bleiben wir dabei, wir sind für ein Gesetz zur Verbesserung der Integration und zur Gleichstellung von behinderten Menschen, aber wenn wir dieses tun, dann nicht in Zeiten solcher finanzieller Enge. Das ist auch die Erfahrung eines jeden Politikers, dass dann die Gesetze sehr mager ausfallen und ich glaube, man muss sich hier sicher auch noch mal vertieft darüber Gedanken machen, welche Prioritäten man setzt. Wir fördern die Behinderten ganz massiv, wir haben große Aufgaben in der Eingliederungshilfe. Hier mussten wir einiges tun, damit die Kosten nicht exorbitant weiter steigen. Dieser Verantwortung haben wir uns gestellt und wir haben gerade auch für Behinderte, die sich selbst nicht wehren können, die also geistig behindert sind, die schwerst mehrfach behindert sind, seit der Wende sehr viel erreicht, das lassen wir uns nicht nehmen

(Beifall bei der CDU)

und schon gar nicht von Ihnen, Herr Nothnagel, und deswegen bleiben wir auch in unserer Linie glaubwürdig.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, morgen wird ja Gelegenheit sein, den Bericht der Enquetekommission zu hören. Deswegen möchte ich es jetzt auch bei diesen Worten bewenden lassen. Wir werden auch in der zweiten Lesung diesen Gesetzentwurf leider ablehnen müssen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Es hat jetzt das Wort Frau Kollegin Bechthum, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der wiederholten Verweigerungshaltung der CDU im Plenum am 11. Dezember vorigen Jahres gibt es keine neuen inhaltlichen Dinge. Das Argument, keine Gesetze zu verabschieden, die erst in der nächsten Wahlperiode wirksam werden, ist blanker Unsinn. Auf Bundesebene ist da nur an die Rentenreformgesetze von 1989 und 1997, Letzteres als Rentenreform 1999 besser bekannt, oder das Pflegeversicherungsgesetz von 1994 und auf Landesebene z.B. die letzten Entscheidungen der Mehrheitsfraktion in diesem Landtag, wie das Gesetz zur Überprüfung der Abgeordneten, das Gesetz zur Gewährung von Sonderzahlungen zu erinnern. Mit der zu erwartenden Entscheidung, Ablehnung des Gesetzentwurfs, stellt die CDU-Fraktion Arbeitsergebnisse der Enquetekommission 3/1 "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" in Frage. Mein Kollege Maik Nothnagel hat es sehr ausführlich erläutert.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, für uns in der SPD steht fest, die Menschen mit Behinderungen in unserem Land brauchen für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ein Landesgesetz, um ihre berechtigten Interessen wahrnehmen zu können.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich betone es noch einmal: Auch Sie von der CDU haben nicht das Recht, eine Gruppe von Menschen im Freistaat Thüringen bewusst in großen Teilen vom gesellschaftlichen Leben weiterhin auszugrenzen.

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Wer macht denn das?)

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Das ist eine Ungeheuerlichkeit.)