Ich höre Sie, Herr Innenminister, ich komme zu diesem "vielleicht" zurück. Tatsache ist erst mal, dass die Wahrscheinlichkeit, dass diesen beiden hätte geholfen werden können, geringer geworden ist.
Aber das Problem ist doch eigentlich - und Herr Dittes hat es im Prinzip schon gesagt, aber zumindest angerissen -, Sie senken mit Videoüberwachung die potenziellen Möglichkeiten, dort wirklich einzugreifen. Die Möglichkeit, dass das gesehen wird, ist relativ gering, denn die Kameras wandern auch. Dass man dort noch rechtzeitig hinkommt, um Schlimmes zu verhindern, ist noch geringer. Und es ist im Übrigen auch die Chance geringer, dass couragierte Leute eingreifen, nämlich solche Leute zum Beispiel, die gegebenenfalls wegen Videoüberwachung sich entweder sagen, da wird schon irgendjemand kommen, der wird da schon helfen, ich werde ja nicht mehr gebraucht, das Auge des Staates wacht, oder aber, die diese Plätze meiden, weil sie keine Lust haben, sich überwachen zu lassen. Und das sind "dummerweise" genau diejenigen, die nämlich Verfechter von Grundrechtsidealen sind.
und weil die Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion diesen Antrag gestellt haben, habe ich jetzt noch eine Frage an Sie - wir müssen ja auch irgendwie über diesen Antrag der SPD-Fraktion abstimmen: Wissen Sie, was mich interessiert, Herr Trautvetter? Mich interessiert, wieso Sie, wenn Sie von mir immer verlangen, ich solle Vertrauen zu Polizistinnen und Polisten, zur Polizei haben, das in Verbindung bringen mit der Diskussion, die wir im Moment gerade führen, weil es zwei unterschiedliche Schuhe sind. Und mich würde interessieren, wie Sie als Innenminister, der für die Innenverhältnisse in diesem Land zuständig ist, und wie Sie als Ostdeutscher zu der Auffassung kommen, dass Grundrechtsschutz durch Vertrauen in den Staat gewährleistet werden kann.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, weil ich an einer grundsätzlichen Stelle dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Pietzsch danken möchte. Ich will das gern begründen: Sie sind nach dem Ministerpräsidenten der Zweite meines Wissens, der sich öffentlich dazu bekannt hat, dass die Grundrechte - also auch die Rechte auf Pressefreiheit - in Weimar gebrochen worden sind. Ich will deshalb danke sagen, weil mir die Rede des Innenministers sehr viel Angst gemacht hat, weil er weder in der Lage war, dieses zu verstehen, geschweige denn zu formulieren. Und da liegt der große qualitative Unterschied. Es hat mir Angst gemacht, dass der Innenminister nicht in Ansätzen verstanden hat, auf was wir eigentlich hinaus wollen. Nicht auf irgendeinen Konflikt,
der sich hier irgendwo abspielt, sondern weil es um die Frage geht: Wie gehen wir in diesem Haus mit Grundrechten um? Da stehen wir Sozialdemokraten auf der Seite derjenigen, die wie der Ministerpräsident und wie Sie jetzt auch formulieren: Wir wissen definitiv, dass es zu Einschränkungen der Pressefreiheit gekommen ist. Jetzt sagen Sie mir doch mal um Himmels willen, warum geht das nicht in diesen Kopf dieses Innenministers hinein? Seine Rede hier vor diesem Haus war doch wieder genau die Abwehr dieser Feststellung. Und dann kommt noch dieses Verheerende dazu - Frau Pelke hat es schon gesagt -, dass er dann anfängt, ein Unrecht gegen das andere auszuspielen. Man muss doch hier in diesem Haus keine Fraktion anschauen - das sage ich jetzt mal so frei -, wenn es um Rechtsradikale oder Linksradikale oder terroristische Dinge geht. Da muss man gerade doch der SPD nicht unterstellen, sie wollte an dem Sicherheitspaket was weg
nehmen, damit dies möglicher wird. Was wir sagen, ist, und, Herr Trautvetter, nehmen Sie es doch mal mit: Man muss, wenn sich solche komplizierten Fragen stellen, wirklich einen Abwägungsprozess durchführen. Das Ergebnis des Abwägungsprozesses darf niemals sein, dass ein Grundrecht eingeschränkt wird, und darum geht es doch.
Da sind wir genau wieder bei der Problematik, wo Sie uns vorwerfen, 14 andere Länder haben ein ähnliches Gesetz. Es hat doch nie jemand abgestritten. Was wir aber behaupten ist, in Thüringen wird dieses Gesetz anders umgesetzt. Das ist die Problematik, die wir haben, und da stehen Sie natürlich in der Verantwortung, so, wie dieses Gesetz umgesetzt worden ist in Thüringen. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass in anderen Bundesländern - und jetzt zitiere ich meinetwegen wieder Herrn Chrestensen: "so schlampig mit diesem Problem umgegangen worden ist."
Meine Damen und Herren, um abschließend Herrn Pietzsch an einer Stelle zu widersprechen, ich hätte es an vielen tun können: Aufgabe der Opposition ist es natürlich, die Regierung zu kontrollieren. Und einer Opposition bleibt kein anderer Weg, wenn sie erstens feststellt, ein Minister bricht Grundrechte, und dann zweitens feststellt, er versteht es nicht einmal, dass er diese Grundrechte gebrochen hat. Da bleibt einer Opposition, die glaubhaft bleiben will, einfach kein anderer Weg, als die Abwahl dieses Ministers zu fordern. Sie würden sich in ähnlicher Position haargenau so benehmen. Ich danke Ihnen.
Ich will es nicht zum Dialog ausarten lassen, aber, Herr Abgeordneter Gentzel, es tut mir Leid, Sie haben offensichtlich etwas falsch verstanden. Wenn man dieses Polizeiaufgabengesetz und auch andere Gesetze umsetzt, kommt es durchaus in der Güterabwägung zur Einschränkung von Grundrechten. Und es bedarf lediglich einer Abwägung der verschiedenen Werte, ob es berechtigt ist, ein Grundrecht auch einzuschränken. Dieses habe ich ausdrücklich gesagt. Und ich habe deutlich gesagt, dass man an die Grenze kommt und in einigen Bereichen über die Grenze hinaus gegangen ist.
Aber wir dürfen nicht sagen, es dürften niemals Grundrechte eingeschränkt werden. Dieses passiert ständig bei der Umsetzung. Wir müssen die Werte gegeneinander abwägen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Sie erlauben, dass ich zum Beginn der heutigen Debatte dieses Tagesordnungspunkts kurz zurückkomme und speziell auf die mündliche Begründung des Antrags der SPD durch Herrn Abgeordneten Höhn eingehe.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich sage das in aller Gelassenheit, aber ich weise für die Landesregierung sehr entschieden und nachdrücklich Ihre Unterstellung zurück, dass die Landesregierung des Freistaats Thüringen Defizite bei der Achtung und Wahrung der Grundrechte habe und dass in Thüringen durch Mitwirkung der Landesregierung elementare Grundrechte missachtet würden. Ich weise das zurück.
Ich höre, dass Sie sagen, Sie hätten das nicht gesagt. Ich habe es mir notiert, und ich bitte daher darum, das wäre ohnehin ein grundlegendes Anliegen von mir, dass wir bei dieser Thematik tatsächlich auch unsererseits in der Wortwahl die entsprechende Sensibilität wahren.
Herr Abgeordneter, es ist ganz selbstverständlich Ihr gutes Recht Anträge zu stellen, wie Sie sie gestellt haben. Sie gestatten mir aber, dass ich die Frage stelle, wem damit angesichts der Sachlage wirklich gedient sein soll. Auf der einen Seite haben wir heute allgemein festgestellt - bis auf diese Seite im Hause, ob das alle sind, weiß ich nicht -, dass es möglich ist, Vidoeüberwachung zu machen. Es gibt sie in 14 Ländern. Herr Gentzel, Sie haben es noch einmal bekräftigt. Und richtig ist und wichtig ist auch, dass diese Videoüberwachungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen vonstatten gehen und dass hier wirklich fein und sensibel abgewogen werden muss. Das ist doch ganz klar.
Ebenso richtig und wichtig ist: Wenn man bemerkt, dass Fehler aufgetreten sind, und dazu hat der Innenminister klare Worte gefunden, dass Fehler aufgetreten sind, dass
dann bestimmte Fehler zu korrigieren sind. Am 24. Oktober sind die entsprechenden Anlagen abgebaut worden und sie wurden erklärtermaßen abgebaut, weil man artikulierten Sorgen und Bedenken Rechnung tragen wollte. Es ist keine Frage, dass man dann die entsprechenden Konsequenzen in einem so sensiblen Bereich ziehen musste. Natürlich, meine Damen und Herren, kann es nicht möglich sein, dass Zeitungsredaktionen, dass die Tür zu einer Medienanstalt oder was dergleichen auch immer im Fokus einer Überwachungskamera steht. Natürlich kann es nicht sein.
Natürlich kann es nicht sein, dass beispielsweise auch eine Arztpraxis oder sonstige sensible Bereiche unter Beobachtung einer solchen Kamera stehen
und sei es auch nur, das ist wichtig, wenn der Anschein entsteht. Wir wissen doch, dass die Kameraerfassung tatsächlich durch technische Möglichkeiten so gestaltet war, dass diese Bereiche ausgeklammert waren, dass bereits bestimmte Werte durch die Kameras erst gar nicht erfasst worden sind. Sie wurden erst gar nicht gespeichert. Sie wären auch theoretisch und praktisch nicht abrufbar gewesen. Das ist so.
Dennoch, von meiner Seite aus ganz klar, von der Seite der Landesregierung aus ganz klar die Aussage, man muss auch einem solchen Anschein entgegenwirken, denn das ist eine sensible Materie. Ebenso wenig ist es keine Frage, dass hier natürlich auch Güterabwägung notwendig ist, und genau das ist hier durch die Landesregierung in vollem Umfang geschehen.
Ich will gern, weil Sie vorhin gesagt haben, "Im Zweifel für die Freiheit.", aufgreifen, dass es verschiedene Freiheiten gibt. Oh ja, es gibt eine Freiheit, in diesem Falle beispielsweise für die Menschen, die hier in unserem Staate leben. Ich will gern das zitierte Beispiel der Koreanerinnen aufgreifen, dass man auch dafür sorgen muss, dass sich diese Menschen hier in Freiheit bei uns aufhalten können, dass ihre Würde gewahrt wird und dass sie nicht angegriffen werden von Menschen, die ihrerseits Freiheitsrechte und Menschenwürde nicht schätzen. Herr Hahnemann, ich will gern darauf eingehen, wenn Sie gesagt haben, wem ist damit geholfen, wenn dort Videoüberwachung gemacht wird? Natürlich im konkreten Falle speziell dann dort nicht mehr, aber ich vertraue in der Tat darauf, dass man auch präventive Mittel einsetzen muss. Stichwort beispiels
weil damit natürlich genau dem Rechnung getragen wird, was auch gewünscht wird. Die Menschen, die Bürger wollen nicht tangiert werden von irgendwelchen Kriminellen, ob sie links- oder rechtsextrem sind, bei dem, was sie in ihrem eigenen Lebensbereich an Sicherheit erwarten.
Herr Gentzel, bei Ihrem ersten Redebeitrag haben Sie natürlich versucht einen Keil zu treiben. Okay, ich habe bis 13:32 Uhr gewartet und dann kam Ihr Outing
und Sie haben vorgeführt bei dem, was Sie gesagt haben, dass Sie in Wirklichkeit natürlich nicht zuletzt auf den Ministerpräsidenten zu zielen versucht haben. Herr Gentzel, das ist ein untauglicher Versuch.