Protocol of the Session on May 8, 2003

Ja, dann muss ich sie falsch gelesen haben.

Der Landesbehindertenbeauftragte sollte das Zugangsrecht zum Kabinett haben, die umfassenden Rechte auf die Stellungnahme zu Vorhaben und Gesetzentwürfen, das Rederecht im Plenum und im Ausschuss und das Recht, eigene Vorschläge zu unterbreiten, allerdings kein Recht zur Einbringung von Gesetzen. Das hätte eine Verfassungsänderung nötig gemacht und nach unserer Ansicht auch das demokratische Verfassungsgefüge gesprengt. Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, geht die PDSFraktion den Schritt, dass ein Behindertenbeauftragter mit all seinen wichtigen Aufgabenfeldern diese Funktion nicht ehrenamtlich ausüben kann. In den von uns durchgeführten inhaltlichen Beratungen, auch zum Thema Landesbehindertenbeauftragter, hat die Mehrheit der anwesenden Behindertenbeauftragten aus den Bundesländern SchleswigHolstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Berlin und Bayern eindringlich davor gewarnt, diese wichtige Stelle ehrenamtlich zu besetzen. Vor allem Ina Stein aus Bayern, die selbst ehrenamtlich als Behindertenbeauftragte tätig ist, macht es sehr deutlich, dass sie diese aufopferungsvolle Arbeit, quasi den Rund-um-die-Uhr-Job, nur realisieren kann, da sie - ich zitiere jetzt Frau Stein: "Gut finanziell von ihren Mann leben kann." Wer kann das hier in den neuen Bundesländern schon von sich behaupten?

Der Behindertenbeauftragte soll die Umsetzung der Regelung zur Gleichstellung durch die Exekutive kontrollieren. Dazu bekommt er ähnlich weit gehende Befug

nisse, wie sie Datenschutzbeauftragte haben, denn auch in seiner Tätigkeit geht es um Einhaltung von Grund- und Bürgerrechten. Dass der Landesbeauftragte gleichzeitig Anlaufstelle für Petitionen ist, steht nicht im Widerspruch zu einer vorrangig gesellschaftlich-politischen Querschnittsaufgabe. Aus der Bearbeitung von Einzelfällen lassen sich oftmals übergeordnete allgemeinpolitische Problemlagen erkennen, sozusagen eine induktive Methode, um zur Lösung übergeordneter bzw. grundsätzlicher politischer Probleme zu kommen. Wir hoffen auch, dass es durch Regelungen im Gesetzentwurf gelungen ist, Reibungsverluste in der Arbeit mit dem Petitionsausschuss sowie eine ungute Konkurrenz mit dem wichtigen Gremium des Landtags zu vermeiden. Doch diese gesellschaftspolitische Entwicklung im Bereich Gleichstellung muss auch auf der kommunalen Ebene ankommen. Deshalb enthält der Gesetzentwurf auch die Pflicht für die Kreise und Kommunen, Interessenvertretungen für behinderte Menschen zu schaffen. Hier könnte ich ein Beispiel als Kommunalpolitiker im Landkreis Schmalkalden-Meiningen benennen: Wir streiten uns nun schon seit öfterem wegen der Fortschreibung des Nahverkehrsplans und der Beteiligung von Behindertenverbänden bei dieser Fortschreibung. Da wird seitens der Verwaltung bezüglich des Behindertengleichstellungsgesetzes zum Teil die Frage gestellt, welche Behindertenverbände nun auch Behindertenverbände sind. Dieses Beispiel spricht dafür, dass hier endlich eine Regelung für Rechtssicherheit sorgen sollte.

(Beifall bei der PDS)

Um ihnen das Eingehen auf die besonderen lokalen Gegebenheiten zu ermöglichen, haben sie ein Wahlrecht, ob Sie die Form des Gleichstellungsbeauftragten oder des Beirats wählen wollen. Immerhin ist das unseres Erachtens ein wichtiger Schritt, damit Gleichstellung auch wirklich vor Ort stattfindet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass heute zwei Gesetzentwürfe zur Thematik in erster Lesung beraten werden, zeigt, dass sich insbesondere die Oppositionsfraktionen dieser Problematik angenommen haben und Ihre Vorschläge und Auffassungen in einem Gesetzentwurf verankert wissen wollen. Die Behandlung beider Entwürfe kann der Diskussion, der Suche nach der geeignetsten Lösung nur dienlich sein. Vieles, meine Damen und Herren, ist in beiden Entwürfen identisch. Aber es gibt aus meiner Sicht drei wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Entwürfen. Erstens, Ihr Entwurf, verehrte Kollegen der SPD, wurde kaum mit Betroffenen und Interessenvertretern be- oder erarbeitet. Zweitens, die Regelung des Nachtragsausgleichs fehlt in Ihrem Entwurf in Gänze. Drittens, wollen Sie wirklich, dass der Behindertenbeauftragte ehrenamtlich tätig ist?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Entschließungsantrag der PDS-Fraktion zum Gesetzentwurf der PDS: Alle existierenden Landesgesetze, Richtlinien und Verordnungen müssen nach In-Kraft-Treten eines Lan

desgleichstellungsgesetzes auf die Beseitigung von diskriminierenden Elementen gegenüber Menschen mit Behinderung durchforstet werden. Wir haben versucht, die nach unserer Meinung wichtigsten Gesetze zu erfassen, auch diese Liste ist Ergebnis der Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Organisationen, Sie können auch gerne noch weitere hinzufügen und ergänzen. Dieser Antrag soll deutlich machen, dass Gesetzgebung in Sachen Gleichstellung eine sehr umfassende Querschnittsaufgabe ist, die alle gesellschaftlichen Lebensbereiche umfasst.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Vogel - der jetzt leider hier im Raum nicht anwesend ist -, für Sie als einer der Erstunterzeichner der Campagne "Gleichstellung 2000 für behinderte Menschen im Freistaat Thüringen", welches eine Initiative der Interessenvertretung "Selbstbestimmt Leben in Thüringen" war, gefördert durch die "Aktion Grundgesetz" der "Aktion Mensch", müsste es heute doch leicht sein, Ihr damaliges Versprechen vor dem BAR-Kongress der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im April 1999 in Suhl einzuhalten und sich mit besonderem Elan für die Gleichstellung behinderter Menschen in Thüringen einzusetzen.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Herr Ministerpräsident, dies ist jetzt genau die richtige Gelegenheit, dieses Versprechen einzuhalten und auf dem wichtigen sozialen Feld wirklich Top zu werden.

(Beifall bei der PDS)

Ich hoffe, dass es dem Gesetzentwurf zur Gleichstellung behinderter Menschen in Thüringen nicht so geht wie den roten Luftballons, die vor der Staatskanzlei am 5. Mai dieses Jahres nicht aus den Startlöchern kamen bzw. auf halben Weg im Baum stecken geblieben sind.

Im Namen meiner Fraktion beantrage ich, den vorliegenden Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit als federführendem Ausschuss sowie an den Haushalts- und Finanzausschuss, an den Innenausschuss, sowie den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik und den Justiz-, und Gleichstellungsausschuss als mitberatend zu überweisen.

(Beifall bei der PDS)

Wir haben uns mit unserem Gesetzentwurf sehr weit vor gewagt, aber nur so sind unserer Meinung nach gesellschaftliche Veränderungen zu erreichen. Ich wünsche mir eine breite Diskussion dieses Gesetzentwurfs, um im besten demokratischen Sinne um die beste Lösung des Problems Gleichstellung für behinderte Menschen zu ringen. Dazu wird auf jeden Fall eine öffentliche Anhörung sinnvoll, ja notwendig sein und ich gehe davon aus, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie sich diesen Tatsachen und Argumenten nicht verschließen und meinem Antrag auf Überweisung an die Ausschüsse zustimmen werden.

(Beifall bei der PDS)

Eine Bitte hätte ich noch, meine Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, legen Sie doch bitte Ihren "Pawlow'schen Effekt" ab und lehnen Sie nicht jeden Gesetzentwurf, der von der PDS kommt, sofort ab. Die behinderten Bürgerinnen und Bürger Thüringens müssten Ihnen das Wert sein, für die Gleichstellung behinderter Menschen auch etwas zu tun und nicht unseren Gesetzentwurf sofort abzulehnen.

(Beifall bei der PDS)

Frau Abgeordnete Bechthum, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren und vor allem liebe Freundinnen, Freunde, Mitstreiterinnen und Mitstreiter des Außerparlamentarischen Bündnisses für die Gleichstellung von Behinderten und auch liebe Mitglieder des Verbandes Behinderter! Am 25. Oktober 1993 wurde auf der Wartburg die Verfassung des Freistaats Thüringen verabschiedet. In Artikel 2 Abs. 4 Satz 2 heißt es, ich zitiere, Frau Präsidentin: "Menschen mit Behinderung stehen unter dem besonderen Schutz des Freistaats. Das Land und seine Gebietskörperschaften fördern ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft." Nachdem vor einem Jahr auf Bundesebene die gesetzliche Umsetzung dieses Ziels erfolgte, ist es erforderlich, auf der Ebene des Landesrechts zu handeln. Frau Arenhövel, die Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben gemacht.

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Aber sie beteiligt sich nicht finanziell.)

Es ist immer gut auf die Bundesregierung zu schimpfen. Sie kennen doch aber die Gepflogenheiten BundesgesetzLandesgesetz, es ist leicht, immer alles zu vertuschen und zu entschuldigen und zu sagen, der Bund soll was tun. Es reicht nicht, vor zehn Jahren ein schönes Staatsziel zu formulieren, um dann nicht zu handeln. Es ist genügend Geld da, Herr Trautvetter, ich sage dann auch noch etwas dazu.

Wir verkennen hierbei nicht, dass zum Erreichen der Teilnahme von behinderten Menschen am gesellschaftlichen Leben Gesetze allein nicht ausreichend sind. Entscheidend und notwendig ist auch ein Umdenken, sozusagen eine Barrierefreiheit in den Köpfen zu schaffen. Dies betrifft sowohl nicht behinderte als auch behinderte Menschen. Im vorliegenden Gesetzentwurf in der Drucksache 3/3266 hat sich die SPD-Fraktion auf das Notwendige und auf das Machbare konzentriert. Wir haben uns nach dem Bundesgesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und dem Vorschlag des Forums der behinderten Juristinnen und Juristen für ein Landesgesetz gerichtet. Und

Herr Nothnagel, Sie machen uns den Vorwurf, wir hätten unseren Entwurf nicht beraten mit den entsprechenden Behindertenverbänden. Also, wer seit Jahren sich damit befasst und die wichtigsten Kongresse hier dazu mit besucht hat - da waren Sie nicht dabei, bei dem ersten großen Bundeskongress in Düsseldorf 2001 und bei diesen Anhörungen - und auch die Verbindungen hält zu Behinderten, also wenn ich das bis heute nicht wüsste, was in so ein Gesetz hinein müsste als Grundlage, dann wäre das traurig.

(Beifall Abg. Pelke, SPD)

Als essenzielle Bestandteile eines Gleichstellungsgesetzes für behinderte Menschen gehören nach Auffassung der Verbände

1. ein allgemeines Benachteiligungsverbot,

2. die Herstellung der Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr,

3. das Recht behinderter Menschen zur Benutzung der deutschen Gebärdensprache,

4. das Verbandsklagerecht,

5. die barrierefreie Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken bis hin zur Informationstechnik,

(Oben wird hier für die Gehörlosen übersetzt, sollte man doch mal nicht ganz so schnell das vortragen.)

dann 6. die gesetzliche Verankerung eines Landesbehindertenbeauftragten und

7. eine periodische Berichtspflicht der Landesregierung gegenüber dem Thüringer Landtag.

Das Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es, auf der Grundlage des eingangs zitierten Artikels 2 der Thüringer Verfassung Benachteiligungen von behinderten Menschen zu beseitigen bzw. zu verhindern und die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten. Von diesem Ziel sind wir im täglichen Leben in der Arbeitsweise der Behörden noch ein ganzes Stück weit entfernt. Damit wollen wir keinem böse Absichten unterstellen. Nein, es ist eine Frage des Umdenkens, des Abbaus der Barrieren in den Köpfen. Um diesen Prozess zu beschleunigen bedarf es unserer Ansicht nach eines gesetzlichen Drucks mit einklagbaren Rechten. Hier sind wir bei weiteren grundlegenden Paragraphen des Gesetzentwurfs. Hat ein behinderter Mensch begründeten Anlass zu vermuten, dass er durch Behörden des Landes, der Kommunen und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgrund seiner Behinderung benachteiligt wird, so wollen wir mit der Umkehr der Beweislast in § 3 erreichen, dass

1. behinderte Menschen selbstbewusster ihre Angelegenheiten vertreten

2. die Behörden sich sehr wohl ihre Handlungsweise gegenüber behinderten Menschen überlegen. Bei vielen ist das immer noch nicht drin. Man denkt, behinderte Menschen, die sind unbeholfen, denen muss man ja immer helfen. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Verbandsklage, wie sie in § 10 ausgeführt wird.

Menschen mit Behinderung werden oftmals nicht bereit oder nicht in der Lage sein, sich ihr Recht vor Gericht zu erstreiten. Die Bestimmungen zur Herstellung der Barrierefreiheit sind zum Teil nicht als subjektiv öffentliche Rechte ausgestaltet und können damit auch nicht von einzelnen Personen gerichtlich geltend gemacht werden. Hier bietet sich die Verbandsklage als geeignetes Mittel an, die Rechtswidrigkeit des Handelns von Behörden auf dem Gerichtsweg feststellen zu lassen. Durch die in § 10 Absätze 2, 3 und 4 angeführten Voraussetzungen - zum Beispiel, muss ein Verband für die Belange behinderter Menschen satzungsmäßig arbeiten, um anerkannt zu werden; er muss mindestens drei Jahre bestehen und auch während dieser Zeit tätig sein - ist auch keine Klageflut zu befürchten. Außerdem ist grundsätzlich die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor der Klageerhebung vorgeschaltet. Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr ist eigentlich immer das Erste, was einem einfällt, wenn es heißt, es muss behindertengerecht gestaltet werden. Ich will hier aber nicht näher darauf eingehen, da ja nachher noch die Änderungen der Thüringer Bauordnung in erster Lesung beraten wird. Wenn unser vorgeschlagener Artikel 4 dort Eingang findet, wäre es sehr zu begrüßen.

Der Artikel 5 betrifft die Barrierefreiheit beim Straßenbau und bei der Sondernutzung von Straßen. Hier kommen diese Regelungen allen mobilitätsbeeinträchtigten Personen, d.h. zum Beispiel auch den Müttern und Vätern mit Kindern in Kinderwagen zugute. Der öffentliche Personennahverkehr ist in Bezug auf Barrierefreiheit oft in der Kritik. Allerdings möchte ich betonen, dass sich gerade hier seit der Wende sehr viel verbessert hat.

(Beifall Abg. Arenhövel, Abg. Wackernagel, CDU)

Barrierefreiheit bedeutet auch, ohne Hilfe durch andere kommunizieren zu können. Dazu gehören vor allem der Gebrauch der deutschen Gebärdensprache und der lautsprachebegleitenden Gebärden. Die Schaffung der rechtlichen Möglichkeiten ihres Einsatzes in der Kommunikation mit Behörden ist eigentlich schon längst überfällig. Man soll nicht immer nur vom technischen Fortschritt reden, sondern ihn für behinderte Menschen auch anwenden. Bescheide, Vordrucke können doch für blinde Menschen auch in Blindenschrift oder in Hörkassetten herausgegeben werden. Das Internet ist eine wichtige Informationsquelle

und wird immer mehr von behinderten Menschen genutzt. Warum sollen dann die Internetauftritte der Landesregierung, der Städte und der Kreise barrierefrei gestaltet werden? Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden. Warum soll der sehbehinderte Mensch seine Steuererklärung nicht auch am Computer erledigen können? Die Möglichkeit für sehbehinderte und blinde Menschen, bei den nächsten Wahlen mittels einer Wahlschablone ihre Stimme allein, ohne Hilfe durch andere abgeben zu können, haben wir aufgrund der Kompliziertheit unseres Kommunalwahlrechts auf die Landtagswahl beschränkt. Wenn es technische Möglichkeiten gibt, auch bei Kommunalwahlen Gleiches oder Ähnliches einzuführen, dann sollte das geschehen.

Abschließend möchte ich noch kurz die Frage der Kosten hier ansprechen. Wir kommen ebenfalls wie die Landesregierung auf eine geschätzte Summe von 300.000 ! Dabei soll man aber nicht vergessen, dass da auch die Kosten für die Anfertigung der Wahlschablonen mit enthalten sind, die ja nicht jedes Jahr gemacht werden müssen. Davon aber ganz abgesehen, halten wir es für diskriminierend, wenn behinderten Menschen auf Bundesebene sozusagen die Teilnahme an der Gesellschaft ermöglicht, aber im Freistaat Thüringen mit dem Hinweis, dass die Kosten von 300.000   zubringen wären, verweigert wird. Und wir werden schon mal eine Frage stellen, wie die Landesregierung das sieht, dass sie die Kosten für diese 24 Stellen, die jetzt hier im Landesamt für Familie und Soziales ja im Grunde überflüssig werden, aber weiter bezahlt werden müssen, denn hier berechnet werden. Wir haben vorhin schon mal kurz überschlagen, da kommen Sie allein im Jahr auf 600.000 !(  ) da, wenn es eben gesetzlich gefordert wird, diese Menschen werden ja weiter bezahlt und zu Recht auch. Und außerdem werden andere Stellen geschaffen. Und wie bezahlen Sie denn nun diese großen - ja, ich weiß nicht, wie ich sie bezeichnen soll -, die großen Veranstaltungen, die ja über das Sozialministerium auf der Messe gemacht werden, die mehr so Jubelveranstaltungen sind. Oder auch diese 1 Mio., die im nächsten Jahr eingestellt sind - ein neuer Titel "Familienarbeit". Was geschieht damit, auf solchen Jubelveranstaltungen oder mal Familien hinzubringen, die einen fröhlichen Tag verleben - darauf können wir verzichten. Mit Familien arbeiten ist also wirklich ganz was anderes.

(Beifall Abg. Dr. Pidde, SPD)

Oder, wir hätten auch auf die Diätenerhöhung ja wirklich 1 Jahr mal verzichten können, wie wir es vorgeschlagen haben. Das wollen Sie aber alle nicht.

Nun noch ein paar Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf der PDS in Drucksache 3/3249. In Artikel 1 des PDSGesetzentwurfs finden wir von den inhaltlichen Forderungen her eine ganze Reihe von Übereinstimmungen mit unserem Gesetzentwurf. Es wäre auch verwunderlich, wenn es bei der gleichen Materie hier große Unterschiede gäbe. Nach unserer Ansicht sind aber einige Bestim

mungen, wie zum Beispiel gemeinsames Lernen, entweder schon in anderen Thüringer Gesetzen enthalten. Und Sie wissen, Herr Nothnagel, wir haben uns in der Enquetekommission sehr, sehr ausführlich damit befasst - Lernen in Förderschulen, gemeinsames Lernen, wir waren doch erstaunt, wie viel integrierte Schulen es schon gibt, Schulklassen, und was uns doch eigentlich auch erfreut und auch ermutigt hat. Oder sie sollten jedenfalls enthalten sein oder sie sind direkt als Privilegierung von behinderten Menschen zum Beispiel, wenn ihnen allein im Gegensatz zu nicht behinderten Menschen das Recht der Akteneinsicht gewährt wird. Ich verweise gerade hier auf das von der SPD vorgeschlagene Informationsfreiheitsgesetz. Der Artikel 2 des PDS-Entwurfs enthält das Nachteilsausgleichsgesetz. Dieser Teil des Gesetzentwurfs ist ein reines Leistungsgesetz. Dazu möchte ich kritisch anmerken, dass wenigstens der Versuch einer Kostenabschätzung durch die PDS-Fraktion hätte gemacht werden müssen. Schon allein die Kostenbelastung, die aus den vorgeschlagenen Änderungen des Blindengeldes oder durch die Gewährung von Gehörlosen- oder Werkstattgeld entsteht, hätte annähernd beziffert werden können.

Und zum Schluss noch - Herr Pietzsch, Sie haben hier diese Broschüre erstellen lassen, wo Veranstaltungen im Freistaat Thüringen enthalten sein sollen. Mich wundert es doch sehr, dass diese hervorragende Ausstellung des Hygienemuseums Dresdens und der Deutschen Behindertenhilfe "Aktion Mensch", die im Haus "Krönbacken" Waidspeicher ist, "Bilder die noch fehlten" - eine wunderbare Ausstellung - hier nicht enthalten ist und auch keine Werbung dafür gemacht wird.