Mit der Mehrheit seiner Stimmen folgte der Ausschuss dem Antrag der Fraktion der CDU, bei den Investitionspauschalen für Schulgebäude festzulegen, dass es sich um zweckgebundene Investitionspauschalen für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie Sanierung von Schu
len und Schullandheimen und für die Erstausstattung neu geschaffener Unterrichtsräume handele. Die Mittel sollen an die Schulträger nach einem vom Kultusminister festzulegenden Schlüssel verteilt werden.
Damit sollen die im Regierungsentwurf eingestellten 68 Mio. DM auch für den Neubau von Schulgebäuden oder Schullandheimen und für die Erstausstattung neu geschaffener Unterrichtsräume ausdrücklich zugelassen werden. Die Anträge der Fraktion der SPD, die Einnahmen im Bereich der Umsatzsteuersonderprüfung durch eine Verstärkung der Prüfaktivitäten um 6,5 Mio. DM mehr fließen zu lassen, da hier erhebliche Fehler bei den betroffenen Unternehmen aufgedeckt werden können, die globale Ausgabenminderung bei sächlichen Verwaltungsausgaben um 20 Mio. DM anzuheben, die Zuschüsse an die Landesentwicklungsgesellschaft um 13 Mio. DM zu verringern und die Zuschüsse zur Förderung von Sportstätten und Badeanstalten um 4,7 Mio. DM anzuheben, konnten sich nicht durchsetzen. Dies galt auch für alle Anträge der Fraktion der PDS. Hier seien besonders genannt: 26 Mio. DM Minderausgaben für die Landesentwicklungsgesellschaft sowie insgesamt 100 Mio. DM Investitionspauschalen an Gemeinden, kreisfreie Städte und Landkreise, allerdings zulasten einer erhöhten Kreditaufnahme.
Meine Damen und Herren, im Mittelpunkt der Beratungen zum Einzelplan 18 - Staatliche Hochbaumaßnahmen stand ein neuer Titel 821 11 im Kapitel 18 01 - Alternative Finanzierung von Bauinvestitionen zur Unterbringung des Thüringer Landtags - Neu -, Um- und Erweiterungsbaumaßnahmen 3. bis 5. Bauphase. Die Fraktion der CDU beantragte hier, Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 115 Mio. DM zum Abschluss eines Vertrags für die alternative Finanzierung. Die voraussichtliche Haushaltsbelastung für eine 20-jährige Nutzungsdauer macht diesen Betrag aus. Nach einem Beschluss des Ältestenrats vom 9. November 1999 sollen die Baumaßnahmen für den Landtag in der Zeit zwischen November 2000 und November 2003 realisiert werden. Hinzuweisen ist auf den Haushaltsvermerk an dieser Stelle, der sagt, dass die Verpflichtungsermächtigung gesperrt ist. Die Aufhebung der Sperre bedarf der Einwilligung des Haushalts- und Finanzausschusses. Dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen. Auch der Antrag von der gleichen Fraktion zum Klinikum Jena "Neubau eines zentralen Forschungsgebäudes", versehen mit einem neuen Haushaltsansatz in Höhe von 3 Mio. DM und ergänzenden Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 4 Mio. DM wurde so beschieden.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der PDS, im Einzelplan 19 - Förderung des Wohnungs- und Städtebaus - die Zuweisungen an Städte und Gemeinden zur Wohnumfeldverbesserung in Wohngebieten (Lan- desprogramm) um 4 Mio. DM insbesondere in größeren Wohngebieten zu verstärken, wurde abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ähnlich wie im vergangenen Jahr war Gegenstand der Überlegungen des Ausschusses zum eigentlichen Haushaltsgesetzentwurf wieder die Frage der Deckungsfähigkeit von Ausgaben im Haushaltsplan. Bereits im vergangenen Haushaltsgesetz hat der Ausschuss zur Sicherung des parlamentarischen Budgetrechts eine wesentlich stärkere Einbeziehung des Haushalts- und Finanzausschusses bei der Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit gefordert. Daher war es nun folgerichtig, wenn auch in diesem Jahr der Ausschuss festgelegt hat, dass er bei der Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit in vielen Fällen vorher einbezogen wird. An dieser Stelle möchte ich anregen, dass wir beim nächsten Haushalt es als eine Selbstverständlichkeit betrachten, zumal der Ausschuss bei einem nahezu deckungsgleichen Antrag der Fraktion der CDU dem Antrag der SPD-Fraktion einstimmig folgte. Die im Übrigen gefassten Beschlüsse des Haushalts- und Finanzausschusses sind ebenso wie die Änderung des Thüringer Haushaltsgesetzes 2000 der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/223 zu entnehmen.
Die Beratungen im Haushalts- und Finanzausschuss brachten gegenüber der Regierungsvorlage eine unsaldierte Änderung der Ausgaben von 16,3 Mio. DM. Sämtliche Ausgabenerhöhungen wurden durch Ausgabereduzierungen bei einzelnen Titeln und durch Einnahmeerhöhungen ausgeglichen. Das Haushaltsvolumen beträgt für das Haushaltsjahr 2000 nunmehr 19.162.510.400 DM, darunter 15,7 Mio. DM haushaltstechnische Verrechnungen. Der Gesamtbetrag ist in § 1 des Thüringer Haushaltsgesetzes 2000 zu übertragen. Damit konnte das Kreditvolumen und die Nettoneuverschuldung in Höhe von 1.590.191.400 DM unverändert bleiben. Die Kreditfinanzierungsquote umfasst 8,3 Prozent des Etats.
Insgesamt empfiehlt der Haushalts- und Finanzausschuss dem Landtag unter Berücksichtigung der sich aus der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/223 ergebenden Änderungen die Annahme des Entwurfs des Thüringer Haushaltsgesetzes 2000 und der Einzelpläne. Wiederum schlägt er vor, dem Finanzminister und der Präsidentin des Landtags Ermächtigungen bei der Ausfertigung und Verkündigung des Gesetzes zu erteilen, die im Einzelnen in der Beschlussempfehlung enthalten sind.
Zum Mittelfristigen Finanzplan erläuterte der Finanzminister dem Ausschuss, Basis sei die Steuerschätzung vom Mai 1999, in Ergänzung für das Jahr 2000 die Novembersteuerschätzung. Die Landesregierung habe eine Mittelfristige Finanzplanung vorgelegt, in der das Prinzip, Steuermehreinnahmen zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung zu nutzen, umgesetzt werde. Die Abgeordnete Neudert hob hervor, dass mittlerweile der Mittelfristige Finanzplan in einer Form erscheine, wie der Ausschuss sich dieses vorgestellt habe. Insbesondere die Verschuldungsfrage in den kommenden Jahren wurde kritisch betrachtet. Der Abgeordnete Dr. Zeh verlangte eine Aufstellung über die Entwicklung der Zinslast und Personalausgabenquote.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach meiner Einschätzung werden wir uns wohl in diesem Zusammenhang mit der Überprüfung verschiedener Leistungsgesetze in diesem Hause befassen müssen. Im Einzelnen wurden im Ausschuss durch die Regierungsfraktion aber noch keine Gesetze genannt. Abschließend empfiehlt der Haushalts- und Finanzausschuss, sowohl den Mittelfristigen Finanzplan des Landes Thüringen für die Jahre 1999 bis 2003 in Drucksache 3/109 als auch den Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes in Drucksache 3/74 zur Kenntnis zu nehmen. Ich danke Ihnen.
Vielen Dank für diese Berichterstattung. Wir kommen damit zur Aussprache. Der Ältestenrat hat in seiner 6. Sitzung am 18. Januar 2000 einvernehmlich die den Fraktionen inzwischen auch schriftlich vorliegenden Abweichungen der Redezeiten gemäß § 29 Abs. 1 Geschäftsordnung beschlossen. Wir werden entsprechend verfahren. Ich möchte weiterhin noch darauf aufmerksam machen, dass wir uns dahin gehend verständigt haben, dass nach der Generalaussprache zuerst mit der Beratung zum Einzelplan 08 begonnen werden soll.
Wir kommen aber jetzt zunächst zur Generalaussprache zum Haushalt insgesamt, die Tagesordnungspunkte 1 a bis c gemeinsam. Ich darf den ersten Redner dazu aufrufen. Es hat sich Frau Abgeordnete Christiane Neudert von der PDS-Fraktion gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Haushalt 2000 liegt uns heute zur zweiten Lesung und schließlich zur Verabschiedung vor. Alle Fraktionen haben sich etliche Wochen damit geschunden, zahlreiche Änderungsanträge erarbeitet und schließlich im Haushalts- und Finanzausschuss beraten und in der großen Mehrzahl, zumindest die Anträge der Opposition, abgelehnt. Die jetzt eingearbeiteten Anträge, von der Anzahl beeindruckend, von der Wirkung marginal, haben den von uns kritisierten Grundübeln des Planentwurfs nicht abhelfen können und befriedigen demzufolge in keiner Weise. Sie machen im Gegenteil die Probleme überdeutlich.
Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, haben den Haushalt bei der Einbringung gepriesen als den Einstieg in den Ausstieg aus der Schuldenaufnahme. Herr Althaus bekräftigte gestern erneut, dass nach mehr als neunjähriger Regierungsverantwortung eine Kurskorrektur durch die CDU anstünde. Unter dem Slogan "Zukunft gestalten" wollen Sie konsequent die durch Wirtschaftswachstum erzielten Steuereinnahmen für den Abbau der Nettoneuverschuldung einsetzen. Die Staatsverschuldung, die in erster Linie durch die CDU zu verantworten ist, soll nun,
frei jeglicher Rücksichtnahme, zulasten jener, die nicht zu den Eliten in dieser Gesellschaft gehören, reduziert werden. Dabei handele es sich jetzt, wie Sie schon formulierten, um den Einstieg. Die entscheidenden Veränderungen werden mit den zwei Doppelhaushalten in dieser Legislatur erfolgen. Mal ganz abgesehen davon, dass man durch Wirtschaftswachstum noch lange keine Steuereinnahmen erzielt, wissen Sie ganz genau, geht Ihre Rechnung auch nicht auf. Indem Sie die Steuereinnahmen vollständig zur Senkung der Nettoneuverschuldung verwenden wollen, riskieren Sie die Stagnation der Entwicklung in Thüringen. Mit einem über Jahre hin gleich bleibenden Gesamtetat sorgen Sie schon wegen der notwendigen Angleichung der Gehälter an Westniveau und der weiterhin steigenden Zinsausgaben für eine unvermeidliche Kürzung der Ausgaben in den anderen Bereichen. Insbesondere die Investitionsausgaben und die Zuschüsse an Kommunen und freie Träger sollen aufgrund Ihrer Politik nach unserer Auffassung unverantwortlich gekürzt werden. So viele Arbeitsplätze, meine Damen und Herren, können Sie mit Ihrer angeblich neuen Arbeitsmarktpolitik gar nicht schaffen, wie Sie allein auf diese Art und Weise riskieren. Und dazu vertiefen Sie die ohnehin gravierenden sozialen Probleme.
Meine Damen und Herren der CDU, Sie hängen noch immer der Fiktion an, durch Wirtschaftswachstum entscheidend die Arbeitslosigkeit senken zu können.
Ich habe mich gefragt, wieso Sie immer und immer wieder dieser längst, übrigens wissenschaftlich widerlegten Behauptung aufsitzen. Es gibt eigentlich nur dann einen Sinn, wenn das Ziel Ihrer Politik ausschließlich darin besteht, Bedingungen für den ungehemmten Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu schaffen und die Herausbildung gesellschaftlicher Eliten zu fördern. Wer als Arbeitsloser, Sozialhilfeempfänger, Obdachloser, Drogenabhängiger dabei den Sprung nicht schafft, der gilt als Versager, als Individuum, das seiner Eigenverantwortung nicht nachgekommen ist und für das sich deshalb Staat, Politik und Wirtschaft nicht so besonders zu interessieren brauchen. Dafür gibt es dann schließlich die freien Träger, die das entsprechende Auffangnetz zu organisieren haben. Insofern ist das, was Sie mit diesem Haushalt einleiten, tatsächlich der Einstieg in den Ausstieg, in den Ausstieg aus der sozialen Verantwortung.
Denn Ihr Haushalt dient nicht der gezielten Schaffung aller Voraussetzungen für das Entstehen neuer Arbeitsplätze, sondern erreicht genau das Gegenteil. Und die Arbeitslosigkeit ist nun mal nach unserer Auffassung nach wie vor das gravierendste soziale Problem.
Ihr Haushalt, meine Damen und Herren, zielt genau auf Ersparnis an den Stellen, wo es um diejenigen geht, die sich nicht mehr wehren können. Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie sich zu den Kranken und Schwachen verhält. Das ist keine neue Weisheit und daran müssen auch Sie sich messen lassen.
Und der Schuldenstand, Herr Kretschmer, wächst ja dennoch weiter. Das können Sie selbst in Ihrer Mittelfristigen Finanzplanung nachlesen, deren optimistische Prognosen noch nie in den letzten Jahren eingetreten sind und so sicher wie das Amen in der Kirche auch in den kommenden Jahren nicht eintreten werden. Dass dies noch lange so bleiben wird, das findet sich eben in der Mittelfristigen Finanzplanung. Damit wir uns nicht falsch verstehen, auch die PDS-Fraktion redet nicht der Schuldenmacherei das Wort, auch unsere Änderungsanträge, und die kann man im Internet selbstverständlich ausführlich nachlesen, gehen von einer Senkung der Nettoneuverschuldung aus, allerdings von einer geringeren als von der Landesregierung vorgeschlagen. Aber wir wollen die 100 Mio. DM mehr dafür ausgeben, damit die Kommunen damit mehrere 100 Mio. DM, je nach Inanspruchnahme der Förderprogramme, investieren, dadurch zum Erhalt und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen und nicht zuletzt erhebliche Investitionsdefizite bei der Sanierung von Kindertagesstätten und Schulen, von Sportstätten und Badeanstalten, bei der Wohnumfeldgestaltung usw. beheben. Dies scheint uns eher geeignet, die Einnahmesituation auf lange Sicht zu verbessern, anstatt das Land kaputtzusparen.
Meine Damen und Herren, Herr Kretschmer, zu einigen Aspekten der Einzelpläne: Wer geglaubt hat, eine CDUgeführte Landesregierung hätte sich bemüht, in Thüringen all die lautstark beklagten sozialen Einschnitte, die die rotgrüne Bundesregierung in den letzten Monaten beschlossen hat, im Sozialhaushalt zu kompensieren, war da wohl sehr optimistisch. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist schon schlimm, wie Sie Kürzungen in Bereichen vornehmen, wo das Nichtbereitstellen von ein paar Tausend Mark eine Kettenreaktion für Betroffene zur Folge hat. Zu nennen wären hier Kürzungen bei psychosozialen Beratungsstellen, bei betreutem Wohnen für psychisch Kranke, in Suchtberatungsstellen oder beim betreuten Wohnen für Suchtkranke, bei Erholungsmaßnahmen für Behinderte und nicht zuletzt bei Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen. Und Sie kennen die Probleme doch, meine Damen und Herren von der CDU. Herr Dr. Pietzsch, Sie werden sich wohl - er ist gar nicht da,
aber man kann es ihn ja fragen -, er wird sich wohl zumindest an das Wohnprojekt "Seele" in Suhl erinnern und an die Probleme, die es dort gibt. Beim Wegfall einer einzigen Beratungsstelle bzw. einer Beratungsfachkraft verlieren zig Thüringerinnen und Thüringer eine für sie lebensnotwendige Anlaufstelle; ganz abgesehen davon, dass die Fachlichkeit der Beratung und Betreuung bereits durch die Kürzung der letzten Jahre erheblich in Frage gestellt ist. Die unzähligen Briefe aus Vereinen und Verbänden in Bezug auf den Haushalt 2000 nehmen Sie offensichtlich nicht zur Kenntnis, obwohl ich weiß, dass einzelne Abgeordnete in solchen Projekten waren und die Probleme also doch vernommen haben müssten. Wir sind der Auffassung, dass gerade auf sozialem Gebiet schon heute nicht alle notwendige Arbeit getan wird und deshalb fordern wir auch weiterhin die Installierung von 800 zusätzlichen Feststellen für das Betreuungs- und Beratungsangebot im sozialen Bereich.
Wir fordern den Ausbau von Qualität in diesem Bereich. Das Thüringer Sozialministerium konsolidiert seinen Haushalt zwar vorerst auf geringem Niveau, aber auch da zulasten der Schwachen in der Gesellschaft, es ist schon schlimm. Wir fordern also weiterhin die Installierung dieser 800 zusätzlichen Feststellen für dieses Beratungs- und Betreuungsangebot. Wir fordern den Ausbau von qualitäts- und bedarfsgerechten Betreuungs- und Beratungsstellen flächendeckend im Land. Übrigens ist die Haltung zu diesem Thema in den letzten Wochen von uns mit sehr großem Erstaunen aufgenommen worden, was die Damen und Herren der CDU betrifft. Am 16. Dezember haben Sie hier im Plenum unseren Antrag zu 800 Feststellen im Sozialbereich abgelehnt - wider Erwarten. Nur zwei Wochen später - für uns ein Wunder - meinte der Sozialminister in der "Osterländer Volkszeitung", auch im Sozialbereich müssten Dauerarbeitsplätze geschaffen werden. Und am 11. Januar plädierte auch Frau Arenhövel am runden Tisch der sozialen Verantwortung für Thüringen vehement für Feststellen im Sozialbereich. Nur, Frau Arenhövel und Herr Minister, wenn Sie das wollen, dann müssen Sie etwas dafür tun
und dann können Sie, wenn Ihnen unser Antrag vielleicht fehlerhaft erscheint, auch mit daran arbeiten und diesen Ihrer Meinung nach verändern. Oder wechseln Sie Ihre Ansichten je nachdem, welches Publikum gerade vor Ihnen sitzt?
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine Bemerkung zu Ihrem Programm "50 Plus" machen, der Wunderwaffe Ihrer reformierten Arbeitsmarktpolitik. Wie die funktionieren soll, steht für Sie offensichtlich selbst noch in den Sternen. Zunächst warb die CDU im Landtagswahlkampf 1999 mit einem Programm für ältere Langzeitarbeitslose, dann kündigte der Ministerpräsident ein solches Programm in seiner Regierungserklärung im Oktober an und Minister Schuster gibt im Dezember eine Regierungserklärung zu diesem Programm ab - mehr hat er ja nicht gesagt. Inzwischen ist der Januar fast vorbei. Jetzt endlich fällt dem Minister auf, dass er überhaupt noch nicht weiß, was er eigentlich machen will, und er ruft erst einmal zum Ideenwettbewerb auf. Ich habe auch eine Idee für Herrn Minister Schuster: Lassen Sie die Schnellschüsse, durchdenken Sie Ihre Vorschläge vorher und überlegen Sie sich vielleicht auch vorher, wie Sie solche Luftnummern dann finanzieren.
Im Dezember in der Haushaltsberatung war seitens des Ministeriums noch die Rede von 5 bis 10 Mio. DM, die für das ehrenamtliche Engagement von älteren Arbeitslosen eingestellt werden sollten; jetzt haben Sie gerade einmal 4 Mio. DM zusammengekratzt für diesen Titel. Und der Höhepunkt ist ja wohl der Änderungsantrag der CDU in Drucksache 3/268. Ende des Jahres 2000, wenn wir dann wissen, wie hoch die Einnahmen aus den Sportwetten sein werden, und demzufolge auch wissen, in welchem Umfang die Zuschüsse an die Wohlfahrtsverbände dann gekürzt werden können, werden garantiert ganz schnell zahllose ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch ihr ehrenamtliches Engagement honoriert bekommen. Wie und wann Sie mit den Bewilligungen der Zuschüsse überhaupt beginnen, weil man ja nicht weiß, wie viel Zuschüsse man bewilligen kann, wenn man vorher nicht weiß, wie viel man davon abziehen muss, bleibt ein Rätsel. Wir als PDS-Fraktion lehnen diese Art von Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements ab. Wir sind der Auffassung, dass vor allem ältere Arbeitslose ihre Bestätigung in der Gesellschaft finden, indem man ihnen einen ihrer Qualifikation und Erfahrung entsprechenden Arbeitsplatz zur Verfügung stellt. Sie wollen nicht mit 200 DM monatlich zu ihrem eventuell mickrigen Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe abgespeist werden und schon gar nicht auf so eine unsolide Art und Weise, wie uns jetzt vorgeschlagen wird. Die PDS-Fraktion unterstützt den Inhalt des Briefes des DGB, Referat Senioren, der alle Fraktionen in der letzten Woche erreichte und in dem gefordert wurde,
unbedingt im Jahr 2000 die Voraussetzungen für die Verabschiedung eines Ehrenamtsgesetzes zu schaffen, damit der Freistaat gut vorbereitet und vielleicht als Vorbild in das von der UNO proklamierte "Jahr des Ehrenamtes" 2001 gehen kann. Die PDS-Fraktion verspricht Ihnen, nicht locker zu lassen und im Jahr 2000 abermals einen Gesetzentwurf zum Ehrenamt einzureichen.
Kommen wir, meine Damen und Herren, zu den Strukturanpassungsmaßnahmen. Damit sind wir direkt bei einer politischen Konfusion seit der Landtagswahl, die in der Regierungserklärung von Minister Schuster zur Arbeitsmarktpolitik einen traurigen Höhepunkt hatte. Vorher waren die Träger von Strukturanpassungsmaßnahmen wochenlang auf unverantwortliche Art und Weise im Unklaren gelassen und damit massiv verunsichert worden. Abgeordnete der PDS-Fraktion, und mit Sicherheit nicht nur die, haben zahlreiche Briefe von betroffenen Vereinen und Kommunen bekommen, aus denen hervorgeht, dass wegen der ungewissen Förderperspektiven bereits Ende Dezember 1999 etliche Beschäftigte aus SA-Maßnahmen entlassen werden mussten. Seitdem jagen sich amtliche, halbamtliche und inoffizielle Stellungnahmen aus dem Wirtschaftsministerium, die die Verunsicherung immer noch weiter treiben. Aber es sind die Träger von SA-Maßnahmen, insbesondere die im Sozialbereich, in der Jugend- und Altenhilfe und im Sport und die dort beschäftigten Menschen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, die verunsichert werden und sich durch Ihre Politik ins Aus gedrängt sehen. Das betrifft, wie Sie wissen sollten, mehrere Tausend Menschen in ganz Thüringen. Anfang Januar äußerte sich Herr Minister dann in Interviews, die Förderung von SA-Maßnahmen werde bis Juni verlängert. Die Träger, die sich daraufhin an die für die Auftragsbearbeitung zuständige GfAW wandten, bekamen zu hören, Zeitungsmeldungen interessieren da niemanden und eine Anweisung aus dem Ministerium liege nicht vor. Außer einer billigen Medienente also nichts gewesen. Hoffen wir, dass die neuesten Verlautbarungen nun stimmen. Das ändert aber nichts an der Ideen- und Inhaltslosigkeit Ihrer neuen Arbeitsmarktpolitik. Herr Minister wurde durch die TLZ angesichts dieser Tatsache als "König ohne Kleider" bezeichnet: Gerade bei den SA-Maßnahmen zeigt er sich erschreckend nackt - vielleicht ist er deshalb heute nicht hier.
Uns wäre es lieb, wenn er sich im Interesse der Betroffenen bald etwas anziehen würde; in diesem Fall darf es Markenware sein, die etwas länger hält.
Meine Damen und Herren, wenn ich im Zusammenhang mit meinen Ausführungen zur fehlenden sozialen Ausgewogenheit des Haushalts unsere Auffassung zum Einzelplan 08 dargestellt habe, dann lässt sich diese prinzipielle Aussage zum Landeshaushalt auch in den Einzel
plänen 07 und 09 festmachen. Wenn die Landesregierung für den öffentlichen Personennahverkehr ein jährlich insgesamt sinkendes Zuschussvolumen einstellt, so z.B. ca. 8 Mio. DM weniger im Jahr 2000 gegenüber dem Jahr 1998, dann beeinflusst sie schon die Höhe der Tarife, von denen im ÖPNV-Gesetz ja von Sozialverträglichkeit die Rede ist. Und, Herr Minister, Ihre Aussagen, dass die Mittel für Beförderungsleistungen von Schülern und Auszubildenden steigen, verschärft einerseits nur den Defizitausgleich für die Nutzer von Bus und Straßenbahn und stimmt auch nur gegenüber 1999, denn auch hier sind gegenüber 1998 Kürzungen von 12,5 Mio. DM vorhanden. Bei der Wahrheit sollte man nicht nur im Haushalt, sondern auch bei öffentlichen Aussagen bleiben und sich dabei vor Augen halten, dass die Personengruppen, die den öffentlichen Personennahverkehr in der Hauptsache nutzen, mit ihren Einkommen nicht dem Automatismus des Artikel 54 der Verfassung zur Diätenanpassung unterliegen.