Protocol of the Session on December 12, 2002

Die Deutsche Bundesbank sind Dummschwätzer, Herr Althaus, und Sie sind die Superschlauen.

Die Schuldenlast in Thüringen haben Sie, Herr Althaus, mit verursacht. Sie sind verantwortlich dafür, Sie waren Mitglied der Landesregierung. Sie wollen irgendwann Mitglied dieser Landesregierung werden. Die Schulden, die Sie den Thüringerinnen und Thüringern hinterlassen, die haben Sie gemacht. Und dann hören Sie auf, uns in die Schuhe zu schieben, dass wir mehr Schulden machen wollen.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: So ein Unsinn.)

Unsere Strategie heißt: weniger Nettoneuverschuldung im Abbau, aber 2006

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Später, Später.)

Sie können schreien wie Sie wollen - ist die Wende einlegbar, dann, wenn die Bundesregierung eine Gemeindesteuerreform veranlasst, die die Kommunen wieder handlungsfähig macht. Dazu müssen Sie Ihren Anteil einbringen, was Landespolitik angeht und Rotgrün und die SPD ihren Anteil einbringen, was die Bundespolitik vor

gibt. Seien Sie froh, dass Sie die PDS haben, da haben Sie jemanden, dem Sie alles in die Schuhe schieben können. Die Bürgerinnen und Bürger werden merken, dass man mit dieser Art der unsoliden Haushaltspolitik keinen Staat machen kann. Die Halbwertzeit Ihrer Haushalte ist nicht einmal drei Monate.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Höhn zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Frau Ministerin Diezel, in Sachen Finanzen gibt es viele kluge Ratschläge, viele kluge Leute und ein kluger Mann hat einmal gesagt: "Das Aufstellen eines Budgets ist die Kunst, Enttäuschungen gleichmäßig zu verteilen." Ob es nun Kunst war, mit der Sie diesen Doppelhaushalt aufgestellt haben, da bin ich mir nicht so sicher, verehrte Damen und Herren. Aber auf alle Fälle haben Sie, Herr Ex- und Sie, Frau Neufinanzministerin, jede Menge Enttäuschungen verteilt. Doch wie Sie sie verteilt haben, das war bestimmt eine Kunst. Und weil die Geschmäcker in Sachen Kunst nun einmal verschieden sind, will ich Ihnen im Folgenden unsere Vorstellungen von der Kunst im Umgang mit den Finanzen erklären. Man sagt zwar im Volksmund, Frau Ministerin, es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck, doch der erste Eindruck stimmt in Bezug auf diesen Haushalt auch auf den zweiten Blick noch. Dieser Entwurf ist ein Dokument der leider für Thüringen tragischen Konzeptions- und Ideenlosigkeit dieser Regierungsmannschaft in den Jahren Ihrer Alleinregierung.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte diesem Haushalt drei Überschriften verpassen. Erstens, es ist ein Haushalt der Täuschungen und Verschleierungen. Zweitens, es ist ein Haushalt der ideologischen Kleinkariertheit und drittens, es ist ein Haushalt, der lediglich den Mangel verwaltet, als die Zukunft gestaltet.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Der ist doch nicht von Eichel abgeschrieben.)

Und es ist mit Ihrer Politik so wie mit den Überschriften zu den Landeshaushalten seit Jahren. Fällt Ihnen da nun wirklich nichts Neues mehr ein? Wir haben jetzt zum dritten Mal das Motto "Sparen und Gestalten"; 1997 übrigens das erste Mal.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Beständigkeit.)

Aber vielleicht ist das der Grund, warum Sie wider aller Vernunft und vor allem in solch finanzpolitisch unsicheren

Zeiten, wohl gemerkt, an Doppelhaushalten festhalten. Oder soll dann vielleicht nur alle zwei Jahre über Ihre Ideenlosigkeit diskutiert werden oder vielleicht doch nicht? Vielleicht sollten wir als Opposition einen Fünfjahresplan vorschlagen?

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Das kann die PDS machen.)

Wenn es dann wie im Jahr 2002 drei Nachträge und zwei Haushaltssperren gibt, dann haben wir ja noch viel mehr Möglichkeiten, auf Ihr Unvermögen, die Probleme des Freistaates zu lösen, hinzuweisen. Denn, meine Damen und Herren, schon jetzt kündigt sich für den Haushalt 2004 ein Nachtragshaushalt an, vermutlich im Mai nach der Steuerschätzung. Warum man dann nicht gleich im Herbst 2003 eine ordentliche Haushaltsberatung für 2004 macht, erschließt sich mir unter diesen Vorzeichen nicht. Deshalb lehnen wir nach wie vor kategorisch einen Doppelhaushalt unter den gegebenen Umständen ab,

(Beifall bei der SPD)

vor allem auch deshalb, weil die Landesregierung selbst in ihrer Ergänzungsvorlage für 2004 die Zahlen überhaupt nicht anfasst mit der Begründung im Ausschuss, man müsse ohnehin 2003 nachbessern. Das spricht für sich. Mit Planungssicherheit hat das nun, weiß Gott, nichts zu tun, diese Einschätzung ist geradezu absurd angesichts der Situation. Es ist - auf einen Nenner gebracht - finanzpolitischer Unsinn, den Sie diesem hohen Hause zumuten, dann hilft auch nicht der Verweis auf andere Bundesländer.

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Warum nicht?)

Unstrittig ist, Herr Ministerpräsident, dass der Freistaat Thüringen - weil wir unsere Probleme hier im Land zu lösen haben, sich deshalb nicht

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Aha, die sind völlig anders.)

wie der Bund und alle Bundesländer in einer finanzpolitisch schwierigen Situation befindet. Wegbrechende Einnahmen aufgrund von gewollten Steuerentlastungen, die mit dem Einbruch der Konjunktur kumulieren, insbesondere der Binnenkonjunktur, führen dazu. Doch diese Situation ist weder neu noch in ihrem Umfang so da gewesen. An dieser Stelle darf ich einmal aus einer Rede unseres früheren Finanzministers von 1997 zitieren: "Wir müssen sparen, weil unsere Steuereinnahmen nicht in dem Maße steigen, wie wir es noch vor kurzem angenommen haben."

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Die bre- chen weg zurzeit.)

Im Gegensatz zu heute, Herr Althaus, war natürlich an dieser Situation damals nicht die Bundesregierung Schuld, damals war es die Weltwirtschaft.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Heute brechen sie weg.)

Und heute - darauf komme ich noch zu sprechen. Merken Sie etwas?

Doch wieder zurück zur derzeitigen Situation. Es ist in der Tat eine Erkenntnis für alle, die sich mit dem Thema beschäftigen, dass die größte Steuerentlastung, die es je in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat, nicht in der Lage war, die Binnenkonjunktur nachhaltig zu beleben. Darin beruhte doch die große Hoffnung der Politik, nicht nur der Regierung, auch die so genannten Weisen und Wirtschaftswissenschaftler, alle haben sich geirrt.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Wissen Sie noch, wer sie abgelehnt hat?)

Auch die CDU rechnete bei ihren Steuerreformvorschlägen mit den so genannten Selbstfinanzierungseffekten. Können Sie sich noch erinnern, Frau Diezel? Schon damals hier in diesem Hause habe ich davor gewarnt. Die können sich gar nicht einstellen in so kurzer Zeit,

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Doch, Sie machen das doch sofort.)

aber Sie, Sie vertrauten darauf so schlicht wie ergreifend, dass nach einem Wahlsieg der Union die Konjunktur von ganz allein anspringt. Das müsste sie ja wohl auch, denn ein Konzept ist die CDU nebst Kandidaten bis heute schuldig geblieben.

Und sucht man nach den Erklärungen für den Einbruch der Binnenkonjunktur, dann erhält man in den Gutachten der Wirtschaftsforscher mehrere wichtige Erklärungen. Eine davon ist sicher der 11. September und die damit zusammenhängenden allgemeinen Verunsicherungen weltweit und

(Unruhe bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Welches Gutachten lesen Sie?)

die Euroeinführung...

(Unruhe bei der CDU)

Dürfte ich einigermaßen ungestört meine Rede fortsetzen? Ich wäre sehr dankbar dafür.

Auch die Euroeinführung infolge der erheblichen Teuerungen in einzelnen Bereichen, die an manchen Stellen zu regelrechten Käuferstreiks geführt haben, sind wohl die

gängigsten Erklärungen für den zu verzeichnenden Einbruch bei den Umsatzsteuereinnahmen. Umsatzsteuereinnahmewegbrüche sind die untrüglichsten Zeichen für eine Flaute der Binnenkonjunktur. Aber auch das Verhalten der Europäischen Zentralbank wird von renommierter Seite an dieser Stelle mit ihrer starren Haltung bezüglich der Zinsentwicklung kritisiert. Jetzt hat man endlich reagiert. Die Amerikaner - in vielen Dingen ja unser großes Vorbild haben sich da anders verhalten. Alan Greenspan hat die Zinsen in nie gekannte Tiefen geführt, der Staat hat die Ausgaben drastisch erhöht und die Steuern gesenkt, also wenn man so will, klassische keynesianische Instrumente. Allerdings taten die Amerikaner das aus einer Phase der Budgetüberschüsse aus der Clinton-Zeit. Das ist der Unterschied.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Das ist der Unterschied.)

Das ist der Unterschied, richtig, Herr Minister.

Aber der Anteil der Bundes- und Landespolitik an all diesen einschneidenden Momenten, der ist vermutlich eher niedrig. Ich will auf einen anderen Aspekt abstellen. Konjunktur, das hat jedoch - sicherlich sind Sie mit mir einer Meinung - etwas mit Psychologie zu tun. Im Bereich der psychologischen Beeinflussung der Konjunktur hat die Politik aus meiner Sicht ihren größten Wirkungsspielraum im positiven wie auch im negativen Sinn. An dieser Stelle räume ich ein, hat die wieder gewählte Bundesregierung in den Wochen ihrer Regierungsübernahme ihre Wirkung nicht immer richtig eingeschätzt. Schon das Entstehen des Koalitionsvertrags - das darf ich an dieser Stelle so sagen war von einem kollektiven Mikrofonverbiss geprägt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD; Abg. Lieberknecht, CDU)

Es ist der Bundesregierung bisher noch nicht gelungen, diese Meinungsvielfalt so zu kanalisieren, dass sich für den Bürger ein einheitliches Bild ergibt. Aber, meine Damen und Herren, noch ist die Hundert-Tages-Frist nicht abgelaufen, die jede neue Regierung eingeräumt bekommt.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Da wird es noch schlimmer.)

(Beifall bei der SPD)

Seien Sie sicher, dass diese Koalition hält und sie wird, und wenn Sie Handstände und Kopfstände hier vor mir machen, die Zukunftsprobleme dieses Landes lösen, da können Sie ebenfalls sicher sein.