Protocol of the Session on November 22, 2002

(Beifall bei der PDS )

Meine Damen und Herren, wir schlagen mit unserer Forderung nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer vor, ein wenig Gerechtigkeit bei der Finanzierung des Sozialstaats in Deutschland wieder herzustellen und wir sind uns darüber im Klaren, dass es um nicht mehr und um nicht weniger geht. Es geht nicht darum, alles mit der Vermögenssteuer zu heilen, Frau Diezel, sondern, der Komplex ist angesprochen. Es geht auch um Veränderungen bei der Erbschaftssteuer, grundlegende Veränderungen der Gemeindefinanzen und nicht zuletzt auch Änderungen bei der Unternehmensbesteuerung.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das steht nicht in eurem Antrag.)

Das steht nicht in unserem Antrag. Deswegen sage ich das ja jetzt, Herr Mohring. Ich habe doch für Sie eine gewisse aufklärende Funktion über unsere Anträge hinaus.

(Beifall bei der PDS)

Eigentum verpflichtet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Es verpflichtet vor allem Besitzer der riesigen Vermögen, sich angemessen an den Kosten des Gemeinwesens zu beteiligen. Es verpflichtet nicht im Gegenteil, sich immer mehr aus der Finanzierung des Gemeinwesens zu verabschieden.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, Ihre

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU:... da gibt es gar keine Vermögenden mehr.)

Meine Damen und Herren von der CDU, Ihre Ablehnungshaltung beziehen Sie u.a. aus der Fiktion, dass die Vermögenden scharenweise das Land verlassen würden und außerdem die Konjunktur geschwächt würde. Das ist beides nichts anderes als grober Unfug. Das möchte ich Ihnen untermauern.

(Beifall bei der PDS)

Erstens: Die Steuern auf Vermögen betragen in den USA 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts,

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Sie müssen die Gesamtabgabelast sehen.)

in Großbritannien 4 Prozent und im OECD-Durchschnitt etwa 2 Prozent.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: 56,8 Prozent Belastungsquote.)

Herr Abgeordneter, es ist richtig. Warten Sie mal einen Moment bis sich das Haus wieder beruhigt hat. Ich möchte hier oben auch etwas verstehen und das ist im Moment unmöglich.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das lohnt auch nicht, hier zuzuhören.)

(Unruhe bei der CDU)

Es ist immer noch nicht ruhiger.

Meine Freude an dem Thema, die können Sie auch nicht irgendwie mies machen.

(Beifall bei der PDS)

Zuletzt habe ich gesagt, im OECD-Durchschnitt ist die Zahl 2 Prozent, in Deutschland 0,9 Prozent. Gemessen am gesamten Steueraufkommen ist dieses Missverhältnis noch größer. Herr Höhn hat das zu Recht gesagt. Ich will die Zahlen dazu sagen. Vermögenssteuern in den USA, in Großbritannien und in Japan liegen über 10 Prozent, in Deutschland waren es gerade einmal 2,8 Prozent als die Vermögenssteuer noch erhoben wurde. Deutschland ist also in Bezug auf die Versteuerung von Vermögen eine Steueroase.

(Unruhe bei der CDU)

Zweitens: Die Vermögenssteuer würde konjunkturhemmend wirken. Das ist Ihr zweiter Vorwurf. Das ist völliger Blödsinn. Die Vermögenssteuer ist zwar eine Steuer, sie trifft aber nicht die Nachfrage. Im Gegenteil, der Einsatz des Aufkommens aus dieser Steuer gibt verschiedene Vorschläge her, sei es nun für öffentliche Investitionen oder für die Verstärkung des Bildungsbereichs. Sie wirkt selbstverständlich wachstums- und beschäftigungsfördernd.

(Beifall bei der PDS)

Wenn man noch weiter geht und einem Vorschlag des DGB folgt, in dem die Wiedereinführung der Vermögenssteuer mit der schrittweisen Abschaffung des Solizuschlags verbunden wird, dann würden die Unternehmen nicht nur nicht belastet, sondern im Ergebnis sogar entlastet.

Meine Damen und Herren, ich will noch etwas zu den Summen sagen, um die es hier geht. Das scheint wirklich auch ein Knackpunkt zu sein, auch für Thüringen. Die Bundesbank beziffert den Wert des Vermögens, das für eine Besteuerung in Frage käme, auf mehr als 5 Billionen 

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Und in Thüringen?)

Miky, packen wirs? Wir packen es Mike.

(Heiterkeit und Beifall bei der PDS)

Diese Zahl, das ist in etwa viermal so viel wie die gesamten öffentlichen Schulden in Deutschland. Dass solch ein riesiges Vermögen in privater Hand angehäuft werden konnte, steht natürlich auch im Zusammenhang mit den Schuldenaufnahmen der öffentlichen Hand generell. Nun will die PDS ja bekanntlich nicht die Betriebsvermögen und nicht die Sparschweine der Kinder der Vermögenssteuer unterwerfen. Ich lade Sie jetzt auf ein Beispiel ein. Ziehen wir von dem gesamten Vermögen erst einmal Freibeträge von beispielsweise - es gibt verschiedene Vorschläge, aber nehmen wir es an - einer Viertelmillion 0 1  die betrieblichen Vermögen ab. Es verblieben dann also

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Welcher Thüringer bleibt dann noch übrig?)

noch Vermögen von etwa 2 Billionen    % diglich den bis 1996 geltenden Steuersatz von 1 Prozent an, kommt man auf Einnahmen von 20 Mrd.    bei Verzicht auf den Solizuschlag würden es immer noch 10 Mrd.  

Der schon angesprochene Ministerpräsident von NRW, Herr Steinbrück, rechnet mit 1 Mrd.     Thüringen sind natürlich unter Berücksichtigung des Länderfinanzausgleichs, ich weiß nicht, ob es dreistellige Millionenbeträge sind, es kann auch weniger sein, aber das

scheint mir zumindestens eine höhere Größe zu sein als das, was von Ihnen genannt worden ist.

Meine Damen und Herren, zu den zum Teil ja sehr diffusen Ablehnungsgründen will ich noch kurz etwas sagen: Es wurde gesagt, dass die Erhebung der Vermögenssteuer wegen zu hohem Verwaltungsaufwand zu teuer wäre. Das ist sicher auch ein offener Punkt. Die Landesregierung in NRW sagt, nach ihren Berechnungen würden die Erhebungskosten bei ca. 5,5 Prozent liegen. Auch das Immobilien- und Grundstücksvermögen ließe sich praktikabel ermitteln. Es gibt Vorstellungen zum Vorschlag, das Immobilienvermögen mit dem Ertragswert anzusetzen, also mit dem 18fachen der Jahresmiete.

Meine Damen und Herren, ich denke, niemand hier im Saal hat gegen die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit etwas einzuwenden. Zur Besteuerung nach Leistungsfähigkeit gehört auch ein progressiver Steuersatz. In unserem Antrag haben wir diesbezüglich auf konkrete Prozentsätze verzichtet. Dies müsste dann den kommenden Verhandlungen vorbehalten bleiben. Aber natürlich haben wir konkrete Vorstellungen. Ich sage Ihnen jetzt ein Beispiel, wie das sein könnte: Zuerst rechnen Sie ihr privates Vermögen zusammen. Dabei bleibt das selbst genutzte Wohneigentum außen vor. Dann ziehen Sie noch Ihre Schulden und den Freibetrag von den genannten 0,25 Mio.  

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Was bleibt denn dann übrig, sagen Sie es doch mal.)

Wenn Sie jetzt immer noch ein positives Vermögen haben, dann erst sind Sie ein Fall für die Vermögenssteuer und sollen 1 Prozent dieses restlichen Vermögens abgeben. Wenn das verbleibende Vermögen z.B. über 5 Mio.   dann greift die Progression und sie zahlen demnach 2 oder 3 Prozent.

Meine Damen und Herren, neben der Wiedereinführung der Vermögenssteuer stehen auch Reformen der Erbschaftssteuer, Unternehmenssteuer und beispielsweise die Behandlung von Spekulationsgewinnen im Raum.

(Beifall bei der PDS)

Die Vermögenssteuer ist nur ein Teil unserer Vorschläge für mehr Steuergerechtigkeit im Land und für einen kleinen Beitrag zur Konsolidierung unserer Haushalte. Vor allem wäre aber die Vermögenssteuer ein politisches Signal.

(Beifall bei der PDS)

Sie wäre ein deutlicher Schritt des politisches Umsteuerns, ein deutlicher Schritt hin zu mehr wirtschaftlicher Vernunft und zu mehr sozialer Gerechtigkeit.

Ich will abschließend zum SPD-Antrag eine kurze Bemerkung machen: Herr Höhn, ich habe sehr großen Respekt vor der Art und Weise, wie Sie Ihre Bedenken vorgetragen haben. Ich denke aber, dass es angesichts der Situation, dass es Anträge im Bundesrat gibt, gleich, wie die Chancen im Moment stehen, wichtiger wäre, dass vom Thüringer Landtag ähnlich anderen Ländern jetzt ein deutliches Signal für die Einführung der Vermögenssteuer ausgehen würde. Deshalb halten wir unseren Antrag für den besseren. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Für die Landesregierung Ministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, im großen Konzert der Steuererhöhungen wird wieder einmal ein alt bekanntes Lied angestimmt - die Vermögenssteuer. Hauptargument für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer soll ein soziales Signal sein. Das klingt gut. Aber ist es das auch? Bevor ich näher auf die Anträge von PDS und SPD eingehe, möchte auch ich noch einmal an die Urteile des Bundesverfassungsgerichts von 1995 erinnern, das den Gleichheitsgrundsatz bei der Vermögenssteuer in Frage gestellt hat und die Belastung der Bürger auf eine Obergrenze festgelegt hat - 50 Prozent. Die CDURegierung hat damals von ihrem Recht Gebrauch gemacht, eine Neuregelung nicht vorzulegen. Zum einen war damals über Parteigrenzen hinweg Einigkeit, betriebliches Vermögen nicht der Vermögenssteuer zu unterlegen. Vor allem aus dem Grund der Sozialgebundenheit, dass man Arbeitsplätze und Betriebsvermögen schonen wollte. Zum anderen hätte sich bei der Wiedereinführung der Vermögenssteuer auf Privatvermögen bundesweit nur ein Steueraufkommen von 1,7 Mio.   ben. Dieses Aufkommen wäre dann auch noch - und man war sich auch einig und das ist ja hier in der Diskussion auch aufgekommen, dass die Freibeträge angehoben werden sollten - weiter geschmälert. Dem verbleibenden Steueraufkommen wurde ein erheblicher Verwaltungsaufwand entgegengesetzt. Die damaligen Bund-Länder-Ermittlungen, und die waren einheitlich mit A- und B-Ländern, lagen 1995 schon bei 430 Mio. 2 !   rifsteigerungen und Sachkostensteigerungen noch mit hinein, landen wir jetzt wohl bei mindestens 500 Mio. / !war auch der Aufwand bei dem Steuerbürger. Sicherlich, vielleicht ein Programm für die Steuerberater.

Allein aus diesen Gründen sowie aus dem wohl fast schwierig oder unlösbaren Problem der genauen Abgrenzung zwischen betrieblichem und privatem Vermögen hat man damals auf die Einführung oder die weitere Erhebung der Vermögenssteuer verzichtet. In den neuen Ländern war bis 1996 im Einigungsvertrag ohnehin die Vermögenssteuer nicht mit vorgesehen und deswegen auch keine Weiterfüh