Protocol of the Session on November 22, 2002

Das heißt, meine Damen und Herren, dass die Eltern ihren Erziehungsauftrag ernst nehmen, und deswegen wollen wir, dass die Lufthoheit über den Kinderbetten dort bleibt, wo sie hingehört, nämlich bei den Eltern.

(Beifall bei der CDU)

Darum halten wir es für falsch, der Fremdbetreuung von Kindern mehr Aufmerksamkeit zu geben als der Hilfe für die Eltern, ihrer Aufgabe entsprechen zu können. Was das Elternhaus versäumt, kann in Schule und Gesellschaft nur unzureichend nachgeheilt werden.

(Beifall bei der CDU)

Der Thüringen-Monitor 2002 bestätigt, dass die Erziehungsziele - Selbstbewusstsein, Kritikfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Verständnis für andere - eine überwältigende Zustimmung finden.

Meine Damen und Herren, die Erziehung in der Familie muss ihre Ergänzung in der Erziehung in der Schule finden. Die Schule muss neben der Wissensvermittlung grundsätzliche Werte erfahrbar machen.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehört die Bereitschaft zur gesellschaftlichen Mitverantwortung, zur Mitgestaltung der demokratischen Ordnung und zum bewussten, selbstbestimmten und kritischen Umgang mit den Medien. Gerade vor dem Hintergrund der Ereignisse an dem Gutenberg-Gymnasium ist es gut zu wissen, dass die Kontakte zwischen Eltern und Schule eng sind. Lediglich 11 Prozent der Eltern mit Schulkindern geben an, keinen Kontakt zum Klassenlehrer zu haben, während die Hälfte Elternabende und Sprechstunden nutzt und 40 Prozent sogar einen darüber hinausgehenden Kontakt zur Schule pflegen.

Die Debatte über Bildung und Erziehung, die uns gestern beschäftigt hat, ist aber, glaube ich, mit der Verabschiedung der Schulgesetznovelle nicht zu Ende. Deswegen bin ich dem Landtag ausdrücklich dankbar für die Einsetzung der Enquetekommission, die dafür sorgt, dass die Debatte über Werte und Erziehung fortgesetzt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Karl Jaspers hat gesagt, die Demokratie ist tolerant gegenüber allen Möglichkeiten, muss aber gegen Intoleranz selbst intolerant werden können. Ich glaube, eine richtige Aussage, zur Demokratie gehört Toleranz, wenn man aber gegen Intoleranz tolerant ist, dann wird man bald nicht mehr tolerant sein können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir diese Intoleranz und wenn wir den Hass bekämpfen wollen, dann müssen wir die Institutionen, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, stärken und zu ihnen gehört eben nach unserer Überzeugung zuerst und vor allem die Familie.

Lassen Sie mich knapp zusammenfassend sagen: Zwei wichtige Botschaften sind durch die Studie, glaube ich, eindeutig klar.

Erstens: Für die Thüringerinnen und für die Thüringer ist die Familie heilig. Indem wir sie stärken, indem wir das Familienbewusstsein stärken, indem wir Eltern und Lehrer zur Erziehung ermutigen, leisten wir einen Beitrag zur

Extremismusbekämpfung.

Die zweite Botschaft: Es gibt viel Zustimmung für die parlamentarisch-repräsentative Demokratie, aber es gibt Zweifel, wie sie umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren, indem wir das Ehrenamt stärken, indem wir die Bereitschaft der Menschen zur Mitwirkung stärken, leisten wir Beiträge zu mehr Demokratiezufriedenheit, aber auch dadurch, dass wir ein bisschen überdenken, wie wir miteinander umgehen. Wir haben aus jedermann bekannten Gründen hier in Thüringen eine besondere Verpflichtung, Freiheit, Demokratie und Weltoffenheit zu schützen. Wir können aufgrund der uns vorliegenden Materialien sagen, die Voraussetzungen dafür sind gut, aber Wachsamkeit ist notwendig, damit wir dieses Ziel auch tatsächlich erreichen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für den Bericht. Wir kommen zur Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Hahnemann, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bei den letzten beiden Regierungserklärungen dieser Art erhielten wir den Thüringen-Monitor erst am Tage der Regierungserklärung selbst. Dieses Jahr hatten wir Exemplare des Monitors bereits zwei Tage vor der Erklärung des Ministerpräsidenten zur Vorbereitung dieser Plenardebatte auf dem Tisch. Also will ich jetzt hier auch nicht darüber sinnieren, ob es selbstverständlich ist oder nicht, dass Abgeordnete solche Unterlagen ausreichend zeitig zur Verfügung haben, obwohl die offizielle Vorstellung der Studie erst 13.00 Uhr sein wird. Ich will mich einfach für dieses Vorgehen bedanken.

Ich werde mich hier nur mit zwei Punkten aus dem zweiten Teil der Untersuchung zu den politischen Einstellungen der Thüringer näher befassen, weil sie mir als zentral erscheinen. Die in der Studie konstatierte Unzufriedenheit mit der politischen Praxis geht einher mit einer gesunkenen Zustimmung vieler Thüringerinnen und Thüringer zur Staatsidee der parlamentarischen Demokratie. Der Anteil der Befragten, der unzufrieden ist, wie Demokratie in der Praxis funktioniert, ist auf 42,2 Prozent gestiegen. Das ist damit die größte Gruppe der Befragten. Diese berechtigte Kritik aufzunehmen, die Debatte um die Demokratisierung der Gesellschaft zu führen, wird ein Schwerpunkt der Arbeit unserer Fraktion bleiben. Es bestätigt sich ein nicht ganz neuer Trend: Trotz Ablehnung und Zweifel an der Demokratie gibt es aber ein Interesse an politischer Betätigung, aber abseits der Institutionen, speziell abseits der Parteien. Diese Entwicklung ist nicht neu.

Die Monitor-Studie untersucht nun aber auch die politische Partizipation der Bürgerinnen und Bürger in Thüringen. Dabei bestätigt sich eindeutig, dass viele Thüringerinnen und Thüringer den nichtinstitutionellen Beteiligungsformen an demokratischen Prozessen, wie etwa Bürgerinitiativen, deutlich den Vorzug geben. Im Herbst 2001 brachte die PDS-Fraktion zusammen mit der SPDFraktion das verfassungsändernde Gesetz zum Volksbegehren und zum Volksentscheid in den Landtag ein. Wir verstehen genau das als einen Beitrag zum außerparlamentarisch-demokratischen Engagement des Bündnisses für mehr Demokratie, also im Dienste von mehr als 385.000 Unterzeichnern des erfolgreichen Volksbegehrens aus dem Jahre 2001. Im Frühjahr dieses Jahres, wieder zusammen mit der SPD-Fraktion, haben wir den Gesetzentwurf zur Änderung des Durchführungsgesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid eingebracht und auf Druck des Bündnisses "Mehr Demokratie in Thüringen" kam es inzwischen zu Verständigungsgesprächen zwischen den Fraktionen über das weitere Vorgehen und über Möglichkeiten, direkte demokratische Mitbestimmung zu erleichtern.

Ich kann die CDU-Fraktion nur nochmals auffordern, das Ziel einer einvernehmlichen Lösung zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger nicht dadurch zu gefährden, dass sie es am gebotenen Entgegenkommen bei den Sammlungsarten fehlen lässt.

(Beifall bei der PDS)

Es reicht nicht, meine Damen und Herren, die Tendenzen der Abkehr von der Demokratie zu konstatieren und zu bedauern, man darf sie nicht auch noch bedienen. Ihre Politik, die Politik Ihrer Regierung, Herr Ministerpräsident, ist nach unserer Auffassung mit verantwortlich für solche Tendenzen. Ich erinnere nur an die betriebliche Mitbestimmung. Mit der Novelle des Thüringer Personalvertretungsgesetzes wurde ein weiterer Abbau von demokratischen Rechten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst vorgenommen. Die PDS-Fraktion hat im August dieses Jahres beim Thüringer Verfassungsgericht Klage gegen das neue Gesetz erhoben. Das Gericht soll die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung zur Mitbestimmung überprüfen. Hier sieht nämlich das Gesetz eine radikale Beschneidung von Beteiligungsrechten der Personalräte vor. Und genau das, Herr Ministerpräsident, verträgt sich nicht mit der Notwendigkeit der Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern an der Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft.

(Beifall bei der PDS)

Zurück zu den Ergebnissen des Monitors: Ja, Herr Ministerpräsident, das demokratische Fundament bekommt feine Risse. Besorgnis erregend ist der Anteil der Befragten, die als Nichtdemokraten bezeichnet werden. 20 Prozent lehnen die Staatsform der parlamentarischen Demokratie ab. Darunter befindet sich ein erheblicher Teil, der nicht eine andere Demokratie befürwortet, sondern gar kein demo

kratisches System will. So bejahen 16,7 Prozent der Befragten die Frage, ob im nationalen Interesse unter Umständen eine Diktatur die bessere Staatsform sei. 19 Prozent der Befragten einer bundesweiten Studie der Uni Leipzig aus dem April dieses Jahres wünschen sich einen Führer, einen Führer, meine Damen und Herren, der zum Wohle aller mit starker Hand regiert.

Verstärkt nutzen aber auch so genannte Nichtdemokraten die Möglichkeiten politischer Einflussnahme über nichtinstitutionelle Beteiligungsformen der Demokratie. So erklären interessanterweise über die Hälfte der Befragten in dieser Gruppe ihre Bereitschaft, in einer Bürgerinitiative mitzuarbeiten. Daraus ergibt sich natürlich die Frage, ob das Engagement erklärter Antidemokraten unter Ausnutzung demokratischer Mittel - etwa der Unterschriftensammlung für die Menschenwürde verletzende Forderungen zu werben - als demokratische Partizipation gewertet werden kann. Oder ist es eigentlich das, was es ist, der Ruf nach Pogromen, die in einem demokratischen Mäntelchen daherkommen, unter dem zusehends der gepflegte Anzug, immer aber auch die Bomberjacke und die Springerstiefel hervorlugen. Das aber erfordert konsequentes politisches Engagement eines jeden, insbesondere aber der Zuständigen, die so gern das nötige Engagement der Anständigen beschwören.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Zwischenfälle rechtsextremistischer oder rassistischer Natur haben Sie genannt, hier aus Thüringen und darüber hinaus. Rechtsextremistische Organisationen und Gruppierungen sind weiterhin in Thüringen aktiv. Der Verfassungsschutzbericht 2001 konstatiert zwar eine Abnahme der Mitgliederzahlen in rechtsextremen Parteien, aber eine Zunahme von Neonazis, die sich in freien Kameradschaften organisieren. Auch in Thüringen fand in den letzten Monaten eine Vielzahl von Aufmärschen, Mahnwachen, Skinheadkonzerten, Schulungsabenden und Ähnliches statt. Man muss aber zugleich auf andere Formen der Ausbreitung hinweisen, nämlich z.B. auf Immobilienkäufe, die durch einschlägig bekannte Rechtsextreme getätigt werden. Diese Entwicklung ist auch in anderen neuen Bundesländern zu beobachten. Sie birgt mehrere Gefahren, auf die eine verantwortliche Politik und Behörden rechtzeitig reagieren müssen: Schon seit langem versuchen Neonazis so genannte Nationale Jugendzentren zu fordern und zu etablieren. Daneben können Schulungen, Konzerte und Veranstaltungen in Privaträumen relativ ungestört durchgeführt werden. Muss man nicht auch fürchten, dass auf diese Weise NPD-Vermögen vor einem drohenden Verbot nutzbringend angelegt wird? Der Vorfall am 9. November in Lobeda, wo aus den Räumen einer ehemaligen Gaststätte heraus Jugendliche mit Schlagstöcken angegriffen und verletzt wurden, zeigt die anhaltende Brisanz dieser Entwicklung.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, rechtsextremistische und rassistische Einstellungen sind beileibe kein Randproblem. Der Thüringen-Monitor untersucht auch die

ses Jahr die Akzeptanz rechtsextremer Einstellungen. Der Anteil rechtsextrem Eingestellter hat sich innerhalb eines Jahres von 18,6 auf 20,9 Prozent erhöht. Die Mehrheit der Interviewten, nämlich 55,4 Prozent, stimmen der folgenden Aussage zu: "Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet." Annähernd die Hälfte, nämlich 49,5 Prozent, sind der Meinung, Ausländer kämen nur hierher, um den Sozialstaat auszunutzen.

Meine Damen und Herren, verschließen wir doch nicht die Augen vor Wirklichkeiten. In Thüringen finden ausländerfeindliche Grundhaltungen nicht nur in den Ideologien und Aktivitäten der extremen Rechten ihren Ausdruck, auch bei Bürgern und Bürgerinnen fallen solche Ideen vielfach auf fruchtbaren Boden. Menschen in Luisenthal, Ohrdruf und Umgebung beteiligten sich in großer Zahl an einer Unterschriftensammlung gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft. Darin heißt es: "Wir, die Bürger, haben uns gegen den Standort 'Suhler Straße' in Ohrdruf als Asylbewerberheim aus folgenden Gründen ausgesprochen: weil wir die Störung der demokratischen Ordnung befürchten und die Bürger unserer Orte Angst haben."

Ich aber, meine Damen und Herren, bekomme Angst, wenn ich von solchen Bürgerinitiativen höre, wo ortsbekannte Rechtsextreme mit Bürgern Hand in Hand einen naiven Rassismus pflegen. Und nicht selten fördert die herrschende Politik gerade die Ängste der Menschen, auch hier in Thüringen. Ich erinnere nur an die Haltung der Landesregierung zum neuen Staatsbürgerschaftsrecht oder zum Zuwanderungsgesetz. Ihr Reden und Handeln gegen die Gleichstellung von Ausländerinnen und Ausländern ist eben auch ein Plädoyer für die Betrachtung der Ausländerinnen und Ausländer als eine Gefahr.

(Beifall Abg. Dittes, PDS)

Damit schüren Sie die Ängste, die Sie durch Aufklärung abbauen müssten.

Der diesjährige Monitor weist noch einmal auf den Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und Anfälligkeit für rechtsextreme Einstellungen hin. Zum Problem der Bildungschancen sozial Benachteiligter wurde im Rahmen der Debatte um das Schulgesetz von uns schon vieles gesagt. Erziehung zur Gewaltprävention, Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und mit dem heutigen Rechtsextremismus müssen Bestandteil des schulischen Alltags diesseits und jenseits von Lehrplänen und unabhängig von tagespolitischen Konjunkturen sein.

Was die häufig inkonsequente Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus angeht, erinnere ich auch an die dauerhafte Ablehnung eines Landesprogramms gegen Rechtsextremismus und Rassismus und für Demokratie. Das passt nicht zusammen, Herr Ministerpräsident, auch wenn es eine Koordinierungsstelle Gewaltprävention gibt.

Herr Ministerpräsident, was das Thema NPD-Verbot angeht, will ich Ihnen ganz ehrlich sagen, ich erwarte ja nicht, dass jemand sich ständig Asche auf das Haupt streut, aber ein bisschen Selbstkritik wäre in diesem Zusammenhang wohl angemessen gewesen. Das Thüringer Agieren im Zusammenhang mit dem NPD-Verbotsverfahren ist ein Musterstück Ihrer Regierung. Vor einem Jahr gaben Sie Ihrer Hoffnung Ausdruck, den Verbotsanträgen würde in absehbarer Zeit entsprochen werden. Und auch vorhin haben Sie sich wieder für einen Erfolg ausgesprochen. Im Februar dieses Jahres war eine mündliche Verhandlung in Karlsruhe anberaumt und sie wurde vom Gericht kurzerhand abgesagt, weil bekannt wurde, dass sich die Antragsschriften zum Beleg der Verfassungsfeindlichkeit der NPD auf Aussagen von Mitgliedern und Funktionären der NPD stützten, die gleichzeitig Spitzel des Verfassungsschutzes waren.

Das NPD-Verbotsverfahren steht seither auf des Messers Schneide. Heute wissen wir, dass Thüringen einen ganz wesentlichen Anteil am schleppenden Verfahrensgang und dem möglichen Scheitern des Verbotsantrags hat. Auch in Thüringen standen mit den Herren Brandt und Dienel zentrale Figuren der Neonaziszene im Dienste des Verfassungsschutzes. Das Bundesverfassungsgericht hat nun am 8. Oktober darüber beraten, ob der Staat über den Einsatz von V-Leuten Einfluss auf Ideologie und Praxis der NPD genommen hat. Wieso hat nach dem ersten Eklat Thüringen zum Erörterungstermin wiederum versäumt, dem Gericht die Richtlinie über Anwerbung und Führung von V-Leuten rechtzeitig zuzuleiten.

(Zwischenruf Trautvetter, Innenminister: Das haben wir gestern schriftlich beantwortet.)

Der Herr Innenminister hat das gestern gesagt.

Bleibt entgegen anders lautenden Auskünften zu befürchten, dass sich unter den weiteren vier bisher nicht enttarnten V-Leuten, die in den Verbotsanträgen als Quellen benannt sind, doch noch Thüringer Rechtsextremisten befinden. Ganz unabhängig vom Ausgang des Verbotsverfahrens, wobei wir ein Verbot der NPD ausdrücklich befürworten, bleiben wir bei unserer Forderung, den Verfassungsschutz ehrlich und kritisch hinsichtlich Aufgabe, Rolle und Arbeitsweise zu überprüfen.

Kommt es durch die leidige V-Mann-Problematik zu einem Scheitern des Verbotsverfahrens, dann erleiden Rechtsstaat, Bundesverfassungsgericht und Antragsteller einen erheblichen Ansehensschaden. Die neonazistischen Organisationen und Bewegungen würden gestärkt. Sie würden sich diebisch freuen über die Unfähigkeit der Demokraten. Der jetzt vorgelegte Haushalt für das Landesamt legt nahe, dass auch weiterhin beträchtliche Mittel für den Einsatz von V-Leuten vorgehalten werden sollen.

Meine Damen und Herren, ich werde Ihnen nichts nicht zu Erwartendes ankündigen, wenn ich Ihnen sage, wir werden auch dieses Mal wieder die schrittweise Abschaffung und Umgestaltung des Verfassungsschutzes beantragen.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist keine Überraschung! Das ist nichts Neues!)

Wir bleiben bei unserer Grundauffassung, der Schutz der demokratisch verfassten Gesellschaft kann am Ende tatsächlich nur von einer wachsamen und engagierten Bürgerschaft gewährleistet werden.

(Unruhe bei der CDU)

Auch gegen rechtsextreme Aufmärsche hilft nur der Widerstand der demokratischen Bürgerschaft. In Thüringen konnten sich im letzten Jahr wiederholt Alt- und Jungnazis zu Aufmärschen, Kundgebungen und Mahnwachen zusammenfinden. In Bayern marschierten diesen Sommer annähernd 3.000 braune Kameraden, um dem Hitlerstellvertreter Rudolf Hess zu huldigen. Der Marsch wurde angeführt vom Thüringer Heimatschutz. Ein Verbot durch die Stadt Wunsiedel wurde mit Hinweis auf Meinungsund Versammlungsfreiheit aufgehoben. Immer wieder werden Verbotsverfügungen auf dem Gerichtswege unwirksam. Viele Bürgerinnen und Bürger betrachten es zu Recht als Skandal, dass Neonazis am 9. November durch die Straßen Weimars marschieren konnten. "Wir stellen uns den Nazis in den Weg!" - das war die angemessene Devise gegen solche Art provokativer Aufmärsche. Aber in Zukunft wird es nötig werden, meine Damen und Herren, das auch in die Tat umzusetzen und es nicht bei Lippenbekenntnissen zu belassen.

Nicht an allen Orten und nicht in allen Institutionen wird die Gegenwehr der Demokraten so ernsthaft betrieben, wie dies nach dem schrecklichen Anschlag auf die Erfurter Synagoge von vor zwei Jahren gefordert wurde. In manchen Orten fehlen bis heute Strukturen, wie Bündnisse gegen Rechts oder antifaschistische Initiativen; Beratungsangebote werden oft ignoriert. Neben dem bürgerschaftlichen Engagement gegen Ausländerfeindlichkeit und Neofaschismus kommt den verschiedenen Projekten, Beratungsstellen und Netzwerken gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus eine große Bedeutung zu. Sie unterstützen durch qualifizierte und kontinuierliche Beratung die Opfer rassistischer und rechtsextremer Gewalt, sie beraten kommunale Initiativen und Projekte, sie gehen in Schulen und klären auf gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Diese noch durch die Mittel des Bundesprogramms Civitas geförderten Projekte werden ihre erfolgreiche Arbeit nur dann fortführen können, wenn wir deren Arbeit in Zukunft auch mit Landesmitteln unterstützen. Wir werden einen entsprechenden Haushaltsantrag einbringen und dann wird sich an Ihrem Verhalten zeigen, meine Damen und Herren, wie ernst Sie es meinen mit der wirkungsvollen Abwehr rechtsextremistischen