Protocol of the Session on August 23, 2002

Noch eine Bemerkung zu Herrn Schemmel, weil der Richtigstellung halber dies erforderlich ist: Herr Schemmel, ich kann mir schon vorstellen, dass das wehtut, wenn der Landrat des Landkreises auf Anfrage in der Pressekonferenz zunächst gesagt hat, wir machen keinen Aktionismus und haben deshalb kein Spendenkonto aufgerufen. Wenn das dann andere schneller tun und man zieht nach, kann man dem...

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, PDS: Sie haben ein Parteikonto für Spenden für in Not geratene Menschen angegeben!)

Ich bitte, ich lasse mich gerne kritisieren, wenn mit einer Hilfe der Leute die ganze Sache einhergeht. Die verwaltungstechnischen Dinge, liebe Frau Dr. Klaubert, die

werden wir schon noch klären.

(Beifall bei der CDU)

Ich stelle die Hilfe der Leute vor das Rechtsproblem, das muss ich ehrlich sagen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Sonntag, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Worten des Dankes meiner zahlreichen Vorrednerinnen und Vorredner möchte ich mich anschließen, möchte diesen Dank noch dahin gehend erweitern, auch den Familien, die bei uns in Altenburg - und ich nehme an, auch anderswo in Thüringen - den Evakuierten Zuflucht gegeben haben, möchte ich ebenfalls meinen Dank ausrichten, ich denke im Namen aller, und wir wollen hoffen,

(Beifall bei der CDU)

dass diese Familien baldmöglichst wieder in ihre Heimat zurückkehren können, um sich dort am Wiederaufbau beteiligen zu können oder zu müssen.

Meine Damen, meine Herren, nach solchen Ereignissen ist es natürlich leicht und, wenn man mal die Presselandschaft durchforstet, auch opportun mit Erkenntnissen, wie man es in Zukunft besser machen sollte, besser machen könnte, wohlfeil zu sein. In dem Zusammenhang hat mich natürlich das Bibelzitat von einer Sintflut - und viele von uns kennen ja die Geschichte - etwas, wie soll ich sagen, arg erschreckt. Denn, Herr Kummer, was wollten Sie denn mit diesem, ausgerechnet mit diesem Text

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Er hat auf China hingewiesen, da sind 10 Mio. Men- schen von Wasser akut bedroht.)

den Betroffenen - ob das nun in China der Fall ist, Herr Ramelow, oder ob das im Elbegebiet der Fall ist - damit sagen? Wollten Sie die zu diesen Menschen stempeln, die man ersaufen lassen soll?

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: So eine Unterstellung!)

Ich hoffe, ich habe Sie da falsch verstanden, Herr Kummer, aber ich hätte mir an Ihrer Stelle genau überlegt, ob ich ausgerechnet dieses Bibelzitat nehme.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Hat er ja sicherlich.)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Sonst hätte er es nicht gemacht.)

Meine Damen, meine Herren, wenn Sie sich die Ausführungen der Frau Becker noch mal in Erinnerung rufen natürlich war es im Prinzip Glück, wenn ich mir die Wetterkarte vor Augen halte zu diesem Tief. So klein wie Thüringen ist, war es wirklich nur ein Zufall, 1 Prozent dieses Laufwegs der Wolken mehr nach Westen und Thüringen hätte es voll getroffen. Und, Frau Becker, wenn Sie sich mal die Zerstörungen in den Bergtälern in Sachsen, ich nehme mal das Müglitztal, ich könnte auch andere Täler nennen, vor Augen halten und dann Ihre Äußerungen vorhin, was die Bebauung betrifft, stellen Sie sich mal den Thüringer Wald vor, wissen Sie, was dann in den Tälern des Thüringer Waldes noch stehen dürfte, wenn man Ihre Äußerung wörtlich nimmt?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist doch Käse.)

Meine Damen, meine Herren, es ist wunderschön, wenn man jetzt so ganz schnell mit Folgerungen kommt, aber ich warne davor, es ist mehrfach gesagt worden, wir müssen das gründlich auswerten. Ich bin auch stinksauer über die Rolle von Greenpeace, die in allen Medien im Prinzip versucht haben, hieraus, ich sage mal, sehr billiges Kapital zu schlagen, indem sie dort mit Halbwahrheiten, mit Unwahrheiten geglänzt haben. Herr Kummer, Medienbilder sprechen eine deutliche Sprache, das stimmt. Nur, Sie haben das Beispiel des Sächsischen Landtags verwendet, ich gehe mal davon aus, Sie kennen die Örtlichkeiten nicht, der steht natürlich am Rande der Elbe. Aber abgesoffen - Entschuldigung für das vulgäre Wort - ist er mit dem Wasser der Weißeritz. Die Weißeritz, das ist ein Flüsschen, im Normalfall können Sie da problemlos durchlaufen, das ist gefasst, und zwar vor, ich nehme an, 100 Jahren ungefähr, von 3 m Breite. Dieses Flüsschen fließt weit weg vom Sächsischen Landtag in die Elbe und es hat trotzdem aufgrund des, wenn Sie wollen, nicht vorhersehbar starken Unwetters dazu geführt, dass das Wasser dieses winzigen Flüsschens große Teile Dresdens vor allem in der Altstadt unter Wasser gesetzt hat - den Zwinger, die Semperoper, den Hauptbahnhof, da ist es durchgeflossen, wie gesagt, das Wasser dieses kleinen Flüsschens - nicht die Elbe. Das Elbehochwasser kam nämlich dann im Prinzip zwei Tage später. Das sind solche Sachen, meine Damen, meine Herren, wenn man das nicht weiß, und ich maße mir nicht an, über die Örtlichkeiten in Dessau zu reden, weil ich das im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kummer, nicht so gut kenne wie Dresden, aber wenn man das nicht weiß, ist man sehr leicht geneigt, solchen Voraburteilen Folge zu leisten.

Und was die Baumaßnahmen dieses Autohändlers betrifft, meine Damen, meine Herren, die Dinger heißen Automobil - "mobil", d.h., die kann man wegfahren und das hat er auch gemacht, sonst wären wesentlich mehr Autos untergegangen. Das Problem dort war nämlich

nicht, dass dort gebaut worden ist, Herr Kummer, sondern, und hier gehe ich mal jetzt ausnahmsweise auf die Medien, auf die Diskussion in den Medien über die Wettervorhersagen ein, dort ist nämlich klipp und klar von dem Herrn Kachelmann nachgewiesen worden, dass der Deutsche Wetterdienst die Unwetterwarnung wesentliche Stunden zu spät abgegeben hat. Das werden wir in der Auswertung auch noch feststellen. Wäre die Unwetterwarnung gerade in den sächsischen Gemeinden rechtzeitig und flächendeckend erfolgt, ich will jetzt nicht spekulieren, was dann alles hätte vermieden werden können, aber das ist eine ganz wichtige Angelegenheit.

Abschließend, meine Damen, meine Herren, der Kollege Schröter hat es erwähnt, wenn in einem Flussauengebiet wie an der Pleiße bei uns ein Flüsschen von 8 m Breite auf 800 m Breite aufwächst, also das Hundertfache, dann kann ich gar nicht eine Besiedlung in diesem, sagen wir mal, Auengebiet verbieten, denn das Dörfchen Treben hätte ich komplett dann umsiedeln müssen und das Dörfchen Serbitz genauso. Das sind Forderungen, meine Damen, meine Herren, die sind für die Betroffenen nicht nur irreal, sondern das ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, die jetzt mit den Wasserschäden erst mal wieder mühsam umgehen müssen. Deshalb bitte ich darum, dass im Ausschuss solche Schnellschüsse vermieden werden, dass wir wirklich gründlich arbeiten, dass wir uns auch Sachverstand wissenschaftlicher Art dazu herbeiziehen und dass wir dann Schlussfolgerungen ziehen, die a) bezahlbar sind und b) auch tatsächlich Hilfe leisten. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor, ich beende die Aussprache. Es gibt jetzt den Antrag der PDS-Fraktion auf Fortsetzung des Berichts im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt, soweit ich Herrn Kummer verstanden habe.

Ja, Herr Kummer hatte den Antrag gestellt im Auftrag der Fraktion.

Dann frage ich die beiden Fraktionen, die Aussprache zu dem Bericht gefordert haben, ob Sie mit der Überweisung einverstanden sind.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, PDS: Aber Herr Sonntag hat doch gerade gesagt, er will das auch.)

Gut, dann hat sich eine Abstimmung über die Ausschussüberweisung erübrigt. Dann will ich nur fragen, ob es Widerspruch dazu gibt, dass dem Berichtsersuchen Ge

nüge getan worden ist? Es gibt diesen Widerspruch nicht, damit ist das Berichtsersuchen erfüllt worden und ich kann den Tagesordnungspunkt schließen und rufe den Tagesordnungspunkt

Solidarität des Freistaats Thüringen mit den Betroffenen der Hochwasserkatastrophe Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2655

auf. Gibt es den Wunsch zu begründen? Dann habe ich hier Herrn Abgeordneten Gentzel als ersten Redner.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst etwas zu dem sagen, was wir in den letzten Tagen, ja leider Wochen, in Deutschland erlebt haben. Angesichts der Hochwasserkatastrophe ist eine unglaubliche Welle der Solidarität durch unser Land gegangen. Die Menschen packen zu, man hilft sich, es gibt da kein Jammern, sicherlich an der einen oder anderen Stelle ein Fluchen und jeder tut, was er kann. Die, die vor Ort sind, tun, was dort zu tun ist; andere haben großzügig gespendet, alle bieten ihre Hilfe an. Auch ich möchte mich im Namen der Thüringer SPD bei all denen bedanken, die geholfen haben und weiter helfen. Sie im Einzelnen nennen zu wollen, hieße immer unvollständig zu sein, insofern will ich mich an dieser Stelle da nicht ins Detail erlassen, aber es sind ja schon so viele genannt. Ich glaube, da gibt es zwischen den Fraktionen hier im Haus nur Einverständnis.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Nicht nur in Grimma und in Dresden, auch in so unendlich vielen kleinen Städten und Dörfern, die nirgendwo genannt werden, erleben wir den Mut der Menschen und ihre Geschlossenheit. Sie sagen sich: Gemeinsam schaffen wir es. Es ist nicht viel übrig geblieben von der Behauptung, Solidarität oder soziales Handeln in unserer Gesellschaft wäre unmodern. Es ist ein Lichtblick, wenn man sich die trüben Fernsehbilder anschaut, wenn die so genannten Mitglieder der so genannten Null-Bock-Generation in der ersten Reihe an den Dämmen und in den Reihen der Sand Schaufelnden stehen.

(Beifall bei der SPD)

Neben der Hilfe gibt es also eine wichtige und ermutigende Lehre aus der Hochwasserkatastrophe, nämlich die, wie stark die Kraft der Gemeinschaft noch ausgeprägt ist in Deutschland.

Meine Damen und Herren, den Aufbau Ost hat das Hochwasser um Jahre zurückgeworfen. Die Naturgewalten haben viele um die Früchte ihrer Arbeit gebracht. Da heißt es helfen und da heißt es vor allen Dingen unbürokra

tisch helfen. Wenn ich vom Helfen spreche, da bin ich mir auch an diesem Punkt gewiss, dass wir uns im Haus einig sind, wir müssen schnell und wir müssen entschlossen helfen und handeln. Ich sage an dieser Stelle, der Vorschlag der Bundesregierung mit dem Kern des Verschiebens der zweiten Stufe der Steuerreform tut weh, ist aber ohne Alternative.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb bitte ich Sie um Ihre uneingeschränkte Zustimmung zu unserem Antrag. Zur Begründung will ich die Worte oder die Stellungnahme der IHK Thüringen - wir freuen uns natürlich, dass sie sich an dieser Stelle so klar geäußert hat - hier verlesen, weil das so kurz und knapp und so richtig ist, dass man da keine neuen Worte erfinden muss. Überschrift: "IHK Erfurt befürwortet Aussetzen der Steuerreform". "Die Industrie- und Handelskammer Erfurt befürwortet das Aussetzen der Steuerreform. An erster Stelle stehe für die Unternehmen jetzt die Solidarität mit Opfern der Hochwasserkatastrophe, sagte der IHK-Chef Nils Lund Chrestensen am Dienstag in Erfurt. Bei aller Enttäuschung über die zeitliche Verzögerung der nächsten Stufe der Steuerreform, von der sich gerade die ostdeutschen Firmen eine wirksame Entlastung versprochen hätten, dürfe die Not der Betroffenen nicht außer Acht gelassen werden. Im Vordergrund steht jetzt die Sicherung von geschäftlichen Existenzen und von Arbeitsplätzen." So viel zur IHK.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir nehmen gern zur Kenntnis, dass es bei der gestrigen Kanzlerrunde mit den Ministerpräsidenten viel Einigkeit gab, insbesondere bei der Errichtung eines Hilfsfonds für die Betroffenen dieser Katastrophe. Wir nehmen auch gern zur Kenntnis, dass der Bundeswirtschaftsminister gestern gemeinsam mit den Landesministern, mit den Vertretern von Industrie und Handwerk und der Finanzen einige Sofortprogramme auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich nenne da die Soforthilfe für kleine Unternehmen, das heißt, schnelle Zuschüsse bis zu 15.000     den Schuldenerlass, ich nenne da die Zinsvergünstigung, ich nenne da die Eigenkapitalhilfe, ich nenne da die schnell zugesprochene Hilfe für Infrastruktur, ich nenne da die Unterstützung bei der Einstellung von Kurzarbeitern usw., usf. Das verstehen wir unter schnellem und unbürokratischem Handeln.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die CDU hat gestern den Vorschlag gemacht, die Gewinne der Bundesbank zur Finanzierung der Hochwasserschäden zu verwenden. Zu dem möchte ich im Augenblick Folgendes sagen und da auch

gern auf Sie, Herr Althaus, eingehen: Sie haben den Bundeskanzler kritisiert, weil er in einer gewissen Phase über die Verwendung vom Solidarpakt gesprochen hat. Wenn Sie den Bundeskanzler an dieser Stelle kritisieren; ADN: "Vogel hält Inanspruchnahme für Solidarpakt II für Flutopfer für möglich."

(Zwischenruf Dr. Vogel, Ministerpräsident: Das ist doch Quatsch.)

Sie können es schriftlich haben von mir. "Nach Auffassung von Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel können vorübergehend Mittel aus verfügbaren Fonds wie dem Solidarpakt II bereitgestellt werden."