Protocol of the Session on August 22, 2002

Meine Damen und Herren, Sie haben vorhin über die Gewerkschaft gesprochen und die Funktionäre und die entsprechenden Regelungen, die sie dort getroffen haben. Das ehrt die Gewerkschaften, aber es wird wahrscheinlich auch den Gewerkschaftsleuten ziemlich leicht fallen, gerade wenn sie herausgehobene Ämter dort haben, diese Zusatzgelder dann der eigenen Stiftung zukommen zu lassen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Sind Sie unterbezahlt oder was?)

Ich rede nicht von unterbezahlt, aber wenn Sie über Bezahlung reden und die öffentliche Debatte führt ja zunehmend dazu, das Steuergeheimnis ganz auszuhölen und die völlige Transparenz herzustellen, aber dann bitte ich darum, dann sollten wir auch über Sparkassenvorstände reden, über die Gewerkschaftsfunktionäre an der Spitze. Da wird vermutlich jedem einfachen Gewerkschaftsmitglied die Schamröte ins Gesicht steigen, wenn die Gehälter mal transparent werden.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ja neulich bei Ihrem Nachfolger immerhin mal in Ansätzen herausgekommen, in welcher Größenordnung...

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das stimmt jetzt nicht. Wenn Sie die "IG-Metall" lesen würden, dann würden Sie wissen, was sie verdienen.)

Ich unterschiede sehr streng - und insbesondere bei Gewerkschaftsleuten - zwischen Gehalt und Verdienst. Was sie erhalten, darüber können wir reden, über das andere schweigen wir heute lieber.

Aber wir sind tatsächlich in einer Debatte, wo ich uns und die Öffentlichkeit auch einmal bitte innezuhalten. Wenn wir zur absoluten Transparenz der Einkünfte und der Vermögensverhältnisse kommen wollen - und es gibt einige, die das betreiben -, dann möge bitte eines bedacht

werden, ich denke hier nur an die Kollegen in diesem Saale, ich nehme an, es wird auch einige andere betreffen. Die wenigsten von uns haben 1990 bereits Gütertrennung vereinbart und noch weniger werden es im Nachhinein gemacht haben. Demzufolge werden vermutlich alle Abgeordneten hier gemeinschaftliche Steuererklärungen abgeben. Wenn jetzt gefordert wird, das Ganze transparent zu machen, muss ich mal ganz persönlich fragen, mit welchem Recht wird meine Frau dann mit in dieses öffentliche Feld gezogen?

(Beifall bei der CDU)

Wir haben auch eine Verpflichtung unsere Familien zu schützen. Dort hört für mich dieses Maß an Transparenz, für das ich sonst bin, aber absolut auf. Des Weiteren gebe ich noch einmal zu bedenken, welche Schlussfolgerungen der eine oder andere Parteivorsitzende bei der Aufstellung der Liste denn ziehen könnte, wenn er wüsste, dass die Kreditbelastung für den Hausbau so oder so hoch wäre? Meine Damen und Herren, das geht selbst die eigenen Leute nichts an.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ver- langt doch gar keiner.)

Das wird aber verlangt, schauen Sie sich doch einmal die Veröffentlichungen an. Es ist heute in diesem Saale nicht gefordert worden, das will ich zugeben, aber die Forderungen sind im politischen Raum und wir müssen abwägen, inwieweit wir ihnen folgen wollen. Ich gebe zu bedenken, dass das tatsächlich am Ende die Privatsphäre betrifft und auch Dritte, teilweise Unbeteiligte mit hineinnimmt. Dazu bin ich nicht bereit. Da auch Sie, Herr Gentzel, die moralische Dimension heute arg bemüht und erklärt haben, Sie hätten bei Scharping gerufen, das Maß ist voll. Warum haben Sie das nicht schon vor zwei Jahren getan, als das Maß wirklich voll war? Aber da haben wahrscheinlich die ruhige Hand und die eingeschlafenen Füße des Kanzlers ein Handeln verhindert.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Da hatte ich mit Köckert zu tun.)

Jetzt hat es ja wirklich zum Himmel gestunken, was dort passiert ist. Jeglicher Vergleich mit Frau Schipanski verbietet sich dort.

(Beifall bei der CDU)

Bei den Honoraren ist echte Leistung dagegen. Bei einem Buchhonorar eines Buches, das noch nicht einmal geschrieben ist, da ist die moralische Kategorie aber längst überstrapaziert und für eine Dressmanausrüstung, wo der entsprechende Auftritt noch fehlt, ist die moralische Kategorie auch längst überzogen. Dann müssen wir jetzt über die aktuellen Dinge reden und tatsächlich noch einmal auf die Bonusmeilen-Geschichte zurückkommen. Ich bedauere, dass es auch - hier kann ich mich gern noch einmal wie

derholen, Herr Ramelow - Kollegen meiner eigenen Partei sind, die dort mit gefehlt haben mit anderen. Über die Zahl, auch die Zahl der Veröffentlichungen, spekuliere ich jetzt nicht, auch wie das entstanden ist. Wir haben mit dem Ergebnis zu leben. Ich billige nicht, dass der Datenschutz so gebrochen wurde. Das Ergebnis ist trotzdem allgemein und öffentlich und da sind sehr wohl auch leider CDUund CSU-Mitglieder betroffen und auch in der von Ihnen so geschmähten "BILD-Zeitung" benannt. Ich bin dankbar dafür, dass wir das Wächteramt der Presse haben, dass es diese Pressefreiheit in Deutschland gibt.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Auch beim "Spiegel"?)

Auch beim "Spiegel", auch wenn es wehtut.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Kampfblatt hat er mal gesagt.)

Auch wenn es wehtut. Ich habe die eine oder andere Methode nicht gebilligt und ich sage auch durchaus einmal Kampfblatt, wenn es zum Kampagnenjournalismus führt. Das ist in der Spitze nie ganz auszuschließen. Wenn jetzt aber die Zahl der Betroffenen mehrheitlich der SPD-Fraktion angehört und ihr wild gewordener Generalsekretär Amok läuft gegen die Presse, hätte ich erwartet, dass Sie sich dann auch in Thüringen vor die Presse stellen. Das ist unterblieben, Herr Gentzel, das werfe ich Ihnen vor.

(Beifall bei der CDU)

Da sind Sie weggeblieben. Das kann doch nicht wahr sein. Und der neue rotpullovergewandelte Vorsitzende der SPDFraktion hat gar mit der Änderung des Pressegesetzes gedroht. Halten Sie den Mann doch mal irgendwo am Boden fest, bevor er noch mehr Schaden in Deutschland anrichtet.

(Beifall bei der CDU)

Das sind Kategorien, über die wir reden müssen. Bei dieser Gelegenheit - Pressefreiheit; ich nutze das jetzt hier aus: Herrn Köckert und mir sind vor kurzem Vorwürfe gemacht worden, wir hätten versucht, in Thüringen das Pressegesetz zu verschärfen. Ich sage über dieses Medium - es wird ja auch übertragen - dem entsprechenden Chefredakteur: Das Pressegesetz ist im Frühsommer 1991 ins Leben gerufen worden, dann erst in diesem Jahr wieder novelliert, um den Journalisten ein Stück entgegenzukommen mit der verkürzten Verjährungsfrist, ansonsten ist das Pressegesetz unverändert geblieben und es hat auch niemand versucht, es zu verschärfen. Nur falls es noch nicht bekannt ist, ich zitiere gern wieder, wir haben glücklicherweise ein sehr weit gehendes Gegendarstellungsrecht. Es sichert die Rechte der Betroffenen, falls sie in Tatsachenbehauptungen - und nur dort, nicht in der Kommentierung - tatsächlich mit falschen Anschuldigungen konfrontiert werden. Dort muss die Gegendarstellung auf derselben Seite und in derselben Aufmachung kommen

und an diesem Tag verbieten sich nach unserem Gesetz jegliche Kommentierungen dazu. Das ist fast der originale Gesetzestext. Ich kann daran nichts Verwerfliches finden - 11 Jahre gute Praxis in Thüringen. Der eine oder andere hat schon einmal eine Gegendarstellung machen müssen, das hindert die Pressefreiheit überhaupt nicht, sichert aber, dass ordentlich gearbeitet wird und sichert die Rechte der direkt Betroffenen in einem erforderlichen Maße. Dies sollten wir beibehalten. Jegliche Verschärfung lehne ich ab.

Zum Punkt zurück: Ich fordere beide Oppositionsfraktionen auf, heute die Gelegenheit zu nutzen, die Rufschädigung, die Sie an einer der erfolgreichsten Ministerinnen Deutschlands zugelassen haben,

(Beifall bei der CDU)

und die damit verbundene Rufschädigung Thüringens zurückzunehmen und zu korrigieren. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Thierbach, ich erteile Ihnen keinen Ordnungsruf, aber ich möchte Sie bitten, sich in Ihrer Wortwahl in Zukunft zu mäßigen. Das Wort "Müllrudi" ist einfach nicht angemessen hier in diesem Hause.

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe im Hause)

(Zwischenruf Abg. Lieberknecht, CDU: Sie will einen Ordnungsruf haben.)

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Ich will einen Ordnungsruf!)

Also das Verständnis für einen solchen Wunsch, einen Ordnungsruf zu bekommen, das teile ich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde es besser, wenn Sie sich hier mäßigen würden und nicht etwa herausfordern, dass Sie einen Ordnungsruf bekommen.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS)

Ich möchte diese Debatte jetzt beenden. Bitte, Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, vielleicht kann ich zur Beendigung dieser Debatte beitragen und zu anderen noch etwas sagen. Herr Ramelow, Sie haben die Nebentätigkeitsregelung aus dem

Beamtengesetz erwähnt. Darf ich darauf aufmerksam machen, die hat einen ganz anderen Grund und Inhalt. Wir wünschen, dass mancher Beamte neben seiner Tätigkeit aus seiner Tätigkeit heraus gewisse Aufgaben wahrnimmt, beispielsweise einem Prüfungsausschuss anzugehören, einen Lehrauftrag wahrzunehmen oder einen Kommentar zu schreiben. Genau das ist Ministern verboten. Eine Nebentätigkeit aus dem Amt auszuüben, das ist bei den Beamten nicht verboten, bedarf aber der Regelung. Das steht im Beamtengesetz. Deswegen ist das Bild von der Nebentätigkeit hier nicht angebracht und wird auch nirgends angewandt.

Verehrter Herr Fraktionsvorsitzender Gentzel, wenn man ein bisschen ungeprüft formuliert hat und dazu dann zur Rede gestellt wird, dann hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man reagiert beweglich darauf und räumt ein, dass man es vielleicht hätte etwas anders formulieren sollen oder man stellt sich bockig. Ich bin etwas betrübt darüber, dass Sie die zweite Methode heute gewählt haben bei Ihrer Ausführung.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Machen Sie das so?)

(Beifall bei der CDU)

Sie können ja Herrn Kollegen Althaus vieles vorwerfen, aber dass er heute kein klares Wort gesagt hätte, ich glaube, das kann ihm eigentlich niemand unterstellen. An Klarheit war er kaum zu überbieten.

(Beifall bei der CDU)

Woher wissen Sie eigentlich, dass bisher alles in Ordnung gewesen sei, aber jetzt kommt eine Physikprofessorin und wirft alles über den Haufen? Herr Gentzel, ich weise Ihre Behauptung, dass alle Minister aller Kabinette nie gegen Honorar einen Vortrag gehalten hätten, aber Frau Schipanski zwei, drei oder vier Vorträge gehalten hat, ausdrücklich zurück. Ich habe das nicht kontrolliert. Ich nehme mir auch nicht das Recht der Kontrolle. Aber ich lasse nicht zu, dass bei Nichtkontrolle einem ein Vorwurf daraus gemacht wird, wie Sie das versucht haben.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt tue ich etwas, was ich selten tue, ich zitiere Herrn Ramelow: "Es gilt sogar für Minister, dass es noch eine gewisse Privatsphäre geben muss." Meine Damen und Herren, die Art und Weise wie Frau Schipanski öffentlich inquisitorisch, um nicht zu sagen inkriminierend, zu antworten verpflichtet worden ist, das verbindet sich nicht mit meinem Verständnis von Anstand und Würde einer Person und dem Umgang mit derselben.