dass man diese Schwachstellen ausmerzen kann. Wer weiß, wie oft Rasterfahndungen durchgeführt wurden - ich habe die genaue Zahl nicht in Erinnerung, das wird der Innenminister, glaube ich, noch einmal sagen -, es waren bis jetzt wirklich, ich glaube, bei uns war es die erste, die wir in den zehn, zwölf Jahren im Freistaat Thüringen durch
geführt haben. Hier wird etwas an die Wand gemalt, als ob jeden dritten Tag eine Rasterfahndung läuft, nicht nur in bestimmten schwer wiegenden Fällen.
Es gibt auch weitere Möglichkeiten, dass der Katalog der zugelassenen Waffen erweitert wird. Auch das ist nur eine Folge, nicht dass jetzt etwa eine militärische Aufrüstung oder so etwas hier droht, dass wie zu DDR-Zeiten alle mit schweren Maschinengewehren oder LMG oder so etwas ausgerüstet werden, sondern dass man auch bestimmte Munition dort verwenden kann, die einen höheren Wirkungsgrad hat. Solche Dinge halte ich für sachgerecht, dass man also auch die Polizei auf Augenhöhe mit dem organisierten Verbrechen bringt.
Ich will noch einmal, meine Damen und Herren, auf die Frage, die vorhin zu der Kostentragungspflicht angesprochen wurde, verweisen: bei verbotenen Versammlungen. Hier geht es darum, die vorgesehene Beteiligung an den Einsatzkosten der Polizei soll nur diejenigen treffen, die ein gerichtlich bestätigtes Versammlungsverbot vorsätzlich missachten. Ich glaube, das ist doch wohl sachgerecht. Dass das vielleicht Herrn Dittes nicht ganz so schmeckt, kann ich ja verstehen, aber das ist nun einmal so, dass man hier eine Möglichkeit haben muss, dass man dort auch eingreifen kann und dass man auch die entsprechenden Täter einmal an den Kosten beteiligt und nicht, dass wir immer im Haushalt sitzen müssen und um jede Mark ringen, dann sollte man auch diese Leute einmal mit zur Kasse bitten.
Zum Datenschutz sind einige Dinge mit eingeflossen zwischen der notwendigen Fortentwicklung polizeilicher Befugnisse und dem Datenschutz. Dort haben wir sehr aufmerksam die Hinweise der Datenschutzbeauftragten beachtet. Wir sind nicht all ihren Vorschlägen gefolgt, aber, ich denke, wir haben dort einige Dinge mit eingebracht. Es bleibt weiterhin so, dass eine Datenerhebung in besonders geschützten Vertrauensbereichen wie bei Ärzten, Rechtsanwälten etc. ausdrücklich unzulässig ist. Das sind so einige Dinge, die ich noch einmal anreißen wollte. Die Aufgaben des Landesamts für Verfassungsschutz sollen jetzt um die Beobachtung der organisierten Kriminalität ausgeweitet werden. Meine Damen und Herren, es ist doch wohl notwendig, dass man alle Möglichkeiten nutzt, die der Rechtsstaat hat, dass man gegen diese entsprechenden Rechtsbrecher vorgeht. Wir haben uns ganz bewusst entschieden, natürlich gibt es dazu unterschiedliche Meinungen. Auch die GdP zum Beispiel, Herr Pohl, da gebe ich Ihnen Recht, hat gesagt: Nein, das wollen wir nicht. Wir sagen, bei der Beachtung des Trennungsgebots und aller gesetzlichen Dinge, dass das notwendig ist und dass wir uns bewusst dazu entscheiden, auch den Verfassungsschutz unter bestimmten Voraussetzungen mit einzusetzen. Ich glaube, das ist eine wichtige Geschichte und die betreiben wir offensiv auch gegen den Widerstand des einen oder anderen.
Ich will noch einmal vielleicht auf einige Dinge eingehen, z.B. dass künftig Jugendliche bereits nach Vollendung des 14. Lebensjahres in Akten gespeichert werden können. Ich glaube, das ist nur ein Nachvollziehen, weil uns nämlich die Realität schon längst überholt hat, ob in der Skinhead-Szene oder in anderen Dingen. Ich glaube, wir müssen hier einfach sehen, dass wir den Datenschutz nicht zum Täterschutz machen, sondern dass auch der Datenschutz vernünftig eingesetzt wird, aber wir auch die Möglichkeiten haben zu ermitteln. Im Innenausschuss sind ja noch einige Veränderungen gekommen. Ich will jetzt nicht noch einmal alles nennen, denn es ist vorhin schon genannt worden. Analog zum Terrorismusbekämpfungsgesetz werden nunmehr die erforderlichen landesrechtlichen Verfahrensregelungen dazu vorgeschlagen und wir sind sicher vielleicht da und dort ein Stück weiter gegangen als der Bund, aber wir stehen dazu.
Jetzt komme ich noch einmal zur Kontrollbefugnis der Parlamentarischen Kontrollkommission. Hier ist einiges weiterentwickelt worden, auch angelehnt an Bundesregelungen und wir haben dort - rote Karte, ich rede zu lange, Herr Kollege Schemmel, ich will das gern aufnehmen.
Meine Damen und Herren, ich denke, dass wir mit unseren Vorschlägen und denen der Landesregierung noch einiges hinzugefügt haben. Ich bitte Sie, dass Sie dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Polizei- und Sicherheitsrecht Ihre Zustimmung geben. Ich will auch darauf verweisen, wie ich es vorhin gesagt hatte, wir haben von der SPD viele Dinge mit eingearbeitet, wir haben also deswegen den Gesetzentwurf dort abgelehnt. Das haben wir aber ausdrücklich gesagt. Ich denke, es ist viel übernommen worden und da braucht man sich überhaupt nicht zu schämen. Wenn man in der Meinung übereinstimmend ist, warum soll man das nicht machen. Ich will nicht noch einmal extra auf das PAG, auf diese ganze Geschichte § 18 a - häusliche Gewalt - eingehen. Dort gibt es unterschiedliche Meinungen. Wir haben uns dazu bekannt, dass wir den Weg gehen, den uns die Fachleute vorgeschlagen haben. Lasst das die Polizei mit der Richtlinie entsprechend durchführen. Dann muss man nach einer gewissen Zeit schauen, wie hat sich das Ganze bewährt.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Thüringen, stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir die Vorbemerkung, dass ich die gemeinsame Beratung bei dem heutigen Tagesordnungspunkt durchaus für schwierig halte, weil Rasterfahndung und PKK haben ungefähr so viel mit häuslicher Gewalt zu tun wie Rindsroulade mit Zitronenquark.
Meine Damen und Herren, häusliche Gewalt sehen wir keineswegs als Problem, für das einzig und allein die Polizei zuständig wäre, wir setzen auf ein integriertes, komplexes Gegenkonzept.
Wir sind der Auffassung, dass aber der Polizei aus vier Gründen eine besondere, nicht zu unterschätzende Rolle in Fällen häuslicher Gewalt zukommt: Ihr kommen sowohl präventive als auch repressive Befugnisse zu; sie ist rund um die Uhr flächendeckend erreichbar; sie ist die erste Institution, die mit Opfern und Tätern zu tun hat und für Opfer wie Täter ist die institutionelle Reaktion von großer Bedeutung. Glaubt man ihr? Soll ich aussagen? Wird mein Verhalten Konsequenzen haben? Polizeiliches Handeln ist neben Gefahrenabwehr und Strafverfolgung auch wichtig als die Institution, die den Grundstein für die zivilrechtliche Verfolgung legt. Nun muss aus meiner Sicht - und hier berufe ich mich auf die wenigen wissenschaftlichen Analysen in diesem Feld - davon ausgegangen werden, dass sich in der Polizei das wiederfindet, was in der Gesellschaft zur Problematik gedacht wird. So wird in Fällen häuslicher Gewalt bei der Polizei oft immer noch von Familienstreitigkeiten gesprochen, das belegen empirische Studien. Sie verweisen darauf, dass männliche Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich vielfach als Familienproblem wahrgenommen wird, tatsächlich jedoch geht es um eine Situation, in der es oft zu Körperverletzungen und Schlimmerem kommt. Mit einer so gelagerten Beschreibung von Familienstreitigkeiten wird ein bestimmtes Einsatzhandeln nahe gelegt und der geschlechtsspezifische Ursachenzusammenhang verschleiert. Aus dem Begriff "Familienstreitigkeit" spricht Unklarheit der beteiligten Polizisten über die reale Einsatzsituation und ihre Hintergründe. Um zu verstehen, dass es im Einsatzhandeln zur Verlängerung dieser fatalen Fehleinschätzung kommt und was getan werden kann, um diese Kette zu durchbrechen, muss genauer betrachtet werden, wie Polizeibeamte Einsätze wegen häuslicher Gewalt wahrnehmen und entsprechend reagieren. Diese sind den Beschreibungen nach für Polizeibeamte schwierige und unbeliebte Einsätze. Sie sind arbeitsintensiv und haben meist geringe Erfolgsaussichten. Zur allgemeinen Unsicherheit, was einen am Einsatzort erwartet, kommt das Gefühl, sich in einen privaten Bereich einzumischen. Untersuchungen zufolge werden Anzeigen oft ohne weitere Ermittlungen bzw. ohne detaillierten Bericht an die Staatsanwaltschaft geschickt. Die Anzeigenerstattung selbst unterbleibt jedoch in zahlreichen Fällen, obwohl Polizeibeamte bei Körperverletzung hierzu
verpflichtet sind. Sie sehen eher ihre Schlichtertätigkeit im Vordergrund. Frauen wird in manchen Fällen sogar von einer Anzeigenerstattung abgeraten. Zum Teil unterbleibt auch hier die Belehrung der Geschädigten über die Bedeutung eines Strafantrags und die entsprechenden Antragsfristen. Polizeibeamte fürchten oft eine mögliche Zuspitzung der gefährlichen Situation, schätzen die Probleme als gering ein oder sind frustriert davon, dass sie nicht verstehen, warum das Opfer ihre Strafanträge wieder zurücknimmt.
Die Opfer stellen tatsächlich oft keine Strafanträge oder nehmen diese wieder zurück, weil der häusliche Druck schwer auf ihnen lastet oder sie unmittelbar bedroht werden. Als problematisch gestaltet sich oft die Beweisaufnahme. Sie ist oft unzulänglich, weil in vielen Fällen nur die Sachverhaltsschilderung aufgenommen wird. Eine Dokumentation der Verletzungen des Opfers, das Anfertigen von Bildern der Wohnung und beispielsweise eine Befragung der Nachbarn unterbleiben allzu oft. Protokolle werden nicht oder nur sehr mangelhaft ausgefüllt. Hier wäre aus unserer Sicht die Verdeutlichung der Protokollierungspflicht und eine Begründung hilfreich, warum ein gutes Protokoll für weitere strafrechtliche Ermittlungen und zivilrechtliche Schritte erforderlich ist.
Meine Damen und Herren, es bleibt auch die Frage, wie die Sicherheit der betroffenen Frauen und gegebenenfalls anwesenden Kinder gewährleistet werden kann. Studien, die noch vor der Einführung des Wegweisungsrechts angefertigt wurden, belegen, dass in fast 70 Prozent der Fälle die Polizei versucht zu schlichten. Nur in 30 Prozent wurden Maßnahmen gegen die Täter ergriffen. Polizeiliches Handeln folgt, wenn nicht besonders geschult, einer Hierarchie der Maßnahmen. Zunächst wird versucht zu schlichten, dann wird versucht, die Frau zu veranlassen, die Wohnung zu verlassen, erst dann kommt Platzverweis oder Ingewahrsamnahme. Gründe hierfür sind die Unsicherheit der Beamten und oftmals die Unkenntnis rechtlicher Möglichkeiten. Soweit die restriktive Auslegung der Befugnisse. Hinzu kommt die vermeintliche Sinnlosigkeit oder die Ablehnung der Ingewahrsamnahme.
Vielfach nehmen Polizeibeamte an, auch die betroffenen Frauen wollen derartige Maßnahmen nicht. Aber Untersuchungen ergeben dagegen, dass die Betroffenen meist möchten, dass der Mann die Wohnung verlässt.
Ihr Einwurf "oder die Frau" ist völlig richtig; Sie haben Recht, in 3 Prozent der Fälle sind es auch schlagende Frauen. Sie sehen also die Bedeutung Ihres Einwurfs.
Oft wird versucht, betroffene Frauen zu überreden, zum eigenen Schutz die Wohnung zu verlassen. Geht die Frau aus eigenem Willen mit den eingesetzten Beamten aus der Wohnung, so ist keine Rechtsgrundlage erforderlich. Polizisten halten vielfach das Verlassen der Wohnung durch die Frau für das mildeste Mittel. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip und Regelungen zum Verhalten gegenüber Verantwortlichen und Nichtverantwortlichen setzen dieser Einstellung jedoch enge Grenzen. Tatopfer erwarten ein konsequentes Verhalten der Polizei. Sie erwarten, dass ihnen Verständnis entgegengebracht, protokolliert und befragt wird, wie bei anderen Taten im Übrigen auch. Vielfach wird erwartet, dass die Polizei dem Täter klar gegenübertritt, ihn auf strafbare Folgen seines Handelns hinweist und ihn mitnimmt. Sie erwarten, dass dem Täter gegenüber Distanz und nicht kumpelhaftes Auftreten entgegengebracht wird.
Meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung verweist darauf, dass die bisherigen polizeirechtlichen Maßnahmen, wie umfangreicher Platzverweis, Ingewahrsamnahme, Unterbindungsgewahrsam, Sicherheitsverwahrung usw. bis hin zur vorläufigen Festnahme, voll ausreichen und eine für den Fall häuslicher Gewalt konkretisierte Wegweisung nicht erforderlich ist. Wegweisung und Rückkehrverbot sind gegenüber der Ingewahrsamnahme des Täters die wesentlich weniger bürgerrechtseinschränkenden Mittel. Werden sie verhängt, muss der Bürgerrechtseingriff in die Rechte des Mannes mit dem von der ausgehenden Gewährung verhältnismäßig gestaltet werden. Bewertet werden sollte hier neben der bestehenden psychischen Bedrohung auch, dass die betroffene Frau sich nach häuslicher Gewalt in einer psychischen Drucksituation befindet, die ihr das Verfolgen zivilrechtlicher Schritte stark erschwert. Wir meinen, dass der Bereich, aus dem der Mann weggewiesen wird, ihm genau zu kennzeichnen ist. Ebenso sollte er Schlüssel abgeben müssen. Aber ihm sollte auch eine Liste möglicher Notunterkünfte mitgegeben werden und es muss ihm ermöglicht werden, Sachen mitzunehmen. Der Frau dagegen müssen Hinweise über zivilrechtlichen Schutz und Adressen von Beratungseinrichtungen übergeben werden. Wir schlagen hier vor, eine Broschüre in Thüringen zu drucken "Ihr Recht bei häuslicher Gewalt".
Erforderlich ist es darüber hinaus in Fällen häuslicher Gewalt, eine gesonderte Dokumentation über Umstände für das polizeiliche Einschreiten, die genaueren, für zivilrechtliche Schutzverfahren bedeutsamen Umstände sowie eine Dokumentation, warum gegebenenfalls in Gefährdungssituationen Wegweisung und Rückkehrverbot nicht verhängt wurden, zu drucken. In der Anhörung des Innenausschusses - Herr Fiedler ging schon darauf ein - hat sich für die Wegweisung neben dem Landesfrauenrat und der LAG Frauenhäuser auch die Gewerkschaft der Polizei ausgesprochen. Herr Fiedler, ich möchte es an dieser Stelle ausdrücklich sagen; ich finde es ungeheuerlich, dass Sie sagen, Praktiker und Fachleute haben sich gegen eine Wegweisung ausgesprochen, d.h. Landesfrauenrat, die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser und die Gewerkschaft der
führten aus, dass die derzeitige Rechtslage bei Polizeibeamten tatsächlich häufig zu Unsicherheiten führe und dies durch eine deutliche polizeirechtliche Lösung verbessert werden könnte. Die Leitlinien im Fall häuslicher Gewalt bieten meines Erachtens keine Alternative zur gesetzlichen Regelung. Legt man das reale polizeiliche Handeln und die in Studien dargestellten Zusammenhänge zwischen Konstruktion von Männergewalt, männlichen Stereotypen, Rechts- und Verhaltensunsicherheiten zugrunde, muss es aus unserer Sicht darum gehen, eindeutige und handhabbare Handlungsvorgaben für die Polizeibeamten zu schaffen, um auf diesem Weg den misshandelten Frauen Lasten abzunehmen.
Unter Polizeibeamten ist aufgrund der berechtigt höheren Hürden oft die falsche Annahme verbreitet, Platzverweise aus der Wohnung dürften grundsätzlich nicht gegen polizeilich gemeldete Personen ausgesprochen werden. Hierfür soll mit einem Wegweisungs- und Rückkehrverbotsparagraphen eine eindeutige Eingriffsgrundlage geschaffen werden, die die polizeiliche Praxis vereinbart. Sie gibt ebenso eine zeitliche Orientierung vor, die deutlich macht, dass die betroffenen Frauen nicht nur unmittelbaren Schutz vor dem Mann benötigen, sondern auch, dass ihnen für den Gang zum Anwalt und zum Gericht aufgrund des psychischen Drucks einige Tage Zeit gegeben werden müssen. Wir sehen durchaus, dass die Regeln zum Türöffner werden können, nicht nur für ein polizeiliches Handeln jenseits der konkreten Gefahrensituation, sondern auch, um auf rechtlich unkomplizierte Weise Wohnungen von Personen zu betreten, die aus den unterschiedlichsten Gründen von polizeilichem Interesse sein könnten. Leicht könnten dementsprechend auch betroffene Frauen selber in den Blickpunkt geraten, nämlich beispielsweise, wenn sie keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben.
Wir sehen in der Möglichkeit des Rückkehrverbots aber durchaus ein rechtspolitisches Problem. Die Maßnahmen gehen in der Regel über die polizeilich unmittelbar bestehenden Gefahrenlagen hinaus. Die Bindung polizeilichen Handelns an die Gefahrenabwehr ist jedoch rechtsstaatliches Prinzip, das wir gegen eine Aushöhlung schützen wollen. Dennoch sehen wir im Bereich der Reaktion auf häusliche Gewalt eine unbedingte Notwendigkeit der Parteinahme und Unterstützung der betroffenen Frauen. Und von daher denken wir, dieser Weg ist einfach nicht anders zu gehen.
Auch wenn unverkennbar mit der Wegweisung eine Lücke zwischen dem unmittelbaren Auflösen der psychischen Gefahrensituation, der Drucksituation und eines daraus erforderlich werdenden Handlungs- und Besinnungszeitraums für die betroffene Frau geschlossen werden soll und der Entscheidungszeit der Gerichte, halten wir es für unumgänglich, die Gerichte personell und fachlich zu stärken, damit die Entscheidungen der zivilrechtlichen Möglichkeiten umgehend erfolgen können. Meine Damen und Herren, es kann nicht angehen, dass hier die Polizei für mangelnde Ausstattung der Justiz einspringen muss bzw. dass dem Täter auch sein Recht auf eine gerichtliche Prüfung von Maßnahmen genommen wird.
Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung, dass einiges getan werden muss, polizeirechtlich wie auch gesamtgesellschaftlich. Es kann nicht sein, dass häusliche Gewalt, die im Übrigen von der Gewaltkommission der Bundesregierung im Jahre 1990 als die verbreitetste Form von Gewalt bewertet wird, ausgerechnet die ist, bei der die Polizei am ehesten wegsieht oder die Frau zur Adressatin von Maßnahmen macht. Ich sage es an dieser Stelle ausdrücklich, wir halten Frauenhäuser in diesem Zusammenhang für eine großartige Errungenschaft. Dennoch ist es in vielen Fällen der Wille der Betroffenen, eben nicht fliehen zu müssen, sondern in der Wohnung bleiben zu können. Gesicherte Zahlen über die Verbreitung von Frauenmisshandlung gibt es nicht und ich finde, das ist ein Skandal. Ich bin der Auffassung, dass es hier sowohl eines Meldedienstes bedarf, der Beziehungen zwischen Tätern und Opfern sowie weitere Indikatoren für häusliche Gewalt erfasst, z.B. typische Tatbestände wie Körperverletzung, Randalieren oder Bedrohung, wie auch dass wir verbesserte Dokumentationen der Polizei am Einsatzort brauchen. Erfasst werden müssen die Umstände für das polizeiliche Einschreiten, Grund sowie Dauer und Umstände der Wegweisung und mögliche Umstände, die für ein zivilrechtliches Schutzverfahren bedeutend sein könnten. Gegebenenfalls sollten auch Gründe dokumentiert werden, warum von Maßnahmen der Wegweisung Abstand genommen wurde. Es bedarf eines veränderten Bewusstseins der Polizei. Im Bereich häuslicher Gewalt findet man oft immer noch, was wir anderswo bei der Polizei vermissen, nämlich den Willen, mit polizeilichen Maßnahmen so restriktiv wie möglich umzugehen.
Meine Damen und Herren, ich erkenne durchaus an, bei der Polizei ist etwas in Bewegung. Es gibt zum Teil die Bereitschaft, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Viele Polizeibeamte sprechen nicht mehr von Familienstreitigkeiten und intervenieren bei Gewalttaten. Dies beweist z.B. die große Beteiligung an einer Fortbildungsmaßnahme der Polizei an der Universität Erfurt im letzten Jahr oder auch die Zahl der Platzverweise - adäquat der Wegweisungen in diesem Jahr. Aber der erreichte Stand ist eben für mich nicht zufrieden stellend. So ist, denke ich, auch eine wesentlich stärkere Auseinandersetzung mit häuslicher Gewalt in der Ausbildung der Polizisten vonnöten. Polizei muss sich als Teil eines umfassenden Handlungsansatzes begreifen, den es allerdings noch zu schaffen gilt. Die Polizei muss besser über Hilfsangebote informiert sein und diese auch an die betroffenen Frauen weiterreichen. Auch der Mann sollte übrigens Hilfsangebote benannt bekommen, nicht nur Notunterkünfte, sondern auch Beratungsstellen. Wir sehen hier die Polizei, wie übrigens in allen Bereichen der Kriminalität, als einen Akteur in einem zu bildenden Netz von Handlungsträgern. Andere Bundesländer beschäftigen sich schon seit Jahren mit so genannten Multi-Agency-Ansätzen. Wir müssen auch in Thüringen klare Richtlinien bzw. Handlungsanweisungen für ein koordiniertes Vorgehen zwischen Polizei, Frauenhäusern, Beratungsangeboten, Staatsanwaltschaft usw. entwickeln. Wir wollen hier Verantwortung nicht allein auf die Polizei abwälzen. Wir wollen eine gesellschaftliche Auseinandersetzung statt rein polizeilicher Lösungen.
Die PDS will eine gefahrenbezogene, problemadäquate Lösung für den Bereich häusliche Gewalt. Wir stehen deshalb für Polizeieinsätze innerhalb eines umfassenden Konzepts im Sinne von Opferunterstützung und Täterresozialisierung.
Meine Damen und Herren, wir haben in Thüringen schon Regelungen, die eine Wegweisung von schlagenden Männern ermöglichen, das gebe ich zu. Aber ich habe versucht auszuführen, warum diese schlicht und einfach nicht ausreichen. Der Kampf gegen Gewalt an Frauen bedarf eben der Ausdrücklichkeit und nicht einer Möglichkeit in der Auslegung von bisherigen Gesetzen. Ich bitte Sie, haben Sie den Mut dazu.
Frau Bechthum, das war nicht auf der Anmeldung ersichtlich. Bitte schön, Frau Abgeordnete Bechthum, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, am 1. Januar 2002 trat das Gesetz zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung, kurz Gewaltschutzgesetz, in Kraft. Zur Umsetzung des Gesetzes wurde von der SPD-Fraktion die Änderung des Artikel 1 - Einfügung des § 18 a - vorgeschlagen. Die Überschrift lautet: "Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot zum Schutz vor häuslicher Gewalt". Unser Antrag liegt Ihnen heute nochmals vor. Neun Bundesländer wollen ihr Polizeigesetz ändern und diese Passage aufnehmen. Thüringen gehört leider nicht dazu, wie immer.