Protocol of the Session on March 15, 2002

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in Thüringen - als starke Mitte Deutschlands ein ganz klares Ziel. Wir wollen dahin kommen, wo wir ohne Mauer, Stacheldraht und SED-Staat wären. Der Rückblick zeigt, wir kommen gut voran, Schritt für Schritt. Die Thüringerinnen und Thüringer sind stolz auf ihr Land. Ich finde es eine besondere Wertschätzung, dass dieses Land in der Mitte Deutschlands von den Menschen, die hier leben, von weit über 90 Prozent angenommen und geliebt wird. Es ist das Engagement der letzten 12 Jahre, das in ganz Thüringen immer zu spüren war und das uns auch für die Gestaltung der Zukunftsaufgaben ermutigt. Für uns als CDU-Fraktion bleibt auch in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode der Dienst am Land eine dankbare Aufgabe. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr zu Tagesordnungspunkt 1 vor.

(Beifall bei der PDS, SPD)

So schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11

Familienpolitische Maßnahmen Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/2253

Wenn Sie den Raum verlassen, dann steht Ihnen das natürlich frei, aber ich bitte Sie das möglichst leise zu tun. Wir wollen hier mit der Sitzung fortfahren. Das gilt auch für Sie, Frau Vopel.

(Beifall Abg. Pelke, SPD)

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Wer so viele dumme Sprüche macht, der..)

Dumme Sprüche, die machen wahrscheinlich alle einmal. Ich bitte Frau Abgeordnete Bechthum den Antrag zu begründen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich wollte eigentlich beginnen mit dem Satz: "Der Stellenwert der Familie ist noch nie so hoch bewertet worden wie zurzeit."

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Fangen Sie nicht auch noch an.)

Aber nachdem ich hier sehe, wie fluchtartig - wenn es um diese Problematik geht - man diesen Raum verlässt - ich musste mir das auch antun und mir diese Reden anhören. Wenn ich heute hier oben gesessen hätte und gerade die letzte Rede gehört hätte, hätte ich mir gesagt, nein, mit Politik will ich mal nichts zu tun haben. Das muss ich ehrlich sagen. Gehen Sie ruhig auch noch.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Unruhe im Hause)

Familienforen wurden gegründet, sie werden gegründet, alle schreiben in Ihre Programme, wie wichtig Ihnen Familienpolitik ist.

Frau Abgeordnete Bechthum, bitte einen Moment. Herr Abgeordneter Böck, wenn Sie den Raum verlassen, dann machen auch Sie das bitte ruhig.

(Zwischenruf Abg. Böck, CDU: Das hat die Abgeordnete nun geschafft.)

Ho, ho, ho, dass er geht.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Althaus, ich möchte Ihnen sagen, das Familienforum der SPD auf Bundesebene besteht schon viele Jahre. Dass wir es hier auch gegründet haben, ist eine formale Sache. Mir ist heute auch bewusst geworden, wie richtig es ist, dass wir den Inhalt unseres Antrags heute hier beraten. Sie werden ja zum Teil gezwungen, dazu auch Stellung zu nehmen, wenn es Ihnen auch sicherlich nicht passt. Es ist wirklich ganz, ganz wichtig, denke ich. Denn der Stellenwert, der hier auch in der Regierungserklärung der Frauenund Familienpolitik zugewiesen wurde, der war mehr als bescheiden. Ich muss Ihnen sagen, die Menschen hätten ja überhaupt nicht erfahren - weder die Presse noch Sie was es für Rahmenbedingungen gibt, die von der SPDGrünen-Regierung in den letzten dreieinhalb Jahren geschaffen worden sind, um Familienpolitik auch umzusetzen. Deshalb ist es gut, dass wir uns damit befassen.

Im Juni 1999 hat die Bundesregierung das Programm "Frau und Beruf - Aufbruch in der Gleichstellungspolitik" vorgelegt. Ziel dieses Arbeitsprogramms ist es, die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf und in der Familie mit Nachdruck durchzusetzen. Das Programm beinhaltet unter anderem die Forderung nach Arbeitsplatzchancen für Frauen und Männer, berufliche Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen zu erweitern, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit zu fördern, Männer stärker in die Familienarbeit einzubeziehen, den Anteil von Frauen in Forschung und Lehre zu erhöhen, und wie im EG-Vertrag festgelegt, soll als Querschnittsaufgabe Gender-Mainstreaming gefordert und überall durchgesetzt werden. Ich hätte mir gewünscht, der Herr Ministerpräsident hätte heute auch einmal gesagt: Gender-Mainstreaming wird bei uns auch gefördert. Die erforderlichen gesetzlichen Regelungen dafür sind auf Bundesebene geschaffen worden. Das zweite Gesetz zur Familienförderung wurde im Juli 2001 durch den Deutschen Bundestag und den Bundesrat verabschiedet und ist am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten. Es beinhaltet neben anderem die Anhebung des Kindergelds, die Möglichkeit, erwerbsbedingte Betreuungskosten steuerlich geltend zu machen. Mit diesem Gesetz verdeutlicht die Bundesregierung einmal mehr, wie wichtig ihr eine kindbezogene steuerliche Förderung der Familien ist.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Aber nicht nur das. Mit dem Elternzeitgesetz und dem Teilzeitgesetz - das ist ja der CDU ein Dorn im Auge sind Rahmenbedingungen für Frauen und Männer geschaffen worden, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Die Telearbeit wurde aufgenommen, weil auch sie dazu beitragen kann, den oft komplizierten Bedingungen in den Familien Rechnung zu tragen und den Frauen Erwerbsarbeit zu erleichtern. Ich könnte noch mehr aufzählen.

Das Anliegen der SPD-Fraktion ist aber Folgendes: Wie werden diese gesetzlich geschaffenen Rahmenbedingungen in Thüringen genutzt? Wie sieht die Realität aus? Unterschiedliche Studien, wie auch die im Antrag benannten Projekte, z.B. das Forschungsprojekt "Allein Erziehende - Risiken und Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Veränderungen von Lebenslagen und Lebensformen" und auch der 11. Kinder- und Jugendbericht, kommen zu den gleichen Schlussfolgerungen. Eine familienpolitische Offensive zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf allen Ebenen muss eröffnet werden. Wie dringend Handlungsbedarf für Thüringen besteht, haben die Aussagen der unterschiedlichsten Politikerinnen und Politiker zum 8. März 2002 dick unterstrichen, an der Spitze die Landtagspräsidentin. Ich zitiere, Frau Präsidentin: "Damit sich wirklich etwas ändert, brauchen wir ein Stück Rebellion gegen die Verhältnisse." Wer ihre wirklich revolutionäre Rede in der Staatskanzlei gehört hat, ich glaube, das war das Beste, was ich bisher an CDU-Reden zur Frauen- und Familienpolitik gehört habe.

(Zwischenruf Abg. Grüner, CDU: Na, na, na.)

Und mit unserem Antrag verfolgen wir das Ziel, die Landesregierung dazu aufzufordern, Bestehendes zu erfassen - und da gibt es sehr viel -, zu bündeln, aktiv zu werden, wo noch Bedarf besteht, und es auch öffentlich zu machen. Danke erst einmal.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich eröffne die Aussprache und bitte Frau Abgeordnete Arenhövel an das Rednerpult. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die vorangegangene Debatte hat gezeigt: Thüringen ist ein familienfreundliches und kinderfreundliches Land. Die CDU, die hier seit 12 Jahren regiert, hat hier wichtige Voraussetzungen geschaffen und sehr viel geleistet. Aber es ist auch deutlich geworden, meine Damen und Herren, wir ruhen uns auf diesen Dingen nicht aus, sondern wir bearbeiten dieses Thema, und zwar kontinuier

lich in unserem "Forum Familie", und wir fangen hier in Thüringen nicht erst kurz vor einem Bundestagswahlkampf an, das Thema "Familie" in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken, meine Damen und Herren. Frau Bechthum, wenn Sie schon die Politik der Bundesregierung hier so loben, dann müssten Sie aber eigentlich auch noch einmal ein paar andere Wahrheiten dazu sagen. Die Familienpolitik von Schröder, Eichel und Rotgrün hat uns Frauen und unseren Familien wirklich sehr viel zugemutet und die Konsequenzen sind heute noch gar nicht einmal im ganzen Umfang deutlich.

Ich will Ihnen das an ein paar Punkten mit Zahlen und Fakten auch benennen. Die Ökosteuer kostet bereits heute eine Durchschnittsfamilie im Monat 19,20   fast 20  '  3 !  4  $ gesehen davon, dass durch die Ökosteuer auch zahlreiche Kommunalabgaben höher geworden sind, Freizeiteinrichtungen, Kindergartengebühren usw. Aber das nehmen Sie offenbar nicht zur Kenntnis, dass das vor allen Dingen Familien mit Kindern belastet. Die Kindergelderhöhung, die Sie erst auf Druck des Bundesverfassungsgerichts durchgeführt haben...

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Sie haben es doch vorher auch nicht gemacht.)

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Was haben Sie denn vorher gemacht?)

(Unruhe bei der PDS)

Schauen Sie sich mal Ihre Politik an.

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Ganz konkret: wann?)

Kindergeld haben wir erhöht, als die Sozialdemokraten abgelöst worden waren, 1982 lag das Kindergeld bei 50 DM und als Helmut Kohl abgelöst worden ist bei über 200. Das dürfen Sie nämlich auch nicht vergessen.

Bitte, meine Damen und Herren, lassen Sie die Abgeordnete in Ruhe reden.

Abgesehen davon haben Sie vergessen zu erwähnen, dass die Kindergelderhöhung nur für das erste und zweite Kind gilt und nicht für die weiteren Kinder. Damit werden kinderreiche Familien nämlich benachteiligt und weniger unterstützt, als sie es verdient hatten. Viele erreicht die Kindergelderhöhung auch gar nicht, weil sie nach wie vor auf die Sozialhilfe angerechnet wird.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Wer hat denn das eingeführt? Die CDU war da gar nicht beteiligt.)

Frau Thierbach, nun lassen Sie mich doch mal meine Ausführungen zu Ende machen, ehe Sie sich erregen, denn mich erregt die Familienpolitik der rotgrünen Bundesregierung schon sehr. Und zwar darf man Kindergeld auch nicht abgelöst betrachten von der Steuerreform. Die Steuerreform, die Sie bis 2005 vorgesehen haben, benachteiligt nämlich Familien mit Kindern ganz enorm. Das zeigen schon die Steuereingangssätze, die sind für Familien mit Kindern nämlich niedriger als für Singles oder für kinderlose Ehepaare. Hier fangen die Dinge nämlich an und sie setzen sich fort, denn Sie haben die Ausbildungsfreibeträge für über 18-Jährige total zusammengestrichen. Davon ist so gut wie nichts mehr übrig. Wenn eine Familie zwei Kinder in der Familie hat, die über 18 Jahre alt sind, die eine Ausbildung machen müssen, dann kostet das eine Familie um die 2.500  !  " kann ich nun wahrhaftig nicht mehr familienfreundlich nennen. Ganz abgesehen davon, dass sie den Haushaltsfreibetrag für allein Erziehende auch gestrichen haben. Das, meine Damen und Herren, ist Politik, die sich gegen Familien richtet. Ganz abgesehen davon, dass Krankenkassenbeiträge, Rentenbeiträge, alles entweder gestiegen ist oder zumindest nicht gesunken, obwohl sie die Ökosteuer eingeführt haben.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Das haben Sie aber gestern nicht so hören wollen.)

Frau Nitzpon, ich habe dazu jetzt meine Meinung hier vorgetragen, denke ich mal.

Bitte, Frau Abgeordnete Nitzpon, Sie kommen auch noch dran. Lassen Sie die Abgeordnete ausreden.

Wir haben Ihren Antrag wegen der allein Erziehenden auch aus anderen Gründen abgelehnt und das ist - denke ich mal - hier auch deutlich gesagt worden, meine Damen und Herren.

Es gibt aber noch zwei andere Punkte, die mir ganz ernsthafte Sorgen bereiten. Das ist einmal die Tatsache, dass durch die Steuerreform die Kommunen an den Rand des Ruins gedrängt werden. Ich mache mir große Sorgen darüber - und ich habe das im Ausschuss und woanders schon ganz deutlich gesagt -, wie wir mit der Sanierung von Kindergärten und Schulen weiter verfahren wollen; wie wir das denn schaffen wollen, unser gutes Kinderbetreuungsgesetz auch weiter zu bezahlen. Das können wir nämlich nur noch unter großen Anstrengungen machen. Deswegen muss auch hierauf ein Augenmerk gelegt werden. Eines wird auch den Familien verschärft Sorgen

machen, das ist heute in dieser Debatte noch nicht erwähnt worden, das ist die offensiv geplante Aushöhlung des Jugendschutzes durch Rotgrün. Das Alter, ab dem Alkohol getrunken werden kann, soll auf 14 Jahre abgesenkt werden. Die 14-Jährigen sollen das Recht haben, schon bis 1.00 Uhr nachts ganz allein in die Disko zu gehen. Nun kann man sicher über alles reden; nur, meine Damen und Herren, dazu muss erst einmal die Diskussion gesucht werden. Dazu muss man einmal mit den Familien sprechen, denn die Kinder sind in diesem Alter nicht ganz einfach. 14-Jährige, da hat man es in der Familie nicht absolut leicht, das wissen Sie auch alle, dass das ein schwieriges Alter ist und dass man nicht einfach hergehen kann und den Jugendschutz aushöhlen will, ohne die Familien zu befragen, meine Damen und Herren. Wenn wir so weitermachen, dann sind wir nämlich das Schlusslicht in der Euroliga, nicht nur im Wirtschaftswachstum, sondern auch in der Familienpolitik. Das, was Sie hier in Ihrem Antrag aufgeschrieben haben, das sind alles Dinge, die wir entweder schon lange tun, wo wir seit der 1. Legislaturperiode hier mit Initiativen zugange sind - wie Teilzeitoffensive, wie Telearbeitsplätze, alles im Gleichstellungsausschuss beraten und besprochen -, viele Dinge, die im Gleichstellungsgesetz stehen, was Sie offenbar nicht gelesen haben, und auch diese Dinge familienfreundlicher Betrieb, alles Sachen, die keineswegs neu sind. Sie lassen sich mit diesem Antrag aber absolut nichts einfallen. Sie bieten uns alte Hüte an, die Sie noch nicht einmal mit Blumen verzieren; nein, sie sind verstaubt und deswegen lehnen wir Ihren Antrag, so wie Sie ihn hier gestellt haben, ab. Mit dem 11. Kinder- und Jugendbericht werden wir uns natürlich beschäftigen wollen und wissen Sie, meine Damen und Herren, dass Sie von der Landesregierung einen schriftlichen Bericht bis zum 31. August haben wollen - ein Schelm, der Böses dabei denkt. Ich meine, am 22. September ist Bundestagswahl.