Protocol of the Session on February 22, 2002

Vielleicht noch einmal zwei Bemerkungen. Herr Kummer, Sie verlangen hier einen Bericht bis zum III. Quartal. Wir haben einen Bericht bis zum I. Quartal verlangt. Sie haben Recht, die Zeit drängt und deswegen hatten wir im letzten Plenum einen Antrag gestellt. Herr Krauße hat auch gut begründet, warum wir Ihrem Antrag jetzt nicht zustimmen können. Ganz einfach, Sie fahren hier Verzögerungstaktik, die wir nicht mitmachen können.

(Beifall bei der CDU)

Sie riskieren die Privatisierung, die wir gerade für die Fernwasserversorgung im Interesse und für das Wohl der Bürger in unserem Land nicht wollen. Sie wissen genau, dass Gera beispielsweise drängte, bis zum Sommer Informationen zu erhalten.

Dann noch ein anderes: Das ist schon abenteuerlich. Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten Informationen im Ausschuss aus gutem Grund nicht bekommen. Weil Sie die Informationen nicht bekommen haben - wenn Sie da anderer Meinung sind, können Sie ja auch zum Verfassungsgericht ziehen, wo Sie wahrscheinlich nicht Recht bekommen würden

(Heiterkeit Abg. Thierbach, PDS)

aus diesem Grund, weil Sie die nicht bekommen haben, verlangen Sie jetzt ganz neue Daten, nicht in der internen Sitzung, wie es Ihnen ja auch freistünde, sondern verlangen diese jetzt in einer öffentlichen Sitzung.

(Zwischenruf Abg. Kummer, PDS: Lesen Sie doch mal unser Papier richtig, Herr Carius.)

Es ist ein abenteuerliches Verfahren in einer öffentlichen Landtagssitzung, eine vertrauliche Sitzung eines Ausschusses zu verlangen.

(Beifall bei der CDU)

Das muss ich wirklich mal sagen. Deswegen werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

So, jetzt der Abgeordnete Gerstenberger, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, meine Stimme lässt es eigentlich nicht zu, aber wenn so viel Unsinn geredet wird, dann sehe ich mich doch gezwungen, etwas zu sagen,

(Unruhe bei der CDU)

weil mehrfach Gera angesprochen wurde. Ich bin Mitglied der Verbandsversammlung im Wasser- und Abwasserzweckverband "Mittleres Elstertal". Wir privatisieren die Betriebsführung, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Mehr könnt Ihr ja auch im Moment nicht.)

Herr Krauße, kommen Sie doch einfach mal in eine Verbandsversammlung, lassen Sie sich mal von Ihren Bürgermeisterkollegen der CDU erklären, was eine Betriebsführung, was eine Betriebsprivatisierung und was eine Einkaufs- oder Verkaufsprivatisierung ist. Wenn Sie das dann anschließend begriffen haben, reden wir noch einmal darüber, was dieser Verband eigentlich macht, als Modellprojekt gegenüber anderen. Ich denke, das ist nicht die schlechteste Lösung, was dort passiert. Wenn wir allerdings im Zusammenhang mit Talsperren, Herr Krauße, über die Abwasserproblematik reden wollen, dann müssten Sie das deutlich sagen. Denn das ist der eigentliche Clou, dort geht es um das Problem Abwasser; das Problem Trinkwasser ist gar nicht berührt. Aber so ist das nun mal in der CDU, es wird alles benutzt, was irgendwie in der Öffentlichkeit dazu dienen kann, um ein Thema herumzuführen, anstatt auf den Kern der Problematik zurückzukommen.

(Beifall bei der PDS)

Herr Gerstenberger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Krauße?

Eine kleine Zwischenfrage, Herr Gerstenberger, Sie sagten, es geht nur um Abwasser, das ist die Problematik in der Betriebsführung. Meine Frage dazu: Gehen Sie davon aus, dass dann die Meldung in der Ostthüringer Zeitung von gestern: "Gera will Vertrag über Fernwasser kündigen", im Zusammenhang mit dem Mittleren Elstertal und Herrn Klaus-Peter Kräter eine Ente ist? Oder ist es tatsächlich so, dass es hier auch um die Fernwasserverträge geht?

Sehen Sie, Herr Krauße, Sie bestätigen genau das, was ich gerade gesagt habe. Eine Betriebsführung ist losgelöst von der Verbandsversammlung. Das sind zwar ganz primitive Grundlagen demokratischer Gremienarbeit, aber ich erkläre es Ihnen noch mal schnell.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Es reicht, es reicht.)

Eine Verbandsversammlung sitzt zusammen, wo Bürgermeister sitzen und beraten und die legen strategische Entscheidungen fest. Dann gibt es eine Betriebsführung, die nach diesen strategischen Entscheidungen das Tagesgeschäft abarbeitet. Wir wollen nicht die Bürgermeister und die Verbandsversammlung privatisieren, sondern lediglich die Abarbeitung des Tagesgeschäfts, Herr Krauße. Wenn Sie es jetzt verstanden haben, würde ich mich freuen.

(Heiterkeit bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Das ging zu schnell.)

Denken Sie nicht, Herr Pohl?

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Mal unter vier Augen.)

So, weiter im Text. Ich hatte es das letzte Mal bereits angesprochen, wir haben es mit zwei defizitären Verbänden zu tun, sowohl der Fernwasserzweckverband als auch der Talsperrenverband. Wenn zwei defizitäre Verbände fusionieren, kommt nicht automatisch und auch insbesondere nicht ein Verband heraus, der plötzlich nicht mehr defizitär ist, sondern das Defizit summiert sich. Wenn unter normalen marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Unternehmen oder ein Verband defizitär ist, macht man ein entsprechendes Analysemanagement. Das ist nun mal in der Marktwirtschaft so; es sollte auch in Planwirtschaften so sein, bloß da hat es meistens nicht stattgefunden. Ich bin erstaunt, dass Sie diese unselige Tradition aus damaligen Zeiten nun plötzlich auch in die gegenwärtige Zeit

übertragen wollen und sich genauso benehmen wie einige Leute, die angeblich zu DDR-Zeiten Betriebswirte waren und nach dem gleichen Schema verfahren haben. Siehe Beispiel Kummer mit Verlängerung von Abschreibungszeiten, eines der Riesenprobleme in der Grundmittelwirtschaft der DDR, was traditionell offensichtlich bei Ihnen fortgesetzt werden soll.

(Beifall bei der PDS)

Wenn man diesen Weg will, muss man so genannte Profitcenter auseinander nehmen, die Kostenträgerstrukturen ermitteln. Wenn Sie sich den Antrag ansehen, so zielt er genau auf diese einzelnen Punkte. Wenn ich diese Entscheidungsgrundlagen habe, kann ich überhaupt erst über Entscheidungen reden. Wenn man natürlich - und das habe ich aus den Formulierungen von Herrn Krauße entnommen - diese Entscheidungsgrundlagen nicht will, weil man das Entscheidungsziel bereits vorgegeben hat, nämlich Fusion, dann ist es allerdings richtig, diese Zahlen möglichst lange geheim zu halten und möglichst lange zu verschweigen, damit keiner die Entscheidungsgrundlagen überprüfen kann, die in diese Fusionsrichtung zielt. Deshalb noch einmal die Werbung dafür, dass dieser Antrag in diesen fünf Punkten so beschlossen wird. Herr Carius, es ist einfach hanebüchen, was das Bildungssystem der letzten Jahre angerichtet hat. Der Satz ist doch nun wirklich einfach und verständlich, wir fordern doch keine geheime Sitzung. Der Satz heißt: "Dabei sind betriebsbezogene Daten, deren Offenlegung aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist,...", Frau Becker hat das gesagt,

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Und im Er- gebnis zielen Sie auf eine vertrauliche Sit- zung.)

Herr Kummer hat das gesagt, dass wir natürlich der Meinung sind, dass das nicht der Sachverhalt ist, aber wir würden uns an dieser Stelle sogar Ihrer Meinung anschließen, dass es sich dort um geheime Daten handelt, deren Offenlegung aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, dem Ausschuss für Naturschutz und Umwelt sowie dem Haushalts- und Finanzausschuss in vertraulicher Sitzung mitzuteilen. Das heißt, wir wollen über die Daten in jedem Fall reden, möglichst im normalen Geschäftsgang und in öffentlicher Sitzung; wenn Sie allerdings der Meinung sind, das geht nicht, dann hilfsweise auch in vertraulicher Sitzung. Wir machen weiter nichts, als die Geschäftsordnung auszuschöpfen. Und nun gibt es den Vorschlag von Ihrer Seite, machen Sie doch einen Selbstbefassungsantrag. Nun wäre interessant, Herr Minister, ob denn der Selbstbefassungsantrag nächsten Monat in den Ausschuss käme.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das weiß er doch nicht.)

Würde dann die Landesregierung diese Daten, die hier gefordert werden, auf den Tisch legen? Dann wäre tatsächlich der Antrag obsolet und er würde natürlich der

CDU-Fraktion in der Mitte des Hauses ein Riesendilemma von den Schultern nehmen. Ich weiß ja, dass Sie einen Beschluss haben, dass PDS-Anträgen nicht zuzustimmen ist; ich weiß auch, dass ich das erst gestern mit der veränderten Überschrift gesagt habe. Wir haben nun einmal den Fehler gemacht, auf den Antrag zu schreiben, Antrag der PDS. Wir fragen Sie das nächste Mal, ob Sie als Antrag der CDU dem Ding vorher zustimmen würden, dann können wir vielleicht etwas schneller zu Stuhle kommen. Es steht aber Antrag der PDS darüber. Sie dürfen Anträgen der PDS nicht zustimmen, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Wenn einem nichts mehr einfällt, dann kann man nur...)

(Unruhe bei der CDU)

Wenn Sie so vehement widersprechen, meine Damen und Herren, dann haben Sie doch ein ganz einfaches Mittel. Sie haben gesagt, die Zahlen brauchen wir. Stimmen Sie dem Antrag zu! Worüber reden wir eigentlich? Es ist unstrittig, dass die Zahlen für eine Entscheidung gebraucht werden; es ist unstrittig, dass über das Thema geredet werden soll; es ist unstrittig, dass der Antrag genau diese Zahlen und das Reden über diesen Antrag einfordert. Stimmen Sie zu, meine Damen und Herren, dann haben wir die Kuh vom Eis.

(Beifall bei der PDS)

Jetzt für die Landesregierung, Herr Minister Dr. Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Gerstenberger, wenn ich recht informiert bin, sind Sie der Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses. Wenn ich weiter recht informiert bin, werden alle Wirtschaftspläne der landeseigenen Gesellschaften dort behandelt. Also müssten Sie eigentlich Bescheid wissen, was in diesen Plänen drinsteht und auch was über die Verwendung drinsteht.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Das weiß er doch.)

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Bei institutioneller Förderung wird die Talsper- renverwaltung...)

Nein, Herr Gerstenberger, ich denke einmal, Sie wissen das. Was Herrn Kummer betrifft, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss ich sagen, für das, was er hier gesagt hat, dass er nichts weiß, weiß er ganz schön viel.

(Beifall bei der CDU)

Darüber bin ich eigentlich auch ein bisschen froh, denn das zeigt mir, dass das gefruchtet hat, worum ich das letzte Mal gebeten habe, doch bitte einmal in den Protokollen nachzulesen und einmal zuzuhören, wenn wir über die einzelnen Daten sprechen. Sie wissen ganz genau, dass wir in der 46. Sitzung am 15. Juni 2001 den Bericht der Landesregierung zur Zukunft der Fernwasserversorgung im Freistaat Thüringen - Drucksache 3/1602 - beraten haben und dass regelmäßig über die Gespräche und Verhandlungen mit den an der Fernwasserversorgung beteiligten Unternehmen berichtet wird. Dieser Bitte ist die Landesregierung bisher in weitem Umfang nachgekommen. Inzwischen liegen Ihnen die Zwischenberichte vom 11. Oktober 2001 und vom 28. November 2001 zur Zukunft der Fernwasserversorgung vor. Letzterer wurde erst kürzlich am 25. Januar 2002 ausführlich beraten. Im Ergebnis dieser Beratung wurde die Landesregierung mit dem Beschluss des Landtags - Drucksache 3/2177 - gebeten, noch im I. Quartal 2002 sowohl zur Finanzierbarkeit der Entschuldung des fusionierten Unternehmens als auch über den Stand der Fusionsverhandlungen mit den beteiligten Unternehmen zu berichten. Darüber hinaus hat die Landesregierung in der vertraulichen Sitzung des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt am 21. September 2001 ausführlich, unterstützt durch die detaillierten Ausführungen des Unternehmens Kienbaum, zur Zukunft der Fernwasserversorgung und zum beabsichtigten weiteren Vorgehen die Ausschussmitglieder unterrichtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, auf alle diese Ihnen in der jeweiligen Drucksache vorliegenden Informationen zur Fernwasserversorgung im Freistaat Thüringen habe ich bereits in meinem Beitrag vom 25. Januar dieses Jahres verwiesen. Es geht uns darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Trinkwasserversorgung in Thüringen über Fernwasser, die für ca. 50 Prozent der Bevölkerung gegenwärtig vorhanden ist, zu stabilisieren und zu erhalten und das zu einem Preis, der auch bezahlbar ist. Und wenn hier immer wieder davon gesprochen wird, dass die Zahlen nicht bekannt sind, das verstehe ich nicht. Herr Kummer, wenn Sie nach den Zahlen fragen, dann können wir uns darüber verständigen. Sie kennen auch das Gutachten; stellen Sie sich doch nicht hierher und tun Sie nicht so, als würden Sie das Gutachten nicht kennen.

(Beifall bei der CDU)