Zum Technologietransfer - der Minister hat etwas dazu gesagt. Die Aussagen hier in der Antwort sind sehr vage. "Erste Früchte", "fortlaufend ausgebaut", "wirkungsvoll", das ist natürlich nicht analytisch. Ich kann das als kritisch hinnehmen, wenn ich das abstufe. Aber es ist nicht analytisch. Diese Analyse hätten wir uns an dieser Stelle gewünscht und wenn das Wirtschaftsministerium sagt, es kann keine Aussagen über Ausgründungen von technologisch orientierten Unternehmen aus Wirtschaftsunternehmen treffen, dann müssen wir uns eben an die IHKs wenden, um diese Auskunft zu erhalten und um auch dort zu einer Bewertung zu kommen.
Dann hatten wir noch einen Punkt abgefragt: Internationale Zusammenarbeit. Dort geht aus der Antwort etwas ganz Erstaunliches hervor, dass die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich Forschung und Technologieentwicklung - ich nehme jetzt die nackte Antwort der Landesregierung - sich vorrangig im Bereich der ehemaligen sozialistischen Staatengemeinschaft vollzieht. Wir haben natürlich nichts gegen diese Projekte einzuwenden, aber die Frage ist trotzdem, warum ist nur diese Ausrichtung hier beschrieben worden. Delegationen des Landes Thüringen waren in Japan, in den USA und überall und die Frage ist natürlich, welche Effekte hat das für die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen gebracht.
Meine Damen und Herren, wir sind alle erschöpft. Ich möchte anschließend der Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage danken. Ich verhehle aber nicht, dass wir sie uns etwas kritischer gewünscht hätten. Wir werden aber die Forschungs- und Technologiepolitik weiterhin in Thüringen kritisch begleiten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will nicht spekulieren, Frau Dr. Kaschuba, mit welcher Absicht die PDS-Fraktion die Große Anfrage erstellt hat. Aber, ich denke, entscheidend ist das Ergebnis, was uns hier durch die Landesregierung vorgelegt wurde zur Forschungs- und Technologiepolitik in Thüringen, eine sehr umfangreiche Beantwortung, die von Ihnen auch schon recht wohltuend gewürdigt worden ist. Ich denke, es ist ein Verbundprojekt zwischen Frau Wissenschaftsministerin und Herrn Wirtschaftsminister. Eine sehr umfangreiche Schau auf die letzten 10 Jahre erfolgreicher Forschungs- und Technologiepolitik in Thüringen. Der Erfolg ist belegt worden sowohl durch die Ausführung der Enquetekommission "Wirtschaftsförderung", sie wird begleitet durch den Antrag der CDU-Fraktion "Konsequente Weiterentwicklung der Förderung der Verbundforschung im Freistaat Thüringen", und, meine Damen und Herren, auch innerhalb der Union durch einen Leitantrag "Thüringen innovativ und wirtschaftlich stark". Eine gute Gesamtschau also in diesem Feld, einem für die Wirtschaft in Thüringen wichtigen Feld. Thüringen hat in den vergangenen Jahren eine gute Ausgangsbasis geschaffen, sich zu einer erfolgreichen Wachstumsregion zu entwickeln, die vor allem auf einer gelungenen Kombination von wissenschaftlicher, technischer und wirtschaftlicher Kompetenz sowie weiteren innovationsfördernden Standortfaktoren beruht.
Thüringen kann im Wettbewerb letztendlich nur auf die Qualifikation und die Kreativität seiner Menschen, die Qualität seiner Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen, die unternehmerischen Potenziale seiner Bevölkerung und die Innovationskraft der Unternehmen setzen. Leider, das hat der Wirtschaftsminister bereits vorgetragen und das zieht sich wie ein roter Faden durch die Diskussion, vergrößert sich der Abstand zwischen den alten und den neuen Ländern. Das Ost-West-Gefälle wird in einzelnen Bereichen bzw. in Regionen sogar wieder vergrößert. Auf wirtschaftlichem Gebiet ist dieser Abstand Ost-West weitaus größer als auf wissenschaftlichem Gebiet. In Teilbereichen der Grundlagen- und angewandten Forschung hat Thüringen sogar schon Spitzenleistungen erreicht. Generell gilt allerdings, dass die Forschungskapazitäten insbesondere in der Industrieforschung in Thüringen und in den anderen neuen Ländern deutlich schwächer ausgelegt sind als im übrigen Bundesgebiet. Wachstumschancen wird Thüringen auf Dauer nur haben, wenn es gelingt, Produktionen aufzubauen, die das angestrebt hohe Lohnniveau durch eine entsprechende Wertschöpfung rechtfertigen. Thüringen investiert deshalb besonders in Wissen, Technologie und Innovation.
Der Schwerpunkt unternehmerischen Handelns wird sich stärker als bisher auf die Entwicklung und Markteinführung überlegener Produkte und Dienstleistungen sowie Prozessinnovation verlagern müssen. Verstärkt wird es darauf ankommen, qualitative Standortfaktoren zu mobilisieren wie Anstrengungen im Bereich der Aus- und
Die Enquetekommission "Wirtschaftsförderung" hat festgestellt, dass die Wirtschaftsstruktur Thüringens stark von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt ist, die aufgrund ihrer schmalen Ressourcenbasis nur geringe Möglichkeiten für die Durchführung eigenständiger Forschung und Entwicklung haben. Die vorhandenen Filialbetriebe auswärtiger Großunternehmen verfügen häufig ebenfalls über keine eigenen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten. So ist der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am Bruttoinlandsprodukt und der Beschäftigung aufgrund der hohen Zuwachsraten der 90er-Jahre zwar höher als in den anderen neuen Ländern, jedoch deutlich niedriger als in Westdeutschland. Hinzu kommt, dass die schmale industrielle Basis Thüringens nur vergleichsweise geringe Kapazitäten in Forschung und Entwicklung trägt, Herr Minister Schuster hat dazu vorgetragen, ich will es jetzt hier nicht noch einmal wiederholen.
Die Thüringer Hochschul- und Forschungseinrichtungen haben den Neuaufbau weitgehend abgeschlossen und ihre Profile neu bestimmt. Auch hier ist bereits vorgetragen worden über die Rolle der vier Universitäten und der anderen Einrichtungen. Ich werde im Sinne einer optimalen Zeit darüber hinweggehen, aber die Thüringer Forschungseinrichtungen haben neben der Grundlagenforschung vor allem - und das ist ja durch den Antrag der CDU-Fraktion, den ich bereits zitiert habe, gelungen im Bereich der Verbundforschung gemeinsam mit den Industriepartnern beachtliche Erfolge erzielt. Die erfolgreiche Bioregio-Initiative hat beispielsweise zur Gründung einer Vielzahl von innovativen Unternehmen beigetragen. Wissenschaft und Forschung legen die Grundlagen für Innovation und Wirtschaft und Gesellschaft und sind damit für die Zukunft Thüringens wichtig. Sie sind der Schlüssel für Wachstum und Beschäftigung. Die Leistungen der Wissenschaft werden immer wichtiger für die Leistungskraft der Wirtschaft. Also, eine enge Zusammenarbeit zwischen den Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft ist notwendig, um erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer zu praktizieren.
Meine Damen und Herren, eine höhere Transferrelevanz von Forschung lässt sich vor allem durch frühzeitige Einbeziehung der Unternehmenssicht in den Forschungsprozess erreichen. Die Zusammenarbeit der Universitäten mit der Wirtschaft ist immer noch stark durch die kurzfristig orientierte, zielgerichtete Auftragsforschung geprägt. Dagegen werden die strategischen Kompetenzen der Universitäten für anwendungsorientierte Forschung noch zu wenig für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft genutzt, d.h., Unternehmen müssen stärker auch für die Finanzierung solcher mittelfristig angelegten Forschungsarbeiten gewonnen werden, indem ihnen eine Mitwirkung bei der Formulierung von Forschungsprojekten und die prioritäre Nutzung umsetzungsrelevanter Forschungsergebnisse ermöglicht wird. Forschungskooperationen zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen müs
Die Praxisnähe durch entsprechende Einstellungsforderungen für das Lehrpersonal, enge Kontakte durch Praktika und Diplomarbeiten zu betrieblichen Problemen sowie ihre regionale Einbindung machen insbesondere die Fachhochschulen und die Berufsakademie zu bevorzugten Kooperationspartnern für die kleinen und mittleren Unternehmen und sie tragen in besonderer Weise zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Region bei, indem sie die Unternehmer bei der Erarbeitung innovativer Lösungen unterstützen, u.a. durch die gemeinsame Nutzung von modernen Laboreinrichtungen bzw. die Durchführung von Laboruntersuchungen im Vorfeld der Entwicklung innovativer Technologien.
Meine Damen und Herren, Innovationspolitik ist weitaus mehr als Wirtschaftsförderung im traditionellen Sinn, Frau Dr. Kaschuba. Also nicht nur die Frage von Geld und Fördermitteln, sondern sie umfasst im weiteren Sinn die staatliche Bildungs- und Wissenschaftspolitik, die ordnungspolitischen Regelungen für die Verwertung technischen Wissens, da insbesondere, wie von Herrn Minister Schuster angeführt, die Patentpolitik, die Technologiepolitik und die technologierelevante Innovationsförderung. Im engeren Sinne sind alle staatlichen Maßnahmen zuzurechnen, die auf die Förderung der Entwicklung und Verbreitung von Innovationen abzielen und von der Förderung der Forschung bis zur Unterstützung der Einführung von marktfähigen Produkten, Verfahren und Dienstleistungen reichen. Was nicht möglich ist, Frau Dr. Kaschuba, ist, dass man mit Innovationspolitik regionale Politik betreiben kann. Wir müssen Abschied nehmen von einer Flächendeckung oder von der regionalen Ausdifferenzierung im Gegensatz zur Konzentration der Wachstumspole. Die Forschungspolitik ist kein Instrumentarium der Regionalpolitik.
Meine Damen und Herren, die Wissenschaftspolitik muss sich an den Wendungen des Markts orientieren und nicht vom Arbeitsmarkt her aufbauen. Das sind genau, glaube ich, auch Unterschiede in der Betrachtung, die zu Ihrem Vortrag hier benannt werden sollen. Den Thüringer Unternehmen, die eigene Forschung und Entwicklung betreiben, fehlt ein professionelles Innovationsmanagement. Die staatlichen Fördereinrichtungen und die mit staatlichen Mitteln unterstützten Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaft sollen die Unternehmen verstärkt bei deren Anstrengungen zur Professionalisierung ihrer Forschung und Entwicklung und dabei insbesondere bei der professionellen Markteinführung ihrer neuen und verbesserten Produkte unterstützen. Die internationale Orientierung der kleinen und mittleren Unternehmen sollte durch gezielte Maßnahmen unterstützt werden, ebenso die gemeinschaftlichen Anstrengungen von Unternehmen bei der Markteinführung von Produkten.
Ich übergehe jetzt meine Ausführungen, die insbesondere darauf abzielen, technologieorientierte Existenzgründungen zu unterstützen, insbesondere aus den Hochschulund Forschungseinrichtungen heraus. Ich gehe kurz darauf ein, dass die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen über relativ große zusammenhängende Forschungsund Entwicklungskapazitäten verfügen, und dass sie damit Quelle zahlreicher Ausgründungen sein können und die Funktion von Kooperationsmaklern, Netzwerkinitiatoren und Organisatoren erfüllen können. Sie sind also Anbieter von Forschungsergebnissen der Vorlaufforschung, von Auftragsforschungsleistungen und Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, vorwiegend für kleine und mittlere Unternehmen. Zum Teil übernehmen sie damit im Innovationssystem die Rolle von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Großunternehmen. Eine, denke ich, kritische Frage in dem Zusammenhang ist die Vergabe von institutionellen Fördermitteln an diese Forschungseinrichtungen. Sie muss wie bei den anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen dabei an die Erfüllung wissenschaftlicher Kriterien und an den nachweisbaren Bedarf gebunden sein und ein besonderes öffentliches Interesse rechtfertigen. Die Rahmenbedingungen sind so zu gestalten, dass die anteilige Grundfinanzierung der hohen Flexibilität und Dynamik der Einrichtungen Rechnung trägt und sie unterstützt, meine Damen und Herren. Die Projektförderung hat für die gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen eine große Bedeutung. Die Förderung von Forschungs- und Entwicklungskooperationsprojekten ist wichtig zur Realisierung von Grundlagen- und Vorlaufforschung. Auf mittlere Sicht ist im Bereich der wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen in Deutschland eine einheitliche Projektförderung anzustreben. Die Technologie- und Gründerzentren sind wichtige Repräsentanten des Netzwerks der Innovationszentren und damit geachtete Partner in Thüringen und zugleich effiziente Instrumente der regionalen Wirtschaftsund Technologieförderung.
Ich möchte im Folgenden das Bild der Imagekampagne "Denkfabrik Thüringen" ansprechen. Es ist, meine Damen und Herren, sicher einfach, sich zu amüsieren, zu belächeln und zu belustigen. Ich schaue einmal gerade, Herr Kollege Schemmel hat gestern wahrscheinlich die Grundlage für eine Büttenredenkarriere gelegt, möglicherweise ist er jetzt gerade wieder unterwegs, um Büttenreden zu halten.
Nur, meine Damen und Herren, dieses Zerreden des Motivs "Denkfabrik Thüringen" hat für den Standort überhaupt keinen positiven Wert, es wird eher negativ sein. Ich denke, es kommt darauf an, dieses gute Bild "Denkfabrik Thüringen" auch mit Inhalten zu füllen, also mit Leitbildern. Deshalb möchte ich zum Schluss meiner Ausfüh
Wenn Sie das Bild einer Fabrik vor dem geistigen Auge sehen, dann wissen Sie, dass es für ein erfolgreiches Unternehmen auch wichtig ist, dass Leitbilder im Unternehmen, Firmenphilosophien da sind. Wenn Sie so ein Unternehmen betreten, sind diese Leitbilder meistens schon im Eingangsbereich auch schriftlich dokumentiert. Ich meine, in der "Denkfabrik Thüringen" sind mindestens drei Leitbilder zu benennen - das ist einmal das Leitbild eines unternehmerischen Landes, das ist das Leitbild eines innovativen Landes und das ist das Leitbild eines lernenden Landes.
Ich will zu den zwei letztgenannten Leitbildern, weil es eben in den Rahmen der Aussprache zur Forschungs- und Technologiepolitik passt, einige kurze Ausführungen bringen.
Das Leitbild "innovatives Land": Der Erfolg bei der Entwicklung, Umsetzung und Verbreitung von Innovationen hängt ganz wesentlich von so einem innovationsfreundlichen Leitbild in der Gesellschaft ab. Es ist von Weltoffenheit, von Experimentierfreudigkeit,
von Technikakzeptanz, von unternehmerischem Handeln, Leistungswillen, Dynamik und Flexibilität sowie sozialem Konsens und partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen geprägt. Deshalb ist es für Thüringen wichtig, die Schaffung eines günstigen gesellschaftlichen Klimas für unternehmerische Betätigung und für technische Innovation zu schaffen. Es muss von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft als zentrale Aufgabe verstanden werden, beginnend mit der Ausbildung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit von Wirtschaft und Politik.
Das Leitbild "lernendes Land" ist von Bildungskompetenz und Lernfähigkeit in der gesamten Gesellschaft und während der gesamten Lebenszeit der Bürger sowie von Eigenverantwortlichkeit für Qualifikation und Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten geprägt. Das Konzept eines lernenden Landes soll für möglichst breiten Wissensaustausch regional, überregional und interdisziplinär sorgen. Es steht sozusagen für eine neue Kultur des Lernens, die immer stärker durch eine Hinwendung zum lebenslangen Lernen gekennzeichnet ist.
Wichtige Gestaltungselemente sind die zeitliche und inhaltliche Konzentration der Erstausbildung und ergänzend geeignete alters- und qualifikationsadäquate Weiterbildungsmodule sowie neue Lernarrangements, Lernkonzepte und Lernformen im Zusammenhang mit lernenden Bil
dungsorganisationen und lernenden Unternehmen. Bildung, Weiterbildung, Forschung und Wirtschaft müssen besser verzahnt werden, um den veränderten Anforderungen in Arbeit und Beruf Rechnung zu tragen. Die Wissenschafteinrichtungen sollen weit mehr als bisher zum Weiterbildungspartner für Wirtschaft werden und mit firmenspezifischen Angeboten Einkünfte auch erzielen.
Meine Damen und Herren, ein Hochtechnologieland, also eine "Denkfabrik Thüringen" - in dieser "Denkfabrik Thüringen" ist das Gleichgewicht zwischen handwerklichen und akademischen Berufen wichtig. Es kommt in einem Land ohne materielle Rohstoffe entscheidend darauf an, dass die Kreativität des Einzelnen zu fördern, gesellschaftliche Akzeptanz für nachhaltige Technologie zu schaffen und damit die Spitzenforschung zu ermöglichen ist. Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sind hier zur Allianz gerufen. Schule und Hochschule gehen uns alle und immer an und nicht erst in Mangelsituationen.
Zum Schluss erlaube ich mir die Bemerkung, es ist schon atemberaubend, wie vermehrt und verbreitet sich neues Wissen darstellt. Da geht es uns wie den englischen, portugiesischen und spanischen Seefahrern an der Schwelle zur Neuzeit. Wir brauchen neue Karten, Fixpunkte und Orientierung, um uns in dieser Terra inkognita zurechtzufinden. Politik muss dabei helfen, sie muss Mut und nicht Angst vor der Zukunft machen
und sie muss mit Augenmaß vorangehen und damit natürlich auch Bildung in die Mitte stellen. Wir werden das neue Jahrhundert erst dann meistern, wenn wir die technisch-wissenschaftlichen Spitzenleistungen mit Bildungsverbindlichkeiten, Bürgersinn und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, in Kapitel II unserer Anfrage und in den Antworten der Landesregierung zu diesem Kapitel wird die Bildung als Voraussetzung für die Forschungs- und Technologiepolitik in Thüringen thematisiert. Ich möchte dazu einige Anmerkungen machen, werde mich in meinen Anmerkungen aber auf die Hochschulen eingrenzen.
Ich möchte mit einer Binsenwahrheit beginnen, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass auch in diesem Hause Binsenwahrheiten ausgesprochen werden müssen. Die Binsenwahrheit heißt: Ohne hoch qualifizierte Fachkräfte gibt es keine und schon überhaupt nicht eine Forschung mit Spitzenleistungen - die Betonung liegt auf Spitzenleistungen. Gleiches gilt natürlich für die Technologieentwicklung. Solche Spitzenleistungen sind aber in einer Denkfabrik, da, denke ich, kann man auch Einigkeit über die Fraktionen hinaus erzielen, unerlässlich. Aus den Thüringer Hochschulen müssen sehr gute Absolventen in hinreichendem Umfang kommen und sie müssen angemessen bezahlte Arbeit in Thüringen finden. Hier liegt oder, ich kann natürlich auch sagen, läge ein wichtiger Ansatz für eine "Denkfabrik Thüringen".
Meine Damen und Herren, die Bedingungen für Studierende, die künftig Spitzenleistungen in Forschung und Technologie in Thüringen hervorbringen sollen, sind aber nun einmal nicht optimal. Nehmen wir als Beispiel die Technische Universität Ilmenau. Es ist erfreulich, wie die Zahl der Studierenden an dieser Universität in den letzten Jahren anwuchs. Ich will auch ausdrücklich auf die erfreuliche Qualität der Ausbildung an dieser Universität hinweisen. Die Uni ist zu Recht stolz, unter anderem auf die Rankingplätze, die sie in den letzten Jahren in Vergleichen immer wieder belegt hat. Jetzt aber fehlen Räumlichkeiten, die Betreuung der Studenten durch die Wissenschaftler wird bemängelt. Dabei geht es nicht um die Qualität der Betreuung, sondern es geht um die Betreuungsverhältnisse. Auch die Sprachenausbildung ist nach Aussagen der Studenten unzureichend.
Natürlich wurde im Vergleich zu anderen Thüringer Hochschulen viel Geld in die Sanierung und den Ausbau der Hochschule gesteckt. Das ist richtig, aber offensichtlich reicht es nicht. Ich erinnere Sie, im Dezember 2000 führten die Studierenden einen Sternmarsch für einen neuen Hörsaal durch. Und vor wenigen Tagen protestierte der Studentenrat mit einer Plakataktion "Kahlschlag in der Denkfabrik" gegen die völlig unbefriedigende personelle Situation an der Technischen Universität Ilmenau.
Jetzt ist zu vernehmen, meine Kollegin, Frau Dr. Kaschuba hat das vorhin schon angesprochen, dass alle Hochschulen im Freistaat, neben anderen haushalterischen "Verordnungen" eine dreimonatige Wiederbesetzungssperre für alle freien oder für alle frei werdenden Stellen verhängt bekommen haben. Was bedeutet denn das für die Hochschulen? Das bedeutet einen weiteren Rückschlag in der Lehre und einen Schlag gegen die Interessen der Studierenden, denn Lehrpersonal wird den Studierenden in den betroffenen Fällen mindestens, und da setze ich ein Fragezeichen dahinter, ein Semester länger fehlen. Ja, nun kann man sagen, die Unis sollen umschichten, das ist so eine beliebte Orientierung, aber eine Bettdecke hat nun mal nur eine bestimmte Länge und egal wo man sie dann hinzieht, immer friert man an irgendeiner Stelle des Körpers. Ich kann auch nicht beliebig umschichten in einer Hoch
schule, weil eine Hochschule nicht mit einem Lichtschalter zu vergleichen ist. Heute mache ich eine Fachrichtung zu und dafür eine andere auf und morgen umgedreht. Das sind Prozesse, die - wie in der Bildung insgesamt - längerer Zeiträume bedürfen, um sich zu entwickeln und sie funktionieren nicht wie beispielsweise in einer Fabrik an einem Fließband.
Es hilft auch nicht, wenn man die Lage schönredet, indem man z.B. auf das verweist, was getan wurde. Ich habe mich ja vorhin anerkennend dazu geäußert. Jetzt muss wirklich schnell und unbürokratisch eine Besserung herbeigeführt werden. Vielleicht greifen Aktivitäten einfach zu spät.
Meine Damen und Herren, manchmal entsteht der Eindruck, die Landesregierung versucht einige Probleme an den Hochschulen auszusitzen, weil es in ca. 10 Jahren weniger Studienanfänger geben könnte. Diese Erwartungen sind unseres Erachtens nach unbegründet. In Thüringen studieren weder heute noch künftig nur Thüringer, sondern auch Studierende aus anderen Bundesländern und Ausländer. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass im Landeshochschulplan für 2008 ca. 50.000 Studierende für die Thüringer Hochschulen anvisiert sind. Ich will diesen Ansatz, diese Zahl nicht kommentieren, möchte aber auf einen Bundesvergleich aufmerksam machen. In der jüngsten Statistik der Kultusministerkonferenz mit den Zahlen von 1999 - es gibt augenblicklich keine jüngeren, mindestens sind sie mir nicht bekannt - kann man nachlesen, der Anteil der Studierenden an den Hochschulen, gespiegelt an allen Personen im entsprechenden Alter, ist für Thüringen mit 8,3 Prozent ausgewiesen. Der Durchschnitt für die neuen Bundesländer beträgt 10,7 Prozent und wenn ich andere Flächenstaaten hernehme, ich will Berlin oder andere Stadtstaaten völlig herauslassen, so liest man für Nordrhein-Westfalen eine Relation von 14,2 oder für Hessen von 13 Prozent. Ich denke, diese Zahlen machen Entwicklungsbedarf deutlich für die Denkfabrik Thüringen und auch für die Wissensgesellschaft an sich.
Vor dem Hintergrund sich immer schneller vollziehender wissenschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Entwicklung, Herr Kretschmer, er ist nicht da, aber er hat das Problem eben angesprochen, verkürzen sich die Zyklen in der Wissenschaft, auch die der Erneuerung von Forschungs- und Kommunikationsinstrumenten. Auch die Weiterbildung wird in Thüringen stark an Bedeutung gewinnen; Frau Ministerin, Sie haben mehrfach Ihren Willen bekräftigt, dies auch entsprechend zu befördern. Aber das alles wird auch Investitionen erfordern. Im Hochschulbereich wird also eine Kürzung der Finanzen nicht zu rechtfertigen sein, eher das Gegenteil.
Abschließend möchte ich anmahnen, auch trotz und gerade wegen des angekündigten Nachtragshaushalts, die
Landesregierung sollte ihren Willen zu einer kritischen Würdigung, zur Korrektur und zur Verbesserung der Bedingungen an den Hochschulen des Landes stärken. Das betrifft in besonderer Weise den Hochschulbau, die Personalausstattung und, ich denke, auch infrastrukturelle Maßnahmen, die die Lebenssituation der Studierenden betreffen. Vielen Dank.