Protocol of the Session on December 13, 2001

Doch zurück zu den eigentlich vorgesehenen Neuregelungen im Gesetzentwurf: Was ist nun im neuen Richtergesetz vorgesehen? Ich will einige Punkte kurz herausgreifen. Erstmals werden zukünftig von der Richterschaft selbst gewählte Richter Gelegenheit haben, im Richterwahlausschuss an den Entscheidungen über die Richterwahl mitzuwirken. Wir haben aber bewusst darauf verzichtet, den Richterwahlausschuss schon bei der Ernennung von Richtern auf Probe zu beteiligen, weil der Richterwahlausschuss die Eigenschaft hat, die demokratische Legitimation für den dann unabhängigen Richter zu erhalten. Der Richterwahlausschuss hätte aber die Möglichkeit, einen Richter bei der Berufung auf Lebenszeit auch noch abzulehnen, deswegen müsste er seine eigene Entscheidung revidieren. Außerdem - es ist auch schon mehrfach bei der Einbringung des Gesetzentwurfs vorgetragen worden - liegt über einen Richter auf Probe noch nicht so viel über die berufliche Tätigkeit vor, dass es ausreichen würde, im Richterwahlausschuss eine abschließende Entscheidung zu treffen, ob dieser Richter geeignet ist oder nicht. Deswegen beschränken wir uns mit der Entscheidung des Richterwahlausschusses darauf, den Richter auf Lebenszeit zu berufen. Die Abgeordnetenbank wird, anders als von der PDS vorgeschlagen, unverändert bleiben, weil es die Aufgabe des Richterwahlausschusses ist, demokratisch die Legitimation für die dritte Gewalt zu vermitteln. Wir haben es auch immer betont, dass mit der Novellierung des Richtergesetzes für uns kein Anlass besteht, dies zu ändern. Daraus ergibt sich auch, dass sich aus unserem Gesetzentwurf nicht die Notwendigkeit ergibt, die Verfassung an der entsprechenden Stelle zu ändern. Das war von Anfang an unsere Absicht und das gilt mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf auch weiterhin.

Grund für die Novellierung des Richtergesetzes ist aber auch das Dienstrechtsreformgesetz. Ich erinnere nur an die Änderungen, die jetzt eingetreten sind, was die Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung und der Altersteilzeit betrifft. Dies ist auch alles in dem Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf entsprechend geregelt und schafft für die Richter und Richterinnen, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen - an dieser Stelle betone ich es einmal, dass es wirklich jetzt für alle zutrifft - die Möglichkeit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich habe bewusst jetzt auch die Richter mit hineingenommen, denn auch für die Richter ergibt sich die Möglichkeit, sich durch die Annahme von Teilzeit auch um die Familie zu Hause etwas besser zu kümmern, das ist nicht nur die Aufgabe der Richterinnen. Auch eine Erweiterung der Beteiligungsrechte von Richtern und Staatsanwälten ist vorgesehen. Die Landesregierung hat hier in § 39 des Entwurfs einen umfassenden Katalog vorgesehen - es liegt allen in der Beschlussempfehlung vor, so dass ich mir jetzt hier ersparen kann, die einzelnen Punkte noch mal vorzutragen -, der in einem weiteren Umfang die Richter und Staatsanwälte in die entsprechenden Entscheidungen mit einbezieht. Dies wird von meiner Fraktion ausdrücklich begrüßt.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auf den Änderungsantrag meiner Fraktion eingehen, der auch Eingang in die Beschlussempfehlung des Justizausschusses gefunden hat. Es handelt sich um die Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens für die Richter und Staatsanwälte. Das nunmehr wieder vorgesehene Beteiligungsverfahren für die Richter und Staatsanwälte sieht eine Reihe von Beteiligungstatbeständen vor mit der Möglichkeit, im Falle der Nichteinigung über eine solche Maßnahme eine Einigungsstelle anzurufen. Die Einigungsstelle soll in diesen Fällen abschließend entscheiden - ich betone es hier noch einmal -, wobei der Justizminister nur befugt ist, den bindenden Beschluss der Einigungsstelle ganz oder teilweise aufzuheben, wenn er gegen geltendes Recht verstößt oder ihm durch Amtsauftrag für eine geordnete Rechtspflege die Hände gebunden sind und er dadurch dafür sorgen muss, die geordnete Rechtspflege durchzuführen. Nur in diesem Fall kann der Justizminister einen entsprechend bindenden Beschluss auch aufheben oder von ihm abweichen. Ich sage dies nur, weil dies Gegenstand der Beratung im Justizausschuss war. Nur in diesen eingeschränkten Fällen hat der Justizminister überhaupt das Recht, gegen die Entscheidung der Einigungsstelle Entscheidungen zu treffen.

Vorgesehen ist die Einrichtung einer Einigungsstelle bei dem Oberlandesgericht, dem Oberverwaltungsgericht, dem Landessozialgericht, dem Landesarbeitsgericht und dem Finanzgericht. Wir haben bewusst davon abgesehen, in alle Gerichtsbarkeiten übergreifende Einigungsstellen beim Ministerium selbst anzubinden, weil wir - damit spreche ich für meine Fraktion - der Auffassung sind, dass Konflikte dort gelöst werden sollen, wo sie auftreten. Ein Kompromiss lässt sich immer leichter finden, wenn die Gruppe

nicht zu groß ist, in der man den Kompromiss suchen muss. Aus diesem Grund haben wir an dieser Stelle darauf verzichtet, es immer beim Ministerium anzubinden.

Bei der Ausgestaltung des Beteiligungsverfahrens haben wir uns für eine schlanke Regelung, so wie sie in § 44 vorgesehen ist, entschieden. Jeder kann es selbst noch einmal in der Beschlussempfehlung nachlesen. Wir wehren uns dagegen, eine Überregulierung zu schaffen, wir wollen ein effektives und ein zügiges Verfahren auch in den Bereichen der Mitbestimmung erreichen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, die von der Landesregierung vorgeschlagene Grundlinie für die Richter und Staatsanwälte, das Beteiligungsverfahren wegen ihrer besonderen Stellung eigenständig zu regeln und nicht auf das, wie auch von anderen vorgeschlagen, Personalvertretungsrecht abzustellen - die PDS hatte ja vorgeschlagen, das Personalvertretungsgesetz eins zu eins auch für Richter und Staatsanwälte zu übertragen -, dies lehnen wir weiterhin ab. Der vorgelegte Gesetzentwurf trifft auch hier die entsprechende Berücksichtigung für die Tatsache, dass Richter und Staatsanwälte eine besondere Stellung besitzen. Aus diesem Grunde wurde es im Richtergesetz auch besonders geregelt.

Eingang in die Beschlussempfehlung des Justizausschusses hat dies alles gefunden und liegt Ihnen zur Abstimmung vor. Ich kann für meine Fraktion beantragen, so wie die Beschlussempfehlung des Justizausschusses vorliegt, die Gesetzentwürfe von PDS und SPD abzulehnen und dem Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung der Beschlussempfehlung des Justizausschusses zuzustimmen. Wenn dies so ist, kann ich hier noch einmal darauf hinweisen, dass dann das, was im TOP 1 der heutigen Beratung vorliegt, die Änderung zur Verfassung, dann nicht mehr notwendig wird, weil der von uns vorgelegte Gesetzentwurf keine Änderung der Thüringer Verfassung notwendig macht. Somit wären auch die Punkte 1 a und b entsprechend abzulehnen, wobei ich sage, das sind ja verfassungsändernde Gesetze, sie sind heute in der zweiten Lesung. Wir werden dann auch noch mal zu einer dritten Lesung kommen. Ich kann aber auch nur empfehlen, auch in der dritten Lesung dann diese verfassungsändernden Gesetze abzulehnen, da für sie keine Notwendigkeit mehr. Ansonsten kann ich uns alle nur beglückwünschen, dass wir mit der heutigen Entscheidung zu einem sehr modernen Richtergesetz kommen und darf vielleicht noch einmal darauf verweisen, dass es doch eine ganze Reihe von Ländern gibt, die immer noch keinen Richterwahlausschuss haben. Dies nur, weil ich davon ausgehe, dass sicherlich der eine oder andere Redner, der nach mir reden wird, noch darauf hinweisen wird, dass man den Richterwahlausschuss in Thüringen auch hätte anders gestalten können. Das sehe ich sicherlich auch so, bin aber mit dem, was wir jetzt vorliegen haben, sehr zufrieden. Ich weise aber darauf hin, dass es durchaus Länder gibt, wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern - die Liste ist nicht vollständig -, aber jeder kann

im Kopf mal nachvollziehen, wer in diesen Ländern die politische Verantwortung trägt und diese Länder kommen durchaus auch ohne Richterwahlausschuss aus. In diesem Sinne können wir eigentlich auf die Regelung, die wir in Thüringen seit Jahren haben und die jetzt mit den neuen Regelungen sicherlich noch verbessert wird, für die Zukunft sehr gut leben und können auch stolz darauf sein, dass wir in Thüringen einen Richterwahlausschuss mit vernünftigen Regelungen installiert haben. Ich empfehle uns allen daher die Annahme des vorgelegten Gesetzentwurfs.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Koch, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, in der Begründung zur Drucksache 3/1458 haben wir eine ausführliche Darstellung von Notwendigkeit und Ziel der angestrebten Verfassungsänderung vorgenommen. Ich darf darauf verweisen und möchte mir erlauben, nur die wichtigsten Argumente für Sie noch einmal hervorzuheben.

Erstes und entscheidendes Argument: Sachliche und rational nachvollziehbare Gründe, insbesondere verfassungsrechtlicher Art, dafür, den einfachen Gesetzgeber daran zu hindern, die Richterwahl auch für die vorläufige Einstellung der Richter vorzusehen, gibt es nicht. Die durch nichts zu rechtfertigende Sperrwirkung der Verfassung gegenüber der Einführung der Richterwahl auch für die vorläufige Einstellung ist bundesweit einmalig und sollte daher aufgehoben werden.

(Beifall bei der PDS)

Nicht, weil sie einmalig ist, sondern weil sie sachlich nicht gerechtfertigt ist. Als scheinbares Sachargument wird ins Feld geführt eine gebotene Zurückhaltung hinsichtlich der Änderung einer Verfassungsbestimmung. Der Abgeordnete Dittes hat bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs schon darauf hingewiesen, dass z. B. bei Gelegenheit der Einführung eines befristeten Moratoriums bei der Diätenanpassung in Artikel 105 a) der Verfassung eine solche Zurückhaltung gerade nicht zu beobachten war. Wer sich die Mühe macht, einen Blick in die Protokolle des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses zu werfen, wird feststellen, dass sich die Mitglieder des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses keine weiteren Gedanken über die Bedeutung dieser ungewöhnlichen, den einfachen Gesetzgeber an der Erweiterung der Zuständigkeit des Richterwahlausschusses hindernden Bestimmung gemacht haben. Interessant in diesem Zusammenhang und in den Protokollen des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses nachzulesen ist die Be

merkung eines Professors der Universität Hamburg. Der war auch einmal Bundesjustizminister und damals Sachverständiger der F.D.P.-Fraktion. Dieser war zur Sitzung, in der der Ausschuss den Artikel 89 Abs. 2 in seiner jetzigen Fassung beschloss, nicht anwesend. Als er in der darauf folgenden Sitzung von der Entscheidung des Ausschusses erfuhr, erklärte er, dass dann, wenn er anwesend gewesen wäre, er mit Sicherheit in die Luft gegangen wäre. Soweit zu dem verfassungsrechtlichen Hintergrund dieser Regelung. Die vom Justizminister und von den Oberpräsidenten in der Anhörung vorgebrachten Bedenken, dass bei einer Beteiligung des Richterwahlausschusses die Einstellungsverfahren länger dauern würden, was bei einem engen Markt sehr guter Bewerber nachteilig sei, greifen meines Erachtens nicht durch. Es gibt keine Gründe, die dagegen sprechen, sehr gut qualifizierte Bewerber auch vorläufig unter dem Vorbehalt einer späteren Zustimmung des Richterwahlausschusses einzustellen. Andere Bundesländer machen das wohl auch, das wurde in der Anhörung deutlich.

Welche Gründe sprechen für eine Beteiligung des Richterwahlausschusses auch bei der erstmaligen Übertragung eines Richteramts und jeder anderen Übertragung eines Richteramts?

Zum einen ist dies die breitere Grundlage der demokratischen Legitimation der Richterschaft sowie die Stärkung ihrer institutionellen und persönlichen Unabhängigkeit im Verhältnis zu Exekutive und Legislative. Ferner ist die Richterwahl geeignet, die Transparenz der Aufgabe des Justizministers, nämlich sachlich und rational nachvollziehbare Personalentscheidungen zu treffen, zu erhöhen. Damit trägt die Richterwahl durch externe Kontrolle dazu bei, schon den Anschein einer möglicherweise mangelhaften Bewerberauswahl und Beurteilung der Richter auf Probe besser zu meiden als bisher.

Lassen Sie mich insoweit zusammenfassen: Unser Gesetzentwurf enthält gegenüber dem bisherigen Artikel 89 Abs. 2 drei neue Gesichtspunkte:

1. Der Richterwahlausschuss entscheidet auch über die vorläufige Einstellung der Richter, somit über die Einstellung der Richter auf Probe und kraft Auftrags.

2. Er stimmt der Entscheidung des Justizministers nicht lediglich zu, sondern entscheidet gemeinsam mit dem Justizminister. Damit wird klargestellt, dass der Richterwahlausschuss nicht lediglich ein Votum zu dem Vorschlag des Justizministers abgibt, sondern gegebenenfalls unter mehreren vorgeschlagenen Bewerbern eine Auswahl treffen kann.

3. Abweichend von der bisherigen Regelung in Satz 2, nach der zwei Drittel der Ausschussmitglieder vom Landtag gewählt werden, wollen wir, dass nur die Hälfte der Ausschussmitglieder von der Volksvertretung gewählt wird, wodurch eine paritätische Zusammensetzung aus Abgeord

neten einerseits und Richtern andererseits ermöglicht wird.

Diese Regelungen, meine Damen und Herren, zielen darauf ab, die institutionelle und persönliche Unabhängigkeit der Richterschaft zu befördern und den Prozess des "Richterwerdens" von Anfang an transparenter zu machen, nicht zuletzt, weil wir meinen, dass damit auch die Akzeptanz von Urteilen, die Richter ja bei Gelegenheit der Ausübung ihres Amts fällen müssen, in der Bevölkerung befördert wird.

Meine Damen und Herren, insbesondere in der Mitte dieses Hauses, überdenken Sie meine Argumente bis zur dritten Lesung in der Hoffnung, dass Sie meinem Beispiel folgen und unserem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Herr Abgeordneter Dr. Koch. Ich darf ganz kurz einmal nur zur Erinnerung die Geschäftsordnung zitieren, und zwar § 78 Abs. 2: "Beratungsgegenstand und -ergebnis nicht öffentlicher Sitzungen dürfen der Presse und anderen Außenstehenden mitgeteilt werden," - das ist richtig - "nicht jedoch die Äußerungen einzelner Sitzungsteilnehmer..." Sie haben den Herrn Professor aus dem Verfassungsausschuss in einer solchen Eindeutigkeit beschrieben, dass er unschwer zu personifizieren ist. Das aber nur am Rande.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Der Arme!)

Jetzt kommen wir zum nächsten Redner, das ist Abgeordneter Kretschmer, SPD-Fraktion.

Vielen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier zwei Materien zu beraten, die heute zur abschließenden Entscheidung vorliegen, nämlich die Verfassungsänderung. Insoweit verweise ich auf die Drucksache 3/1549, in der der Vorschlag der SPD-Fraktion zur Verfassungsänderung vorliegt, und auf die Drucksache 3/1550, in der der Vorschlag für die Änderung des Thüringer Richtergesetzes niedergelegt ist.

Meine Damen und Herren, wenden wir uns zunächst der in der Drucksache 3/1549 vorgeschlagenen Verfassungsänderung zu. Sie werden feststellen, dies ist die kurze Geschichte einer vertanen Chance. Die demokratische Legitimation der Tätigkeit von Richtern in den ersten drei Jahren ihrer Erprobung sollte in Thüringen - vorhin ist es schon angesprochen worden - ebenso wie in anderen Bundesländern durch die Zustimmung zur Einstellung in den Staatsdienst durch den Richterwahlausschuss gesichert werden und - das wäre neu - ebenso die Tätigkeit

von Staatsanwälten. Dank Ihrer Mehrheit, meine Damen und Herren von der CDU, kam es weder im Plenum noch im Justizausschuss zu einer vertiefenden Diskussion der aufgeworfenen Fragen und Probleme, sondern lediglich zur Abstimmung. Weitere Ausführungen erspare ich mir deshalb heute.

Kommen wir nunmehr zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes. Insoweit, meine Damen und Herren, liegt der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vor und - wie bereits dargestellt bei der vorgestellten Verfassungsänderung - dieser Gesetzentwurf ist in enger Abstimmung mit den Thüringer Richtern und Staatsanwälten erarbeitet worden. Ich freue mich im Übrigen über die Anwesenheit der Richter und Staatsanwälte, die heute von der Tribüne aus die abschließende Diskussion verfolgen.

(Beifall Abg. Ramelow, PDS)

Die Anwesenheit zeigt das große Interesse der Betroffenen an der heutigen Debatte und an dieser Entscheidung des hohen Hauses. Es geht um die Rechte der Judikative gegenüber der Exekutive im demokratischen Rechtsstaat.

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, ich sehe aber auch darin ein eindeutiges Zeichen für das große Vertrauen der Thüringer Richter und Staatsanwälte in die Rechts- und Justizpolitik der SPD in Thüringen.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich bleibt an dieser Stelle noch festzustellen, dass dieses Vertrauen auch eindrucksvoll bestätigt worden ist in der öffentlichen Anhörung zu den vorliegenden Gesetzentwürfen am 23. August dieses Jahres. Alle Verbände haben, ebenso wie der Hauptrichterrat und der Hauptstaatsanwaltsrat, einhellig und völlig übereinstimmend den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion favorisiert. Die Präsidenten der fünf Thüringer Obergerichte haben sich zwar in vielen Punkten dem SPD-Entwurf nicht anschließen können - was durchaus verständlich ist angesichts der Tatsache, dass sie einige Vorrechte ja abgeben sollten -, aber in einem wesentlichen Punkt, nämlich bei der Zustimmungsbedürftigkeit von Versetzungen, waren auch sie eindeutig mit uns gemeinsam der Auffassung, hier muss die Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen herbeigeführt werden.

Ohne dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sich nur ein Jota darum geschert hätten, haben Sie im Ausschuss mit Ihrer Mehrheit den Regierungsentwurf und Ihren Änderungsantrag als weitere Beratungsgrundlage abstimmen lassen und den mit den Richtern und Staatsanwälten erarbeiteten SPD-Entwurf faktisch zu den Akten gelegt; in den Orkus getan, könnte man auch sagen. Sie werden aller Voraussicht nach auch gleich wieder so verfahren. Das zeigt, welchen Stellenwert Sie der Justiz, den Richtern und Staatsanwälten in Thüringen einräumen wollen. Ich werde deshalb auch nicht nochmals den

SPD-Entwurf darstellen, sondern gleich auf einige Punkte des Regierungsentwurfs und Ihres Änderungsantrags eingehen, der in die Beschlussempfehlung des Justizausschusses eingeflossen ist.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle aber noch zwei Anmerkungen vorausschicken:

1. Ich hatte bereits zu Beginn unserer Diskussion über die Novellierung des Richtergesetzes appelliert, mit dem notwendigen Ernst und mit der erforderlichen Verantwortungsbereitschaft die Debatte zu führen. Es darf nicht das Ansehen der Thüringer Justiz oder eines einzelnen Richters oder Staatsanwalts beschädigt werden. Das ist uns auch weitgehend gelungen. Deshalb bedanke ich mich bei Ihnen in aller Form. Ich will ebenfalls anerkennen, dass nunmehr ein Bemühen der Landesregierung zu erkennen ist, Konflikte mit der Judikative und auch in der Diskussion über die Judikative zu vermeiden. Ich stelle mit Freuden fest, man redet wieder miteinander.

2. Wir, meine Damen und Herren, stehen außerdem derzeit alle vor dem Weihnachtsfest, dem Fest der Gnade und Nächstenliebe. Wir werden wahrscheinlich unterm Weihnachtsbaum auch alle "Oh, du fröhliche..." singen, ein Lied, das von Johann Daniel Falk aus Weimar stammt.

Ich versage es mir deshalb zu dieser Stunde und an dieser Stelle die Defizite des Regierungsentwurfs in allen Einzelheiten darzustellen, zumal Sie, meine Damen und Herren von der CDU - und das sei hier auch noch einmal hervorgehoben - zumindest in einem wesentlichen Punkt eingelenkt haben. Ihr Änderungsantrag, der Gegenstand der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/2022 geworden ist, soll bewirken, dass auch nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung bei Bedarf Einigungsstellen nach dem Vorbild des Thüringer Personalvertretungsgesetzes eingerichtet werden können und dass damit der bereits drohende Verfassungskonflikt, den ich bei der Einbringung des Regierungsentwurfs prognostiziert hatte, vermieden wird. Allerdings haben Sie in Ihrem Antrag mit der Verbesserung auch wesentliche Mängel verbunden, so dass eine Zustimmung für die Fraktion der SPD zu dieser Empfehlung dennoch nicht in Betracht kommen kann. Ich halte den Änderungsantrag für ein Danaergeschenk, für ein trojanisches Pferd, das Sie da anbieten. Auf einige wesentliche Punkte des Änderungsantrags und der Beschlussempfehlung will ich deshalb noch einmal eingehen.

Erstens: Unter Nummer 3 wird u.a. Abs. 6 von § 44 neu geregelt und damit die Einrichtung von Einigungsstellen festgeschrieben. Das ist, wie ich bereits gesagt habe, gut so. Dann wird aber auch geregelt, was passieren soll, wenn die richterliche Seite sich nicht mit der Justizverwaltung über die Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle verständigen kann. Der SPD-Entwurf sieht in diesem Konfliktfall vor, dass die Landtagspräsidentin dann zu entscheiden hat, aus dem plausiblen Grund, meine Damen

und Herren, dass in diesem Fall zwei Staatsgewalten, nämlich Exekutive und Judikative, im Streit liegen und dann die Landtagspräsidentin als Repräsentantin der Legislative zur Schlichtung aufgerufen ist. Warum Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die von Ihrer Fraktion getragene Präsidentin derart desavouieren und durch den sicherlich auch allseits geschätzten Herrn Dr. Dietz ersetzen wollen, bleibt sicher nicht nur mir völlig unverständlich.

Zweitens: In der selben Vorschrift ist außerdem geregelt, was nach der Entscheidung der Einigungsstelle zu geschehen hat, wenn der Justizminister ihr nicht folgen will, weil seines Erachtens ein Rechtsverstoß oder ein Verstoß gegen seinen Amtsauftrag vorliegen könnte. Anders als jeder andere Minister in dieser Regierung, der dann nach § 71 des Thüringer Personalvertretungsgesetzes die Angelegenheit ins Kabinett bringen muss, das so genannte Evokationsrecht, hat allein dieser Justizminister bei Richter- und Staatsanwaltsangelegenheiten das exklusive Vorrecht, den Beschluss ohne weiteres Federlesen aufzuheben. Also nicht nur nach Gutsherrenart, sondern tatsächlich wie weiland Serenissimus.

Ich gebe deshalb nochmals zu bedenken, dass auch derartige Absolutheitsentscheidungen eines Ministers selbstverständlich vor einem Verwaltungsgericht angefochten werden können. Die Gefahr weiterer Konflikte liegt da auf der Hand. Schließlich haben Sie sich leider nicht bereit finden können, in § 45 Abs. 2 das Antragserfordernis für die Beteiligung des Präsidialrats bei der Versetzung von Richtern zu streichen. Ich habe die übereinstimmende Auffassung in der Anhörung schon aufgezeigt. Hierzu war in der Sitzung am 23. August von beiden Seiten übereinstimmend der Entwurf der SPD bevorzugt worden.

Fassen wir zusammen, lieber Herr Birkmann, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nach langen, zum Teil auch kontroversen, aber immer sachlichen Diskussionen hat die CDU-Mehrheit im Justizausschuss aus den drei Entwürfen zur Novellierung des Thüringer Richtergesetzes den Regierungsentwurf mehrheitlich gegen SPD und PDS zum Gegenstand der weiteren Beratung gemacht. Dieser enthält, wie bereits in der ersten Lesung festgestellt worden ist, keine ausreichende Garantie für eine gesicherte Mitbestimmung, wie ich meine. Die SPD-Fraktion wird deshalb, wie bereits im Justizausschuss, den Gesetzentwurf der Landesregierung ebenso ablehnen, wie die Beschlussempfehlung des Justizausschusses.

Nun liegt seit gestern in der Drucksache 3/2057 ein Änderungsantrag der PDS-Fraktion vom 11.12. dieses Jahres zur Beschlussempfehlung des Justizausschusses vor, in dem eine Reihe weiterer Fragen angesprochen werden. Ich muss meiner Fraktion vorschlagen, auch diesem Antrag nicht zuzustimmen. Er enthält leider Rechtsfehler, die bei einer sorgfältigen fachlichen Diskussion hätten vermieden werden können.

Ich will hier zur Erläuterung nur ein Beispiel nennen. Herr Koch, Sie scheinen in der letzten Zeit nicht da gewesen zu sein, ich bedauere es. Wie der letzte Satz der Begründung zu Nummer 9 wiedergibt, gehen die Verfasser davon aus, dass der Generalstaatsanwalt Mitglied des Hauptrichterrats wäre. Das ist natürlich absoluter Humbug. Die Richter würden sich bedanken. Der Hauptrichterrat ist die Personalvertretung der Richter und nicht etwa der Staatsanwälte. Herr Dr. Koch, Sie sehen es gerade nach: letzter Absatz, letzter Satz.