Protocol of the Session on October 11, 2001

(Beifall bei der CDU)

nämlich Diskriminierung unserer rund 800 Mitarbeiter, die im Dienste einer rechtsstaatlichen Verwaltung seit einem Jahrzehnt ordentliche Arbeit für unsere Bürger leisten.

(Beifall bei der CDU)

Sie verunglimpfen ohne Not eine wichtige Landesbehörde, nur um daraus politisches Kapital zu schlagen. Das ist Diffamierung und plumpe Stimmungsmache.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, lassen Sie mich ein für alle Mal klarstellen: Wir wollen keine Diskriminierung von Homosexuellen, sondern wir treten im Sinne des Grundgesetzes für den besonderen Schutz von Ehe und Familie ein. Und genau der ist durch das Lebenspartnerschaftsgesetz gefährdet.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme nun zum Thüringer Ausführungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz. Mit diesem Gesetz sollen die formellen Regelungen geschaffen werden, die zur landesinternen Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes des Bundes erforderlich sind. Das Ausführungsgesetz legt die Bestimmung der zuständigen Behörde, das Anmeldeverfahren, die Entgegennahme namensrechtlicher Erklärungen und das notwendige Mitteilungsverfahren fest. Nach unserem Gesetzentwurf werden die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises mit der Eintragung der Lebenspartnerschaften betraut. Wegen der geringen Anzahl der Anträge - ich darf sagen, bis heute sind es insgesamt 13 Anträge - haben wir von einer Delegationsmöglichkeit an die kreisangehörigen Städte und Gemeinden abgesehen. Die Registrierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ist gerade keine Eheschließung. Letztere sieht auch das Lebenspartnerschaftsgesetz nicht vor. Die eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft stellt ein eigenes Rechtsinstitut dar. Bedauerlicherweise ist über den polemisch geführten Debatten das eigentliche Grundanliegen

des Lebenspartnerschaftsgesetzes, der Abbau der Diskriminierung, in den Hintergrund gedrängt worden. Und wer ist Schuld daran? Die Bundesregierung mit ihren Taschenspielertricks.

(Beifall bei der CDU)

Nur um den Bundesrat zu umgehen, hat sie alle notwendigen Verfahrensregelungen ausgespart. Die Länder müssen nun die Lückenbüßer spielen.

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: So ein Blödsinn.)

Das gesamte Gesetzespaket wäre zustimmungsbedürftig durch den Bundesrat gewesen, nicht zuletzt aufgrund der Einbringung der Lebenspartnerschaft in das Personenstandswesen und der beabsichtigten Ansiedlung bei den Standesbeamten. Um diese Zustimmung zu umgehen und damit den Ländern die grundgesetzlich garantierte Mitwirkung im Bundesrat aus der Hand zu nehmen und vor allem, um das Projekt ohne Kompromisse durchziehen zu können, hat die Regierungskoalition aus einem Gesetz zwei gemacht. Auf Vorschlag des Rechtsausschusses hat der Bundestag im November 2000 aus Artikel 1 des ursprünglichen Entwurfs "die Standesbeamten" gerade herausgenommen und durch die "zuständige Behörde" ersetzt.

Herausgenommen worden sind bei dieser Gelegenheit so wichtige Punkte wie das Steuerrecht, aber auch sämtliche Personenstandsgesetzänderungen und den verbleibenden Torso hat der Bundestag dann als Gesetz verabschiedet. Das zweite Teilgesetz hat den klingenden Namen, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, "Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz" als ein Wort. In Artikel 1 wird "die zuständige Behörde" wieder gegen "die Standesbeamten" ausgetauscht. Damit ist der Zustand des ersten Entwurfs wieder hergestellt, die zustimmungsbedürftigen Regelungen aus dem ursprünglichen Entwurf, und dazu gehören die Änderungen zum Personenstandsgesetz, sind dort als Artikel 2 wieder verarbeitet worden. Dieser zweite Teil des Gesetzes erlitt natürlich...

Herr Staatssekretär, darf ich mal kurz unterbrechen. Es wäre ganz gut, wenn wir den Thüringer Gesetzentwurf jetzt begründen und Ihre Ausführungen, denke ich, haben dann gut Platz in der Aussprache zum Gesamtkontext.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Das ist die Begründung zum Thüringer Gesetzentwurf, weil das erklärt, wieso Thüringen überhaupt einen Gesetzentwurf machen muss.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ellenberger, SPD: Sonst hätten wir nämlich gar keinen, wenn wir den vom Bund nicht hätten.)

Dieser zweite Teil des Gesetzes erlitt das voraussehbare Schicksal, nämlich keine Zustimmung, und der darauf vom Bundestag angerufene Vermittlungsausschuss ist bisher nicht zu Ergebnissen gekommen. Das Ergänzungsgesetz könnte möglicherweise deshalb gänzlich scheitern. Ich betone erneut, dass sich die Landesregierung nicht gegen einen rechtlichen Rahmen für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften wendet. Ein solches Rechtsinstitut muss sich jedoch eindeutig vom Rechtsinstitut der Ehe unterscheiden. Einer entsprechenden Verständigung wird sich die Landesregierung im Vermittlungsausschuss nicht verschließen. Das setzt aber voraus, dass auch die bereits in Kraft getretenen Regelungen zum Lebenspartnerschaftsgesetz nochmals auf den Prüfstand kommen. Die bundesrechtlichen Vorgaben sind am 1. August 2001 in Kraft getreten, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Anträge Bayerns und Sachsens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hatte. In Thüringen trat damit die Situation ein, dass das Landesverwaltungsamt aufgrund seiner Auffangzuständigkeit vorläufig die zuständige Behörde im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes ist. Für die Übertragung der Aufgaben auf die kommunale Ebene bedarf es nach der Thüringer Verfassung eines Gesetzes. Die Begründung zum Lebenspartnerschaftsgesetz geht selbst davon aus, dass es in der Sache nicht darum geht, eine der Ehe vergleichbare Lebensform zu institutionalisieren, sondern durch eine Registrierung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften Diskriminierungen abzubauen. Die Entscheidung der Landesregierung für die Landkreise und kreisfreien Städte soll auch dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht jedes kleine Standesamt mit dieser Aufgabe betraut werden muss. Unseren 180 Standesämtern würde ein enormer Aufwand und Fortbildungsbedarf entstehen, das Anmeldeund Prüfverfahren kann sich bei Fällen mit Auslandsbeteiligung durchaus schwierig gestalten. Natürlich, wenn ich nur 13 Anmeldungen bis jetzt habe und beschäftige 180 Standesbeamte mit Fortbildung, dann ist es ein erheblicher Aufwand.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. O. Kretschmer, SPD: Bil- dung schadet nicht!)

Der Gesetzentwurf bestimmt die Mitteilungspflichten an die Standesämter und damit wird den Standesämtern ermöglicht, Änderungen von Familienstand und Namen in den Personenstandsbüchern fortzuschreiben. Mitteilungen sind auch an die Meldebehörden vorgesehen, damit dort ein umfassender Identitätsnachweis möglich bleibt. Rechtlich handelt es sich bei der Begründung einer Lebenspartnerschaft um eine sonstige Änderung des Personenstan

des und diese gehört nun einmal traditionell in die Personenstandsbücher hinein. Wo und wie das zu bewerkstelligen ist, muss vom Bund geregelt werden, die Länder haben hier keine Zuständigkeit. Der Landesgesetzgeber kann hier nur Schnittstellen zum Personenstandswesen schaffen, indem er Mitteilungspflichten zu den Standesämtern einbaut. Wir regeln diese Mitteilungspflichten in unserem Ausführungsgesetz, um die Richtigkeit der Personenstandsbücher nicht noch mehr zu gefährden. In unserem Gesetzentwurf ist keine Kostenregelung enthalten. Die Begründung enthält dazu die Aussage, dass für die Amtshandlungen Verwaltungskosten nach dem Thüringer Verwaltungskostengesetz zu erheben sind. Die Landesregierung beabsichtigt, die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren in einer noch zu beschließenden gesonderten Rechtsverordnung zu regeln. Die Gebührenbemessung soll sich an der Bedeutung der Amtshandlung und an dem Verwaltungsaufwand orientieren, dies entspricht auch einer Forderung des Thüringer Gemeindeund Städtebundes. Das Thüringer Ausführungsgesetz enthält alle notwendigen Regelungen, damit die zuständigen Behörden vor Ort arbeiten können. Unser Gesetz ist keine landesrechtliche Ergänzung zum Personenstandsgesetz, auch keine Aufgabenzuweisung an das bundesrechtliche Institut "Standesbeamter", wir regeln ein ganz normales Verwaltungsverfahren. Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf an die Ausschüsse zu überweisen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Dann kommen wir nach der Begründung des Gesetzentwurfs zur Berichterstattung zum Antrag der Fraktion der PDS aus dem Ausschuss und ich bitte Herrn Abgeordneten Dittes.

Meine Damen und Herren, der Landtag hat in seiner 48. Sitzung den eine Woche nach In-Kraft-Treten des Lebenspartnerschaftsgesetzes des Bundes eingereichten Antrag der PDS-Fraktion "Sofortige diskriminierungsfreie Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes auf Landesebene" beraten und an den Innenausschuss überwiesen. Kern des Antrags ist es, die in Thüringen seit dem 01.08.2001 bestehende Regelung, wonach der Eintrag der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft im Landesverwaltungsamt erfolge, insofern abzuändern, dass künftig die Eintragung in den Standesämtern erfolgen solle. Die Landesregierung wurde aufgefordert, eine entsprechende rechtliche Regelung zu schaffen. In der 33. Sitzung des Innenausschusses wurde der Antrag beraten. Durch den Innenminister wurde dargestellt, dass der Eintrag einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft einerseits zwar eine Personenstandsänderung sei, dies andererseits aber nicht erzwinge, dass eine entsprechende Eintragung bei den Standesämtern zu erfolgen habe. Die Landesregierung kündigte einen Entwurf "Thüringer Ausführungsge

setz zum Lebenspartnerschaftsgesetz" an. In der Sitzung des Innenausschusses wurde die Frage aufgeworfen, ob damit der PDS-Antrag hinfällig sei. Es wurde zum damaligen Zeitpunkt festgestellt, dass, solange dem Landtag kein Gesetzentwurf vorliegt, dieser also auch noch nicht unmittelbar Herr des Verfahrens sei, eine Aufforderung an die Landesregierung damit sich zumindest formalrechtlich nicht erübrige. Dass nunmehr eine konkrete Situation eingetreten ist, konnte damals nicht Beratungsgegenstand des Innenausschusses sein. Der PDS-Antrag wurde durch den Innenausschuss, wie der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/1816 zu entnehmen ist, mehrheitlich abgelehnt.

Das war die Berichterstattung aus dem Ausschuss. Jetzt kommen wir zur gemeinsamen Aussprache. Hier hat zuerst der Abgeordnete Schemmel, SPD-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte mich heute auf einen betont sachlichen Vortrag hier vorbereitet, weil ich denke, nur Sachlichkeit ist diesem Thema angemessen.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Nur heute?)

Umso verwunderlicher bin ich jetzt gewesen bei der Einbringung durch das Innenministerium, dass nach einer Rüge

(Beifall bei der SPD)

der zwei Oppositionsfraktionen - ich weiß gar nicht, ob diese Rüge dem Innenministerium so zusteht -, sofort gleichermaßen wieder mit Polemik weitergemacht wurde, und zwar wurde dieser Gesetzentwurf, wie er jetzt vorliegt, der auch unvollständig ist, an den Pranger gestellt, aber niemand hat dabei gesagt, weshalb diese Unvollständigkeit zustande gekommen ist. Das weiß ja eigentlich jeder, dass es im Geschäftsgang einen kompletten Entwurf gab, der auch diese Fragen, die wir jetzt hier im Ausführungsgesetz beschließen müssen, schon hätte weiter gehend regeln können, und jeder weiß, warum dieser Gesetzentwurf nicht die zuständigen Gremien passiert hat. Nun bitte ich aber, dass wir uns ab jetzt doch mit der Polemik zurückhalten.

Ich möchte zuerst ein Wort zum Antrag der PDS sagen, dem stimmen wir zu, weil wir auch der Meinung sind, dass die Standesämter die zuständigen Behörden sein müssten bei der Ausführung dieses Gesetzes.

(Beifall bei der SPD)

Zum Gesetzentwurf selbst: Richtig ist die Feststellung von Staatssekretär Scherer, dass bis jetzt sehr emotional

diskutiert wurde und da habe ich auf einer Seite gehört, es gehe um die Auflösung des Ehemonopols. Aber darum geht es natürlich gerade nicht, das weiß jeder und darum wird es auch in Zukunft nicht gehen. Bei anderen habe ich gehört, der Ausschluss der Standesämter sei unbedingt nötig, weil ansonsten eine Gleichstellung mit der Ehe gesehen würde. Dies ist natürlich außerordentlicher Unsinn, denn der Artikel 6 des Grundgesetzes steht davor und selbst ein völlig verqueres Landesgesetz, das wir aber nicht beschließen wollen, könnte diesen Artikel 6 und den Vorrang der Ehe nicht tangieren. Also sind beide Vorstellungen für mich unerträglich und wir müssen das jetzt wirklich mal auf das Maß reduzieren, was es wirklich ist. Es ist ein ganz normales Thema und es handelt sich um normale Menschen, die gemäß Artikel 2 Abs. 3 der Thüringer Verfassung nicht bevorzugt, aber natürlich auch nicht benachteiligt werden dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Das sagt Artikel 2 unserer Verfassung definitiv aus und wir sind gewillt, uns an diesen Artikel 2 zu halten. Wir haben uns die Ländereinführungsgesetze anderer Länder angesehen und festgestellt, dass der Regelungsumfang des Thüringer Gesetzes auch in etwa dem Regelungsumfang der anderen entspricht, dass aber die Inhalte doch in verschiedentlicher Form zu regeln sind. Und genau darum geht es jetzt in einer sachlichen Arbeit der Fachausschüsse im Vergleich der unterschiedlichen Regelungen, dieses Thüringer Ausführungsgesetz unter die Lupe zu nehmen und eventuell auch Änderungen der Regelungen in den Fachausschüssen zu erarbeiten. Aber vorab möchte ich schon auf eines hinweisen, und zwar auf § 5 des vorliegenden Ausführungsgesetzes. Dieser § 5 zeigt die notwendigen und mehrfachen Querverbindungen zu den Standesämtern auf und jeder, der diesen § 5 mit offenen Augen liest, der wird sehen...

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU)

Das ist möglich, dass bei Ihnen keiner lesen kann.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie wollen doch keine Polemik. Keine Polemik, keine Polemik!)

Gut. Ich attestiere den Mitgliedern der CDU, dass sie wahrscheinlich alle lesen können. Wer das mit offenen Augen lesen wird, der wird sehen, dass Querverbindungen zwangsläufig mehrfach und notwendig zu den Standesämtern gezogen werden, und man wird sich fragen, warum dann nicht gleich die Standesämter, warum dann diese verklemmte Lösung, um diese Mitteilungspflichten und Regelungen mit den Standesämtern zu treffen, die ja gar nicht aus diesem Prozess auszuschließen sind. Darauf weise ich jetzt besonders hin, ansonsten beantrage ich im Namen meiner Fraktion die Überweisung an den Innenausschuss und den Gleichstellungsausschuss, dass wir uns dort mit diesen Regelungen beschäftigen

können. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Nitzpon, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Damen und Herren der Landesregierung haben es nun endlich geschafft, den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Lebenspartnerschaftsgesetz in Thüringen auf den Tisch zu legen. Dem Entwurf ist allerdings, das muss ich bemerken, in einigen Regelungen anzumerken, wie Sie sich immer noch qualvoll winden, um bestimmte gesellschaftliche Tatsachen nicht anerkennen zu müssen.

(Unruhe bei der CDU)

Als Nachlese - und Herr Schemmel, ich bin immer für Sachlichkeit, aber sich sage auch, was gesagt werden muss, an diesem Pult muss auch gesagt werden, natürlich immer in dem gebotenen Rahmen - zum letzten Plenum wollte ich auf einen Punkt des Ministerpräsidenten Vogel noch einmal eingehen, aber Herr Scherer hat mir mit seiner Rede eigentlich auch noch einmal eine Vorlage geliefert. Für mich ist die Bestimmung des Gebäudes, in dem zurzeit die Einträge von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vorgenommen werden, als Gauforum entscheidend und nicht, ob darin gearbeitet wurde oder nicht.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS, SPD)