Protocol of the Session on September 6, 2001

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Dittes, PDS-Fraktion.

Meine Damen und Herren, eigentlich wäre der vorliegende Gesetzentwurf tatsächlich unproblematisch, zumindest weitestgehend unproblematisch, wenn die Landesregierung ihre Ankündigung in der Begründung der Drucksache 3/1569 ernst genommen hätte. Dort heißt es, und Herr Böck hat noch einmal darauf verwiesen: "Der Entwurf ist darauf ausgerichtet, die Vorgaben der Richtlinie 95/46/EG nur im zwingend erforderlichen Maße umzusetzen."

Meine Damen und Herren, stattdessen ist die Umsetzung teilweise, nicht nur datenschutzrechtlich betrachtet, ungenügend. Die Landesregierung nutzte auch hier wie bereits in anderen Fällen die Gelegenheit zur Umsetzung, um mit dem gängigen Schlagwort der Verwaltungsvereinfachung als Begründung gerade eine Bestimmung des Thüringer Datenschutzgesetzes kurzerhand zu eliminieren, die für einen effizienten Datenschutz in Thüringen unverzichtbar ist.

Durch den Protest der Thüringer Datenschutzbeauftragten gegen dieses Vorhaben ist es inzwischen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, dass es sich hier um den Ausschluss der Kontrollbefugnis der Datenschutzbeauftragten gegenüber privaten Auftragnehmern handelt, die im Auftrag öffentlicher Stellen Daten erheben, verarbeiten und auch nutzen. Aus dem bisherigen § 8 Abs. 6 des Thüringer Datenschutzgesetzes ist die öffentliche Stelle in Thüringen, die personenbezogene Daten durch eine andere Person oder Stelle in ihrem Auftrag erheben, verarbeiten oder nutzen lassen will, verpflichtet, mit dieser zu vereinbaren, dass sie sich der Kontrolle durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz unterwirft.

Nach der nunmehr geänderten oder beabsichtigt zu ändernden Fassung des Thüringer Datenschutzgesetzes soll der öffentliche Auftraggeber nur noch verpflichtet sein, die für die Einhaltung des Datenschutzes beim Auftragnehmer zuständige Kontrollstelle über die Beauftragung zu unterrichten. Dass diese Information der zuständigen Kontrollstelle angeblich völlig ausreichend sei, weil nach dem so genannten Sitzprinzip ohnehin sich die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung nach dem Thüringer Datenschutzgesetz richte, ist, meine Damen und Herren, in zweierlei Hinsicht irreführend und die Thüringer Landesbeauftragte für Datenschutz hat hierauf in mehreren Schreiben an die Landtagspräsidentin und die Mitglieder des Justizausschusses und des Innenausschusses eindringlich hingewiesen. Das Gleiche taten die Datenschutzbeauftragten in der schriftlichen Anhörung von Brandenburg und Sachsen-Anhalt in ihren entsprechenden Stellungnahmen.

Warum nun, meine Damen und Herren, ist die gegenwärtige Bestimmung des § 8 Abs. 6 sinnvoll und führt seine beabsichtigte Änderung zu einer empfindlichen Herabsenkung des Datenschutzniveaus in Thüringen? Beauftragt die öffentliche Stelle einen Privaten im Inland mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten, so wäre für die Kontrolle der Einhaltung des Thüringer Datenschutzrechts gegenüber dem privaten Auftragnehmer nicht mehr eine gegenüber der Exekutive weisungsfreie, unabhängige Stelle, nämlich die Datenschutzbeauftragte, zuständig, sondern eine Verwaltungsbehörde als Teil des staatlichen Verwaltungsapparats. In Thüringen ist das gesetzlich geregelt das Thüringer Landesverwaltungsamt. Die Landesdatenschutzbeauftragte erhielte demzufolge auch nicht mehr die Information, dass eine Privatperson oder Stelle beauftragt worden ist zur Verarbeitung von

Daten. Sie hätte demzufolge auch nicht mehr die Möglichkeit, meine Damen und Herren, etwaige Mängel beim Datenschutz und der Datensicherheit gegenüber der öffentlichen Stelle zu beanstanden und es würde damit letztendlich auch die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle schwinden, weil diese Mängel des Datenschutzes und der Datensicherheit in den zweijährlich zu erarbeitenden Bericht der Landesdatenschutzbeauftragten an den Thüringer Landtag nicht mehr aufgenommen werden könnten. Letztendlich, meine Damen und Herren, haben betroffene Bürger nicht mehr die Möglichkeit, sich wegen dieser Beeinträchtigung ihrer Rechte an die Landesbeauftragte für den Datenschutz wenden zu können.

Wegen der zunehmenden Tendenz eines outsourcing auf dem Gebiet der Datenverarbeitung sind die Folgen für einen effektiven Datenschutz und eine effektive Datensicherheit aufgrund dieser geänderten Vorschrift des § 8 Abs. 6 nachhaltig und auch offenkundig. Denn schließlich wäre eine Kontrolle des privaten Auftragnehmers hinsichtlich der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen auch nicht in jedem Fall gegeben. In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wird dies zwar regelmäßig der Fall sein, nicht jedoch bei der Beauftragung von Stellen oder Personen außerhalb der Europäischen Union, wie z.B. in den USA. Dort gibt es häufig weniger eine datenschutzrechtliche Regelung oder gar eine Kontrollstelle. Die vorgesehene Mitteilung an eine entsprechende Kontrollstelle ist also in diesen Fällen ins Leere laufend.

Meine Damen und Herren, der Ausschussvorsitzende hat dargestellt in seinem Bericht von den Beratungen im Innenausschuss, in den Ausschuss-Sitzungen, in den drei, die er erwähnt hat, hätte eine intensive Beratung stattgefunden. Meine Damen und Herren, ich sage, die Beratungen im Innenausschuss haben wieder einmal bewiesen, wie viel Wert in der Politik, auch in der Auseinandersetzung des Rechts des Bürgers hier in Thüringen noch ist. Trotz der engagierten Vorträge der Landesdatenschutzbeauftragten, die die soeben von mir dargestellte Änderung als massive Einschnitte in ihre Kontrollbefugnis deutete und den zahlreichen begründeten Änderungsanträgen der PDS-Fraktion, die Ihnen auch heute zur Beschlussfassung vorliegen, beschränkte eine anwesende Fraktion ihre Haltung zum Ausverkauf des Datenschutzes in Thüringen auf zwar inhaltlich die Landesbeauftragte unterstützende, aber mündlich unbegründete Änderungsanträge und eine andere Fraktion beschränkte sich auf ungeduldiges Zuhören und die letztendliche Abstimmung.

Meine Damen und Herren, auch wenn ich von den Ausschussberatungen einiges gewöhnt bin, es muss doch schon empören, wenn gerade in dem Bereich, wo Gesetzgebungsverfahren in Grundrechte eingreifen, diese berühren, es nicht mal im Innenausschuss möglich ist, eine Debatte zu initiieren, die tatsächlich die Bezeichnung Beratung, Auseinandersetzung, Diskussion auch verdient.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist ja eine richtige Unverfrorenheit!)

Denn, Herr Fiedler, vorhin wurde darauf verwiesen, ich glaube auch durch Sie, wir können im Protokoll nachlesen, wir können tatsächlich auch im Protokoll der letzten Innenausschuss-Sitzung nachlesen und Sie werden das bestätigt finden, was ich Ihnen hier eben natürlich auch wertend mitgeteilt habe.

Meine Damen und Herren, das Problematische daran liegt ja gerade darin begründet, dass Datenschutz ja nicht nur irgendein Recht ist, sondern oftmals auch die Voraussetzung dafür, andere Grundrechte, insbesondere das Recht auch auf politische Betätigung, in Anspruch nehmen zu können. Um diese Schutzfunktion wahrnehmen zu können, ist insbesondere in unserer hoch technisierten Welt ein an die aktuelle Erfassungs- und Verarbeitungsmodalitäten angepasster Datenschutz erforderlich, damit der Mensch eben nicht zum gläsernen Menschen wird. Unser Änderungsantrag sieht deshalb auch in Nummer 6 die Streichung der beabsichtigten Änderung des § 8 Abs. 6 vor.

Meine Damen und Herren, wenn es darum geht, eine sinnvolle Bestimmung, wie die Pflicht der Unterwerfung unter die Kontrolle der Datenschutzbeauftragten zu vereinbaren, zu streichen, ist die Landesregierung schnell dabei, dies mit dem Schlagwort der Harmonisierung zu begründen. Der Wille der Landesregierung zur Harmonisierung ist jedoch schon dann erschöpft, wenn es darum geht, fortschrittliche datenschutzrechtliche Bestimmungen, die im Bund und in anderen Ländern existieren, auch in Thüringen aufzunehmen. Da sind wir uns mit vielen Datenschutzbeauftragten einig, die sich auch zu Wort gemeldet haben, dass auch das Thüringer Datenschutzgesetz wie das Bundesdatenschutzgesetz und die Datenschutzgesetze der Länder, die in jüngster Zeit geändert wurden, Bestimmungen zur Datenvermeidung und Datensparsamkeit, zum Datenschutzaudit und zur Videoüberwachung enthalten sollten und diese aufgenommen werden sollten. Gerade mit unserem Vorschlag zur Videoüberwachung und Videoaufzeichnung reagieren wir auf die bereits im öffentlichen Raum angebrachten privaten Videokameras sowie die Ankündigung des Innenstaatssekretärs, dass eine diesbezügliche Änderung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes in Arbeit sei.

Meine Damen und Herren, mit der vorgeschlagenen Neuaufnahme des § 5 b beabsichtigt die PDS-Fraktion eine generelle Schutzfunktion und daraus resultierende Kontrollbefugnis aufzunehmen, unabhängig bereits bestehender und noch zu erarbeitender gesetzlicher Vorschriften anderenorts, unabhängig des Einsatzzwecks und des Einsatzorts und unabhängig der Überwachungs- und Aufzeichnungstechnik einsetzenden Stelle. Unser Änderungsantrag beinhaltet darüber hinaus noch weitere und nicht weniger wichtige Änderungen, die ich kurz begründe. Die EG-Datenschutzrichtlinie schreibt vor, dass die Verar

beitung besonders sensibler Daten über die so genannte rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, religiöse und philosophische Überzeugung oder die Gewerkschaftszugehörigkeit sowie über die Gesundheit und das Sexualleben nur unter bestimmten engen Voraussetzungen zulässig ist. Der Thüringer Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, sieht dagegen vor, dass für den Verfassungsschutz, die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden diese Einschränkungen in Thüringen keinesfalls gelten sollen. Die Ausnahme, die aufgenommen worden ist, gilt pauschal und ohne jede Differenzierung.

Meine Damen und Herren, die europäische Datenschutzrichtlinie, die unseres Erachtens selbst mit der Ermöglichung der Erfassung und Speicherung der aufgezählten besonders sensiblen personenbezogenen Daten gegen demokratische Grundsätze einer an Menschenwürde und dem Recht auf freie Persönlichkeitsentwicklung orientierten Datenschutzpolitik verstößt, wird mit dem vorliegenden Vorschlag der Landesregierung noch mal unterlaufen und auch missachtet. Deshalb fordere ich Sie auf, stimmen Sie gerade auch in dem Punkt der von uns beantragten Streichung der vorgeschlagenen Regelung zu, damit wenigstens die Eingriffsschwelle, die in der europäischen Datenschutzrichtlinie gilt, auch hier in Thüringen ihre Geltung hat und durch den Vorschlag der Landesregierung nicht ein weiteres datenschutzrechtliches Loch in Europa geschaffen wird.

Nach dem neu einzufügenden § 5a dürfen Entscheidungen, die für den Betroffenen rechtliche Folgen haben und ihn erheblich beeinträchtigen, nicht ausschließlich aufgrund automatisierter Verarbeitung oder Nutzung der Daten zum Zwecke der Bewertung einzelner Aspekte seiner Person ergehen. Dieser Grundsatz soll bei anders lautender Vereinbarung, so der Gesetzentwurf, nicht gelten. Wir schlagen unter Nummer 4 unseres Änderungsantrags die Streichung dieser Ausnahmebestimmung vor, weil im Einzelfall eben nicht ausgeschlossen werden kann, wie auch Datenschutzbeauftragte der Länder in den Anhörungsverfahren dargestellt haben, dass der Betroffene hierzu seine Zustimmung erteilt, ohne dass er die Tragweite seiner Entscheidung überblickt.

Mit der unter Nummer 7 vorgeschlagenen Änderung wenden wir uns gegen die Streichung des § 9 Abs. 3. Nach dieser Bestimmung sind Sicherheitsvorkehrungen gegen den unbefugten Zugriff auf personenbezogene Daten zu treffen, wenn Daten - meine Damen und Herren, hören Sie genau hin - in nicht automatisierten Dateien oder in Akten verarbeitet werden. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen, dass insbesondere auf die Verletzung dieser Bestimmung im Thüringer Datenschutzgesetz durch die Landesregierung hingewiesen worden ist, als sich der Justizausschuss im Sommer mit dem Aktenskandal beim Umzug in das neue Justizzentrum in Erfurt befassen musste. Dieser Vorfall zeigte eindeutig, dass die Bestimmung im Thüringer Datenschutzgesetz keinesfalls mittlerweile entbehrlich ist.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, wir halten es weiterhin für erforderlich, dass ebenso wie bei Personalräten im Personalvertretungsgesetz auch für die Datenschutzbeauftragten in den Behörden ein ausdrückliches Benachteiligungsverbot aufgenommen wird, damit diese im Sinne einer strengen Bindung an den Grundsatz der Legalität ihre Aufgaben erfüllen können, ohne befürchten zu müssen, dass sie hierbei Nachteile in ihrem beruflichen Fortkommen erleiden. Wir halten es außerdem für verfehlt, dass die Beeinträchtigung schutzwürdiger subjektiver Belange Voraussetzung für die Anrufung der Landesbeauftragten für den Datenschutz nach § 11 sein soll. Die Anrufung der Datenschutzbeauftragten ist lediglich Anlass für deren unabhängiges Tätigwerden. Für denjenigen, der sich an den Datenschutzbeauftragten wendet, hat die Anrufung keine unmittelbaren Rechtsfolgen und es leuchtet daher auch überhaupt nicht ein und ist keinesfalls zu begründen, warum hier weiter gehende Anforderungen zu stellen sind, als dies beispielsweise im Petitionsverfahren im Thüringer Landtag der Fall ist. Und schließlich lehnen wir jede Erschwerung der Wahrnehmung des Auskunftsrechts nach § 13 durch die Möglichkeit der Erhebung von Verwaltungsgebühren ab, weil - und das hat der brandenburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz in seiner Stellungnahme gegenüber dem Innenausschuss auch deutlich gemacht - es sich bei dem Auskunftsrecht um die Magna Charta des Datenschutzes handelt. Es heißt hier, dass ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung unvereinbar ist, wenn der Bürger zukünftig seine Entscheidung darüber, ob er Auskunft über Daten, die über ihn in Behörden gespeichert worden sind, verlangt, davon abhängig macht, ob er die eventuell auf ihn zukommenden erheblichen Kosten bereit und in der Lage ist zu tragen. Grundrechte, meine Damen und Herren, sind keine Klassenrechte und sie dürfen auch durch derartige Kostenregelungen nicht zu solchen gemacht werden.

(Beifall bei der PDS)

Abschließend möchte ich Sie bitten, gemeinsam mit uns ein Nein zu dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf tatsächlich zu formulieren und den vorgelegten Änderungsvorschlägen der PDS-Fraktion und den fast identischen inhaltsgleichen Änderungsanträgen der SPD zuzustimmen, denn, meine Damen und Herren, gerade Abgeordnete sollten eigentlich sehr gut wissen, wie schwer wiegend unverfrorene Eingriffe in Persönlichkeitsrechte, in die eigene Privatsphäre sind. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Pohl zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Schutz des Bürgers vor unkontrollierten und damit auch unkontrollierbaren Zugriffen auf seine Daten ist ein sehr wichtiges, aber gleichwohl auch sehr kompliziertes Thema. Kompliziert, weil technische Entwicklungen, die für den interessierten Laien kaum nachvollziehbar sind, die Datenschutzvorschriften vergangener Jahre in vielen Fällen einfach unbrauchbar machten. Der Gesetzgeber steht an vielen Stellen vor dem Problem, wie er die einschlägigen Vorschriften an die technische Entwicklung angleicht, so dass sein Wille, ein möglichst effektiver Datenschutz, umgesetzt werden kann.

Meine Damen und Herren, Datenschutz ist ein Thema, um das sich nur einige wenige wegen seiner Kompliziertheit kümmern, aber Datenschutz, das ist bekannt, ist ein aktiver Schutz der Grundrechte der Bürger und ein Thema, das deshalb sehr, sehr ernst genommen werden muss. Ich denke, gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Vergangenheit, gerade die Problematik über den schludrigen Umgang mit Daten der Bürger beim Umzug des Justizministeriums, das ist ein beredtes Beispiel dafür.

(Beifall bei der SPD)

Umso mehr müssen wir uns um die Daten kümmern, die nicht nur auf Papier niedergelegt, also quasi weggeschlossen werden können, sondern die sich auch auf den Datenträgern befinden. Meine Damen und Herren, das Verfahren, das zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs führte, ist auch ein Paradebeispiel dafür, wie die Mehrheitsfraktion sich mit den Bürgerrechten auseinander gesetzt hat. Denn anstatt eine große mündliche Anhörung zum Datenschutzstandard dieses Änderungsgesetzes zu machen, übergeht sie einfach die mahnenden Worte der Datenschutzbeauftragten und auch die Bitten der Opposition und macht, weil sie es eben muss, nur eine kleine, eine schriftliche Anhörung. Aber selbst, meine Damen und Herren, diese schriftliche Anhörung ergab, wenn man von einem einzelnen Ruf aus Bayern mal absieht, dass durch den hier vorgelegten Gesetzentwurf das Datenschutzniveau in Thüringen sinkt. Ich werde mich im Folgenden auf einige Knackpunkte beschränken und hoffe, dass der eine oder andere unsere Änderungsanträge auch mal unter diesem Blickwinkel verfolgt.

Meine Damen und Herren, bei dieser Novelle soll es um die Umsetzung einer EU-Richtlinie gehen und wir sind der Meinung, dass die Richtlinie so umgesetzt werden muss, damit ein möglichst großes Datenschutzniveau hier in Thüringen noch erreicht werden kann. Ein Gutachter hat dem Gesetzentwurf der Landesregierung bescheinigt, dass er in wesentlichen Punkten hinter den Datenschutzgesetzen der dritten Generation zurückbleibt, insbesondere hinter dem Bundesdatenschutzgesetz. Ich will nicht verschweigen, meine Damen und Herren, dass wir im Innenausschuss beantragt haben, die für Jahresende an

gekündigte Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes abzuwarten, um einfach noch mal Zeit zu haben die Änderungsvorschläge der Landesregierung zu verbessern und damit auch eine engere Verzahnung zwischen diesen beiden zu haben. Aber die Mehrheit im Ausschuss wollte diese unangenehme Sache sehr schnell vom Tisch haben und so war das eben nicht möglich.

Meine Damen und Herren, die Thüringer Datenschutzbeauftragte, deren Bemühungen in ihrer eigenen Partei ja auch zum Teil ignoriert wurden, hat uns zu einer wichtigen Änderung des Datenschutzgesetzes Anlass gegeben, nämlich die Regelung, wie mit den Daten bei der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume umgegangen werden soll. Man kann nicht auf der einen Seite einen Eingriff in die Grundrechte gesetzlich verankern und auf der anderen Seite den Umgang mit den Daten nicht regeln. Weiter wollen wir auch in Zukunft die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, einen privaten Auftragnehmer materiell zur Einhaltung des Thüringer Datenschutzgesetzes zu verpflichten, durchsetzen. In Zeiten zunehmender Privatisierung ist es umso wichtiger, dass es eben auch zu einer Unterwerfung unter die Kontrollbefugnis der Landesbeauftragten für den Datenschutz kommt. Eine bloße Unterrichtungspflicht gegenüber der zuständigen Kontrollstelle für den nichtöffentlichen Bereich genügt uns nicht. § 8 Abs. 6 darf deshalb nicht gestrichen werden. Für äußerst bedenklich halten wir die Regelung, dass die besonderen Einschränkungen für die Verarbeitung sensibler Daten wie rassistische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit sowie Gesundheit und Sexualleben für den Verfassungsschutz, Polizei und die Strafverfolgungsbehörden sowie für den Justizvollzug, die Gerichts- und Bewährungshilfen und die Gerichte nicht gelten. Diese pauschale Einschränkung lehnen wir ab. Derartige Regelungen sollten unseres Erachtens in einschlägigen Fachgesetzen und nicht im Datenschutzgesetz erfolgen. Die EU-Richtlinie sieht undifferenzierte Ausnahmen dieser Art für den Sicherheitsbereich nicht vor. Ich konstatiere, die Landesregierung setzt insoweit die EU-Richtlinie hier in diesem Falle nur unzureichend um. Warum sollten denn Daten über das Sexualleben der Bürger oder die Gesundheit nur deshalb weniger schutzwürdig sein, weil sie von der Polizei oder vom Verfassungsschutz verarbeitet werden?

Meine Damen und Herren, weiter schlagen wir vor, dass das für jedermann bestehende Anrufungsrecht beim Landesbeauftragten für den Datenschutz erweitert werden sollte. Zusätzlich sollten sich Bedienstete der Daten verarbeitenden Stelle ohne Einhaltung eines Dienstwegs an den Landesdatenschutzbeauftragten wenden können, wenn sie die Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften als gegeben ansehen.

Meine Damen und Herren, wichtig ist es uns sicherzustellen, dass die Kostenfreiheit von Selbstauskünften gewahrt bleibt. Artikel 6 Abs. 4 unserer Verfassung garantiert

diesen Anspruch auf Selbstauskunft. Würden die Kosten auf die Auskunft suchenden Bürger abgewälzt, könnten Bürger aus Kostengründen gehindert sein, die von ihnen gewollten Selbstauskünfte zu verlangen. Ich denke auch, der Vorschlag der CDU-Fraktion, die Entscheidung, ob dem Bürger Kosten entstehen, an einen besonderen Verwaltungsaufwand zu koppeln, löst diesen Konflikt nicht. Was bedeutet besonderer Verwaltungsaufwand? Wo ist hier die Grenze? Fazit: Die Selbstauskunft muss auch weiterhin kostenfrei sein.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, unseren Änderungsvorschlägen vor dem Hintergrund der gemachten Erläuterungen zuzustimmen und so den Datenschutzstandard in Thüringen zu halten. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Wetzel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit der Drucksache 3/1569 liegt uns ein "Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Datenschutzgesetzes" vor. Der Berichterstatter hat dazu schon vieles geäußert und die Damen und Herren von der Opposition auch. Ich denke, dass wir so viele Alternativen, auf den Bundesgesetzgeber zu warten, nicht haben. Hätten wir sie, müssten wir eigentlich unserem Thüringer Haushalt vielleicht mitteilen, wenn wir darauf warten, dürfen wir dann die Kosten, die uns der Bund zum Schluss umverteilt, auch tragen. Wir sind ein eigenständiges Land, ein Freistaat, haben unser Thüringer Datenschutzgesetz und werden dies heute novellieren.

Meine Damen und Herren, die EU-Richtlinie 95/46/EG sieht Dinge hier ganz deutlich vor und es wurde gefordert, diese bis zum 24. Oktober des Jahres 1998 in nationales Recht umzusetzen, das bis zum heutigen Tag auf sich warten lässt. Da die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen der Länder vom Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes insoweit ausgenommen ist, als der Datenschutz durch Landesgesetze geregelt ist, ist es auch die Aufgabe der Länder, die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze auf Übereinstimmung mit den Maßgaben des Gemeinschaftsrechts Europas zu überprüfen und gegebenenfalls auch anzupassen. Wir haben hier in Thüringen in dieser Thematik Novellierung des Thüringer Datenschutzgesetzes garantiert, dass ein hohes Datenschutzniveau gewährleistet ist. Insoweit besteht auch kein umfangreicher Änderungsbedarf. Wie Herr Dittes gesprochen hat, dass der Datenschutz und die Sicherheit des Bürgers in totalen Gefahren ist, ist nicht zu erkennen.

Meine Damen und Herren, es sind hier in der Richtlinie 95/46/EG wesentliche Änderungen vorgesehen:

- die Anpassung und Ergänzung einzelner Begriffsbestimmungen - redaktionelle Dinge -,

- die Einführung eines besonderen Widerspruchsrechts gegenüber einer an sich rechtmäßigen Datenverarbeitung,

- Einführung einer Regelung über belastete automatisierte Einzelentscheidungen,

- die Ergänzung der Rechte der Betroffenen im Hinblick auf die automatisierte Verarbeitung deren Daten bei mobilen Speichermedien,

- die Änderungen bei der Datenverarbeitung im Auftrag,

- gesetzliche Normierung des behördeninternen Datenschutzbeauftragten,

- der Wegfall des beim Landesbeauftragten für den Datenschutz geführten Datenschutzregisters,

- die Änderungen bei den Ansprüchen Betroffener auf Löschung oder Sperrung von Daten,

- die Regelung zur Benachrichtigung Betroffener über Datenspeicherungen,

- die Neufassung der Schadensersatzregelung,